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The International Newsletter of Communist Studies Online

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<strong>The</strong> <strong>International</strong> <strong>Newsletter</strong> <strong>of</strong> <strong>Communist</strong> <strong>Studies</strong> <strong>Online</strong><br />

Gefängnis, er heiße nicht Jakob Holz, sondern Jimmy Rüegg und müsse nicht nach<br />

Deutschland, sondern nach Rußland. Dmitrij wurde einige Monate von Sun Yat-sens Witwe<br />

beherbergt und konnte im November nach Vladivostok transportiert werden. In der<br />

Sowjetunion angekommen, kam er als Deutscher in das Zweite <strong>International</strong>e Kinderheim der<br />

<strong>International</strong>en Arbeiterhilfe (MOPR), wo er unter anderem mit Kindern von Mao Tse-tung,<br />

Maurice Thorez und anderen prominenten Kommunistenführern zusammen war.<br />

Währenddessen verblieben Jakov Rudnik und Tatjana Moiseenko-Velikaja bis August 1937 im<br />

Gefängnis von Nanking. Als der chinesisch-japanische Krieg ausbrach und das Gefängnis durch<br />

japanische Bombardements zerstört wurde, wurde das Paar unter der Bedingung einen Bürgen<br />

zu stellen, freigelassen. Da sie in Nanking keine Bürgschaft bekamen, setzten sie sich heimlich<br />

nach Shanghai ab, wo sie sich zwei Jahre ohne jegliche Dokumente versteckt hielten. Erst am<br />

25. Juli 1939, nachdem sie in einem Brief den Komintern-Generalsekretär, Georgi Dimitr<strong>of</strong>f,<br />

auf ihre Lage aufmerksam gemacht hatten, konnten sie auf einem norwegischen Dampfer in<br />

die Sowjetunion gelangen.<br />

Über der Schicksal ihres Sohnes erfuhren sie ebenfalls nur Dank der Einmischung Dimitr<strong>of</strong>fs;<br />

zuerst, als sie im EKKI nach ihrem Sohn fragten, reagierte der Mitarbeiter verwundert: "Ach,<br />

Sie haben einen Sohn" Dimitrij konnte seine Eltern zwar bereits einige Wochen später sehen,<br />

konnten ihn dennoch nicht aufnehmen, und so blieb er bis Ende 1944 im Kinderheim. Der<br />

Vater fand unterdessen dank seiner Chinesischkenntnisse eine Anstellung am Fernöstlichen<br />

Institut, wurde im Krieg für "Spezialarbeiten" mobilisiert, 1943 wieder demobilisert und<br />

arbeitete bis zu seiner Pensionierung in diversen Institutionen, wo er seine<br />

Fremdsprachenkenntnisse anwenden konnte. Die Mutter blieb in der Komintern und<br />

unterrichtete Fremdsprachen an der Kaderschule des EKKI. Nach der Auflösung der Komintern<br />

wurde sie, wie viele ehemalige EKKI-Mitarbeiter, in das "Institut Nr. 205" übernommen, wo sie<br />

bis 1948 tätig war. Jakov Rudnik starb 1963 an Krebs, Tatjana Moiseenko-Velikaja starb 1964,<br />

nur knapp ein Jahr später.<br />

Erst als Dmitrij Moiseenko 16 Jahre alt wurde und einen neuen Pass bekommen sollte, erfuhr<br />

er, daß er in Wirklichkeit kein Deutscher war und auch nicht Jimmy Rüegg hieß. Unter seinem<br />

russischen Namen beendete er die Mittelschule und studierte bis 1950 am Institut für<br />

<strong>International</strong>e Beziehungen in Moskau. Danach arbeitete er zunächst in der internationalen<br />

Abteilung des Sowjetischen Gewerkschaftsbundes, und schließlich, von 1958 an, in der<br />

internationalen Abteilung der KPdSU, wo er, u.a. mit der KP Frankreichs befaßt, bis zu seiner<br />

Pensionierung im Jahre 1989 blieb. Als Pensionär im postkommunistischen Rußland beteiligte<br />

Dmitrij Moiseenko sich maßgeblich an der Erschließung der Komintern-Archive, wo er unter<br />

anderem Klarheit über die Vergangenheit seiner Familie erlangen konnte.

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