Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de
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Öfteren durch die Drastik pornographischer Direktheit ersetzt. Die Sprache hat dabei eine<br />
doppelte Funktion. Zunächst einmal wer<strong>de</strong>n die sprachlichen Ausgestaltungen rollenspezi-<br />
fisch als Elemente <strong>von</strong> Herrschaft <strong>und</strong> Demut eingesetzt. Die dominante Person kommandiert,<br />
befiehlt, dul<strong>de</strong>t keinen Wi<strong>de</strong>rspruch. Der passive Teil bittet <strong>und</strong> fleht. Neben diesen generel-<br />
len Merkmalen lassen sich weitere rollengeb<strong>und</strong>ene Nuancen feststellen, die sich in verschie-<br />
<strong>de</strong>nen Sprachkonventionen dokumentieren. Es han<strong>de</strong>lt sich dabei nicht um verbindliche Sze-<br />
neregeln, son<strong>de</strong>rn um individuell ausgehan<strong>de</strong>lte Absprachen. So darf <strong>de</strong>r <strong>de</strong>vote Partner oft<br />
nur dann re<strong>de</strong>n, wenn er gefragt wird. Auch seine Demut muss durch das sprachliche Verhal-<br />
ten unter Beweis gestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Ferdinand: Ich muss meine Frau dann auch <strong>de</strong>vot ansprechen. Ich bin eben ihr<br />
Sklave <strong>und</strong> muss mich vorsehen. In <strong>de</strong>r Regel darf ich erst dann sprechen, wenn<br />
die Herrin es wünscht. Das gilt erst recht bei Veranstaltungen, wenn ich da vorgezeigt<br />
wer<strong>de</strong>. Da kann ein Wort zuviel schon eine schwere Strafe be<strong>de</strong>uten (36 Jahre,<br />
S/M, heterosexuell).<br />
Roswitha: Den Herrn, <strong>de</strong>n ich mir ausgesucht habe o<strong>de</strong>r umgekehrt, <strong>de</strong>r mich<br />
dann erwählt hat, spreche ich als Herr <strong>und</strong> als Meister an. Totalen Respekt vor<br />
diesem Menschen heißt, ihm in je<strong>de</strong>r Beziehung meine Unterwerfung darzulegen.<br />
Sei es, dass ich zurückhaltend bin, etwas sage, wenn ich gefragt wer<strong>de</strong>, aber nicht<br />
zu viel spreche <strong>und</strong> in gewissen Situationen garnichts sage, höflich bleibe, ihm zu<br />
Diensten stehe (35 Jahre, M, bisexuell).<br />
Neben <strong>de</strong>r Aufgabe als Verstärker <strong>de</strong>r Rollenasymmetrie ist eine weitere Be<strong>de</strong>utung festzu-<br />
halten. Durch ein bewusst ‚ordinäres’ Vokabular wird die Tabulosigkeit <strong>de</strong>r Handlung <strong>und</strong><br />
ihre Ausklammerung aus <strong>de</strong>m Alltag symbolisiert. Die Sprache ist somit zugleich ein Distink-<br />
tionselement, um die Exklusivität <strong>de</strong>r SM-Situation zu betonen. Genau wie die Le<strong>de</strong>rkleidung<br />
ist sie zugleich Signum <strong>und</strong> Konstituens <strong>de</strong>r Normalitätsabweichung. Die Übertretung <strong>de</strong>r<br />
konventionellen Geschmacksgrenzen durch die spezifische Sprache verfeinert als stilistisches<br />
Surplus die SM-Situation. Sie ist ein Utensil wie das raffinierte Accessoire, die Peitsche o<strong>de</strong>r<br />
die Handschellen.<br />
Joseph: Verbal-Erotik ist für mich sehr st<strong>im</strong>ulierend. Je ordinärer die Domina<br />
spricht, mit Ausdrücken wie Schwein, Sau, dreckiger Arschlecker, Sohn einer<br />
pisswütigen Zuchthaushure, geiler Bock, Ficksau, Leck mir die Fotze sauber, du<br />
<strong>im</strong>potenter Jammerlappen, jetzt wichse dich, du Hurensohn usw., sind Ausdrücke,<br />
welche in unterschiedlichen Nuancen <strong>de</strong>n Reiz einer Erziehung erhöhen können<br />
(55 Jahre, M, heterosexuell).<br />
Karin: Das Verbale spielt zur St<strong>im</strong>ulation eine unglaubliche Rolle. Wenn er vor<br />
mir winselt <strong>und</strong> bettelt, kann ich ihn durch meine Wortwahl noch zusätzlich erniedrigen<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>mütigen, wenn ich zum Beispiel sage, ‚Na, was ist <strong>de</strong>nn mit meinem<br />
kleinen Schlappschwanz heute, kriegt er wie<strong>de</strong>r keinen hoch’ o<strong>de</strong>r ‚Wage es<br />
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