Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de
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1.4.2 Kleidung <strong>und</strong> Schmuck<br />
Typischerweise differenzieren sich in Subkulturen spezifische Stilmuster aus. Die allgemeine<br />
Funktion <strong>von</strong> Stilen beschreibt Soeffner (1986, S. 319) folgen<strong>de</strong>rmaßen: „Es ist eine sichtba-<br />
re, einheitsstiften<strong>de</strong> Präsentation, in die je<strong>de</strong> Einzelhandlung <strong>und</strong> je<strong>de</strong>s Detail mit <strong>de</strong>m Ziel<br />
eingearbeitet ist, eine homogene Figuration o<strong>de</strong>r Gestalt - <strong>de</strong>n Stil - zu bil<strong>de</strong>n <strong>und</strong> darzustel-<br />
len. Stil zu haben - in diesem Sinne - be<strong>de</strong>utet fähig zu sein, bewusst für an<strong>de</strong>re <strong>und</strong> auch für<br />
das eigene Selbstbild eine einheitliche Interpretation anzubieten <strong>und</strong> zu inszenieren.“ Illustra-<br />
tive Beispiele hierfür sind beispielsweise die Punks (vgl. ebd.) o<strong>de</strong>r die Motorrad-Rocker<br />
(vgl. Willis 1981). Letztere zielen bei ihren Inszenierungsformen darauf ab, einen betont<br />
männlichen Habitus nach außen zu <strong>de</strong>monstrieren: Le<strong>de</strong>rkleidung, Abzeichen, Bart <strong>und</strong> -<br />
nicht zu vergessen - das Motorrad sind Kernstücke dieser Macho-Emblematik. Daneben hat<br />
Stil eine wichtige ästhetische Funktion, ist gleichsam „eine ästhetisieren<strong>de</strong> Überhöhung <strong>de</strong>s<br />
Alltäglichen“ (Soeffner 1986, S. 319), <strong>im</strong> Falle <strong>de</strong>r Rocker etwa das chromblitzen<strong>de</strong> Motor-<br />
rad, <strong>de</strong>ssen Tank mit <strong>de</strong>r Darstellung einer nackten Frau o<strong>de</strong>r einem Fantasy-Motiv bemalt ist.<br />
Auch <strong>im</strong> Bereich <strong>de</strong>r sadomasochistischen Szenen gibt es ähnliche Ästhetizismen. Die spezi-<br />
fische Bekleidung - <strong>von</strong> Le<strong>de</strong>r über Latex <strong>und</strong> Sei<strong>de</strong> bis Gummi - ist für ihre Träger <strong>im</strong>mer<br />
auch ästhetischer Ausdruck. Wie wichtig gera<strong>de</strong> <strong>im</strong> SM-Bereich das ‚Dressing for pleasure’<br />
gewor<strong>de</strong>n ist, zeigten uns die Besuche in Le<strong>de</strong>rstudios <strong>und</strong> SM-Lä<strong>de</strong>n. Die Auswahl eines<br />
Gummiklei<strong>de</strong>s <strong>und</strong> <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n Accessoires o<strong>de</strong>r einer Le<strong>de</strong>rkombination unterschei-<br />
<strong>de</strong>t sich in nichts <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Kauf eines Abendklei<strong>de</strong>s o<strong>de</strong>r eines Fracks. Mo<strong>de</strong>zeitschriften,<br />
Beratung durch die Verkäufer <strong>und</strong> unzählige Mo<strong>de</strong>llvarianten sind auch in <strong>de</strong>n SM-Boutiquen<br />
mittlerweile Alltag. 63 Die führen<strong>de</strong>n Hersteller kreieren jährlich neue Kollektionen, die zum<br />
Teil I<strong>de</strong>en <strong>und</strong> Anregungen aus <strong>de</strong>r Haute Couture aufgreifen. Umgekehrt erhält auch die<br />
Mainstream-Mo<strong>de</strong> entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Impulse aus <strong>de</strong>r SM-Szene. Ästhetik, Mo<strong>de</strong> <strong>und</strong> Design<br />
sind also Bereiche, die für die Kleidungsstile in <strong>de</strong>r sadomasochistischen Spezialkultur <strong>im</strong>mer<br />
wichtiger wer<strong>de</strong>n. Die Kleidung <strong>und</strong> - nicht zu vergessen - <strong>de</strong>r Schmuck sind aber nicht nur<br />
ästhetischer Ausdruck. Schmuck <strong>und</strong> Kleidung haben verschie<strong>de</strong>ne Be<strong>de</strong>utungsebenen. Sie<br />
63 Dies war nicht <strong>im</strong>mer so. Früher stand sehr oft nur das Material an sich <strong>im</strong> Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong>. Einer <strong>de</strong>r Befragten,<br />
<strong>de</strong>r schon seit über 25 Jahren zur Szene gehört, zeigte uns seine Katalogsammlung aus diesem Zeitraum mit<br />
<strong>de</strong>r Bemerkung: Gummiklei<strong>de</strong>r beispielsweise waren gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r sechziger Jahre in <strong>de</strong>r Regel formlose<br />
Säcke <strong>und</strong> erinnerten mitunter stark an Mülltüten. Heute ist - bis auf <strong>de</strong>n Unterschied <strong>im</strong> Material - kaum<br />
noch ein Unterschied zur Alltagsmo<strong>de</strong> zu bemerken. Viele dieser Kleidungsstücke wer<strong>de</strong>n <strong>im</strong> Übrigen aus<br />
Großbritannien <strong>im</strong>portiert.<br />
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