Programmheft - Badisches Staatstheater - Karlsruhe
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in den Bandenkrieg jugendlicher Gangs<br />
aus den Slums der West Side. Mit der Adaption<br />
von Shakespeares Romeo und Julia<br />
gelang Bernstein, dem Textdichter Arthur<br />
Laurents, dem Schöpfer der Songtexte,<br />
Stephen Sondheim, und dem Choreografen<br />
Jerome Robbins eine ganz neue Form des<br />
Musicals: Schauspiel, Musik und Tanz bilden<br />
eine Synthese aller dramatischen<br />
Künste. Während Wort und Musik vor allem<br />
als lyrische Ausdrucksmittel genutzt<br />
werden, ist der Tanz als Medium dramatischer<br />
Höhepunkte den beiden mindestens<br />
gleichgestellt und damit die Choreografie<br />
ein eigenständiger essentieller Bestandteil<br />
des Werks.<br />
Die Musik trägt sowohl die lyrischen wie<br />
auch die dramatischen Szenen und vereinnahmt<br />
zeitgenössische Elemente des Cool<br />
und Modern Jazz bis hin zu Zwölftonreihen.<br />
Bernstein spielt dabei mit unterschiedlichen<br />
Formen wie Tänzen oder gar<br />
Fugen, die den Rahmen für die verschiedensten<br />
Rhythmen und folkloristischen<br />
Muster abgeben. Er ordnet den Personen<br />
und ihren Beziehungen Motive zu, die das<br />
ganze Stück durchziehen und es musikalisch<br />
zusammenhalten. Die unmögliche Liebe<br />
zwischen Tony und Maria aus den beiden<br />
verfeindeten Gangs materialisiert sich<br />
in einigen der schönsten Songs, die Bernstein<br />
verfasst hat, und die auch herausgelöst<br />
aus dem Kontext des Bühnenwerks<br />
ihren Siegeszug um die Welt antraten.<br />
Weniger bekannt ist Halil (hebräisch „Flöte“),<br />
ein Nocturne für Flöte und kleines Orchester,<br />
das Bernsteins tiefer Beziehung<br />
zu Israel entspringt, wo er von 1947 an regelmäßig<br />
das Israel Philharmonic Orchestra<br />
dirigierte. Das Werk entstand aus der<br />
Trauer und im Andenken an den begabten<br />
19jährigen Flötisten Yadin Tanenbaum, der<br />
während seines Militärdienstes 1973 bei<br />
der Verteidigung der israelischen Grenze<br />
getötet wurde.<br />
Das Werk ist in Bernsteins typischer tonaler<br />
Behandlung der Zwölftontechnik gehalten,<br />
wir erleben einen Kampf zwischen den<br />
tonalen und atonalen musikalischen Kräften.<br />
Er bezeichnete das Werk als „Nachtmusik“<br />
mit einer Abfolge von nächtlichen<br />
Bildern: Wunsch- und Alpträume, Erholung,<br />
Schlaflosigkeit, Nachtschrecken –<br />
„und der Schlaf selbst, Zwillingsbruder<br />
des Todes.“ Die Flöte verkörpert den jungen<br />
Yadin. Sie wird gespielt von der neuen<br />
israelischen Solo-Flötistin Tamar Romach,<br />
die sich damit dem Publikum erstmals<br />
solistisch vorstellt.<br />
4 Leonard Bernstein