Erich Brockhaus - Vereingte Aktion für Rumänien
Erich Brockhaus - Vereingte Aktion für Rumänien
Erich Brockhaus - Vereingte Aktion für Rumänien
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VEREINIGTE AKTION FÜR RUMÄNIEN E.V.<br />
Mitglied im Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg e.V.<br />
Präsidium: Metropolit Dr. Serafim Joanta, Prof. Barbara John, Prof. Dr. Roland Hetzer<br />
Ilsensteinweg 67<br />
14129 Berlin<br />
Tel. +0049-(0)30-8014109<br />
Fax +0049-(0)30-8024634<br />
e-mail: brockhaus@var-berlin.de<br />
homepage: www.var-berlin.de<br />
VAR e.V. Ilsensteinweg 67, 14129 Berlin<br />
Berlin, im Oktober 2008<br />
Sehr geehrte Rumänieninteressentin, sehr geehrter Rumänieninteressent<br />
Dieser Brief sollte eigentlich schon im August rausgehen, weil Dr. Beyrer und ich im Juli völlig<br />
außer Plan in Rumänien waren. Das hatte folgenden Grund:<br />
Wie es seine freundlich kommunikative Art ist, hatte Dr. Beyrer hier in Berlin ein Schwätzchen<br />
mit einer rumänischen Romafrau, die vor einem Geschäft hier in Berlin eine Zeitung zum Kauf<br />
anbot. Es stellte sich heraus, daß sie die Ehefrau des Pfarrers einer Pfingstlergemeinde in dem<br />
Romadorf Bacioiu bei Adjud im Osten Rumäniens war.<br />
Nach mehreren Gesprächen auch mit diesem Pfarrer entschlossen wir uns, dieser Ortsgemeinde<br />
zu helfen und zwar mit dem, was dort momentan auch sehr fehlte: mit Kleidung. Glücklicherweise<br />
hatte die Kleiderkammer der Ernst-Moritz-Arndt-Gemeinde Zehlendorf gerade wieder<br />
viel Kleidung vorrätig und die verantwortlichen Damen waren bereit, uns 90 Säcke Kleidung<br />
abzugeben. Den Transport nach Rumänin vereinbarten wir mit unseren erprobten Partnern der<br />
Rumänienhilfe Potsdam. Mit denen waren wir auch schon im Gespräch wegen einer großen<br />
Menge Möbel für Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser. Ergebnis der Verhandlungen<br />
insgesamt: ein 40t Lkw mit Möbeln und ein VW-Transporter mit Anhänger mit 100 Säcken<br />
Kleidung. Die letzten 10 Säcke hatten die Potsdamer noch beigesteuert.<br />
Nun wollten wir diese immense Sendung nicht einfach so auf die unbekannte Reise schicken,<br />
sondern Dr. Beyrer und ich machten uns<br />
wie gewohnt per Flugzeug und Bus auf<br />
die Reise nach Cluj-Napoca. So konnten<br />
wir die tatsächlichen Zustände in dem<br />
Romadorf Bacioiu begutachten und auch<br />
in Cluj-Napoca die laufenden Projekte<br />
beobachten. Wie ich im letzten Brief<br />
schrieb, sind gerade die neuen Projekte<br />
Altenarbeit und Romaprojekt im<br />
anfänglichen Werden.<br />
Also Arbeit satt in Aussicht für die<br />
unvorhergesehene Reise.<br />
Das Altenprojekt war dann auch das<br />
erste, welches wir in Cluj bearbeiteten.<br />
Pfarrer Marius Varga und Dr. Arthur Beyrer bei der Planung<br />
der Altenarbeit<br />
Vorstand: <strong>Erich</strong> <strong>Brockhaus</strong> (Vorsitz), Ioana Boca, Dr. Arthur Beyrer<br />
Ehrenvorsitzender: Eugen Wunder (†)<br />
Spendenkonto: ev. Darlehensgenossenschaft (EDG) Konto: 180670 BLZ: 100 602 37
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Mit Pfr Marius Varga, mit dem wir bisher schon zusammen gearbeitet hatten, besprachen wir<br />
nun ein Konzept, in dem die Zahl der Betreuten nach der Bedürftigkeit genauer bestimmt wird.<br />
Klarheit ist herzustellen über die Kategorie der Bedürftigkeit, das heißt medizinische Vordringlichkeit,<br />
(ärztliche Untersuchung, Hausarztbetreuung, Art der Medikamente) Vereinsamung in<br />
der Wohnung wegen fehlender Kontakte, Bettlägerigkeit, Gesprächsbedarf, Lesefähigkeit, Geselligkeit<br />
für bewegungsunfähige Personen, Möglichkeit für Spiele und Unterhaltung usw. Aus<br />
diesen Einzelbefunden ist ein Konzept zu erarbeiten, um so wie es unsere Art ist, einen Weg zu<br />
finden, der beispielgebend für andere Sozialgruppen im Lande sein kann.<br />
Ende des Monats fahren wir wieder nach Cluj. Ich hoffe, daß dieses Konzept bis dahin steht und<br />
wir endlich mit der praktischen Arbeit beginnen können.<br />
Abends wurden wir wieder von Bischof Vasile zum Abendessen empfangen wie dies nun schon<br />
wunderschöner Brauch ist. Erstens ist das Essen etwas sehr wohltuendes für den Gaumen, denn<br />
die Köchin von Bischof Vasile kocht hervorragend. Auch ist die Atmosphäre sehr angenehm, ja<br />
wenn dies nicht zu anmaßend ist, sehr freundschaftlich. Aber vor allem sind diese Abende sehr<br />
wichtig für unsere Arbeit, denn Bischof Vasile ist ein ausgezeichneter Kenner der sozialen<br />
Probleme im Lande und hat gute Ratschläge. Er ist DER Fachmann für unsere Probleme.<br />
Wir sprachen ihn wieder wegen des Romaprojektes an, denn seit dem Auslaufen des Romaprojektes<br />
in Pata rat (der großen Schutthalde von Cluj) konnten wir uns ja nicht mit rumänischen<br />
Partnern über ein neues Projekt einigen. Bischof Vasile empfahl uns nun, die Romadörfer von<br />
Huedin, einer Kleinstadt 60 km westlich von Cluj, aufzusuchen. Da er sie uns als sehr bedürftig<br />
schilderte, wollten wir dies tun, wenn wir von Bacioiu zurückkämen und die Bedürftigkeit der<br />
beiden Orte miteinander vergleichen könnten. Alles können wir ja nicht machen.<br />
Zu dem Romadorf Bacioiu im Osten Rumäniens fuhren wir zu viert. Ioana Boca, ihr Ehemann,<br />
Dr. Beyrer und ich. Wenn es dazu kommen sollte, daß wir diesen Ort auch weiterhin betreuen<br />
sollten, mußte Ioana Boca die Probleme des Ortes kennen. Darum war es nötig, daß sie mitfuhr.<br />
Ihr Mann stellte sich als Fahrer zur Verfügung.<br />
Die Situation in dem Ort war äußerst informativ. Die – rumänische - Bürgermeisterin, die für<br />
dieses Romadorf zuständig ist, ist den Roma partnerschaftlich sehr zugetan. Sie arbeitet für eine<br />
neue Romasiedlung und kümmert sich intensiv um die Schulbildung der Kinder.<br />
Bei den Gesprächen mit ihr wurden uns die vielschichtigen Probleme der Roma viel deutlicher<br />
als bisher. Die mangelnde Bildung der Roma hat heute nicht unbedingt etwas mit Faulheit zu<br />
tun, sondern die Kinder können nicht einfach zehn Jahre zur Schule gehen. Sie müssen immer<br />
wieder zwischendurch irgendwie Geld verdienen, da es niemanden in den Familien gibt, der die<br />
ganze Familie ernähren kann. Es gibt ja meist niemanden, der einen Beruf hat. So brechen viele<br />
Kinder im Alter von ca. zehn bis zwölf Jahren die Schule ab und „machen Pause“ wie sie das<br />
nennen. Obwohl die Erkenntnis bei ihnen immer mehr zunimmt, daß der Mensch einen Beruf<br />
braucht, um sein Leben zu meistern, kommen sie meist nicht dazu, die Schule wieder aufzunehmen.<br />
Also ändert sich an der bekannten Situation nur sehr langsam etwas, obwohl die Roma<br />
guten Willens sind. Da muß der Staat dringend helfen. Entschuldigung, ich weiß, das ist ein sehr<br />
kindlicher Wunsch. So haben wir uns entschlossen, eine bestimmte Summe zu spenden, um den<br />
Kindern wenigstens bei der Anschaffung von Schulmaterial zu helfen. Wir sind uns aber auch<br />
einig, daß wir die Probleme in Bacioiu nicht in unser regelmäßiges Programm aufnehmen<br />
können. Dazu liegt der Ort zu weit im Osten des Landes. Die Reise von Cluj dorthin dauert hin<br />
und zurück jeweils einen Tag. Wir werden den Ort und seine Probleme aber weiter im Auge<br />
behalten.<br />
Zurückgekehrt nach Cluj fuhren wir darum nach Huedin, um wie von Bischof Vasile vorgeschlagen,<br />
die dortigen Romadörfer zu besuchen. Diese Kleinstadt Huedin ist uns recht gut bekannt.<br />
Ich habe mal im Februar 1990 im Anfang meiner Rumänienarbeit in das dortige Waisenhaus<br />
mit einem LKW Babynahrung und -kleidung gebracht. Damals als diese Heime noch in<br />
fürchterlichem, total menschenunwürdigem Zustand waren.<br />
Vorstand: <strong>Erich</strong> <strong>Brockhaus</strong> (Vorsitz), Ioana Boca, Dr. Arthur Beyrer<br />
Ehrenvorsitzender: Eugen Wunder (†)<br />
Spendenkonto: ev. Darlehensgenossenschaft (EDG) Konto: 180670 BLZ: 100 602 37
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Auch liegt neben Huedin das Bauerndorf Fildu, in dem wir mal ein Agrarprojekt planten. Und<br />
wir fahren immer durch Huedin, wenn wir mit Bus oder Bahn nach Cluj fahren, denn Huedin<br />
liegt zwischen Oradea an der ungarisch/rumänischen Grenze und Cluj-Napoca.<br />
Wir wurden im dortigen Protopopiat (der Superintendentur) begrüßt vom orthodoxen Dekan, der<br />
Vizebürgermeisterin und Vertretern der Romagewerkschaft, der Romapartei und einer Romavertreterin<br />
im Stadtrat. Also große Mannschaft. Na ja, wir kamen ja auch auf Empfehlung von<br />
dem Bischof, der für alles Soziale zuständig ist. Nach einem gemeinsamen Gespräch über die<br />
Bedürfnisse in den Romadörfern und dem, was wir leisten können, brachen wir auf zu einem<br />
Besuch dieser Dörfer, um uns ein tatsächliches Bild der dortigen Not machen zu können.<br />
Und was wir dann sahen, war wirklich schlimm. Die Roma sind in zwei Dörfer aufgeteilt, beide<br />
in trostlosem Zustand. Die Hütten sind meist baufällig. Zwischen ihnen gibt es keine Straßen,<br />
sondern zufällige Trampelpfade. Es gibt keine Kanalisation, nur Latrinen außerhalb der Häuser.<br />
Fließend Wasser ist nicht vorhanden. Die Hütten werden, wenn überhaupt, nur mit Holzabfall<br />
geheizt. Einkaufsmöglichkeit – Fehlanzeige. Wir besuchten die Hütte einer Witwe. Das Dach ist<br />
selbstverständlich nicht dicht. Es gibt Platz für drei Betten, sonst nichts. Sie wohnt dort mit zwei<br />
erwachsenen Töchtern. Es gibt<br />
keinen Ofen, kein Klo, keine<br />
Heizung, keinen Herd, keinen<br />
Schrank, selbstverständlich<br />
kein Licht – nur diese drei<br />
Betten.<br />
Es gibt eine kleine Schule in<br />
erbärmlichem Zustand. Der<br />
Putz an den Wänden müßte<br />
dringend erneuert werden,<br />
Ausstattung rudimentär, Pulte<br />
und Stühle in erbärmlichem<br />
Zustand, Fenster und Türen<br />
sind undicht. Es gibt einen<br />
90-jährigen Hauswart – für<br />
100 Lei = 28 € im Monat.<br />
Und das ganze zählt zur<br />
Hier wohnt eine Witwe mit ihren zwei erwachsenen Töchtern<br />
EUROPÄISCHEN UNION!<br />
Was denkt man sich eigentlich dabei, Menschen in solch einem Schutt wohnen zu lassen!<br />
Die Lage der Roma stand im Mittelpunkt einer von der EU-Kommission kürzlich einberufenen<br />
Konferenz in Brüssel. Erstmals kamen Vertreter von EU-Institutionen, nationalen Regierungen<br />
und Organisationen der Zivilgesellschaft aus ganz Europa auf höchster Ebene zusammen, um<br />
Wege zur Verbesserung der Situation dieser größten Minderheit in Europa zu erörtern.<br />
José Manuel Barroso, EU-Kommissionspräsident, sagte in seiner Eröffnungsrede: „Viele unter<br />
den Roma leben unter Bedingungen, die inakzeptabel sind im Europa des 21. Jahrhunderts.“<br />
„Na Leute, nun tut mal endlich was!“ Die Politiker in Brüssel und anderswo sollten uns mal<br />
etwas von den Geldern abgeben, die ihnen zur Verfügung stehen. Wir würden sie sicher<br />
effektiver einsetzen.<br />
Aber für eine solch kleine Gruppe wie die unsrige bleibt es sehr schwer, Gelder zusammen zu<br />
bekommen. Wir haben keine Möglichkeit im Fernsehen zu werben. Darum waren wir sehr dankbar,<br />
daß es endlich gelungen ist, einen kleinen Artikel in der Zeitschrift „Chrismon“ zu bekommen.<br />
„Chrismon“ ist eine Zeitungsbeilage der evangelischen Kirche in diversen überregionalen<br />
Zeitschriften wie „Der Tagesspiegel“, „Süddeutsche Zeitung“, „die Zeit“ oder „Frankfurter<br />
Allgemeine Zeitung“. Auflage 1,6 Mill. Leider ist das Echo nicht so, wie ich es erwartet hatte<br />
und wie es bei dieser Auflage zu erwarten gewesen wäre.<br />
Vorstand: <strong>Erich</strong> <strong>Brockhaus</strong> (Vorsitz), Ioana Boca, Dr. Arthur Beyrer<br />
Ehrenvorsitzender: Eugen Wunder (†)<br />
Spendenkonto: ev. Darlehensgenossenschaft (EDG) Konto: 180670 BLZ: 100 602 37
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Nun ist unser Verein wohl deutschlandweit bekannt, aber finanzstärker sind wir nur minimal.<br />
Also ist es nach wie vor äußerst wichtig, daß wir eng beieinander bleiben und unsre Arbeit<br />
weiter unterstützen.<br />
Wie gesagt, Ende Oktober fahren wir wieder nach Cluj-Napoca, um unsere laufenden Projekte<br />
zu begutachten und die neuen endlich zum laufen zu bringen, also die Altenarbeit und das<br />
Romaprojekt in Huedin. Danach werde ich wieder einen Brief schreiben. Bis dahin wünsche ich<br />
allen eine schöne Zeit mit der Bitte, uns auch weiterhin treu zu bleiben. Unsere Freunde<br />
brauchen unsere Hilfe nach wie vor – dringend! Jetzt nach dem Julibesuch wissen wir das besser<br />
als je zuvor.<br />
Mit freundlichen Grüßen,<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Brockhaus</strong><br />
Am 6. November um 19 Uhr veranstalten wir unsere Jahreshauptversammlung 2008<br />
in der Ernst-Moritz-Arndt-Gemeinde, im „Gartenzimmer“<br />
Onkel-Tom-Str. 80, 14163 Berlin Zehlendorf<br />
Es wäre schön, wenn auch Nichtmitglieder, die am Weiterleben der VAR interessiert sind, zu<br />
dieser Versammlung kommen würden. Jeder ist herzlich eingeladen.<br />
_______________________________________________________________________<br />
Vereinigte <strong>Aktion</strong> für Rumänien e.V.<br />
<strong>Erich</strong> <strong>Brockhaus</strong><br />
Ilsensteinweg 67<br />
14129 Berlin<br />
Ich möchte Mitglied in dem gemeinnützigen Verein "Vereinigte <strong>Aktion</strong> für Rumänien e.V."<br />
werden. Der Verein ist Mitglied im Diakonischen Werk der evangelischen Kirche. Für Beiträge<br />
(jährlich 60 €) und Spenden erhalte ich Zuwendungsbescheinigungen, um diese von der Steuer<br />
absetzen zu können. Rumänische Bürger zahlen nach ihren Möglichkeiten.<br />
Nach Rücksendung dieses Abschnittes wird mir die Satzung des Vereines zugeschickt<br />
Name:………………………………………..<br />
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Anschrift:…………………………………………………………………………………………..<br />
Vorstand: <strong>Erich</strong> <strong>Brockhaus</strong> (Vorsitz), Ioana Boca, Dr. Arthur Beyrer<br />
Ehrenvorsitzender: Eugen Wunder (†)<br />
Spendenkonto: ev. Darlehensgenossenschaft (EDG) Konto: 180670 BLZ: 100 602 37