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Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de

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nung nach nichts an<strong>de</strong>res als eine sexuelle Variante, die völlig zu Unrecht tabuisiert <strong>und</strong> ver-<br />

folgt wird. 109 Sexueller Sadomasochismus sei nicht als Gewaltakt zwischen Täter <strong>und</strong> Opfer<br />

zu verstehen. Vielmehr han<strong>de</strong>le es sich um eine freiwillige Handlung, ein erotisches Ritual<br />

zum Ausleben <strong>von</strong> Phantasien, in <strong>de</strong>nen eine Partnerin sexuell dominiert <strong>und</strong> die an<strong>de</strong>re Part-<br />

nerin sich sexuell unterwirft. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist es für Califia nicht erstrebenswert, diese<br />

spielerischen Aktivitäten gesetzlich zu reglementieren. Das Gleiche gelte auch für heterose-<br />

xuellen Sadomasochismus.<br />

Aus dieser Argumentation heraus werfen SM-Anhängerinnen manchen Vertreterinnen femi-<br />

nistischer Fraktionen vor, Verhaltensnormen aufzustellen, sexuelle Min<strong>de</strong>rheiten zu unterdrü-<br />

cken <strong>und</strong> zu diskr<strong>im</strong>inieren: „Ich unterstütze we<strong>de</strong>r Vergewaltigung noch sexuellen Miss-<br />

brauch <strong>von</strong> Kin<strong>de</strong>rn, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n Machtzuwachs <strong>de</strong>r Jugend. Meine Politik ist keine Sexual-<br />

politik <strong>von</strong> Herrschaft <strong>und</strong> Unterwerfung, son<strong>de</strong>rn eine Sexualität <strong>von</strong> Herrschaft <strong>und</strong> Unter-<br />

werfung, die ich kontrollieren kann. Sexualpolitik <strong>de</strong>finiert Sexualität als höher- <strong>und</strong> gerin-<br />

gerwertig. Sie versuchen, mich zu dominieren <strong>und</strong> meine Sexualität ihrem Wertesystem zu<br />

unterwerfen. Das ist Sexualfaschismus“ (Rubin, zit. nach Plogstedt 1982, S. 20). Auch Sich-<br />

termann (1985, S. 39f) wirft <strong>de</strong>r Frauenbewegung vor, an <strong>de</strong>r Domestizierung <strong>von</strong> Sexualität<br />

mitzuarbeiten, „in<strong>de</strong>m sie etwa glauben macht, es bräche ein sexueller Frie<strong>de</strong>n aus, sobald nur<br />

die Männer das Feld räumen o<strong>de</strong>r wenigstens <strong>de</strong>ssen <strong>von</strong> Frauen zu formulieren<strong>de</strong> friedlich-<br />

ein<strong>de</strong>utige Gesetzmäßigkeit respektieren“ <strong>und</strong> wen<strong>de</strong>t sich damit gegen die „Fiktion <strong>von</strong> Ei-<br />

erkuchensexualität, in <strong>de</strong>r zwei lächeln<strong>de</strong> Gesichter <strong>und</strong> vier offene Arme zufrie<strong>de</strong>n ineinan-<br />

<strong>de</strong>rsinken“ (ebd. S. 35). Dem Bild weiblich-friedlicher Sexualität stellt Sichtermann das <strong>de</strong>r<br />

‚Schmerz-Lust’ o<strong>de</strong>r ‚Militanz <strong>de</strong>s sexuellen Frie<strong>de</strong>ns’ gegenüber.<br />

Seit <strong>de</strong>r Veröffentlichung masochistischer Phantasien <strong>von</strong> Frauen <strong>und</strong> Califias Streitschrift<br />

zum praktizierten Sadomasochismus kreisen die Überlegungen <strong>im</strong>mer wie<strong>de</strong>r um die Frage,<br />

wie sich die Tatsache, dass weibliche Unterwerfung auch für Frauen zum erotischen Reiz<br />

wer<strong>de</strong>n kann, mit <strong>de</strong>n emanzipatorischen Vorstellungen <strong>und</strong> For<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Frauenbewe-<br />

gung in Einklang bringen lässt. Die Gegenerinnen sagen ‚überhaupt nicht’. Sie verurteilen<br />

Sadomasochismus als die Verkörperung sexistischen Denkens <strong>und</strong> die Verinnerlichung patri-<br />

archalischer Strukturen, die nicht nur in heterosexuellen, son<strong>de</strong>rn auch in homosexuellen SM-<br />

Beziehungen zum Ausdruck kommen. Frauen, die die Position <strong>von</strong> Samois vertreten, wird<br />

vorgeworfen, sich nicht am Feminismus zu orientieren, son<strong>de</strong>rn unkritisch die Philosophie<br />

109 Ebenso wie Califia betont Benjamin (1990) <strong>de</strong>n Unterschied zwischen rituellen Akten <strong>von</strong> Macht <strong>und</strong> Unterwerfung,<br />

die subjektiv als lustvoll erlebt wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Akten physischer Gewalt o<strong>de</strong>r Vergewaltigung, die<br />

unfreiwillig geschehen <strong>und</strong> keineswegs provoziert wor<strong>de</strong>n sind, Gewalt <strong>und</strong> Herrschaft in <strong>de</strong>r Politik o<strong>de</strong>r in<br />

sozialen Lebenszusammenhängen.<br />

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