Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de
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keit, die die Verbindung <strong>von</strong> Sexualität <strong>und</strong> Gewalt mit einbezog. Dieser Trend stößt keines-<br />
wegs bei allen Frauen auf Verständnis <strong>und</strong> Akzeptanz. Die Befürworterinnen <strong>de</strong>s Sadomaso-<br />
chismus verstehen sich als Protagonistinnen einer Gegenkultur zum Schmusesex (radi-<br />
kal)feministischer Positionen. Die Gegnerinnen sehen darin hingegen die Untergrabung ihres<br />
langjährigen Kampfes gegen Gewalt <strong>und</strong> Unterdrückung durch das Patriarchat. Sie befürch-<br />
ten, das Bekenntnis <strong>von</strong> Frauen, sadistische, aber vor allem masochistische Sexualpraktiken<br />
zu genießen, führe zur Legit<strong>im</strong>ierung <strong>von</strong> Männergewalt <strong>und</strong> zu Problemen für die Öffent-<br />
lichkeitsarbeit <strong>im</strong> Zusammenhang mit Gewalt gegen o<strong>de</strong>r Misshandlung <strong>von</strong> Frauen. 102 Dis-<br />
kutiert wer<strong>de</strong>n dabei sowohl weibliche Masochismusphantasien als auch <strong>de</strong>r praktizierte Sa-<br />
domasochismus <strong>von</strong> Frauen.<br />
1.9.2.2 Weibliche Sexualphantasien<br />
Die Diskussion um das Thema Frauen <strong>und</strong> Sadomasochismus wur<strong>de</strong> 1977 durch zwei Artikel<br />
zu masochistischen Sexualphantasien in <strong>de</strong>r Zeitschrift Emma (9/77; 11/77) entfacht. Es kam<br />
zu unerwarteten Reaktionen verb<strong>und</strong>en mit einer Flut <strong>von</strong> Leserbriefen, in <strong>de</strong>nen Frauen ihre<br />
masochistischen Phantasien beschreiben. Kurz darauf veröffentlichte Nancy Friday (1978)<br />
eine Sammlung sexueller Phantasien <strong>von</strong> Frauen. Sie hatte in <strong>de</strong>n USA über Zeitschriften <strong>und</strong><br />
Annoncen um Schil<strong>de</strong>rungen weiblicher Sexualphantasien gebeten, <strong>und</strong> obwohl keine thema-<br />
tischen Einschränkungen <strong>von</strong> ihr vorgegeben wur<strong>de</strong>n, stellte sich heraus, dass die meisten<br />
weiblichen Sexualphantasien masochistische Inhalte aufweisen. 103 Ihre Veröffentlichung hat<br />
zu heftigen Kontroversen innerhalb <strong>de</strong>r Frauenbewegung geführt.<br />
Ein Teil <strong>de</strong>r Feministinnen bezweifelt, dass in weiblichen Sexualphantasien Gewalt vor-<br />
kommt <strong>und</strong> verweist solche Vorstellungen in das Reich patriarchaler Fabeln <strong>und</strong> Erfindungs-<br />
102 Die Vertreterinnen dieser Positionen stützen sich dabei auf laborexper<strong>im</strong>entelle Untersuchungen, in <strong>de</strong>nen<br />
beispielsweise <strong>de</strong>r Einfluss <strong>de</strong>s Sadomasochismus in Erotica auf die Reaktionen <strong>und</strong> Einstellungen zur Vergewaltigung<br />
<strong>und</strong> ihrer Darstellung gezeigt wer<strong>de</strong>n sollte. Feshbach/Mallamuth (1983, S. 145) kommen in<br />
diesem Zusammenhang zu folgen<strong>de</strong>m Ergebnis: "Es scheint als wür<strong>de</strong>n die Männer, die vorher etwas über<br />
<strong>de</strong>n Genuß einer Frau an Mißhandlungen gelesen hatten, nun die Schmerzäußerungen <strong>de</strong>s Vergewaltigungsopfers<br />
als Zeichen sexueller Erregung <strong>de</strong>uten. Mit an<strong>de</strong>ren Worten: Die Hemmungen, mit <strong>de</strong>nen man normalerweise<br />
auf Schmerzsignale reagiert, wur<strong>de</strong>n aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Konfrontation mit sadomasochistischem Material<br />
irgendwie verän<strong>de</strong>rt. Zu dieser Deutung paßt auch unsere Ent<strong>de</strong>ckung, daß für diese Männer die sexuelle Erregung<br />
um so stärker war, je stärker sie die Schmerzen <strong>de</strong>s Opfers einschätzten. (...) Es gab auch Hinweise<br />
dafür, daß sich die Männer mit <strong>de</strong>m Täter i<strong>de</strong>ntifizierten, - <strong>und</strong> daß sie eine Vergewaltigung sogar innerhalb<br />
ihres eigenen Verhaltensrahmens als vorstellbar ansahen."<br />
103 Aber nicht nur populärwissenschaftliche Textsammlungen zeigen, dass masochistische Vorstellungsinhalte<br />
wichtiger Bestandteil weiblicher Sexualphantasien sind. In diesem Zusammenhang sei auf die Arbeiten <strong>von</strong><br />
Crepault u.a.(1977); Knafo/Jaffe (1984); Lohs (1983); Talbot u.a. (1980); Trukenmüller (1982) verwiesen.<br />
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