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The International Newsletter of Communist Studies Online

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XII (2006), no 19 49<br />

1926 lernte er auf einer Feier in der sowjetischen Botschaft die spätere Mutter Dmitrij<br />

Moiseenkos kennen. Tatjana Nikolaevna Moiseenko-Velikaja wurde 1891 in einer Adelsfamilie<br />

geboren und sprach, dank hervorragender Ausbildung, mehrere Fremdsprachen fließend.<br />

Bereits vor der Revolution engagierte sie sich in der Arbeiterbildung, wo sie Kontakte mit<br />

Kommunisten knüpfte und schließlich 1918 der Partei beitrat. Sie arbeitete im<br />

Volkskommissariat für Aufklärung und war zeitweise persönliche Sekretärin von<br />

Lunac[tsch]arskij, bevor sie 1921 für die OMS zu arbeiten begann. 1925 wurde sie unter<br />

falschem Namen, <strong>of</strong>fiziell über das Außenministerium, nach Wien abkommandiert. Allerdings<br />

versetzte man sie bereits Mitte 1926 nach Rom, wo sie bis 1928 blieb, während Jakov Rudnik<br />

weiterhin in Wien arbeitete; das Paar konnte sich dennoch noch einige Male begegnen.<br />

1928 sollte die Arbeit des OMS in China verstärkt werden. Zur Deckung des OMS-<br />

Kommunikationsnetzes organisierte der deutsche Kommunist Friedrich Feyerherd in Shanghai<br />

eine Handelsvertretung; gleichzeitig gründete das OMS in Berlin, unterstützt von der KPD, die<br />

Exportfirma "China Trading Co." mit dem Kommunisten Walter Löwenheim an der Spitze.<br />

Diese sollte den Kontakt mit Shanghai herstellen, da Feyerherd sich jedoch in den Augen der<br />

Moskauer Führung kompromittiert hatte, wurde nun der Weg eingeschlagen, eine Filiale von<br />

"China Trading Co." in Shanghai zu installieren. Zu diesem Zweck wurde Jakov Rudnik aus<br />

Wien abberufen und, nach einem Zwischenstopp in Berlin, nach Shanghai abkommandiert, wo<br />

er im April 1928 mit gefälschten belgischen Papieren eintraf. Dorthin folgte ihm nach einigen<br />

Monaten Aleksandr Abramovič (Pseudonym: Albrecht), einer der Leiter der OMS, dem Rudnik<br />

nun direkt unterstellt wurde. Im Herbst 1928 trafen auch das KPD-Mitglied Gerhart Eisler und<br />

einige andere westliche Kommunisten in Shanghai ein und formierten das Fernost-Büro des<br />

EKKI. Nach der Verhaftung des Vertreters der KP Japans in Shanghai, Pr<strong>of</strong>. Mano, wurde Jakov<br />

Rudnik eilig nach Moskau abberufen, allerdings Anfang 1930 (unter dem belgischen Namen<br />

Noulens) wieder nach Shanghai zurückversetzt, um einen Finanzskandal der Scheinfirma zu<br />

glätten und die illegale Arbeit wieder zu übernehmen. Diesmal wurde ihm Tatjana zur Seite<br />

gestellt, die nun mit dem bereits zweijährigen Dmitrij nach Shanghai zog. Sie erhielten dort<br />

eine neue belgische Identität unter dem Namen Hilaire Noulens und Frau.<br />

Die Hauptaufgabe der OMS in Shanghai war, Verbindungen zwischen EKKI, Fernost-Büro, KP<br />

China und einigen weiteren fernöstlichen Ländern herzustellen und zu unterhalten. Im Grunde<br />

genommen lastete die komplette Kommunikation der kommunistischen Strukturen in Fernost<br />

auf den OMS-Leuten in Shanghai. Die chinesische Metropole wurde nicht zufällig zum Zentrum<br />

der Komintern-Aktivitäten im Fernen Osten - in Shanghai lebten damals circa 4 Millionen<br />

Menschen, darunter 15000 Westeuropäer und 25000 russische Emigranten, die im<br />

"<strong>International</strong> Settlement" als eine Art Stadtstaat in der Stadt ansässig waren. Angesichts<br />

solch internationaler Präsenz war Shanghai der ideale Knotenpunkt, andererseits waren<br />

konspirative Treffen und Übergaben gerade angesichts sowohl chinesischer als auch<br />

internationaler Polizeiarbeit besonders schwer zu bewerkstelligen. Die Gefahr, aufgedeckt zu<br />

werden, war stets präsent; es mußten diverse Vorsichtsmaßnahmen getr<strong>of</strong>fen werden, die<br />

sich erschwerend auf die illegale Arbeit auswirkten. So durften, um nicht den Verdacht einer<br />

Verbindung nach Moskau aufkommen zu lassen, keine Direktiven in russischer Sprache an<br />

chinesische Kommunisten übergeben werden. Da einige Mitglieder des Fernost-Büros keiner<br />

Fremdsprachen mächtig waren, mußte die OMS neben der eigentlichen Übergabe auch die<br />

Übersetzungsarbeit bewerkstelligen. Die Verdrängung der russischen Sprache ging bis tief ins<br />

Privatleben der Komintern-Leute: So sprachen Dmitrijs Eltern auch unter sich nur noch

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