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The International Newsletter of Communist Studies Online

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XII (2006), no 19 51<br />

unbestimmte Zeit, zum einen wegen der einsetzen militärischen Aggression Japans gegen<br />

China, zum anderen aber dadurch, daß der Fall in Europa und Amerika bekannt wurde und<br />

sich eine von der Komintern angeleitete Solidaritätsbewegung herausbildete.<br />

Im November 1931 gelang es Sun Tse-lin, der Witwe Sun Yat-sens, das Paar im Militärgefängnis<br />

zu besuchen und die Instruktion Moskaus zu übergeben, sich von nun an als das Schweizer<br />

Ehepaar Paul und Gertrude Rüegg zu bezeichnen. Als einen Monat später das Militärgericht<br />

das Todesurteil aufhob und die Angelegenheit an ein Zivilgericht verwies, schickte Moskau<br />

einen Schweizer Anwalt, den Genfer Kommunisten Jean Vincent, nach China, um die<br />

Verteidigung zu übernehmen und Instruktionen zu übermitteln. Allerdings wurde er von China<br />

nicht zum Prozeß zugelassen. Genauso scheiterte der Versuch, die neue Identität<br />

anzunehmen, da die Schweizer Behörden sie für falsch erklärten und sich weigerten, sich für<br />

die Verhafteten einzusetzen. Nichtdestotrotz bildete sich in Europa ein Verteidigungskomitee<br />

für die Freilassung des Ehepaars Rüegg, unterstützt von linken Intellektuellen wie Egon Kisch,<br />

Arnold Zweig, Johannes Becher, Friedrich Wolf und anderen und dem Kominternapparat,<br />

darunter auch dem Schanghaier Komitee der <strong>International</strong>en Roten Hilfe mit Agnes Smedley,<br />

Harold Isaacs und Edgar Snow.<br />

Am 1. Juni 1932 wurde der Prozeß eröffnet, bei dem Rüegg beschuldigt wurde, Sekretär des<br />

Pan-pazifischen Sekretariats der Roten Gewerkschaftsinternationale zu sein (wie erwähnt,<br />

bewahrte die OMS in Shanghai das Archiv des Pan-pazifischen Sekretariats auf). Diese<br />

Anschuldigung versetzte die Verhafteten in eine etwas weniger unangenehme Lage als dies<br />

bei einer Aufdeckung ihrer wahren Tätigkeit der Fall gewesen wäre, die angebliche<br />

Gewerkschaftsposition konnte dabei die internationale Solidarität nur noch schüren. Dennoch<br />

traten die beiden Häftlinge, um gegen die Haftbedingungen und für die Verlegung des<br />

Prozesses nach Shanghai zu demonstrieren, in einen Hungerstreik, der ob ihrer<br />

Entschlossenheit große Verwirrung bei den chinesischen Machthabern stiftete. Die<br />

Öffentlichkeit nahm an den Geschehnissen regen Anteil. In Shanghaier Zeitungen wurden<br />

regelmäßig Aufrufe der Verhafteten publiziert, so schließlich am 9. Juli das Testament des<br />

Paares: "Wir, Paul und Gertrude Rüegg [...], erklären hiermit unseren letzten Willen. Wir<br />

hinterlassen all unseren Besitz, wo immer er aufzufinden sein wird, unserem vier Jahre alten<br />

Sohn Jimmy, der sich gegenwärtig in Shanghai im Hause der Frau Holz befindet."<br />

Nach der Verhaftung seiner Eltern war Jimmy - Dmitrij zunächst in ein Kinderheim<br />

gekommen. Richard Sorge, der zur selben Zeit in China tätig war, schaffte es, durch<br />

Bestechung das Todesurteil der Eltern in lebenslange Haft umzuwandeln. Sorges Sekretärin<br />

Ruth Werner erwog sogar, Jimmy zu adoptieren, doch Sorge brachte sie von dem Entschluß<br />

ab, weil die illegale Arbeit darunter leiden würde. So kam es dazu, daß der "Komintern-Waise"<br />

von der deutschen Familie Holz adoptiert wurde. Moiseenko: "In dieser Familie habe ich<br />

angefangen, deutsch zu sprechen, besuchte in Shanghai die deutsche Schule, wo ich zwei<br />

Jahre unter dem Namen Jakob Holz eingeschrieben war; als ich gelernt hatte, zu lesen und zu<br />

schreiben, schrieb ich Briefe an meine Eltern, selbstverständlich auf deutsch, ohne zu<br />

begreifen oder darüber nachzudenken, wer denn meine Eltern seien. Zwei oder drei Male fuhr<br />

man mich mit dem Zug nach Nanking, wo ich für eine halbe Stunde meine Eltern im Gefängnis<br />

besuchen konnte. Ich nahm einfach an, daß ich zwei Väter und zwei Mütter hatte." 1936, als<br />

Dmitrij acht Jahre alt war, bereitete die Familie Holz ihre Rückkehr nach Deutschland vor<br />

und wollte den Adoptivsohn ebenfalls mitnehmen. Vorher aber sagte ihm die Mutter im

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