Fitness – TOP EVENTS 2014 Das Geheimnis der Schweizer <strong>Tennis</strong>erfolge (Foto: Jose Gil/Shutterstock.com) 74
TOP EVENTS 2014 – Fitness Seit dem Jahr 2000 arbeitet Pierre Paganini mit Roger Federer zusammen. Er gilt als der Fitness-Papst in der <strong>Tennis</strong>szene. Auch die Konditionskonzepte von Swiss <strong>Tennis</strong> sind auf seinen Erkenntnissen aufgebaut. Von Paganinis zahlreichen Fitnesstipps können auch Hobbysportler profitieren. Er gilt als bester Fitnessexperte der <strong>Tennis</strong>welt, trainiert Federer und Wawrinka, seine Erkenntnisse bilden die Grundlage der Trainerausbildung von Swiss <strong>Tennis</strong>: Pierre Paganini kann als «Schleifer der (<strong>Tennis</strong>-)Nation» bezeichnet werden. Dabei ist der 57-Jährige ein sympathischer, zurückhaltender und vielseitig interessierter Mann. Mit etwa 20 hat er, wie er immer wieder schmunzelnd erklärt, die Geige mit dem Medizinball getauscht. Der feingliedrige, durchtrainierte Paganini, der perfekt Deutsch und Französisch spricht, hat einen Wohnsitz in Zermatt und einen in Dubai. Er macht «unglaublich gerne Sport»: Skifahren, Mountainbike-Fahren, über die Dünen von Dubai rennen gehören zu seinen Leidenschaften – glücklicherweise ist seine Frau Isabelle auch Konditionstrainerin. Als Jugendlicher war Pierre Paganini Leichtathlet, ist eigentlich eher durch Zufall zum <strong>Tennis</strong> gekommen – aber der «Virus» hatte ihn rasch gepackt. «<strong>Tennis</strong> ist die einzige Sportart, die ich am Fernsehen verfolge. Ich habe auch schon Besprechungen verschoben, um mir ein Match anzuschauen», gibt der Walliser, der stets eine Dächlikappe trägt, lachend zu. <strong>Tennis</strong> ist physischer geworden «<strong>Tennis</strong> ist eine faszinierende und koordinativ höchst anspruchsvolle Sportart. Es gilt, Racket, Auge und Körper in Einklang zu bringen. Dazu kommt, dass die Spieler zwischen den Ballwechseln Zeit haben, nachzudenken. Sie müssen Entscheidungen treffen, sich überlegen, welche Schläge, welche Taktik sie anwenden wollen.» Topfit ist der Konditionsexperte: «Ich muss ja mit Spitzenathleten wie Federer oder Wawrinka mithalten können, muss meine Explosivität trainieren, um ihnen einen Ball anständig zuwerfen zu können», schmunzelt er. Flexibel muss er auch sein, denn die Trainingseinheiten seiner «Schützlinge» sind selten im Voraus planbar. Je nach Turnierergebnis muss er schnell zur Stelle sein und an der Behebung allfälliger Defizite mitarbeiten. In den letzten fünf bis zehn Jahren ist das moderne <strong>Tennis</strong> noch physischer geworden. Die Athleten brauchen eine hervorragende Kondition, um an der Spitze mithalten zu können. Wie viel Prozent macht die Fitness aus «Der Konditionsanteil ist nicht quantifizierbar. Letztlich spielen Menschen <strong>Tennis</strong>, nicht Konditionsmaschinen!» Harmonie zwischen Ausdauer, Schnelligkeit und Kraft erreichen Auch für Hobbyspieler ist eine gute Fitness wichtig. Denn je besser die Kondition, desto mehr Möglichkeiten hat man auf dem Platz. «Wichtig ist die Philosophie dahinter: Was will ich warum, wann und wie erreichen Beispielsweise ist regelmässiges Joggen sicher gut. Aber dabei sollte man überlegen, was man will: Sich an der Natur erfreuen oder etwas gezielt für den nächsten Match erreichen. Im zweiten Fall müssten auch Stopp-and-Go-Übungen eingebaut, ein Springseil und ein Theraband mitgebracht und gezielt eingesetzt werden. Ansonsten einfach die frische Luft und die Bewegung geniessen.» Fit sein bedeutet grundsätzlich den Ausgleich zwischen den allgemeinen konditionellen Faktoren Ausdauer, Schnelligkeit und Kraft. Besonders Freizeitspieler sollten versuchen, eine Harmonie zwischen diesen drei Faktoren zu erreichen. Es ist nie zu spät, damit anzufangen. «Aktive körperliche Betätigung hilft, jung zu bleiben. Schliesslich ist der Mensch gebaut, um sich zu bewegen – und nicht um zu sitzen. Auch wer mit beispielsweise 45 Jahren nach Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt mit irgendeiner Sportart beginnt, fühlt sich danach jünger. Es ist ja auch eine Freude, etwas getan und Produktives erreicht zu haben. Sport ist die schönste Droge der Welt». Persönlichkeit – eine wichtige Rolle im Spitzentennis Biologische Grenzen gibt es naturgegeben schon, auch für Spitzenathleten. Aber in welchem Alter welche Leistungsgrenze erreicht wird, ist sehr individuell. «Spitzenspieler sind ja aufgrund der Entwicklung des modernen, physischen <strong>Tennis</strong> nicht mehr so jung. Die Persönlichkeit spielt eine entscheidende Rolle. Im Verlauf ihrer Karriere sind die Cracks unglaublich grossem Druck ausgesetzt und werden müde. Einer wie Federer hingegen hat noch Lust, Entscheidungen zu treffen. Er wirkt nach dem Training mental fast frischer als davor. Ein schönes Ziel, auch für Hobbyspieler! Nora Escher Pierre Paganini ist am 27. November 1957 in <strong>Zürich</strong> geboren. In Magglingen erwarb er das Eidg. Sportlehrerdiplom und war Instruktor beim Schweizerischen Leichtathletikverband. Von 1985-96 und 2002-05: Headcoach für Kondition im nationalen Zentrum von Swiss <strong>Tennis</strong>. 1985-2002: Konditionstrainer von Marc Rosset. 1987-94: Konditionstrainer von Manuela Maleeva. 1991-95 und 2003-08: Konditionstrainer des Schweizer Davis-Cup-Teams. 1992-97: Projektleiter zur Förderung junger <strong>Tennis</strong>talente. 1996- 2005: Auf WTA- bzw. ATP-Tour mit Magdalena Maleeva und Marc Rosset. 2004- 06: Konditionstrainer von Ana Ivanovic. Seit 2000 Konditionstrainer von Roger Federer und seit 2003 von Stanislas Wawrinka. 75