Programmheft - Badisches Staatstheater - Karlsruhe
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DRAMA<br />
der WIDERSPRÜCHE<br />
ZUM Stück<br />
„Der 18. Junius 1675 war es, an dem die<br />
Brandenburger ihren Kriegsruhm auf’s<br />
neue erhöhten. Der Prinz von Hessen-<br />
Homburg wurde mit Tages Anbruch<br />
vorausgeschickt, den Feind zu beobachten<br />
und aufzuhalten, jedoch ohne ihn anzugreifen.<br />
Er stieß auf die schwedischen<br />
Vorposten; aus jugendlicher Hitze und aus<br />
Begierde, sich auszuzeichnen, griff er sie<br />
an, und trieb sie siegreich vor sich her bis<br />
zur Hauptarmee. Aber jetzt rückte diese<br />
aus, und der Kurfürst wurde zum Treffen<br />
genötigt, ehe er es wünschte.“ – Das<br />
historische Ereignis der Schlacht von Fehrbellin,<br />
von einem Feldprediger 1803 in einem<br />
Lesebuch für Freunde der Geschichte<br />
notiert, wird Schauplatz und Ausgangspunkt<br />
des Dramas Prinz Friedrich von<br />
Homburg. Es ist Kleists letztes Schauspiel<br />
und der Versuch, die Extreme zusammen<br />
zu zwingen und den Widerspruch von Gesetz<br />
und Gefühl, Befehl und Spontaneität,<br />
Gehorsam und Selbstbestimmung, Freiheit<br />
und Ordnung aufzulösen.<br />
1811 schreibt Kleist seinem Verleger<br />
Reimer: „Wollen Sie ein Drama von mir<br />
drucken, ein vaterländisches (mit mancherlei<br />
Beziehungen)“ Die Bezugspunkte<br />
sind klar. Kleist greift sich ein zentrales<br />
Datum in der Geschichte Preußens heraus<br />
und entfacht anhand des schwedischbrandenburgischen<br />
Krieges einen Diskurs<br />
um das richtige Verhalten der Offiziere<br />
in einem Befreiungskrieg, der vor dem<br />
Hintergrund der napoleonischen Besatzungs-<br />
und Expansionspolitik zugleich ein<br />
brisanter Beitrag zur politischen Situation<br />
seiner Zeit ist. „Was gilt es in diesem<br />
Kriege“, fragt Kleist, als Österreich 1809<br />
gegen Napoleon kämpft (siehe S. 22).<br />
Kleists „vaterländisches Drama“ Prinz<br />
Friedrich von Homburg reagiert auf eine<br />
Situation, in der Deutschland, in seine<br />
Einzelteile zerfallen, in den von Frankreich<br />
besetzten Vasallenstaaten Truppenkontingente<br />
für Napoleons Eroberungskriege<br />
stellen muss. In seiner Propagandaschrift<br />
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