Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de
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Melitta: Parteien reiten viel auf Führerfiguren, aber da bin ich dagegen. Das geht<br />
einfach nicht, dass alles <strong>von</strong> einem Mann ausgeht <strong>und</strong> dass einer alles vertritt. (...)<br />
Ich hab so das Gefühl, wenn irgen<strong>de</strong>ine I<strong>de</strong>ologie dahintersteckt - egal was - dann<br />
klappt es nach kurzer Zeit nicht mehr. Ob das eine zu grüne o<strong>de</strong>r zu sozialistische<br />
I<strong>de</strong>ologie ist, auch eine zu kapitalistische I<strong>de</strong>ologie ist, dann läuft es nicht (30 Jahre,<br />
S, heterosexuell).<br />
Roswitha: Ich möchte es mal so sagen. Ich bin ein frei <strong>de</strong>nken<strong>de</strong>r Mensch, <strong>de</strong>r<br />
seine Meinung vertreten kann <strong>und</strong> (...) an<strong>de</strong>re Menschen auch frei <strong>de</strong>nken <strong>und</strong> re<strong>de</strong>n<br />
lässt <strong>und</strong> für <strong>de</strong>n die Menschlichkeit an höchster Stelle steht (38 Jahre, M, heterosexuell).<br />
Diana: Also politisch wür<strong>de</strong> ich sagen, dass ich links bin. Ich fin<strong>de</strong> auch <strong>im</strong>mer<br />
diese Fragen, wenn man bei SM Macht ausübt, ob man die dann auch in <strong>de</strong>r politischen<br />
Einstellung hat, doof. Das eine hat doch mit <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren nichts zu tun.<br />
Ich engagiere mich in <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nsbewegung <strong>und</strong> wür<strong>de</strong> nie Parteien wählen, die<br />
für Gewalt sind. Das sind doch zwei ganz verschie<strong>de</strong>ne Sachen, SM <strong>und</strong> Politik<br />
(24 Jahre, S/M, lesbisch).<br />
Manfred: Ich bin Zivildienstleisten<strong>de</strong>r <strong>und</strong> habe meine sehr eigene <strong>und</strong> sehr f<strong>und</strong>ierte<br />
Meinung über staatliche Gewaltstrukturen, die nicht zu vergleichen sind mit<br />
irgendwelchen spielerischen Sexformen. Letzteres baut auf Gegenseitigkeit, auf<br />
Wohlwollen <strong>und</strong> auch auf Einverständnis auf. Überhaupt nicht zu vergleichen mit<br />
Aggressionen, wo <strong>de</strong>r eine <strong>de</strong>r Lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> ist <strong>und</strong> das nicht will <strong>und</strong> <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re das<br />
durchsetzen will. Das ist überhaupt nicht zu vergleichen, <strong>de</strong>shalb habe ich auch<br />
keine Probleme damit. (...) Bevor es mit manchen Leuten zur Sache geht, politisiere<br />
ich manchmal erst mal eine Viertelst<strong>und</strong>e, meistens über Anarchismus <strong>und</strong><br />
Gewaltfreiheit <strong>und</strong> über Basis<strong>de</strong>mokratie (25 Jahre, M, schwul).<br />
Die Vorstellung, dass für Sadisten generell ein autoritärer <strong>und</strong> für Masochisten ein obrig-<br />
keitshöriger Habitus typisch ist, <strong>de</strong>r sich auch in <strong>de</strong>n politischen Auffassungen <strong>und</strong> Meinun-<br />
gen nie<strong>de</strong>rschlägt, ist also sicherlich nicht zutreffend. Es mag durchaus sein, dass die eine<br />
o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Person nicht nur in ihrer Sexualität, son<strong>de</strong>rn auch in an<strong>de</strong>ren Bereichen dominant<br />
agiert. Aber dies ist keine symptomatische SM-Erscheinung. Genau so, wie sich autoritäre<br />
politische Einstellungen in an<strong>de</strong>ren Bevölkerungssegmenten fin<strong>de</strong>n, gibt es linksalternativ,<br />
liberal o<strong>de</strong>r konservativ eingestellte Sadomasochisten. Auch gelegentlich zu beobachten<strong>de</strong><br />
Symbole wie Hakenkreuze, Uniformen, Le<strong>de</strong>rstiefel o<strong>de</strong>r die entsprechen<strong>de</strong>n Mützen können<br />
nicht als Ausdruck einer faschistischen Weltanschauung gewertet wer<strong>de</strong>n. Sie sind Teil einer<br />
sub-, besser spezialkulturellen Emblematik <strong>und</strong> Bricolage-Improvisation, die durch spezifi-<br />
sche Aneignungen <strong>und</strong> Um<strong>de</strong>utungen mit einer szenetypischen Semantik belegt sind.<br />
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