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Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de

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chen <strong>und</strong> ‚soziale Welten aus erster Hand’ (vgl. Filstead 1979) beschreiben. 21 Damit wird <strong>de</strong>r<br />

Zugang zum Untersuchungsfeld entschei<strong>de</strong>nd für <strong>de</strong>n Erfolg ethnographischer Forschung.<br />

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass <strong>de</strong>r Zugang zum Untersuchungsfeld für <strong>de</strong>n ethnogra-<br />

phischen Forscher nicht exakt planbar <strong>und</strong> antizipierbar ist. Er hängt <strong>im</strong> hohen Maße vom<br />

Erfindungsgeist <strong>de</strong>s Forschers, seiner Kreativität, seinem zeitlichen Engagement <strong>und</strong> seiner<br />

Bereitschaft, sich auf das zu erforschen<strong>de</strong> Phänomen einzulassen, ab. Gleichzeitig ist <strong>de</strong>r<br />

Feldzugang <strong>im</strong>mer auch sehr stark <strong>von</strong> zufälligen Ereignissen bzw. glücklichen Umstän<strong>de</strong>n<br />

best<strong>im</strong>mt, <strong>und</strong> nicht zuletzt auch <strong>von</strong> Sympathien <strong>und</strong> Antipathien. Dies mag <strong>de</strong>n methodolo-<br />

gisch-methodisch gebil<strong>de</strong>ten Leser aufschrecken: Wer allerdings behauptet, Emotionen völlig<br />

ausschließen zu können, hat <strong>de</strong>n Blick für die Wirklichkeit verloren. Wenn Aussehen, Klei-<br />

dung, Gestik, M<strong>im</strong>ik, Sprache etc., kurz ‘<strong>de</strong>r Stil <strong>de</strong>s Forschers’ <strong>de</strong>m Gesprächspartner <strong>im</strong><br />

Feld nicht gefällt, kommt <strong>de</strong>r intensive Kontakt erst gar nicht zustan<strong>de</strong>. Der Forscher selbst<br />

kann <strong>de</strong>m Untersuchungsgegenstand (<strong>de</strong>r zu befragen<strong>de</strong>n Person) gegenüber seine eigene<br />

Haltung reflektieren, <strong>und</strong> muss Bewertungen soweit wie möglich vermei<strong>de</strong>n. Umgekehrt je-<br />

doch stehen die Gesprächspartner <strong>im</strong> Feld nicht in <strong>de</strong>r Pflicht <strong>und</strong> können ihre Unterstützung<br />

<strong>von</strong> Gefallen <strong>und</strong> Missfallen abhängig machen.<br />

Somit kann die Reise in frem<strong>de</strong> Kulturen - das soll ‘retrospektive Wegbeschreibung’ in <strong>de</strong>r<br />

Überschrift zu diesem Kapital zum Ausdruck bringen - <strong>im</strong>mer nur <strong>im</strong> nachhinein beschrieben<br />

wer<strong>de</strong>n. Es gibt keine ‘Routenplanung’, keine Richtlinien, gr<strong>und</strong>sätzlich erfolgversprechen-<br />

<strong>de</strong>n Vorgehensweisen, die Erfahrene <strong>de</strong>n weniger erfahrenen Feldforschern mit auf <strong>de</strong>n Weg<br />

geben könnten. Allerdings möchte ich aus meiner mehrjährigen Erfahrung insbeson<strong>de</strong>re auch<br />

mit ‘abweichen<strong>de</strong>n’ o<strong>de</strong>r gar ‘kr<strong>im</strong>inellen’ Subkulturen als einziges handlungsleiten<strong>de</strong>s Para-<br />

digma formulieren: ‘Anything goes’. Dies <strong>im</strong>pliziert, dass je<strong>de</strong> noch so kleine o<strong>de</strong>r mit hohem<br />

Aufwand verb<strong>und</strong>ene Chance genutzt wer<strong>de</strong>n soll o<strong>de</strong>r besser: muss. Keine Kontaktmöglich-<br />

keit darf frühzeitig als mehr o<strong>de</strong>r weniger erfolgversprechend (dis-)qualifiziert wer<strong>de</strong>n.<br />

Girtler (1988, S. 54) bemerkt zu diesem Problem:<br />

„Zu <strong>de</strong>r am Beginn seiner Forschung wohl schwierigsten Frage <strong>de</strong>s Forschers gehört<br />

die nach <strong>de</strong>r Einleitung <strong>de</strong>s Kontaktes zu <strong>de</strong>r ihn interessieren<strong>de</strong>n Gemeinschaft.<br />

Diese Frage ist eminent wichtig, da ein gelungener Zugang entschei<strong>de</strong>nd<br />

für die Durchführung <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Erfolg <strong>de</strong>r Untersuchung ist. Es wird oft übersehen,<br />

daß gera<strong>de</strong> hierin das vielleicht größte Problem <strong>de</strong>s Forschen<strong>de</strong>n liegt. Manche<br />

Eleven in <strong>de</strong>r Soziologie <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ethnologie meinen, <strong>de</strong>r erste Schritt könne nicht<br />

21 Für Haeberle (1989, S. 75) ist die Erfahrung vor Ort essentiell: "Ein Sexologe, <strong>de</strong>r etwa Bor<strong>de</strong>lle, Sexkeller,<br />

Herrensaunen, Nacktba<strong>de</strong>strän<strong>de</strong>, Sadomasochistenclubs <strong>und</strong> ähnliches nur aus Büchern kennt, hat seinen<br />

Beruf verfehlt." Diese Feststellung ist auch auf an<strong>de</strong>re Lebensbereiche <strong>und</strong> -welten übertragbar.<br />

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