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Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de

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<strong>und</strong> Gotcha-Szene wird ethnographisch analysiert, subjektive Motivations- <strong>und</strong> Einstellungs-<br />

muster wer<strong>de</strong>n herauskristallisiert.<br />

3) Hooligans<br />

Das Phänomen <strong>de</strong>r Hooligans n<strong>im</strong>mt generell eine beson<strong>de</strong>re Stellung unter <strong>de</strong>n Fußballfans<br />

ein. Hooligans distanzieren sich <strong>de</strong>utlich <strong>von</strong> <strong>de</strong>n sogenannten ‘Kuttenträgern’ (das sind Fans,<br />

die sich <strong>und</strong> ihre Jacke über <strong>und</strong> über mit Vereinsemblemen schmücken) <strong>und</strong> heben sich <strong>von</strong><br />

<strong>de</strong>n ‘normalen’ unauffälligen Fußballbegeisterten ab. Sie nutzen <strong>de</strong>n Rahmen <strong>de</strong>s Fußball-<br />

spiels für gewalttätige Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen unter ihresgleichen - in jüngster Vergangenheit<br />

aber verstärkt auch mit Dritten bzw. <strong>de</strong>r Polizei. Eine Affinität zu autoritär-nationalistischen<br />

Einstellungen ist bei einem Teil <strong>de</strong>r Hooligans erkennbar <strong>und</strong> hinsichtlich <strong>de</strong>s zum Teil zu<br />

Tage treten<strong>de</strong>n Gewaltniveaus sind strafrechtlich relevante Handlungen nicht untypisch.<br />

Die vorliegen<strong>de</strong> Arbeit versteht alle drei Phänomene als die Herausbildung <strong>von</strong> ‘Spezialkultu-<br />

ren’, in <strong>de</strong>ren Enklaven gewaltaffine Affekte - fiktiv <strong>und</strong> real - <strong>im</strong> Sinne außeralltäglicher<br />

Erfahrungen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Suche nach Action <strong>und</strong> Thrill ausgelebt wer<strong>de</strong>n können (vgl. Kap. IV.).<br />

Dies erscheint zunächst provokativ: Vor <strong>de</strong>m Hintergr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r amtlichen Statistiken (Bericht<br />

<strong>de</strong>s Innenministers/Polizeiliche Kr<strong>im</strong>inalstatistik) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ereignisse <strong>de</strong>r jüngsten Vergan-<br />

genheit haben wir sicherlich allen Gr<strong>und</strong> zur Sorge um die Gewalt in unserer Gesellschaft.<br />

Seit Anfang <strong>de</strong>r neunziger Jahre mehren sich die frem<strong>de</strong>nfeindlichen Anschläge (vgl. Willems<br />

u.a. 1993) <strong>und</strong> die Zahlen <strong>de</strong>s Verfassungsschutzes verweisen auf die zunehmen<strong>de</strong> Gewalt<br />

gegenüber Auslän<strong>de</strong>rn. Überhaupt steigt seit einigen Jahren das Gewaltniveau <strong>de</strong>r Jugendli-<br />

chen an (vgl. Pfeiffer u.a. 1998). Geschürt durch die Berichterstattung in <strong>de</strong>n Medien avancie-<br />

ren Ereignisse wie <strong>de</strong>r Amoklauf eines Schülers in Bad Reichenhall <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Schülermord an<br />

einer Lehrerin in Meißen in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit gleichsam zum ‘pars pro toto’. Große Ratlosig-<br />

keit, wie <strong>de</strong>r Gewalt <strong>von</strong> <strong>und</strong> unter Jugendlichen zu begegnen sei, macht sich breit. 12 Deshalb<br />

ist zu fragen, wie sich gewaltaffine Affektkulturen wie die <strong>de</strong>r Sadomasochisten, Paintball-<br />

Spieler <strong>und</strong> Hooligans mit <strong>de</strong>n Werten unserer <strong>de</strong>m Frie<strong>de</strong>n <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Freiheit verpflichteten<br />

Gegenwartskultur vertragen. Wie stellt sich <strong>de</strong>r soziale Charakter dieser Gewalt gegenüber<br />

an<strong>de</strong>ren Gewaltformen dar? Können die Akteure noch zwischen Fiktion <strong>und</strong> Realität unter-<br />

12 Dazu schreiben Eckert u.a. (2000, S. 13): „Die gesellschaftliche Reaktion ist hilflos: wie<strong>de</strong>r einmal ertönt <strong>de</strong>r<br />

Ruf nach Werterziehung, ohne daß wir wissen, ob es nicht gera<strong>de</strong> die Verteidigung <strong>von</strong> Werten ist, die <strong>de</strong>n<br />

Kampf anleitet; <strong>de</strong>r Ruf nach Strafverschärfung, ohne daß wir wissen, ob Strafe überhaupt abschrecken<strong>de</strong><br />

Wirkung hat, <strong>de</strong>r Ruf nach Absenkung <strong>de</strong>s Strafmündigkeitsalters, ohne daß wir wissen, was wir mit Kin<strong>de</strong>rn<br />

in einer Strafvollzugseinrichtung anfangen könnten. Kurzum, das Phänomen ist Gegenstand öffentlicher Erregung,<br />

ohne daß wir wissen, was zu tun wäre.“<br />

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