Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de

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11.11.2012 Aufrufe

Sklaven bekommen, auch von welchen, die auf meine Veröffentlichungen reagierten. Daneben hat Eva auch schon Fotos von sich zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. So zeigte sie uns ein Magazin, in dem sie in schwarzen Lederstiefeln und Lederrock mit einer Peitsche in der Hand zu sehen war. Auf weitere Szenekontakte wie beispielsweise den Besuch von Club- abenden, Vorführungen etc. möchte sie jedoch verzichten, da ihr solche Veranstaltungen nicht authentisch genug erscheinen: Aber in keinem Fall könnte ich zu SM etwas sagen, wenn es um Szenen geht. Ich habe da hineingerochen, wie man sagt. Das Zurschaustellen in Clubs bei- spielsweise habe ich ein einziges Mal erlebt und es war, außer sehr unterhaltsam, eigentlich ziemlich aufgesetzt. (...) Ich habe eben ‚nur’ ganz private Erfahrungen, geboren aus der eige- nen Lust und Leidenschaft, der eigenen Freude und dem eigenen Spaß an diesem Metier. SM-Identität und Alltagsrolle Eva ist eine Frau, die sehr vielseitig interessiert ist und ihr Freizeitverhalten aktiv gestaltet. Sie schreibt nicht nur im SM-Bereich, sondern beispielsweise auch seit vierzig Jahren Tage- buch, seit über dreißig Jahren Familienchronik, Reiseberichte etc. Über Freunde, Probleme, Schwierigkeiten tobe ich mich auch schriftlich aus und bewältige damit durchaus fast alle Schwierigkeiten. Schreiben ist meine große Leidenschaft. Darüber hinaus ist sie engagierte Umweltschützerin, Hobbyschneiderin und -photographin und nimmt in diesem Zusammen- hang aktiv am Vereinsleben teil. Sie hat ein positives Selbstbild und beschreibt sich als eine Frau, die mit sich und ihrem Leben rundum zufrieden ist. In ihrer Beziehung zu ihrem Mann war und ist immer genügend Freiraum für eigenständige Interessen und Unternehmungen, was von seiner Seite aus intensiv unterstützt wird. In ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter fühlt sie sich wohl. Sie glaubt, ihre Kinder liebevoll, unter großem Einsatz und mit viel Zuwendung erzogen zu haben. Auch in Bezug auf ihre sadomasochistischen Aktivitäten hat Eva keine Probleme. Sie wendet sich entschieden gegen die These, SM-Interessierte seien krank oder pervers und begreift sich selbst als eine Frau, wie jede andere: Wissen Sie, es ist mir wichtig, wenn sie unser Interview veröffentlichen sollten, dass es rüberkommt, dass ich eine ganz normale Frau bin, die mit beiden Beinen voll im Leben steht. Darauf lege ich großen Wert, dass man sieht, das ist eine stinknormale Frau wie die von nebenan. Auch wenn sich SM manchmal durch unseren ganzen Ehealltag zieht, so sind es immer nur Momente oder Pha- sen. Es ist für mich ein Prickel, ein Flirren, das auch nach dreißig Jahren noch interessant ist. Weil sie aber mit Sicherheit zu wissen glaubt, dass ihre Freunde sich von ihr und ihrem Mann distanzieren würden, wenn sie von ihrer Vorliebe für sadomasochistische Sexualprakti- ken wüssten, schweigt sie sich ihnen gegenüber darüber lieber aus: Ich habe keine Negativer- fahrungen mit Nicht-SM-Bekannten. Die wenigen, die wir haben, würden aber sofort weg 198

sein, wenn sie es wüssten. Für Eva sind sadomasochistische Sexualpraktiken nicht mit Gewalt zu verwechseln, ein Grund, weshalb sie die Argumentation der Feministinnen nicht verstehen kann: Ich halte mich durchaus für emanzipiert, allerdings anders, als es Feministinnen mei- nen. (...) Ich kann auch nicht verstehen, warum sich Feministinnen über SM aufregen. Das ist doch keine Gewalt, das ist doch etwas ganz anderes. Hier treffen sich Menschen, die mitein- ander auf ganz bestimmten Wellenlängen harmonieren. Der Masochist will doch die Gewalt. Sie ist für ihn Lust. Sadismus scheint hier auch völlig falsch verstanden zu werden. Beide wol- len doch, was sie tun. Ein wahrer Sadist würde hierauf keine Rücksicht nehmen. (...) Ich habe selbst schon eine masochistische Frau erlebt und bin der Meinung, dass diese Frau den de- mütigenden, quälenden, sexuell ausbeutenden Mann genauso genossen hat, wie ich es eben von masochistischen Männern her kenne. Das heißt aber doch noch lange nicht, dass ich der Meinung bin, dass Männer recht haben, wenn sie denn pauschal meinen, Frauen müsste man es besorgen, die wollten es nicht anders. Das ist etwas ganz anderes. Das ist doch nicht das gleiche als wenn junge Frauen beispielsweise bei Männern bleiben, die gewalttätig sind. Mein Mann hätte mich ein einziges Mal in unserer Ehe vergewaltigt, wenn ich es als solches empfunden hätte. Ich wäre sofort weg gewesen. SM ist etwas ganz anderes. Ihre dominante Rolle im sadomasochistischen Arrangement möchte Eva nicht als Rache oder gar Männerhaß verstanden wissen, im Gegenteil; sie hat ein positives Männerbild: Als eine besonders wichtige Aussage möchte ich eine Feststellung an den Anfang stellen: Ich mag Männer im Allgemeinen und ‚dienende’ Männer im Besonderen. (...) Wenn ich mir da angu- cke, was ich da inzwischen kennengelernt habe, dann sage ich mir, also so gewalttätig sind die Männer gar nicht. (...) Ich bin nicht bereit, alle Männer als in irgendeiner Art gewalttätig anzusehen, wie ich - sieht man einmal davon ab, dass ich Pauschalisierungen nicht mag - auch nicht bereit bin, Frauen als in jedem Fall friedliebender anzusehen. Toleranz gegenüber denjenigen, die von den gesellschaftlichen Normen und Werten abwei- chen, fordert sie für sich und für all diejenigen, die davon betroffen sind. Dies war auch ihr Motiv, uns bei unserer Studie zu unterstützen: Ich habe im Laufe von Gesprächen schon viel Negatives erfahren. Vor allen Dingen auch viel Schlimmes in der Weise, dass die Leute auch nichts ausleben können. Nicht mal die kleinste Kleinigkeit. Und dann sind sie permanent frustriert. Wenn sie so eine Leidenschaft haben, und die können es nirgendwo auslassen, das muss ein wahnsinniger Frust sein. Das sehe ich schon als sehr negativ. (...) Es müsste zumin- dest möglich sein, dazu stehen zu können, ohne gleich abzufallen oder als krank oder unnor- mal zu gelten. Auch Kontakte, wenigstens zu Gleichgesinnten, müssten leichter sein, offener. Ich bin aber nicht bereit, mich von intoleranten Menschen diskriminieren zu lassen, die mich ja gar nicht verstehen wollen. Mich bedrückt in dieser Gesellschaft, dass ich sehr wohl mehr Toleranz unter Erwachsenen für möglich hielte. Ich behandele Menschen, die meine Neigung 199

sein, wenn sie es wüssten. Für Eva sind sadomasochistische Sexualpraktiken nicht mit Gewalt<br />

zu verwechseln, ein Gr<strong>und</strong>, weshalb sie die Argumentation <strong>de</strong>r Feministinnen nicht verstehen<br />

kann: Ich halte mich durchaus für emanzipiert, allerdings an<strong>de</strong>rs, als es Feministinnen mei-<br />

nen. (...) Ich kann auch nicht verstehen, warum sich Feministinnen über SM aufregen. Das ist<br />

doch keine Gewalt, das ist doch etwas ganz an<strong>de</strong>res. Hier treffen sich Menschen, die mitein-<br />

an<strong>de</strong>r auf ganz best<strong>im</strong>mten Wellenlängen harmonieren. Der Masochist will doch die Gewalt.<br />

Sie ist für ihn Lust. Sadismus scheint hier auch völlig falsch verstan<strong>de</strong>n zu wer<strong>de</strong>n. Bei<strong>de</strong> wol-<br />

len doch, was sie tun. Ein wahrer Sadist wür<strong>de</strong> hierauf keine Rücksicht nehmen. (...) Ich habe<br />

selbst schon eine masochistische Frau erlebt <strong>und</strong> bin <strong>de</strong>r Meinung, dass diese Frau <strong>de</strong>n <strong>de</strong>-<br />

mütigen<strong>de</strong>n, quälen<strong>de</strong>n, sexuell ausbeuten<strong>de</strong>n Mann genauso genossen hat, wie ich es eben<br />

<strong>von</strong> masochistischen Männern her kenne. Das heißt aber doch noch lange nicht, dass ich <strong>de</strong>r<br />

Meinung bin, dass Männer recht haben, wenn sie <strong>de</strong>nn pauschal meinen, Frauen müsste man<br />

es besorgen, die wollten es nicht an<strong>de</strong>rs. Das ist etwas ganz an<strong>de</strong>res. Das ist doch nicht das<br />

gleiche als wenn junge Frauen beispielsweise bei Männern bleiben, die gewalttätig sind.<br />

Mein Mann hätte mich ein einziges Mal in unserer Ehe vergewaltigt, wenn ich es als solches<br />

empf<strong>und</strong>en hätte. Ich wäre sofort weg gewesen. SM ist etwas ganz an<strong>de</strong>res.<br />

Ihre dominante Rolle <strong>im</strong> sadomasochistischen Arrangement möchte Eva nicht als Rache o<strong>de</strong>r<br />

gar Männerhaß verstan<strong>de</strong>n wissen, <strong>im</strong> Gegenteil; sie hat ein positives Männerbild: Als eine<br />

beson<strong>de</strong>rs wichtige Aussage möchte ich eine Feststellung an <strong>de</strong>n Anfang stellen: Ich mag<br />

Männer <strong>im</strong> Allgemeinen <strong>und</strong> ‚dienen<strong>de</strong>’ Männer <strong>im</strong> Beson<strong>de</strong>ren. (...) Wenn ich mir da angu-<br />

cke, was ich da inzwischen kennengelernt habe, dann sage ich mir, also so gewalttätig sind<br />

die Männer gar nicht. (...) Ich bin nicht bereit, alle Männer als in irgen<strong>de</strong>iner Art gewalttätig<br />

anzusehen, wie ich - sieht man einmal da<strong>von</strong> ab, dass ich Pauschalisierungen nicht mag -<br />

auch nicht bereit bin, Frauen als in je<strong>de</strong>m Fall friedlieben<strong>de</strong>r anzusehen.<br />

Toleranz gegenüber <strong>de</strong>njenigen, die <strong>von</strong> <strong>de</strong>n gesellschaftlichen Normen <strong>und</strong> Werten abwei-<br />

chen, for<strong>de</strong>rt sie für sich <strong>und</strong> für all diejenigen, die da<strong>von</strong> betroffen sind. Dies war auch ihr<br />

Motiv, uns bei unserer Studie zu unterstützen: Ich habe <strong>im</strong> Laufe <strong>von</strong> Gesprächen schon viel<br />

Negatives erfahren. Vor allen Dingen auch viel Schl<strong>im</strong>mes in <strong>de</strong>r Weise, dass die Leute auch<br />

nichts ausleben können. Nicht mal die kleinste Kleinigkeit. Und dann sind sie permanent<br />

frustriert. Wenn sie so eine Lei<strong>de</strong>nschaft haben, <strong>und</strong> die können es nirgendwo auslassen, das<br />

muss ein wahnsinniger Frust sein. Das sehe ich schon als sehr negativ. (...) Es müsste zumin-<br />

<strong>de</strong>st möglich sein, dazu stehen zu können, ohne gleich abzufallen o<strong>de</strong>r als krank o<strong>de</strong>r unnor-<br />

mal zu gelten. Auch Kontakte, wenigstens zu Gleichgesinnten, müssten leichter sein, offener.<br />

Ich bin aber nicht bereit, mich <strong>von</strong> intoleranten Menschen diskr<strong>im</strong>inieren zu lassen, die mich<br />

ja gar nicht verstehen wollen. Mich bedrückt in dieser Gesellschaft, dass ich sehr wohl mehr<br />

Toleranz unter Erwachsenen für möglich hielte. Ich behan<strong>de</strong>le Menschen, die meine Neigung<br />

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