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der im Griff – eine Familienpflegerin hilft Karin, ihren All - Nusz

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Ambulanter Pflegedienst<br />

„Hun<strong>der</strong>t Jahre un een Mittwoch ... “<br />

Edith Herold ist 92 und hat Ziele. Der Pflegedienst versorgt sie.<br />

Von Stefanie Salzmann<br />

Um kurz vor neun sitzt Edith Herold geschniegelt und gebügelt<br />

<strong>im</strong> Sessel ihres Wohnz<strong>im</strong>mers und schaut fern. Sie ist<br />

schon seit vier Stunden wach und jetzt ein wenig ungeduldig.<br />

„Ich hab Hunger“, ruft sie laut Richtung Küche, wo Pflegerin<br />

Melanie Kaffee kocht und Marmeladenstullen schmiert.<br />

Edith Herold ist 92 Jahre alt. Seit über 20 Jahren lebt sie allein,<br />

ihr Mann starb 198 . Das Laufen klappt nicht mehr, und<br />

sie hört ein wenig schlecht. Ansonsten ist sie <strong>eine</strong> wache Person,<br />

ausgestattet mit gutem Berliner Mutterwitz, <strong>der</strong> hier in <strong>der</strong><br />

Gegend zu Hause ist: In Alt-Mariendorf, wo die Verkäuferin <strong>im</strong><br />

Zeitungsladen morgens mit jedem ein Schwätzchen hält und<br />

alle zwei Minuten ein Mann mit Hund die BZ kauft.<br />

„Ick will noch hun<strong>der</strong>t Jahre un een Mittwoch alt werden“,<br />

kichert Edith Herold, schnappt sich beherzt <strong>ihren</strong> Rollator und<br />

schiebt sich zum Frühstück in die sonnige Küche, wo Kaffee,<br />

Stullen und BZ ordentlich auf dem Tisch aufgereiht sind. Neben<br />

ihr auf <strong>der</strong> Fensterbank hüpft Wellensittich Hansi <strong>im</strong> frisch<br />

geputzten Käfig. Der Vogel ist munter, hat aber <strong>eine</strong>n Makel:<br />

„Der sacht keen Ton.“<br />

Da von Hansi kein Wort zu erwarten ist, hält Edith Herold ihr<br />

Schwätzchen mit <strong>ihren</strong> Pflegern, die täglich dre<strong>im</strong>al kommen<br />

und sich um Essen, Gesundheit und Haushalt kümmern. „Die<br />

sind alle lieb zu mir“, sagt sie. „Ich sch<strong>im</strong>pfe ja auch nicht, wir<br />

gehen nett miteinan<strong>der</strong> um.“ Das ist wichtig, sind diese drei<br />

täglichen Besuche doch das, was ihrem Leben nicht nur Halt,<br />

son<strong>der</strong>n vor allem Struktur verleiht. Sie bekommt sonst k<strong>eine</strong>n<br />

Besuch. Der Stiefsohn, inzwischen auch über 60, habe k<strong>eine</strong><br />

21<br />

Zeit, weil er Tag und Nacht arbeite, sagt sie völlig ohne Bitterkeit<br />

und Groll. Freunde gibt es auch nicht mehr. „Die sind<br />

alle tot.“<br />

In dieser Woche ist es Schwester Melanie, die den Frühdienst<br />

übern<strong>im</strong>mt und sich um Morgentoilette, Frühstück und<br />

den Wellensittich kümmert und ihrer Kundin die Medikamente<br />

gibt. Zum Mittagessen und Abendbrot kommt dann jemand an<strong>der</strong>s<br />

aus dem vierzehnköpfigen Pflegedienstteam des NUSZ.<br />

„Es gibt feste Vorgaben, wann was gemacht werden muss“,<br />

erklärt Melanie. Große o<strong>der</strong> kl<strong>eine</strong> Reinigung, Einkaufen, Medikamentengabe,<br />

und am Freitag ist für Frau Herold Badetag.<br />

Das alles wird von <strong>der</strong> Pflegerin akribisch dokumentiert. „Aber<br />

wir können manche Dinge auch flexibel handhaben.“ Wenn<br />

sich zum Beispiel jemand nicht wohl fühlt und einfach noch<br />

ein bisschen Ansprache braucht.<br />

Von dem ambulanten Pflegedienst, den das NUSZ 1989 einrichtete,<br />

werden nicht nur ältere Menschen häuslich betreut,<br />

son<strong>der</strong>n auch Familien. Sind Eltern erkrankt o<strong>der</strong> wurde bei<br />

<strong>eine</strong>r Frau <strong>eine</strong> Risikoschwangerschaft festgestellt, können<br />

Mitarbeiter des Pflegedienstes stundenweise die Betreuung <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong> übernehmen, den Haushalt führen, die Einkäufe erledigen.<br />

Die Kosten übernehmen Pflege- und Krankenkassen, Bezirksämter<br />

o<strong>der</strong> man zahlt selbst.<br />

Melanies Stunde bei Frau Herold ist um. <strong>All</strong>es ist erledigt<br />

und sie muss weiter. Edith Herold hat ihre Stullen verputzt,<br />

lässt sich noch mal Kaffee nachschenken und schlägt zufrieden<br />

die BZ auf. In zwei Stunden kommt wie<strong>der</strong> jemand und bringt<br />

ihr das Mittagessen.<br />

Ambulanter Pflegedienst, Ltg. Roswita Ball, Tel. 751 67 06<br />

Die 92-jährige Edith Herold genießt<br />

ihr Frühstück, während Pflegerin<br />

Melanie in <strong>der</strong> Küche wuselt.<br />

Foto: Stefanie Salzmann

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