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Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de

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zeigen. Denn ohne die Einbeziehung <strong>de</strong>r sozialen <strong>und</strong> kulturellen Transformationen kann nur<br />

eine bloße Momentaufnahme gelingen, die in ihrer A-Historizität wenig aussagekräftig ist.<br />

Menschliche Affekte <strong>im</strong> Allgemeinen <strong>und</strong> die Sexualität <strong>im</strong> Beson<strong>de</strong>ren resp. ihre verschie-<br />

<strong>de</strong>nen ‘abweichen<strong>de</strong>n’ Varianten sind - so eine <strong>im</strong> zivilisationstheoretischen <strong>Kontext</strong> formu-<br />

lierte Schlüsselthese - nur dann zu bewerten, wenn sie in eine historisch-rekonstruieren<strong>de</strong> A-<br />

nalyse eingebettet sind. Eine solche Perspektive zeigt nämlich, dass die Sexualität <strong>de</strong>s Men-<br />

schen vielfältigen sozio-kulturellen Formungen unterliegt.<br />

1.1.2 Konstitutive Merkmale menschlicher Sexualität<br />

1.1.2.1 Der Sexualtrieb<br />

Lange Zeit wur<strong>de</strong> angenommen, dass es sich bei <strong>de</strong>r menschlichen Sexualität um ein instink-<br />

tives Verhalten, gleichsam um einen festgelegten Verhaltenskomplex han<strong>de</strong>lt. Der Mensch<br />

unterschei<strong>de</strong>t sich aber gera<strong>de</strong> vom Tier durch das Fehlen artspezifischer Instinkte. Allenfalls<br />

lassen sich Instinktresiduen feststellen. Auf die Instinktentb<strong>und</strong>enheit weist nicht zuletzt die<br />

Unterschiedlichkeit <strong>de</strong>r Verhaltensformen in verschie<strong>de</strong>nen Gesellschaften hin.<br />

Zweifellos ist menschliche Sexualität - wie an<strong>de</strong>re Pr<strong>im</strong>ärtriebe auch - durch endogen erzeug-<br />

te Antriebe bedingt. Dennoch wird das konkrete Sexualverhalten nicht <strong>von</strong> diesen ‘Trieben’<br />

geregelt, son<strong>de</strong>rn ist die Folge sozial-kultureller Definitionen <strong>von</strong> Befriedigung. (Sexual-<br />

)Kultur stellt für <strong>de</strong>n Menschen gleichsam einen Instinktersatz dar (vgl. Hahn 1972). Den Er-<br />

gebnissen <strong>de</strong>s Verhaltensforschers Konrad Lorenz zufolge unterschei<strong>de</strong>t sich menschliche<br />

Sexualität durch zwei Merkmale vom instinktgesicherten Fortpflanzungsverhalten <strong>de</strong>r Tiere:<br />

1) Eine weitergehen<strong>de</strong> Instinktreduktion geht einher mit einem sexuellen Antriebsüber-<br />

schuss. Das menschliche Geschlechtsleben zeichnet sich durch das Fehlen eines jah-<br />

reszeitlichen Rhythmus <strong>de</strong>r sexuellen Antriebe (Brunstzeiten) aus, <strong>und</strong> die sexuellen<br />

Bedürfnisse <strong>von</strong> Mann <strong>und</strong> Frau sind weitaus größer als ihre Fortpflanzungsfähigkeit.<br />

Der Mensch verfügt we<strong>de</strong>r <strong>im</strong> Einsatz noch <strong>im</strong> Ablauf seines Sexualverhaltens über<br />

angeborene Schemata <strong>und</strong> ein<strong>de</strong>utige Instinktmechanismen. Sein Verhalten beruht<br />

nicht auf angeborenen Handlungsketten mit dazugehörigen Endhandlungen (vgl. Lo-<br />

renz 1937).<br />

2) Das sinnliche Lustgefühl ist vom Gattungszweck ablösbar. Gehlen (1974) spricht in<br />

diesem Zusammenhang <strong>von</strong> einer fast universalen Plastizität menschlichen Sexualver-<br />

haltens. Die Vertreter <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Anthropologie (z.B. R. Benedict, B. Malinowski,<br />

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