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Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de

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Alltag zur außeralltäglichen Erfahrung her: „Symbole schließlich sind Verkörperungen einer<br />

an<strong>de</strong>ren Wirklichkeit in <strong>de</strong>r alltäglichen; sie können aber auch in Verbindung mit best<strong>im</strong>mten<br />

(nämlich ritualisierten) Handlungen in Anspruch genommen wer<strong>de</strong>n, um die Grenzen zu an-<br />

<strong>de</strong>ren Wirklichkeiten, einschließlich <strong>de</strong>r letzten Grenze, zu überschreiten. (...) Rituelle Hand-<br />

lungen richten sich an die außeralltägliche Wirklichkeit“ (Luckmann 1991, S. 175f). 136 Geb-<br />

hard (1987) erläutert die Beziehung zwischen Alltag <strong>und</strong> Außeralltäglichkeit am Beispiel <strong>de</strong>s<br />

Fests, das die soziale Ordnung <strong>de</strong>s Alltags aufhebt <strong>und</strong> teilweise umkehrt. Schützenfeste, Par-<br />

tys, Volksfeste als Orte emotionalen Han<strong>de</strong>lns, die es erlauben, aus sich heraus zu gehen, Ta-<br />

bus <strong>und</strong> Normen zu negieren: „Das Fest ermöglicht die Flucht, das Vergessen <strong>und</strong> die Erho-<br />

lung <strong>von</strong> <strong>de</strong>r alltäglichen Wirklichkeit“ (ebd. S. 12). 137<br />

Grenz- <strong>und</strong> Körpererfahrung, Angstlust <strong>und</strong> Thrill <strong>im</strong> Sinne <strong>von</strong> nicht zum Alltag gehören<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> darum außeralltäglichen Erfahrungen - das sind Motive, die sich sowohl für Sadomaso-<br />

chisten als auch für Paintballspieler <strong>und</strong> Hooligans nachzeichnen lassen. Die Beispiele zeigen,<br />

dass die Menschen in diesen Szenen Aggression <strong>und</strong> Gewalt nicht nur ‘erlei<strong>de</strong>n’, son<strong>de</strong>rn sie<br />

zur lustvollen St<strong>im</strong>ulation unter best<strong>im</strong>mten Bedingungen suchen. Sie stellen Gefühlslagen<br />

her, die <strong>im</strong> Rahmen <strong>von</strong> Gewalt(ritualen) eingebettet sind. Allerdings zeigen sich hier <strong>im</strong><br />

Vergleich unterschiedliche Authentizitätsstufen hinsichtlich <strong>de</strong>s fiktiven bzw. realen Charak-<br />

ters bzw. <strong>de</strong>r Interpretation <strong>von</strong> Gewalt sowohl aus <strong>de</strong>r Innen- als auch <strong>de</strong>r Außenperspektive<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>n Eskalationsressourcen <strong>de</strong>r jeweiligen Szenen. Der fiktive Charakter <strong>de</strong>s Paintball-<br />

spiels ist <strong>de</strong>utlich größer als <strong>de</strong>r <strong>im</strong> sadomasochistischen Ritual o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>n Gewalthandlun-<br />

gen <strong>de</strong>r Hooligans.<br />

Unter <strong>de</strong>r Annahme einer allgemeinen Definition <strong>von</strong> Gewalt als (absichtliches) Zufügen<br />

bzw. Erlei<strong>de</strong>n physischer <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r psychischer (Macht/Ohnmacht) Beeinträchtigung, können<br />

die hier untersuchten gewaltaffinen Spezialkulturen <strong>im</strong> Vergleich zu an<strong>de</strong>ren Phänomenen<br />

wie folgt verortet wer<strong>de</strong>n:<br />

136 Runkel (1988, S. 102) verweist auf „das Bedürfnis nach Überschreiten <strong>de</strong>r Normalität <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Gewöhnlichen,<br />

<strong>de</strong>r friedlichen, aber langweiligen Homogenität“, das es <strong>im</strong>mer geben wird <strong>und</strong> stellt hierfür die Be<strong>de</strong>utung<br />

<strong>de</strong>r Rituale heraus. Georges Bataille (1982, S. 235) spricht <strong>von</strong> einem menschlichen „Verlangen, an <strong>de</strong>n<br />

Grenzen <strong>de</strong>s Möglichen <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Unmöglichen mit fortwährend wachsen<strong>de</strong>r Intensität zu leben.“<br />

137 Vgl. dazu auch S<strong>im</strong>mel (1923/1983, S. 13ff) über das Abenteuer: „Und zwar ist nun die Form <strong>de</strong>s Abenteuers,<br />

<strong>im</strong> allerallgemeinsten: daß es aus <strong>de</strong>m Zusammenhang <strong>de</strong>s Lebens herausfällt. (...) In einem viel schärferen<br />

Sinne, als wir es <strong>von</strong> <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Formen unserer Lebensinhalte zu sagen pflegen, hat das Abenteuer Anfang<br />

<strong>und</strong> En<strong>de</strong>. (...) daß es in sich eine durch Anfang <strong>und</strong> En<strong>de</strong> festgelegte Gestaltung eines irgendwie be<strong>de</strong>utungsvollen<br />

Sinnes ist, <strong>und</strong> daß es, mit all seiner Zufälligkeit, all seiner Exterritorialität gegenüber <strong>de</strong>m Lebenskontinuum,<br />

doch mit <strong>de</strong>m Wesen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Best<strong>im</strong>mung seines Trägers in einem weitesten, die rationaleren<br />

Lebensreihen übergreifen<strong>de</strong>n Sinne <strong>und</strong> in einer gehe<strong>im</strong>nisvollen Notwendigkeit zusammenhängt. Hier<br />

klingt die Beziehung <strong>de</strong>s Abenteurers zum Spieler an.“<br />

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