Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de
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I. Methodologie, Feldzugang <strong>und</strong> Forschungsinventar<br />
1. Die ethnographische Sozialwissenschaft<br />
Das Erfahren <strong>und</strong> Erforschen <strong>de</strong>s Frem<strong>de</strong>n ist eines <strong>de</strong>r zentralen Themen <strong>de</strong>r Ethnologie.<br />
Mittels geeigneter Forschungsstrategien soll <strong>de</strong>r Forscher die Gewohnheiten <strong>und</strong> Alltagsbe-<br />
dingungen frem<strong>de</strong>r Kulturen, aber auch spezifische kulturelle Be<strong>de</strong>utungen <strong>und</strong> Regelsysteme<br />
verstehend untersuchen. Rudolph (1983, S. 49) charakterisiert <strong>de</strong>n Gegenstand <strong>de</strong>r Ethnologie<br />
als die Untersuchung <strong>von</strong> Menschengruppen „unter <strong>de</strong>m Aspekt <strong>von</strong> spezifischen Unterschie-<br />
<strong>de</strong>n ihrer Daseinsform bzw. - komplementär dazu - spezifische Unterschie<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Daseinsform<br />
<strong>von</strong> Menschengruppen überhaupt, d.h. nicht unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt <strong>de</strong>r Verschie<strong>de</strong>nheit zu<br />
einer (jeweils) eigenen, gewissermaßen als Richtschnur vorausgesetzten Daseinsform (...).“<br />
Diese Ethnien zeichnen sich durch best<strong>im</strong>mte Gewohnheiten <strong>und</strong> Alltagsbedingungen, aber<br />
auch durch spezifische kulturelle Be<strong>de</strong>utungen <strong>und</strong> Regelsysteme aus. 13<br />
Diese Art <strong>de</strong>r Forschung haben sich auch einige Soziologen zu eigen gemacht. Im 20. Jahr-<br />
h<strong>und</strong>ert gibt es mehrere Forschungsrichtungen, die <strong>de</strong>rlei ethnologisches Gedankengut mit<br />
soziologischen Theorie- <strong>und</strong> Forschungsansätzen zu verbin<strong>de</strong>n suchen. 14 Auch die vorliegen-<br />
13 Ethnologie ist eng verknüpft mit völkerk<strong>und</strong>licher, sozial- <strong>und</strong> kulturanthropologischer Forschung. Als einer<br />
<strong>de</strong>r frühen <strong>und</strong> bekanntesten Vertreter ethnologischer Forschung gilt Bronislaw Malinowski (1884-1942). Er<br />
hat das Frem<strong>de</strong> systematisch <strong>und</strong> akribisch analysiert <strong>und</strong> uns z.B. in seiner Arbeit über ‘das Geschlechtsleben<br />
<strong>de</strong>r Wil<strong>de</strong>n in Nordwestmelanesien’ die Sexualität auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite <strong>de</strong>s Globus näher gebracht (vgl.<br />
<strong>de</strong>rs. 1979). Seine Leistung besteht nicht <strong>im</strong> Berichten <strong>de</strong>s Einzigartigen <strong>und</strong> Sensationellen, son<strong>de</strong>rn vielmehr<br />
darin, eine vollständige Übersicht über die Phänomene zu liefern (vgl. Messner 1996). Erwähnt wer<strong>de</strong>n<br />
sollten in diesem Zusammenhang schließlich auch die Arbeiten <strong>von</strong> Benedict (1949), Lévi-Strauss (1989)<br />
o<strong>de</strong>r Mead (1965).<br />
14 In Deutschland hat R. Thurnwald <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>stein zum Konzept <strong>de</strong>r Ethnosoziologie gelegt. Zu seinen be<strong>de</strong>utendsten<br />
Veröffentlichungen zählt das fünfbändige Werk 'Die menschliche Gesellschaft in ihren ethnosoziologischen<br />
Gr<strong>und</strong>lagen' (1931-1935). 1925 grün<strong>de</strong>te er die 'Zeitschrift für Völkerk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Soziologie',<br />
die nach 1950 unter <strong>de</strong>m Namen 'Sociologicus' wie<strong>de</strong>r erschien. Die <strong>von</strong> ihm hergestellten Verknüpfungen<br />
zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Disziplinen wur<strong>de</strong>n später <strong>von</strong> seinem Schüler R. König <strong>und</strong> auch <strong>von</strong> W.E. Mühlmann<br />
weiterentwickelt. Heute sind <strong>im</strong> <strong>de</strong>utschsprachigen Raum unter an<strong>de</strong>rem die Studien <strong>von</strong> R. Girtler zur Prostituiertenszene<br />
(1990), die Arbeiten <strong>von</strong> R. Hitzler <strong>und</strong> A. Honer zu <strong>de</strong>n He<strong>im</strong>werkern (1988), die Abhandlungen<br />
über Kaffeefahrten <strong>und</strong> Wünschelrutengänger <strong>von</strong> Knoblauch (1985; 1991), die Forschungsprojekte<br />
zu <strong>de</strong>n Themen ‘Medien’, ‘Jugend’ <strong>und</strong> ‘Gewalt’ <strong>von</strong> R. Eckert u.a. (z.B. 1990; 1991; 1998; 2000) o<strong>de</strong>r die<br />
kultursoziologische Dissertation <strong>von</strong> G. Ke<strong>im</strong> (1999) zur Konsumkultur zu nennen. Einen Überblick zur ethnographischen<br />
(ethnologischen) Metho<strong>de</strong> liefern: Amann/Hirschauer (1997); Berg/Fuchs (1993); Denzin<br />
(1997); Fetterman (1989); Hammersley/Atkinson (1993); Lindner (1990) o<strong>de</strong>r Stagl (1995). Mit ethnographischen<br />
Ansätzen in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Jugendforschung haben sich Neumann-Braun/Deppermann (1998) auseinan<strong>de</strong>rgesetzt.<br />
Auch in <strong>de</strong>n angelsächsischen Län<strong>de</strong>rn hat die Verknüpfung <strong>von</strong> ethnographischen <strong>und</strong> sozio-<br />
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