Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de
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nete. Es war die Toilette. ‚Sauf sie aus, du Sau!’. Was sollte ich tun? Ich war verängstigt,<br />
ich fürchtete mich vor weiterer Strafe, nach<strong>de</strong>m ich schon zwei Befehle<br />
nicht ausgeführt hatte. (...) Ich soff. Es war wohl das Schl<strong>im</strong>mste meines Lebens.<br />
(...) Praktiken wie Kaviar, erzwungene homosexuelle Kontakte (anal <strong>und</strong> oral)<br />
sind fürchterlich, aber es macht <strong>de</strong>vot, <strong>de</strong>mütigt unter die Macht <strong>de</strong>r Herrin. Erregend<br />
daran ist, dass ich ihnen unterworfen bin, nicht weiß, was sie heute für mich<br />
ausgedacht hat, welcher Laune ich unterworfen bin. Erregend ist, darum zu bitten,<br />
sie möge doch diese o<strong>de</strong>r jene Praktik nicht an mir ausüben, was dann brüsk abgelehnt<br />
wird, <strong>und</strong> ich muss es dul<strong>de</strong>n. Ja, ich wür<strong>de</strong> sagen, das geilt auf. (...) Es fällt<br />
mir keine einzige Situation ein, die ich positiv empfin<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>. Alles ist negativ:<br />
<strong>von</strong> Schmerz, Ekel, Demut <strong>und</strong> Angst geprägt. Zumin<strong>de</strong>st körperlich spielen sich<br />
nur negative Gefühle <strong>und</strong> Erlebnisse ab (64 Jahre, M, heterosexuell).<br />
Fäkale Praktiken kommen vergleichsweise häufig bei homosexuellen Sadomasochisten vor. 91<br />
In seinem Interview mit Hubert Fichte unterstreicht Hans Eppendorfer (1977, S. 107) die Be-<br />
<strong>de</strong>utung <strong>von</strong> Fäkalpraktiken in <strong>de</strong>r schwulen Le<strong>de</strong>rszene: „Natürlich spielt Kot eine Rolle.<br />
Natürlich sind Leute dabei, die Kot fressen, die sich mit <strong>de</strong>m Kot beschmieren lassen, die<br />
einen kotigen Hintern auslecken, wie Leute dreckige Stiefel ablecken. (...) Auch Kotorgien<br />
hat es gegeben, es hat <strong>im</strong> Park also mehrmals sehr heftig nach Scheiße gestunken. Daß man<br />
sich dann mit dieser kotigen Faust, diesem kotigen Arm, dieser kotigen Hand wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />
Körper, die Brustwarzen beschmieren ließ. Daß sie sich <strong>de</strong>n Le<strong>de</strong>roverall aufmachten <strong>und</strong><br />
sich <strong>de</strong>n Körper einseifen ließen.“ Wichtiger noch als diese Kot- sind die Urin-Rituale. Sie<br />
sind unter <strong>de</strong>n SM-Schwulen ein weit verbreitetes Phänomen.<br />
Kot wie auch Urin lösen nicht in allen Fällen Ekelreaktionen aus:<br />
Bernd: Für mich ist einfach die Faszination an Dirty-Sex, sich gehen zu lassen.<br />
Eben die gesellschaftlichen Konventionen völlig außer acht zu lassen. Es ist vielleicht<br />
so dieses <strong>de</strong>rbere, männlichere, was damit als Wunsch ein Stückchen näher<br />
kommt. (...) Wenn man mit <strong>de</strong>m Motorrad rausfährt, kann man sich draußen auch<br />
anpissen <strong>und</strong> dann halt weiterfahren. Es ist die Faszination die Sau rauszulassen.<br />
Sich so geben zu dürfen, wie man es <strong>im</strong> Alltag nicht darf, wie man es zu Hause in<br />
<strong>de</strong>r Wohnung nicht kann, wie man es in <strong>de</strong>r Kindheit nicht gedurft hat. Ich fin<strong>de</strong><br />
es auch geil, sich anzuscheißen. Daran ist faszinierend, total Schwein sein zu können.<br />
Das ist, glaube ich, so die extremste Form, die möglich ist. Weil gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
ganze Bereich Scheiße ist sehr mit Tabus belegt. Und so ein Tabu zu durchbrechen<br />
ist faszinierend. Es ist die extremste Form <strong>von</strong> Sex. Da ist man einfach nur<br />
Tier (37 Jahre, M, schwul).<br />
91 "Il s'agit donc d'une variante <strong>de</strong> comportements sexuels où les déjetions jouent un rôle <strong>im</strong>portant, un peu<br />
mieux connu dans la sous-culture gay mai également pratiquée dans le mon<strong>de</strong> hétérosexuel" (Holland 1989,<br />
S. 139).<br />
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