Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de
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Generation irgendwie. Also es gab ja früher, gab es ja nicht diese Ausschreitung<br />
in <strong>de</strong>m Maße, diese Zusammenrottung, aber es gab schon <strong>im</strong>mer irgendwie be<strong>im</strong><br />
Fußball Schlägereien o<strong>de</strong>r so, das gab’s früher auch schon.<br />
Auch hier zeigt sich die beson<strong>de</strong>re Brisanz <strong>von</strong> Nähe <strong>im</strong> Zusammenhang <strong>von</strong> Distinktion. Die<br />
nahen Gruppen sind stets präsent <strong>und</strong> stellen die Überhöhungsansprüche einer Gruppe in Fra-<br />
ge, <strong>de</strong>nn sie leben fast <strong>im</strong> gleichen Lebensraum, gehen <strong>de</strong>n gleichen Aktivitäten nach, haben<br />
ein ähnliches Selbstverständnis. Diese Nähe lässt wenig Raum für ein positives Absetzen <strong>de</strong>r<br />
Eigengruppe.<br />
Zweitens wer<strong>de</strong>n zwei weitere Gruppen zum Feind. Hier amalgamiert das Feindbild auch mit<br />
irrationalen Hassgefühlen gegenüber <strong>de</strong>n Fans <strong>de</strong>s FC St. Pauli. Diese Ablehnung eint die <strong>von</strong><br />
uns untersuchte Gruppe mit vielen an<strong>de</strong>ren Hooligan-Gruppen in <strong>de</strong>r B<strong>und</strong>esrepublik. Der FC<br />
St. Pauli hat eine beson<strong>de</strong>re Fangemein<strong>de</strong>, die zu einem größeren Anteil als an<strong>de</strong>rswo aus<br />
Punks, Autonomen etc. besteht. Die ten<strong>de</strong>nziell eher mit <strong>de</strong>m rechten Lager sympathisieren-<br />
<strong>de</strong>n Hools (dies aber keineswegs in Form einer direkten <strong>und</strong> bewussten Zuordnung, <strong>de</strong>nn<br />
niemand <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Befragten wür<strong>de</strong> sich als ‘rechts’ bezeichnen) lehnen diese ungewöhnlichen<br />
Fans ab. Zum einen weil es politische Differenzen gibt, zum an<strong>de</strong>ren - <strong>und</strong> das scheint mir<br />
wichtiger, weil die St. Paulianer das Bild <strong>de</strong>s Fußballfans in gewisser Weise auch karikieren.<br />
Aus <strong>de</strong>r Sicht <strong>de</strong>r echten Hools sind die Fans vom Millerntor vor allem ‘Asoziale’, ‘Zecken’,<br />
‘Drogenabhängige’ etc., die <strong>de</strong>n Fußballsport verungl<strong>im</strong>pfen o<strong>de</strong>r gar verunreinigen. Gleich-<br />
zeitig stellen sie das auf Männlichkeit <strong>und</strong> Härte beruhen<strong>de</strong> Selbstbild in Frage. Deswegen<br />
stehen ihnen die meisten Hools unversöhnlich gegenüber. Hier fehlt <strong>de</strong>n Selbstdarstellungen<br />
<strong>de</strong>r Befragten auch jene Prägnanz, mit <strong>de</strong>r sie etwa die Produktion <strong>von</strong> Kicks <strong>und</strong> die Außer-<br />
alltäglichkeit ihres Hobbys beschreiben. Wenn es um die Fein<strong>de</strong> geht, wer<strong>de</strong>n die Beschrei-<br />
bungen schwammig <strong>und</strong> stereotyp (z.B. Linke, Zecken). In <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Interviewpassage<br />
zeigt sich dies beispielhaft:<br />
A: Ja, gut, wenn so’ne Mannschaft wie St. Pauli, das, die haben en Ruf nun mal,<br />
das sind Linke, Autonome, die sind in <strong>de</strong>r ganzen Szene irgendwo, also fast <strong>im</strong><br />
ganzen Land irgendwo sind die als Zecken angesehen <strong>und</strong> da geht das schon mal<br />
politischer zur Sache, aber nicht weil die Jungens rechts, son<strong>de</strong>rn einfach weil die<br />
da eben links sind, ne, Kiffer, Drogenabhängige <strong>und</strong> so weiter <strong>und</strong> so fort.<br />
Aus <strong>de</strong>r Sicht <strong>de</strong>r Eigengruppe bedrohen solche abweichen<strong>de</strong>n Fußballfans genauso wie die<br />
Hoolgruppe aus <strong>de</strong>r Nachbarstadt das eigene Selbstbild. Hier wird <strong>de</strong>r ‘rationale’ Rahmen <strong>de</strong>s<br />
Erlebnismanagements verlassen. Nicht die Produktion <strong>von</strong> Gefühlen spielt bei diesen Ausei-<br />
nan<strong>de</strong>rsetzungen eine Rolle. Gewalt ist hier vielmehr Ausdruck <strong>von</strong> Abwertung. Hier liegt ein<br />
typisches Beispiel einer Intergruppenrelation vor, wo über Stereotypisierung <strong>von</strong> Merkmalen<br />
(links, drogenabhängig etc.) ein Feindbild konstruiert wird. Die eigentliche Sache, <strong>de</strong>r Fuß-<br />
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