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The International Newsletter of Communist Studies Online

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XII (2006), no 19 45<br />

Arbeiterfrauen moniert wurden. 85 Auf Vorschlag des Sekretariats des EKKI vom 2. Oktober<br />

1935 wurde vermutlich als flankierende Maßnahme zur Entfaltung des Massenterrors in der<br />

Sowjetunion qua Beschluß des Präsidiums des EKKI vom 13. Oktober 1935 schließlich auch die<br />

Frauenabteilung des EKKI aufgelöst. 86<br />

Frauenelite der Komintern und Frauenwiderstand gegen den Stalinismus: Ansätze für die<br />

vergleichende biographische Forschung.<br />

Die vergleichende Betrachtung der Lebensschicksale der hier erfaßten wichtigsten weiblichen<br />

Akteure im Umkreis der Komintern bestätigt die hier angedeutete Entwicklung auf eine<br />

frappierende Weise. Im Rückblick stellt sich heraus, daß die Mehrzahl der leitenden Frauen,<br />

darunter die Russin Varsenika Kasparova und die deutsche Hertha Sturm (die in der Literatur<br />

fälschlicherweise als Pseudonym von Elena Stasova gegeben wurde) unter Stalin entweder in<br />

politische Ungnade gefallen oder sogar in den <strong>of</strong>fenen kommunistischen Widerstand gegen die<br />

Bürokratisierung der Sowjetunion und der Komintern gegangen sind. Einige von ihnen,<br />

darunter Kasparova und Malm wurden Opfer des Terrors. 87 Bemerkenswert und in der<br />

Literatur kaum berücksichtigt ist, daß von den bisher erfaßten leitend in der internationalen<br />

kommunistischen Bewegung tätigen Frauen die Hälfte in das oppositionell-kommunistische<br />

Lager überging, davon die meisten in das der antistalinistischen Linken.<br />

Die aus dem russisch-finnischen Adel stammende Kollontaj war Mitbegründerin der radikal für<br />

die Demokratisierung der Sowjetunion kämpfenden "Arbeiteropposition", die vor allem wegen<br />

ihrer Verteidigung der freien Liebe bekannt wurde, sie verlor bereits in der ersten Hälfte der<br />

zwanziger Jahre ihre kritische Sicht auf die sowjetische Realität und ordnete sich aus<br />

Gründen, die noch nicht eindeutig erforscht sind, als Diplomatin der Stalinschen Politik unter.<br />

Kasparova engagierte sich noch während ihrer Tätigkeit in der Frauenabteilung in exponierter<br />

Position für die Linke ("trotzkistische") Opposition in der Sowjetunion genauso wie Klavdija<br />

Nikolaeva, die sich 1926 zwar von der vereinigten Opposition lossagte, später jedoch<br />

verhaftet und deportiert wurde (anderen Quellen zufolge soll sie allerdings 1939 noch ZK-<br />

Mitglied gewesen sein).<br />

Die Deutsche Hertha Sturm, die rechte Hand von Clara Zetkin im Frauensekretariat war, galt<br />

nach ihrer Rückkehr aus Moskau als "Rechtsabweichlerin" und wurde nicht mehr von der KPD<br />

herangezogen. Sie schloß sich nach Hitlers Machteroberung dem Widerstand der<br />

linkssozialistischen Gruppe "Neu Beginnen" an. 1936 wurde sie von den Nationalsozialisten<br />

verurteilt, beging einen Selbstmordversuch und verstarb vermutlich bei einem Bombenangriff.<br />

Aino Kuusinen, die erste Frau des Kominternfunktionärs Otto Kuusinen, wurde neben der<br />

Frauenabteilung u.a. in der Presseabteilung der Komintern und später in der<br />

Auslandsaufklärung der Roten Armee eingesetzt und später nach Vorkuta deportiert. Erst 1965<br />

konnte sie über Finnland in die USA fliehen. Hanna Malm, die Frau des finnischen Parteifühers<br />

Kullervo Manner, arbeitete ebenfalls im Kominternapparat weiter, bevor sie 1935 verhaftet<br />

wurde. Ihr letztes bisher überliefertes Lebenszeichen ist ein aus 1936 überlieferter Brief. Die<br />

französische Lehrerin Marthe Bigot war 1923 Leiterin der Frauensektion der KP Frankreichs. In<br />

dieser Funktion ging sie in Opposition zur Parteiführung, sie verteidigte öffentlich den von<br />

Trockij im Herbst 1923 geforderten "Neuen Kurs" gegen die Vertreter der Parteibürokratie in<br />

85 Ibid., S. 33.<br />

86<br />

Die Entwicklung der Frauenabteilung in ihrer Endphase wird im zweiten Teil des Aufsatzes erörtert.<br />

87<br />

Karsten Müller: Zu den frauenpolitischen Aktivitäten, S. 33.

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