der im Griff – eine Familienpflegerin hilft Karin, ihren All - Nusz
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Von Beginn an dabei<br />
In <strong>der</strong> Gemeinschaft Leben und Arbeiten<br />
Seit 26 Jahren lebt Liz auf dem ufa-Gelände – hier hat sie ihr Ideal gefunden<br />
Von Erich Becker<br />
Elisabeth Karnasch ist nicht gern allein. Sie hat schon <strong>im</strong>mer<br />
am liebsten unter vielen Menschen gelebt. Zur Zeit wohnt<br />
„Liz“, wie sie alle nennen, <strong>im</strong> ersten Stock des Eingangsgebäudes<br />
auf dem Gelände <strong>der</strong> ufaFabrik mit 1 an<strong>der</strong>en in <strong>eine</strong>r<br />
Wohngemeinschaft. „Ich komme aus <strong>eine</strong>r Großfamilie und<br />
habe neun Geschwister“, sagt die 7-Jährige. Geboren wurde<br />
sie in <strong>eine</strong>m Dorf bei Göttingen (Nie<strong>der</strong>sachsen) in <strong>der</strong> Wassermühle<br />
ihres Vaters, <strong>der</strong> dort Müllermeister war. Dies hat sie<br />
bis heute geprägt.<br />
Leben und Arbeiten in <strong>eine</strong>r großen Gemeinschaft gehören<br />
für sie untrennbar zusammen, „ganzheitliches Leben“ nennt sie<br />
dies. Ihr Ideal hat sie <strong>im</strong> Nachbarschafts- und Selbsthilfezentrum<br />
gefunden, zu <strong>der</strong>en Gründungsmitglie<strong>der</strong> sie 1987 gehörte.<br />
Auf dem Gelände <strong>der</strong> ufaFabrik zwischen <strong>der</strong> Tempelhofer<br />
Viktoriastraße und dem Teltowkanal lebt sie seit 26 Jahren,<br />
hier wurden ihre beiden Kin<strong>der</strong> geboren, hier hat sie Arbeit:<br />
Als Geschäftsführerin leitet sie die Bio-Bäckerei und ist damit<br />
Chefin <strong>eine</strong>s Betriebes mit 26 Beschäftigten, <strong>der</strong> quasi rund<br />
um die Uhr arbeitet. Die Kundenliste ist lang: Naturkostläden,<br />
Backshops, Kita- und Großküchen, Schulen und Cafés werden<br />
beliefert, insgesamt hat die Bäckerei 80 Abnehmer.<br />
Mit 20 Jahren war sie vom Dorf in die Großstadt gezogen,<br />
um Schauspielunterricht zu nehmen. Dort lernte sie jemanden<br />
von <strong>der</strong> ufaFabrik kennen und zog 1981 auf das Gelände. „Der<br />
dörfliche Charakter, das Gelände mit s<strong>eine</strong>n vielen Grünflächen<br />
und den Kin<strong>der</strong>bauernhof, aber auch das Umfeld hat mir gefallen“,<br />
sagt sie. Als ihr heute 2 Jahre alter Sohn Philipp geboren<br />
werden sollte, entschied sie sich für die damals für die meisten<br />
Frauen undenkbare, ja schon fast skandalöse Möglichkeit, ihr<br />
Kind nicht <strong>im</strong> Kreißsaal <strong>eine</strong>s Krankenhauses, son<strong>der</strong>n in ihrer<br />
1<br />
Liz Karnasch leitet heute die ufa-Bio-Bäckerei. Foto: Salzmann<br />
Wohnung auf dem ufa-Gelände zur Welt zu bringen. Ihre Erfahrungen<br />
damit waren gut und so wurde auch drei Jahre später<br />
Tochter Cäcilie hier geboren.<br />
Als das NUSZ vor 20 Jahren als Verein gegründet wurde,<br />
stand die Mitgliedschaft für Liz Karnasch außer Frage. Ausschlag<br />
gebend dafür war vor allem dessen soziales Engagement<br />
für Schwangere, Familien, <strong>All</strong><strong>eine</strong>rziehende und Kin<strong>der</strong>, ein<br />
Engagement, das auch sie und ihre Kin<strong>der</strong> erfahren haben.<br />
In <strong>der</strong> Folgezeit trat sie <strong>im</strong> ufa-Zirkus als Tänzerin und Schauspielerin<br />
auf und gab Bauchtanzkurse für Schwangere und Kin<strong>der</strong>.<br />
Sie arbeitete bei <strong>der</strong> Begrünung <strong>der</strong> Dächer auf dem ufa-<br />
Gelände mit und erledigte die Lohnbuchhaltung für das NUSZ.<br />
Irgendwann hatte sie das ufa-Café Olé übernommen, bis sie <strong>im</strong><br />
Jahr 2000 <strong>eine</strong> Krankheit aus <strong>der</strong> Bahn warf. Wie<strong>der</strong> genesen,<br />
pflegte sie den schwer erkrankten damaligen Bäckerei-Chef<br />
bis zu s<strong>eine</strong>m Tod. Danach bot man ihr an, die Geschäfte zu<br />
führen. „Das schien <strong>eine</strong> unlösbare Aufgabe“, sagt sie heute.<br />
Dem Betrieb ging es finanziell sehr schlecht. „Ich war allein ein<br />
halbes Jahr damit beschäftigt, das Büro um und umzuwälzen,<br />
weil ich verstehen wollte, wie <strong>der</strong> Laden läuft.“<br />
Verstanden hat sie es wohl, denn „heute erwirtschaftet die<br />
Bäckerei schöne Gewinne“, sagt sie, und trotz aller Zurückhaltung<br />
klingt ein gewisser Stolz durch. Täglich verlassen 1 00<br />
Brote sowie Kuchen, Torten und Feingebackenes die Bäckerei<br />
- natürlich alles zu 100 Prozent Bio. Bestellungen werden<br />
bis acht Uhr abends angenommen, die Bäcker arbeiten dann<br />
bis morgens durch. „Ohne gute Leute würde das nicht klappen“,<br />
sagt die Chefin. Sie selbst sieht sich als <strong>eine</strong>n kreativen<br />
Mensch, <strong>der</strong> nicht stehen bleibt und dem Betrieb ein Ziel gibt.<br />
Einen Beruf erlernt hat Liz Karnasch übrigens nicht. „Das liegt<br />
wohl daran, dass ich mich nie entscheiden konnte.“