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The International Newsletter of Communist Studies Online

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<strong>The</strong> <strong>International</strong> <strong>Newsletter</strong> <strong>of</strong> <strong>Communist</strong> <strong>Studies</strong> <strong>Online</strong><br />

deutsch, gelegentlich französisch und englisch, der Sohn wuchs also komplett mit der<br />

deutschen Sprache auf.<br />

Eines der größten Probleme der OMS-Arbeit war die Organisierung von illegalen Wohnungen<br />

und anderen Treff- und Übergabepunkten. Insgesamt lastete auf den OMS-Mitarbeitern die<br />

Verwaltung von acht "toten" Briefkästen, sieben telegraphischen Adressen, zehn Wohnungen,<br />

zwei Büros und einem Laden. Die große Zahl konspirativer Treffpunkte war notwendig, um die<br />

einzelnen Tätigkeitszweige der konspirativen Arbeit strikt voneinander zu trennen. Das<br />

Anmieten der Räumlichkeiten war mit großem Risiko verbunden, denn die Wohnungen<br />

gehörten <strong>of</strong>t ein und denselben Immobilientrusts, so daß dieselbe Person auch unter<br />

verschiedenen Namen Wohnungen anmieten mußte. Die OMS mußte diese Wohnungen nicht<br />

nur beschaffen, sondern auch ausstatten und in Betrieb halten, bis hin zum Anheuern von<br />

Dienern und dem Erwerb von Wandschmuck. Im Falle des Auffliegens eines Treffpunktes<br />

mußte sich die OMS um die Wohnungsauflösung kümmern. Wesentlich gefährdet wurde die<br />

Arbeit der OMS auch dadurch, daß ihr sehr viele Dokumente anderer kommunistischer<br />

Organisationen anvertraut wurden, wie z.B. das Archiv des Pan-pazifischen Sekretariats der<br />

Roten Gewerkschaftsinternationale und die Sparbücher der KP Chinas.<br />

Die meisten Kader des Fernost-Büros wurden nach und nach aus Shanghai abberufen, nicht<br />

aber die beiden OMS-Mitarbeiter, Jakov Rudnik und Tatjana Moiseenko-Velikaja, auf denen<br />

nun erst recht der gesamte Kommunikations- und Organisationsapparat lastete. Anfang Juni<br />

1931 wurde in Singapur der Franzose Joseph Ducroux verhaftet, der von der OMS-<br />

Zentralverwaltung als Kurier eingesetzt wurde. Bei ihm wurden Angaben zu einem "toten"<br />

Briefkasten in Shanghai gefunden, infolge dessen die britische Polizei in Shanghai den Ort<br />

observierte und eine konspirative Wohnung entdecken sowie Rudnik selbst einkreisen konnte.<br />

Da alle konspirativen Punkte von nur zwei Personen bedient wurden, war es ein leichtes, die<br />

anderen Punkte ausfindig zu machen, und so wurde das Paar am 15. Juni 1931 im Besitz einer<br />

großen Menge an Material verhaftet (wobei die meiste unmittelbare OMS-Korrespondenz einen<br />

Monat vorher nach Moskau ausgelagert werden konnte).<br />

Oberste Priorität der Verhafteten war es, ihre russische Abstammung zu verheimlichen, um<br />

jeglichen Verdacht von Kontakten nach Moskau abzulenken. Dabei kam ihnen die strikte<br />

Verbannung des Russischen aus dem Privatleben sowie andere Umstände zugute. Dmitrij<br />

Moiseenko schildert dies folgendermaßen: "Bis ich zwei Jahre alt war, habe ich überhaupt<br />

nicht gesprochen und konnte kein verständliches Wort sagen. Während der Verhaftung<br />

meiner Eltern sprachen mich die Polizisten auch auf Russisch an, aber ich reagierte nicht und<br />

'bewies' damit, daß meine Eltern nicht aus Rußland waren." Um das Recht westlicher<br />

Ausländer auf Konsulargerichtbarkeit wahrnehmen zu können, versuchten die Verhafteten,<br />

eine Reihe europäischer Identitäten auszuspielen, doch die ursprünglich angenommene<br />

belgische Identität der Verhafteten hielt der Überprüfung durch die belgischen Behörden<br />

nicht stand, genausowenig wie die auf Anraten des Anwalts angenommene schweizerische<br />

Identität. So konnte die Herausgabe von Rudnik und Moiseenko-Velikaja an die chinesischen<br />

Militärbehörden im August 1931 nicht verhindert werden, wenngleich die Verbindung zu<br />

Rußland nicht nachgewiesen werden konnte und die britische Polizei bei der Übergabe<br />

lediglich feststellte, daß die Staatsangehörigkeit der Verhafteten nicht festzustellen sei. Die<br />

Inhaftierten wurden unter verstärkter Bewachung nach Nanking überführt, wo sie vom<br />

Militärtribunal zum Tode verurteilt wurden. Allerdings verzögerte sich die Vollstreckung auf

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