Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de

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11.11.2012 Aufrufe

cher Kunden auch Probleme entstehen, denn Domina-Studios werden auch zu einer Art Auf- fangbecken für Personen mit extremen und bizarren Vorstellungen: Hanna: Ich hatte einen Fall, der ist jedes mal gekommen, hat sich auf extremste Art und Weise quälen lassen, d.h. brennende Zigaretten ausdrücken, Rheumasalbe auf die Fußsohlen, Stockschläge auf die Fußsohlen, also richtig so wie man gehört hat, dass Kriegsgefangene in den letzten Kriegen gefoltert wurden. Bis er mir dann erzählt hat, dass er in der Nähe einer Schule wohnt und immer Mädchen belästigt. Ich habe es anfangs nicht geglaubt, habe das Ganze nachgeprüft. Es war wirklich eine Schule in der Nähe. Und dann kam mir der Gedanke, ob ich mich nicht an die Polizei wende, weil das für mich schon ein Psychopath war. Der hat gemeint, wenn er sich dann auf gemeinste Art und Weise quälen lässt, dass das für ihn eine Art Absolution ist. So wie ein Katholik bei der Beichte. Der kam mir dann aber leider nicht mehr unter die Finger. Ich finde, bei so einem Menschen sollte man sich doch überlegen, ob das nicht doch eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. So jemand müsste man in Behandlung geben. Zumindestens in eine Therapie (38 Jahre, Domina, Studioinhaberin). Danuta: Da habe ich jetzt am Dienstag eine Behandlung, das verkrafte ich psychisch nicht. Und zwar bin ich gegen Tiersex und gegen Kindersex. Da habe ich also einen Gast, der immer auf kleine Mädchen angesprochen hat. Er sagt, er treibt es mit kleinen Mädchen. Er lockt die in sein Landhaus, streichelt ihre Brüste, ihre Muschi und so. Das ist ein schwieriger Fall für mich, weil ich nicht einschätzen kann, ob er nur phantasiert oder es wirklich macht. Diese Kleine, die hier als Sklavin arbeitet, auf die ist er jetzt ganz heiß, weil die so kindlich ist. Und da habe ich Schwierigkeiten. Mit allen Dingen, die ich selber hasse, habe ich Schwierigkeiten. Ich könnte mir vorstellen, dass er sowas tatsächlich macht. Man kann sich doch nicht einfach in so eine Rolle hineinversetzen. Und der strengt mich an. Wenn ich mit dem Mann drei Stunden arbeite, dann bin ich geschafft. Dann sind wir alle geschafft hier. F: Mir ist nicht ganz klar, was jemand, der eine Neigung für Kindersex hat, in einem Domina-Studio sucht? Danuta: Das ist seine Wunschvorstellung und das möchte er sich bei uns austreiben lassen. Er kommt in die Klinik, dass man ihm das austreibt, dass er sowas wieder gemacht hat. Dann sage ich zu ihm: ‚Na, hast Du es wieder mit Mädchen getrieben? Wie alt war die Kleine denn, die du wieder in das Landhaus gelockt hast? Sage mir mal, was du mit ihr gemacht hast!’ Dann holt er seinen Penis raus, streichelt den. Ich sage: ‚Findest du das nicht schweinisch, sowas? Hast du sie auch geküsst? Dann musst du heute wieder bestraft werden!’ (48 Jahre, Domina, Studioinhaberin). Neben dem Umstand, dass bei solchen Kunden die Toleranzgrenzen der Domina und ihrer Sklavin auf die Probe gestellt werden, ist mitunter auch nicht klar, ob die Kunden nicht wirk- lich in verschiedene Sexualdelikte verwickelt sind. Aufgrund der anonymen Studiosituation 100

können manche Besucher ihren persönlichen Hintergrund leicht verbergen, auch wenn dies nicht die Regel ist. Verflechtung mit der Prostitutions-Szene Die Prostitution in der ‚strengen Kammer’ (vgl. Girtler 1990) ist eine besondere Form der Wohnungsprostitution, wo im Gegensatz zu den sonst üblichen Praktiken auch Spezialbe- handlungen von normalen Prostituierten angeboten werden. 60 Daneben spielen perverse Prak- tiken auch bei der Straßenprostitution eine Rolle: „Nicht untypisch für die Prostitution auf der Straße scheint auch folgende Erzählung eines Zuhälters zu sein: ‚Von einem Gogl allein hat meine Alte nur für das Hineinscheißen in sein Auto dreieinhalbtausend Schilling kassiert. Der Mann ist alle zwei, drei Monate gekommen und meist dann, wenn er einen neuen Wagen hat- te“ (ebd. S. 233). Daneben berichtet Girtler von Prostituierten, die auf dem Straßenstrich ar- beiten und sich ein „perverses Kisterl“ (ebd. S. 243) angeschafft haben, um dem Kunden eine strenge Behandlung zu ermöglichen. Hierbei handelt es sich um einen kleinen Kasten oder Koffer, der mit den unterschiedlichsten SM-Werkzeugen ausgestattet ist. Viele Prostituierte lehnen sadomasochistische Praktiken aber mit dem Hinweis ab, so etwas Perverses nicht mit- zumachen. 61 Wenn aber beispielsweise Straßen-Prostituierte bereit sind, auf diese Sonderwün- sche einzugehen, so zu einem weit höheren Preis, als sie für normalen Geschlechtsverkehr erhalten. Im Bereich der Straßen- und Wohnungsprostitution arbeiten die meisten Frauen für einen Zu- hälter: „Der Zuhälter ist es, der in gewisser Weise den Strich bzw. die Prostitution überhaupt möglich macht. Er ist es, der nicht nur darauf achtet, daß der Strich funktioniert, sondern er ist für die Prostituierte so etwas wie eine Bezugsperson, die sie vor diversen Problemen schützt und mit der menschlich-intime Kontakte möglich sind. Das heißt jedoch nicht, daß die Bezie- 60 Auf eine ähnliche Situation verweisen Janus u.a. (1979, S. 11), wenn sie die Bedeutung sadomasochistischer Sexualpraktiken für eine "höhere Ebene" der Prostitution unterstreichen, nämlich für den Kreis der "Elite- Callgirls". Es handelt sich dabei um Prostituierte, die "nicht der landläufigen Vorstellung von einer 'Hure'" entsprechen und deren Klientel sich ausschließlich aus "Vertretern der Macht" (ebd. S. 14) - beispielsweise Rechtsanwälte, Gesetzgeber und Richter - zusammensetzt. Auch Stein (1974) fand in ihrer Call-Girl-Studie heraus, dass Sadomasochismus im Bereich der Prostitution praktiziert wird. 61 Auch Girtler (1990, S. 232) bemerkt, dass "nicht jede Prostituierte daran interessiert (ist), daran mitzutun." Unter Zuhältern werden Freier mit sadomasochistischen oder bizarren Neigungen oftmals als Perverse belächelt: Die Domina ist nur für das Perverse. Zum Anketten, Auspeitschen und so. Ich habe mich schon oft gefragt, wie so eine Domina überhaupt auf den Kunden eingehen kann. Z.B. einen Einlauf machen oder so was, das ist doch ekelhaft. Ich kann die Typen auch nicht verstehen. Ich lasse mich doch auch nicht anpissen oder anscheißen auf gut Deutsch gesagt und lege dafür auch noch Geld hin. Die müssen doch alle irgendwie eine Macke haben. 101

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nicht die Regel ist.<br />

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Die Prostitution in <strong>de</strong>r ‚strengen Kammer’ (vgl. Girtler 1990) ist eine beson<strong>de</strong>re Form <strong>de</strong>r<br />

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meine Alte nur für das Hineinscheißen in sein Auto dreieinhalbtausend Schilling kassiert. Der<br />

Mann ist alle zwei, drei Monate gekommen <strong>und</strong> meist dann, wenn er einen neuen Wagen hat-<br />

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beiten <strong>und</strong> sich ein „perverses Kisterl“ (ebd. S. 243) angeschafft haben, um <strong>de</strong>m K<strong>und</strong>en eine<br />

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Im Bereich <strong>de</strong>r Straßen- <strong>und</strong> Wohnungsprostitution arbeiten die meisten Frauen für einen Zu-<br />

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möglich macht. Er ist es, <strong>de</strong>r nicht nur darauf achtet, daß <strong>de</strong>r Strich funktioniert, son<strong>de</strong>rn er ist<br />

für die Prostituierte so etwas wie eine Bezugsperson, die sie vor diversen Problemen schützt<br />

<strong>und</strong> mit <strong>de</strong>r menschlich-int<strong>im</strong>e Kontakte möglich sind. Das heißt jedoch nicht, daß die Bezie-<br />

60 Auf eine ähnliche Situation verweisen Janus u.a. (1979, S. 11), wenn sie die Be<strong>de</strong>utung sadomasochistischer<br />

Sexualpraktiken für eine "höhere Ebene" <strong>de</strong>r Prostitution unterstreichen, nämlich für <strong>de</strong>n Kreis <strong>de</strong>r "Elite-<br />

Callgirls". Es han<strong>de</strong>lt sich dabei um Prostituierte, die "nicht <strong>de</strong>r landläufigen Vorstellung <strong>von</strong> einer 'Hure'"<br />

entsprechen <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Klientel sich ausschließlich aus "Vertretern <strong>de</strong>r Macht" (ebd. S. 14) - beispielsweise<br />

Rechtsanwälte, Gesetzgeber <strong>und</strong> Richter - zusammensetzt. Auch Stein (1974) fand in ihrer Call-Girl-Studie<br />

heraus, dass Sadomasochismus <strong>im</strong> Bereich <strong>de</strong>r Prostitution praktiziert wird.<br />

61 Auch Girtler (1990, S. 232) bemerkt, dass "nicht je<strong>de</strong> Prostituierte daran interessiert (ist), daran mitzutun."<br />

Unter Zuhältern wer<strong>de</strong>n Freier mit sadomasochistischen o<strong>de</strong>r bizarren Neigungen oftmals als Perverse belächelt:<br />

Die Domina ist nur für das Perverse. Zum Anketten, Auspeitschen <strong>und</strong> so. Ich habe mich schon oft gefragt,<br />

wie so eine Domina überhaupt auf <strong>de</strong>n K<strong>und</strong>en eingehen kann. Z.B. einen Einlauf machen o<strong>de</strong>r so was,<br />

das ist doch ekelhaft. Ich kann die Typen auch nicht verstehen. Ich lasse mich doch auch nicht anpissen o<strong>de</strong>r<br />

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