der im Griff – eine Familienpflegerin hilft Karin, ihren All - Nusz
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4 Mit Weitblick ... Auf in die Zukunft ... Nicht wegzudenken ...<br />
Sigrid Niemer, Juppy und Heidi Knake-Werner<br />
gratulieren dem NUSZ zum Geburtstag<br />
6 Der NUSZ-Baum hat s<strong>eine</strong> Wurzeln in <strong>eine</strong>r Schöneberger Fabriketage<br />
Das Nachbarschaftszentrum heute<br />
8 Waschhaus und Boseclub<br />
9 Täglich auf’nen Schwatz<br />
Nachbarschaftstreff Britzer Straße<br />
Der Tempelhofer Tauschring<br />
10 Tiere sind Freunde und Kameraden<br />
Der Kin<strong>der</strong>bauernhof bietet Kin<strong>der</strong>n <strong>eine</strong> zweite He<strong>im</strong>at<br />
För<strong>der</strong>er und Kooperationspartner, Impressum<br />
12 Nachbarschaft kennt k<strong>eine</strong> Grenzen<br />
NUSZ-Geschäftsführerin Renate Wilkening über Pläne und Perspektiven<br />
13 In <strong>der</strong> Gemeinschaft leben und arbeiten<br />
Liz Karnasch lebt seit 26 Jahren auf dem ufa-Gelände<br />
14 Die NUSZler auf <strong>eine</strong>n Blick<br />
16 Wenn Kin<strong>der</strong> k<strong>eine</strong> Ruhe finden ...<br />
Die Berliner SchreiBabyAmbulanz <strong>hilft</strong> verzweifelten Eltern aus <strong>der</strong> Krise<br />
17 K<strong>eine</strong> Schande<br />
Familienpfleger helfen, Erziehungs- und <strong>All</strong>tagsprobleme in den <strong>Griff</strong> zu kriegen<br />
18 Wie<strong>der</strong> was fürs Leben gelernt<br />
Ein Tag in <strong>der</strong> Kita MaRiS<br />
19 Kin<strong>der</strong>hotel am Luckeweg<br />
Kin<strong>der</strong> übernachten in <strong>der</strong> Kita<br />
20 Mein Sohn ist nicht traurig, wenn wir nicht verreisen können<br />
Ein Gespräch mit Kerstin Kemmritz über das Horthaus auf dem Tempelhofer Feld<br />
Rückzug auf die Wun<strong>der</strong>insel<br />
In <strong>der</strong> Schulstation an <strong>der</strong> Nahariya-Grundschule können Kin<strong>der</strong> lernen und entspannen<br />
21 „Hun<strong>der</strong>t Jahre und een Mittwoch ... “<br />
Die 92-jährige Edith Herold hat noch viel vor. Sie und Sittich Hansi<br />
werden vom ambulanten Pflegedienst versorgt.<br />
22 Bevor das Leben <strong>eine</strong> zähe Suppe wird<br />
Vera Lüters engagiert sich ehrenamtlich und <strong>hilft</strong> damit sich und an<strong>der</strong>en<br />
23 Familientreffpunkt<br />
Hier dreht sich alles um die Familie<br />
24 Die Verwalterinnen<br />
Acht Frauen, die den Laden schmeißen<br />
Familienservice für Berliner Betriebe, NUSZ international<br />
25 <strong>All</strong>ein unter Frauen<br />
Torsten Fischer und s<strong>eine</strong> ufa-Zeit<br />
Eva Mehnert<br />
Danke, Eva!<br />
26 Von A wie Aikido bis Z wie Zirkus<br />
Im NUSZ gibt es über 100 Kurse - für jeden ist was dabei<br />
Inhalt
Geburtstagsgrüße<br />
Mit Weitblick ...<br />
Herzlichen Glückwunsch! Sie beginnen gerade <strong>eine</strong><br />
Festschrift zu lesen, in <strong>der</strong> auf wenigen Seiten ein 20jähriges<br />
Engagement für Lebensqualität in Berlin gewürdigt<br />
wird. Ich freue mich, dieses Grußwort zu schreiben: Habe ich<br />
doch selbst <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> in verschiedensten Zusammenhängen<br />
vom Nachbarschaftszentrum profitiert – als Stepptänzerin,<br />
Sportbegeisterte, junge Mutter o<strong>der</strong> Kursleiterin.<br />
Wenn es das NUSZ in <strong>der</strong> ufaFabrik nicht gäbe, müsste es<br />
glatt erfunden werden! Es verbindet Menschen, die ähnliche<br />
Interessen haben. Je<strong>der</strong> zählt und ist wichtig, die einzelne<br />
Person mit <strong>ihren</strong> Fragen, Wünschen und Bedürfnissen steht<br />
<strong>im</strong> Mittelpunkt des Geschehens. Mein Dankeschön an dieser<br />
Stelle gilt allen Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern und den vielen<br />
ehrenamtlich Tätigen, die tägliche, aufmerksame Kleinarbeit<br />
leisten, um diesem Anspruch gerecht zu werden.<br />
Das NUSZ entwickelte sich aus dem Zusammenschluss<br />
verschiedener Selbsthilfegruppen und war zunächst leicht<br />
überschaubar. Es gab <strong>eine</strong> zentrale Anlauf- und Beratungsstelle,<br />
von dort aus wurde alles organisiert. Zwei Gruppenräume,<br />
das Dojo für asiatische Sportarten und ein Tanzraum<br />
standen zur Verfügung. Nach <strong>der</strong> offiziellen Inbetriebnahme<br />
gab es schon bald mehr Ideen und Entwicklungsmöglichkeiten,<br />
als die Räume an <strong>der</strong> Viktoriastraße es zuließen. Im<br />
Lauf <strong>der</strong> letzten 20 Jahre planten und entwickelten die beiden<br />
Geschäftsführerinnen Sigrid Zwicker und Renate Wilkening<br />
mit großem Weitblick und unermüdlicher Initiative <strong>eine</strong>n gemeinnützigen<br />
Träger, <strong>der</strong> zahlreichen Menschen und Familien<br />
<strong>im</strong> Süden Berlins den Lebensalltag bereicherte.<br />
Unter dem Dach <strong>der</strong> ufaFabrik ergänzt sich das Nachbarschaftszentrum<br />
auf vielfältige Weise mit den an<strong>der</strong>en Einrichtungen,<br />
präsentiert <strong>der</strong> Kulturbetrieb professionelle Bühnenprogramme,<br />
haben Jung und Alt <strong>im</strong> Nachbarschaftszentrum<br />
die Chance, selbst aktiv, sportlich und kreativ zu sein.<br />
Besucher des Gästehauses entdecken be<strong>im</strong> Blick aus dem<br />
Fenster <strong>eine</strong>n Bauernhof mitten in <strong>der</strong> Stadt, in dem Tiere ein<br />
gutes Leben führen, Kin<strong>der</strong> freundlich aufgenommen werden<br />
und <strong>eine</strong> Menge lernen können. Kursteilnehmer und Eltern<br />
schätzen die Vollwertprodukte aus Bäckerei und Laden und<br />
das Café Olé ist beliebte Anlaufstelle zum Entspannen.<br />
Kultur, Nachhaltigkeit, Ökologie, Partizipation und soziales<br />
Engagement – diese Leitgedanken best<strong>im</strong>men alle Betriebe<br />
und Aktivitäten innerhalb <strong>der</strong> ufaFabrik. Im Jahr 200 klassifizierte<br />
das Settlement Programm <strong>der</strong> Vereinten Nationen<br />
UN-Habitat die ufaFabrik als weltweit „Best Practice to Improve<br />
the Living Environment“. Das Nachbarschaftszentrum<br />
hat durch s<strong>eine</strong> Ausstrahlung wesentlich zu dieser Ehrung<br />
beigetragen.<br />
Ich freue mich schon aufs Feiern und wünsche gutes Gelingen<br />
für die Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> nächsten zwanzig Jahre ...<br />
Vorstand Internationales Kultur-<br />
Centrum ufaFabrik e. V.
Auf in die Zukunft ...<br />
Das Nachbarschaftszentrum gibt es <strong>im</strong> Grunde genommen<br />
seit es die ufaFabrik gibt. Sogar schon von Anfang an,<br />
seit 1976 in <strong>der</strong> alten Fabrik, als wir noch in <strong>der</strong> Kurfürstenstraße<br />
waren. Der erste große Hit war das Buch „Schwanger“.<br />
Seitdem haben sich die Chancen, nicht nur in Berlin, wie ein<br />
Mensch auf die Welt kommt, sehr stark verbessert. Wie oft<br />
habe ich Besuchern o<strong>der</strong> Politikern erzählt, das Leben ist wie<br />
<strong>eine</strong> gute Show. Du musst ein super Opening haben und ein<br />
starkes Finale. Wenn du mal mittendrin <strong>eine</strong>n Hänger hast,<br />
dann kannst du mit <strong>eine</strong>m guten Finale alles wie<strong>der</strong> rausreißen.<br />
Und seit 20 Jahren betreuen wir <strong>im</strong> Nachbarschaftszentrum<br />
die Menschen von <strong>der</strong> Geburt bis zur Verabschiedung.<br />
Was je<strong>der</strong> <strong>im</strong> Urlaub macht, das weiß er selbst. Aber was<br />
macht <strong>der</strong> Mensch täglich nach Feierabend ab 17 Uhr? Da<br />
kann er in <strong>der</strong> ufaFabrik <strong>im</strong> NUSZ an den Dingen arbeiten,<br />
um aus s<strong>eine</strong>n Träumen Wirklichkeit zu machen. Ob Karate,<br />
Aikido, Tanzen, Artistik, Kin<strong>der</strong>bauernhof, Therapie für Kl<strong>eine</strong><br />
und Große, Yoga, Percussion, Sprachkurse, Kin<strong>der</strong>garten<br />
und vieles mehr ist dort zu finden. Bei all denen, die <strong>im</strong> NUSZ<br />
arbeiten, möchte ich mich für uns alle aus <strong>der</strong> ufaFabrik<br />
bedanken, beson<strong>der</strong>s<br />
bei Sigrid Zwicker und<br />
Renate Wilkening.<br />
Über das NUSZ ist mir<br />
klar geworden, was für<br />
Menschen am wichtigsten<br />
ist, um sich zu<br />
entwickeln: Freiraum.<br />
Mögen eure Kunststücke<br />
<strong>im</strong>mer gelingen ...<br />
Vorstand<br />
ufaFabrik e. V.<br />
Geburtstagsgrüße<br />
Nicht wegzudenken ...<br />
Ein Alter von 20 Jahren – ist das viel o<strong>der</strong> wenig? Ist man<br />
20 Jahre jung, dynamisch und tatendurstig o<strong>der</strong> 20 Jahre<br />
alt, erfahren und beständig? Für das NUSZ kann man getrost<br />
feststellen: es trifft beides zu!<br />
Gegründet an historischer Stelle – auf dem Gelände <strong>der</strong><br />
ufaFabrik – ging es von Beginn an um die Schaffung und<br />
Aufrechterhaltung <strong>eine</strong>r großen Angebotsvielfalt für Kin<strong>der</strong>,<br />
Jugendliche, Mütter, Väter und die ganze Familie einschließlich<br />
<strong>der</strong> Senioren. Das Spektrum umfasst vorrangig die<br />
Bereiche Bildung, Kultur, Sport und Gesundheit, aber auch<br />
Pflege und Arbeit. Beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit kommt <strong>der</strong><br />
Kin<strong>der</strong>betreuung, <strong>der</strong> Familien(konflikt)beratung und dem<br />
Aufbau <strong>eine</strong>s Familiennetzwerkes zu.<br />
Beispielhaft seien genannt <strong>der</strong> Aufbau <strong>eine</strong>r SchreiBaby-Ambulanz,<br />
Nachtmütterservice, Kin<strong>der</strong>tagesstätten, <strong>der</strong><br />
Kin<strong>der</strong>bauernhof, den Familienpflegedienst sowie diverse<br />
Selbsthilfegruppen und ein breit gefächertes Kursangebot für<br />
alle Lebensbereiche und Altersklassen.<br />
Nach wie vor geht es vor allem darum, Hilfe zur Selbsthilfe<br />
zu leisten und für Nachbarschaftsinitiativen und Selbsthilfeaktivitäten<br />
eigenständige Strukturen zu ermöglichen.<br />
Wie nicht an<strong>der</strong>s zu erwarten, ist dabei das NUSZ auch<br />
selbst gewachsen. Mittlerweile gibt es zwei weitere Nachbarschaftstreffpunkte<br />
<strong>im</strong> Waschhaus Lichtenrade und in <strong>der</strong><br />
Britzer Straße sowie zwei Kin<strong>der</strong>tagesstätten. Im Berliner<br />
Süden ist das NUSZ nicht mehr wegzudenken.<br />
Bei diesem Weg war so manche Hürde zu überwinden.<br />
Aber das NUSZ nahm die Herausfor<strong>der</strong>ungen an, knüpfte<br />
vielfältige Kontakte und trug dazu bei, den Prozess <strong>der</strong> Entwicklung<br />
von Stadtteilzentren zu för<strong>der</strong>n und mit Stadtteilbewohnern<br />
zusammen an erkannte Probleme heranzugehen.<br />
Ich beglückwünsche das NUSZ zu s<strong>eine</strong>m 20-jährigen<br />
Bestehen! Beharrlich und voller guter Ideen. So ist es und so<br />
soll es auch in Zukunft sein!<br />
Senatorin für Integration, Arbeit<br />
und Soziales Berlin
6 NUSZ heute<br />
Der NUSZ-Baum hat s<strong>eine</strong> Wurzeln in<br />
Seit s<strong>eine</strong>r Gründung vor 20 Jahren hat sich das NUSZ zu <strong>eine</strong>m erfolgreic<br />
Von Erich Becker<br />
Das Tempelhofer Nachbarschafts- und Selbsthilfezentrum<br />
ufaFabrik (NUSZ) ist r<strong>eine</strong> Frauensache. Auf den<br />
ersten Blick jedenfalls. Vereinsvorstand und Geschäftsleitung<br />
sind fest in weiblicher Hand, ebenso wie 1 von insgesamt 1<br />
Teams, die sich in NUSZ-Trägerschaft befinden, von Frauen<br />
geführt werden. „Das liegt möglicherweise daran, dass sich<br />
Frauen eher für soziale Berufe interessieren als Männer“, sagt<br />
Sigrid Zwicker, <strong>eine</strong> <strong>der</strong> beiden NUSZ-Geschäftsführerinnen.<br />
„Vielleicht aber auch daran, dass es in diesem Beruf nur wenig<br />
gute Männer gibt.“<br />
Auch bei <strong>der</strong> Entstehung des NUSZ spielten Frauen <strong>eine</strong><br />
wichtige, wenn nicht sogar die entscheidende Rolle. Denn ein<br />
Karatekurs für Frauen war sozusagen die Urzelle all <strong>der</strong> Veranstaltungen,<br />
Seminare, Kurse und Workshops, die heute Jahr<br />
für Jahr angeboten werden. „Die Frauen wollten lernen, sich<br />
verteidigen zu können“, so Sigrid Zwicker.<br />
Das war Mitte <strong>der</strong> 70er Jahre, zu <strong>eine</strong>r Zeit, als an ein Nachbarschaftszentrum<br />
noch nicht zu denken war, die ufaFabrik<br />
selbst noch die „Fabrik für Kultur, Sport und Handwerk“ war<br />
und sich als <strong>eine</strong> für die damalige Zeit typische Selbsthilfeorganisation<br />
auf <strong>eine</strong>r Schöneberger Fabriketage eingerichtet hatte.<br />
Doch ein Kurs reichte schon bald nicht mehr aus. „Wenn<br />
zehn Leute zusammen sind, spricht sich das schnell herum“,<br />
erzählt Sigrid Zwicker. Die Kurse vermehrten sich quasi durch<br />
Zellteilung. Und aus talentierten Teilnehmern wurden bald<br />
neue Trainer.<br />
Als die Leute von <strong>der</strong> Fabriketage 1979 das brachliegende<br />
Tempelhofer ufa-Gelände am Teltowkanal für sich entdeckten<br />
und kurzerhand besetzten – heute heißt das „friedlich wie<strong>der</strong><br />
in Betrieb nahmen“ – wan<strong>der</strong>ten die Kurse samt Karatefrauen<br />
mit und fanden fortan <strong>im</strong> ehemaligen Kopierwerk, in <strong>der</strong> alten<br />
Kantine o<strong>der</strong> <strong>im</strong> früheren Ufa-Premierenkino <strong>eine</strong> neue, und<br />
wie sich zeigen sollte, dauerhafte Wirkungsstätte.<br />
Unter den Akteuren war auch Sigrid Zwicker. Sie kam, wie<br />
viele ihrer Mitstreiter, aus <strong>der</strong> Anti-Atom-Kraftbewegung. Ihr<br />
Ziel war, gesellschaftspolitische Ideen zur Verbesserung <strong>der</strong> Lebensqualität<br />
gemeinsam und mit eigener Kraft in die Tat umzusetzen.<br />
Anregung gaben auch die Verbindungen zu Künstlern,<br />
freien Berufen und Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland.<br />
Zahlreiche Dinge wurden ausprobiert: Windkraft, Solarenergie,<br />
Pantom<strong>im</strong>e, Theater. Der ufaFabrikCircus tourte mit über<br />
0 Künstlern kreuz und quer durch Europa, Gesundheitsgruppen<br />
und asiatische Heilweisen wie Shiatsu, Qi Gong, Aikido,<br />
die erste Schwangerengruppe, Geburtsvorbereitungskurse für<br />
Hausgeburten u.v.a. entstanden. <strong>All</strong>e Aktivitäten, ob Kurse,<br />
Kunst o<strong>der</strong> beginnen<strong>der</strong> Kommerz, waren unter dem Dach <strong>der</strong><br />
ufaFabrik vereint.<br />
Das än<strong>der</strong>te sich Mitte <strong>der</strong> 80er Jahre, als klar war, dass <strong>der</strong><br />
<strong>im</strong>mer größer werdende Betrieb und die Weiterentwicklung <strong>der</strong><br />
ufaFabrik nicht ohne öffentliche Gel<strong>der</strong> funktionieren würden.<br />
Vor allem die Sanierung <strong>der</strong> maroden Gebäude auf dem Gelände<br />
kostete <strong>eine</strong> Menge Geld. Bis dahin hatten die Fabrik-Leute<br />
auf „Staatsknete“ verzichtet, vor allem deshalb, weil sie damit<br />
ihre Unabhängigkeit von staatlichen Organisationen demonstrieren<br />
wollten.<br />
„Letztlich war die Gründung des Nachbarschaftszentrums<br />
<strong>eine</strong> politische Entscheidung“, so Sigrid Zwicker, die 1987<br />
zu den Gründungsmitglie<strong>der</strong>n des NUSZ gehörte. Wolle man<br />
öffentliche För<strong>der</strong>ung bekommen, müsse man <strong>eine</strong> best<strong>im</strong>mte<br />
Struktur vorweisen. Denn die unterschiedlichen För<strong>der</strong>töpfe<br />
des Senats mussten mit dem passenden Empfänger verbunden<br />
werden. So wurde unter dem Dach des Vereins ufaFabrik das<br />
NUSZ als Träger sozialer und gesellschaftlicher Einrichtungen<br />
und Aktivitäten gegründet, <strong>im</strong> kulturellen Bereich bereicherte<br />
fortan das Internationale KulturCentrum das Leben Tempelhofs,<br />
ja ganz Berlins.<br />
Heute, 20 Jahre später, ist das NUSZ ein florierendes mittelständisches<br />
Unternehmen – mit <strong>eine</strong>m gravierenden Unterschied:<br />
Das NUSZ arbeitet nicht gewinnorientiert, es müssen<br />
jedoch die entstehenden Kosten erwirtschaftet werden. Es hat
<strong>eine</strong>r Schöneberger Fabriketage<br />
<strong>eine</strong>n Jahresumsatz von , Millionen Euro und ist ein gefragter<br />
Arbeitgeber. Zurzeit beschäftigt das NUSZ 198 Mitarbeiter.<br />
Davon sind 11 fest angestellt, 2 arbeiten als Honorarkräfte<br />
und 60 weitere sind ehrenamtlich tätig. Sie erziehen<br />
Kin<strong>der</strong> in den beiden Kin<strong>der</strong>tagesstätten und dem Horthaus,<br />
die das NUSZ betreibt. In <strong>der</strong> SchreiBabyAmbulanz wird verzweifelten<br />
Eltern mit brüllenden Säuglingen geholfen. Auf<br />
dem Kin<strong>der</strong>bauernhof können Kin<strong>der</strong> erleben, dass es auch ein<br />
Leben außerhalb <strong>der</strong> Großstadt gibt.<br />
Längst ist das <strong>im</strong>merhin 18.000 Quadratmeter große ufa-Gelände<br />
für die <strong>im</strong>mer weiter greifenden Aktivitäten des Nachbarschaftszentrums<br />
zu klein geworden. Inzwischen betreibt<br />
das NUSZ zwei Kin<strong>der</strong>tagesstätten, <strong>eine</strong>n Schulhort und <strong>eine</strong><br />
Chronologie 7<br />
hen Berliner Stadtteilzentrum mit fast 200 MitarbeiterInnen entwickelt<br />
Schulstation sowie zwei Nachbarschaftstreffpunkte und <strong>eine</strong>n<br />
Kin<strong>der</strong>- und Jugendklub. Auch unter die Vermieter ist <strong>der</strong> Verein<br />
gegangen: Räume in den vom NUSZ betriebenen Gebäuden<br />
können für Veranstaltungen gebucht werden.<br />
Das zu Anfang recht schmale Programmheft (auf das man in<br />
den ersten Jahren noch verzichten konnte) wurde <strong>im</strong> Lauf <strong>der</strong><br />
Jahre <strong>im</strong>mer dicker. Heute umfasst es mehr als 70 Seiten und<br />
bietet um die 100 Kurse, Workshops und Seminare. Singen,<br />
Schnei<strong>der</strong>n, Trommeln, Tanzen werden in Kursen angeboten.<br />
Und die Karategruppe, übrigens inzwischen ein eigener Verein,<br />
bietet Kurse für diese Kampfsportart in allen Variationen<br />
an – natürlich längst nicht mehr nur für Frauen.
8 Stadtteilarbeit<br />
Im Waschhaus trifft sich<br />
Jung und Alt aus dem<br />
Nahariya-Kietz<br />
Eines von vielen Angeboten für Kin<strong>der</strong>: Basteln mit Salzteig<br />
Der Nachbarschafts-Treffpunkt und das Waschhaus <strong>im</strong><br />
Nahariya-Kiez sind als Orte <strong>der</strong> Begegnung für jüngere<br />
und ältere Anwohner konzipiert. Ein Nachbarschafts-Café als<br />
Anlaufstelle und Treffpunkt <strong>im</strong> Kiez steht allen älteren und<br />
jungen Anwohnern, gleich welcher Herkunft, offen. Offene<br />
Treffs laden Eltern mit <strong>ihren</strong> Kleinkin<strong>der</strong>n zum gemeinsamen<br />
Spielen und zum Gedankenaustausch ein. Ergänzt werden<br />
die Angebote durch Gruppenangebote <strong>im</strong> Bereich Familienbildung,<br />
Gesundheit, Selbsthilfe, sozial-kulturelle Arbeit und<br />
Beratung.<br />
Wir engagieren uns für <strong>eine</strong> gute Zusammenarbeit von Jugend-<br />
und Familieneinrichtungen, Schulen, Kitas, Kirche,<br />
Wohnungsbaugesellschaften, Polizei und Anwohnern <strong>im</strong><br />
Kiez, für gemeinsame Feste und wir för<strong>der</strong>n bürgerschaftliches<br />
Engagement mit <strong>der</strong> KiezAktivKasse Lichtenrade.<br />
Ziel unserer generationsübergreifenden Treffpunkte ist es,<br />
die soziale Infrastruktur <strong>im</strong> Kiez zu verbessern und <strong>eine</strong>n Ort<br />
zu schaffen, an dem Anwohner zusammenkommen und sich<br />
kennenlernen können. Wir engagieren uns deshalb auch in <strong>der</strong><br />
Gemeinwesenarbeit und verstehen dies als wichtigen Beitrag<br />
zur Gewaltprävention.<br />
Die Räume des Waschhauses wurden dem NUSZ von <strong>der</strong><br />
Ev. Kirchengemeinde Lichtenrade mietfrei zur Verfügung gestellt,<br />
das sie in Kooperation mit OUTREACH, dem mobilen<br />
Jugendarbeit-Team Lichtenrade, und von Anwohnern in Selbstorganisationen<br />
nutzt. Die Räume des Nachbarschafts-Treffpunkts<br />
stellt ebenfalls die Ev. Kirchengemeinde.<br />
Das ehemalige Waschhaus liegt in <strong>eine</strong>r Großbautensiedlung<br />
am Stadtrand und wurde von ehrenamtlichen Mitarbeitern ausgebaut.<br />
Hier finden sich ein offener Empfangs-/Cafébereich,<br />
<strong>eine</strong> Küche mit Essecke, ein Büro und ein Mehrzweckraum.<br />
Der Nachbarschafts-Treffpunkt mit Gruppenraum, Spielz<strong>im</strong>mer<br />
und Teeküche liegt zirka 200 Meter entfernt.<br />
Nachbarschafts-Treffpunkt Waschhaus, Ltg. Christina Kettler,<br />
Groß-Ziethener-Straße 94, 12209 Berlin, Tel. 76 58 96 61,<br />
Fax 76 58 96 63, waschhaus@nusz.de<br />
Kin<strong>der</strong>, Jugendliche und<br />
Eltern können <strong>im</strong> Boseclub<br />
Zeit verbringen<br />
Der Boseclub ist ein Treffpunkt mit vielfältigen Angeboten<br />
für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche, aber auch ein Ort <strong>der</strong><br />
Begegnung und des Austausches für Eltern und Nachbarn.<br />
Direkt ans Haus grenzen <strong>der</strong> Bosepark und ein<br />
kl<strong>eine</strong>r Fußballplatz. Boseclubkin<strong>der</strong> erzählen:<br />
Wie lange besuchst du den Boseclub?<br />
Philipp (13): Ich denke, seit drei Jahren.<br />
Michelle (8) & Chantal (6): Wir kennen den Boseclub<br />
schon seit ganz langer Zeit.<br />
Camilo (11): Ich besuche den Boseclub seit fünf Wochen.<br />
Was machst du am liebsten <strong>im</strong> Boseclub?<br />
Philipp: Im Boseclub gibt es viele Möglichkeiten wie Tischtennis,<br />
Billard und Computerspiele. Ich bevorzuge alle.<br />
Anja (16) & Bianca (11): Ich hänge am liebsten nur rum<br />
o<strong>der</strong> spiele Billard. Bianca ist gerne am PC o<strong>der</strong> bastelt.<br />
Was war dein schönstes Erlebnis <strong>im</strong> Boseclub?<br />
Philipp: Das Sommerfest mit Fußballturnier und hinterher<br />
mit Aufführungen und leckerem Essen.<br />
Michelle & Chantal: Unsere Teilnahme am Theaterprojekt.<br />
Shown & Zion (9) & Zion (7): Das Billardturnier.<br />
Anja & Bianca: Das gemeinsame Kochen.<br />
Mädchentanzgruppe be<strong>im</strong> Auftritt <strong>im</strong> Boseclub<br />
Was sollte am Boseclub geän<strong>der</strong>t werden?<br />
Philipp: Man sollte den Bunker nutzen können.<br />
Michelle & Chantal: Dass es wie<strong>der</strong> Theater und <strong>eine</strong>n<br />
Sing- o<strong>der</strong> Musikkurs gibt.<br />
Camilo: Ein Kochkurs nur für Jungs und dass „Religionstage“<br />
eingeführt werden, wo man etwas über verschiedene<br />
Feste und Bräuche erfahren kann.<br />
Konstantin (10): Strenger mit Ausdrücken umgehen.<br />
Boseclub, Bosestraße 6, 12103 Berlin, Leitung Albina Apelt,<br />
Tel. 75 51 87 20, Fax 75 60 24 98, boseclub@nusz.de
Täglich auf’nen Schwatz<br />
Nachbarschaftstreffpunkt in Alt-Mariendorf<br />
Die Siedlung an <strong>der</strong> Britzer Straße<br />
in Alt-Mariendorf kommt unerwartet.<br />
Zwischen kl<strong>eine</strong>n Einfamilienhäusern<br />
an <strong>der</strong> Rückseite des Buga-<br />
Geländes öffnet sich die Wohnsiedlung<br />
aus den frühen 90er Jahren. Großzügige<br />
Grünflächen strukturieren die Anlage,<br />
die Wohnungen sind hell, die Treppenhäuser<br />
sauber. Dennoch gilt die Siedlung<br />
als Problemfall <strong>im</strong> sonst gutbürgerlichen<br />
Alt-Mariendorf. Der Anteil<br />
<strong>der</strong> Bewohner nicht deutscher Herkunft<br />
liegt bei über 0 Prozent, wohlhabend<br />
ist hier niemand. Dafür gibt es aber<br />
viele Kin<strong>der</strong>.<br />
An <strong>eine</strong>m großen Plastiktisch sitzen<br />
schwatzende Frauen und Männer. Um<br />
sie herum wuseln Kin<strong>der</strong> jeden Alters.<br />
Ein alltäglicher Anblick. Hinter ihnen<br />
ein kl<strong>eine</strong>s Café – ein heller freundlicher<br />
Raum mit Korbmöbeln und<br />
<strong>eine</strong>m Tresen. Je<strong>der</strong> bedient sich selbst,<br />
denn das kl<strong>eine</strong> Café gehört zum Nachbarschaftstreff<br />
Britzer Straße, seit vier<br />
Jahren getragen vom NUSZ. Gegründet<br />
wurde er vor elf Jahren vom Bezirk<br />
Tempelhof als Modellprojekt. Bezirk<br />
Nachmittagsschwätzchen <strong>im</strong> Treffpunkt-Café Foto: Stefanie Salzmann<br />
und Wohnungsgesellschaft unterstützen<br />
das Haus bis heute finanziell.<br />
Die eigentlichen Räume des Treffs in<br />
<strong>eine</strong>r großen Maisonettewohnung wurden<br />
erst kürzlich renoviert und leuchten<br />
in fröhlichen Farben. Im zentralen Raum<br />
stehen große helle Holztische, wo sich<br />
unter an<strong>der</strong>em einmal monatlich die so<br />
genannte Britzer Runde trifft, die die<br />
aktuellen Probleme <strong>im</strong> Kiez diskutiert.<br />
Es gibt Computer- und Bastelräume und<br />
<strong>eine</strong> große Kuschelecke.<br />
Beschäftigt sind hier <strong>eine</strong> Sozialarbeiterin,<br />
zwei Erzieherinnen und ein<br />
Jugendarbeiter. Kin<strong>der</strong> können verschiedene<br />
Angebote wahrnehmen wie<br />
Basteln, Backen o<strong>der</strong> Theater spielen.<br />
Sie können ihre Hausaufgaben erledigen<br />
und ihre Ferienzeit hier verbringen.<br />
Die Erwachsenen finden Raum, um sich<br />
zu treffen und zu reden, aber auch Hilfe<br />
und Beratung. salz<br />
Nachbarschaftstreff Britzer Straße,<br />
Britzer Str. 60 E, 12109 Berlin,<br />
Leitung Marita Sternberger,<br />
Tel. 70 17 09 70, Fax 70 17 09 71<br />
Stadtteilarbeit<br />
9<br />
„Brauche neuen<br />
Haarschnitt, biete<br />
dafür Fußmassage“<br />
Seit acht Jahren ist Sabine Freitag Mitglied<br />
des Tempelhofer Tauschrings.<br />
Die rüstige und agile Rentnerin gönnt<br />
sich hier, was sie sich sonst nicht leisten<br />
könnte: Mal californische Ganzkörperund<br />
Fußreflexzonenmassagen, mal <strong>eine</strong>n<br />
Haarschnitt. Dafür bietet sie Schmuckreparaturen<br />
o<strong>der</strong> den Modeschmuck aus<br />
<strong>der</strong> eigenen Werkstatt an. „Ich möchte<br />
diese Selbsthilfegruppe nicht mehr missen“,<br />
sagt sie heute.<br />
Zwischen 0 und 0 Leute sind <strong>im</strong><br />
1996 <strong>im</strong> NUSZ gegründeten Tauschring<br />
organisiert. Das gegenseitige Geben<br />
und Nehmen dreht sich in erster Linie<br />
um kl<strong>eine</strong>re Dienstleistungen wie Än<strong>der</strong>n<br />
von Kleidung, Beratung, Kochen,<br />
Backen, Betreuung und Hilfe für unterschiedliche<br />
Altersgruppen, Anlässe und<br />
Gelegenheiten, Tiersitting, Handarbeiten,<br />
Haarschnitte, kl<strong>eine</strong> Reparaturen,<br />
Renovierungshilfe, Baumschnitt, Massagen,<br />
Fußpflege und vieles an<strong>der</strong>e mehr.<br />
Entlohnt werden die Tauschgeschäfte<br />
mit Tauschtalern, die sich aus Zeiteinheiten<br />
errechnen – denn <strong>eine</strong> Stunde<br />
Arbeitszeit, gleich welcher Tätigkeit,<br />
entspricht 20 Talern. Wer was kann und<br />
bietet, ist auf Telefonlisten vermerkt, die<br />
jedes Mitglied ausgehändigt bekommt.<br />
Einmal <strong>im</strong> Monat treffen sich die Mit-<br />
Sigi <strong>hilft</strong>, wo er kann. Foto: NUSZ<br />
glie<strong>der</strong> zum Tauschabend. Interessenten<br />
erhalten zu den Sprechzeiten Auskunft<br />
und finden Ansprechpartner. salz<br />
Tempelhofer Tauschring, Viktoriastr. 13,<br />
12105 Berlin, Tel. Sprechzeiten: montags<br />
von 17 bis 18 Uhr, donnerstags von 10<br />
bis 11 Uhr, Treffen: jeden 1. Donnerstag<br />
<strong>im</strong> Monat um 18 Uhr <strong>im</strong> Raum 2 <strong>im</strong> Familientreffpunkt
10<br />
Kin<strong>der</strong>bauernhof<br />
Von Stefanie Salzmann<br />
Irgendwann hatte ich mal ein gutes<br />
Zeugnis“, sagt Jenni, und es klingt, als<br />
sei das aus <strong>eine</strong>m an<strong>der</strong>en Leben. Dafür<br />
durfte sie sich von <strong>ihren</strong> Eltern was wünschen.<br />
Sie wollte reiten lernen und kam so<br />
vor drei Jahren zum Kin<strong>der</strong>bauernhof in<br />
<strong>der</strong> ufaFabrik. Zuerst in Begleitung, später<br />
kam sie allein. Sie wohnt<br />
<strong>im</strong> Kiez um die Tempelhofer<br />
Viktoriastraße. „Am Anfang<br />
durfte ich einfach nur mit den<br />
Ponys zusammen sein, aber<br />
irgendwann durfte ich sie putzen,<br />
und dann war ich plötzlich<br />
<strong>im</strong> Reitkurs“, erzählt sie<br />
mit <strong>der</strong> Ernsthaftigkeit <strong>eine</strong>r<br />
Zwölfjährigen.<br />
„Wir sind kein Reitstall,<br />
hier ist alles umsonst, und wir<br />
wollen die Kin<strong>der</strong> zuerst mal<br />
kennen lernen“, sagt Andreas Knöbel,<br />
<strong>der</strong> seit 17 Jahren den Hof leitet. Um<br />
die 0 Kin<strong>der</strong> kommen regelmäßig in<br />
ihrer Freizeit hierher, nehmen Reitstunden<br />
und kümmern sich gemeinsam mit<br />
Tierpflegerin Katja und Erzieherin Nelli<br />
um die fast 0 hier lebenden Tiere. Denn<br />
neben den vier Ponys wohnen auf dem<br />
Gelände Kaninchen, zwei Frettchen, drei<br />
Schildkröten, zwei zischelnde Gänse<br />
und die beiden Wollschw<strong>eine</strong> Rosi und<br />
Rudi. „Eigentlich ist das kein Bauernhof,<br />
son<strong>der</strong>n ein Streichelzoo“, sagt Andreas.<br />
Eine landwirtschaftliche Verwertungskette<br />
gibt es nicht, jedes<br />
Tier stirbt irgendwann<br />
s<strong>eine</strong>n alters- o<strong>der</strong> krankheitsbedingten<br />
Tod. „Die<br />
Tiere sind für die Kin<strong>der</strong><br />
Freunde und Kameraden,<br />
für die sie die Verantwortung<br />
tragen.“<br />
„Wir wollen vor allem<br />
den Kin<strong>der</strong>n hier ein Stück<br />
schöne Kindheit geben,<br />
wo es das Elternhaus nicht<br />
hergibt. Solchen, die in<br />
<strong>der</strong> Schule gehänselt werden, die seelisch<br />
und geistig vernachlässigt werden“,<br />
erklärt Andreas. Deshalb werden<br />
auch die „Ärmsten“ bevorzugt in die<br />
Gemeinschaft aufgenommen. Das habe<br />
Die Zwölfjährige Jenni schmust mit Pony Budy. Fotos: Stefanie Salzmann<br />
Die Tiere sind Freunde und Kameraden<br />
Der Bauernhof bietet Kin<strong>der</strong>n <strong>eine</strong> zweite He<strong>im</strong>at<br />
weniger mit Geld zu tun. Manche Kin<strong>der</strong><br />
brauchen diesen starken Bezug zu<br />
<strong>eine</strong>m großen Tier, und mit <strong>ihren</strong> dabei<br />
errungenen Erfolgen wächst auch ihre<br />
Akzeptanz in ihrem Umfeld. „Wer mal<br />
ein so genanntes ADS-Kind auf <strong>eine</strong>m<br />
Pferd gesehen hat, würde es nicht wie<strong>der</strong><br />
erkennen“, sagt er stolz.<br />
An diesem spätsommerlichen Mittwochnachmittag<br />
hat Pferdemädchen Jenni<br />
ordentlich zu tun. Mit sicherem <strong>Griff</strong><br />
führt sie Pony Desta Runde um Runde<br />
um das Bauernhofgelände. Obenauf sitzt<br />
strahlend die vierjährige Alia, die seit<br />
<strong>eine</strong>m halben Jahr fast jeden Mittwoch<br />
mit ihrer Mutter zum Ponyreiten kommt.<br />
Ein Euro pro Kind und Runde kostet das<br />
– aber die Kl<strong>eine</strong> ist glücklich. „Sie ist<br />
pferdevernarrt, genau wie ich es auch als<br />
Mädchen war“, sagt ihre Mutter.<br />
Jenni und ihre sechs- und siebenjährigen<br />
„Kolleginnen“ Vivien und Tegan<br />
trotten bereits mit den nächsten Reitgästen<br />
auf Berta und Flocke los, denn am<br />
Start hat sich inzwischen <strong>eine</strong> beachtliche<br />
Schlange aus Müttern mit unge-
duldigen kl<strong>eine</strong>n Kin<strong>der</strong>n gebildet, die<br />
in <strong>der</strong> knappen Stunde zwischen 1 . 0<br />
und 16. 0 Uhr alle noch in den Sattel<br />
gehoben werden wollen. Das Führen<br />
<strong>der</strong> Ponys gehört zu den Pflichten <strong>der</strong><br />
Reitkin<strong>der</strong>, denn damit erzielt <strong>der</strong> Hof<br />
zusätzlich zur öffentlichen För<strong>der</strong>ung<br />
auch Einnahmen.<br />
Am Vormittag, wenn die eigentliche<br />
Kin<strong>der</strong>klientel noch in <strong>der</strong> Schule<br />
schwitzt, kommen auf den Hof Kin<strong>der</strong>gartengruppen<br />
und Schulklassen. Je<br />
nach Alter dürfen sie reiten, streicheln<br />
o<strong>der</strong> an <strong>der</strong> großen Fütterungsrunde teilnehmen.<br />
Ab nachmittags 16 Uhr steht<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>bauernhof auch Kleinkin<strong>der</strong>n<br />
offen, <strong>der</strong> Spielplatz füllt sich mit Müttern,<br />
Vätern, Großeltern und Kin<strong>der</strong>n.<br />
Jenni kommt drei bis fünfmal in <strong>der</strong><br />
Woche hierher, reitet, füttert o<strong>der</strong> verbringt<br />
ihre Zeit <strong>im</strong> Mädchenwohnwagen<br />
mit dem Schild „woman at work“<br />
o<strong>der</strong> <strong>im</strong> Bauernhofclub, wo ehrenamtlich<br />
Helfer des Kin<strong>der</strong>bauernhofes Bastelnachmittage<br />
und Feste für die Kin<strong>der</strong><br />
organisieren.<br />
Doch irgendwann ist für alle Kin<strong>der</strong><br />
ihre Kin<strong>der</strong>bauernhofzeit vorbei.<br />
Schluss ist eigentlich mit 1 Jahren.<br />
Dann werden die Jungen aus dem Nest<br />
geworfen. „Das lässt sich nicht vermeiden<br />
und ist manchmal auch hart“, erklärt<br />
Andreas. Die Interessen und Mentalitäten<br />
passen einfach nicht mehr mit<br />
denen <strong>der</strong> jüngeren Kin<strong>der</strong> zusammen.<br />
„Wir entscheiden aber nach dem gefühlten<br />
Alter. Wenn jemand, bis er 16 wird,<br />
noch total kindlich ist, kann er noch ein<br />
Weile bleiben.“<br />
Für heute ist Jennis Pflichtprogramm<br />
beendet. Sie ist best<strong>im</strong>mt 0 Runden mit<br />
den Ponys gelaufen. Jetzt schmust sie<br />
<strong>im</strong> Gehege in <strong>der</strong> letzten warmen Sonne<br />
noch ein bisschen mit Pony Budy, das<br />
liebevoll an ihrem gelben Pferde-T-Shirt<br />
knabbert. Das Glück <strong>der</strong> Erde liegt wohl<br />
tatsächlich auf dem Rücken <strong>der</strong> Pferde.<br />
Kin<strong>der</strong>bauernhof in <strong>der</strong> ufaFabrik,<br />
Viktoriastr. 13, 12105 Berlin,<br />
Leitung Andreas Knöbel,<br />
Öffnungszeiten: montags bis freitags<br />
10 bis 12 Uhr angemeldete Gruppen,<br />
12 bis 18 Uhr für Kin<strong>der</strong> von 6 bis<br />
14 Jahren, ab 16 Uhr Familien mit<br />
Kin<strong>der</strong>n, mittwochs von 15.30 bis 16.30<br />
Uhr Ponyreiten, Nov. bis März ab 17<br />
Uhr geschlossen, am Wochenende und<br />
vom 24.12. bis 1.1. von jeweils 12 bis<br />
15 Uhr, Tel. 751 72 44,<br />
http://kin<strong>der</strong>bauernhof.nusz.de<br />
Kin<strong>der</strong>bauernhof<br />
11<br />
För<strong>der</strong>er & Kooperationspartner<br />
des<br />
NUSZ ufaFabrik e. V.<br />
<strong>All</strong>od Immobilien- und Vermögensverwaltungsgesellschaft<br />
mbH |<br />
Ambulante Hilfen Berlin | Bezirksamt<br />
Tempelhof/ Schöneberg | Charlotte-<br />
Steppuhn-Stiftung | DeGeWo | Der<br />
Tagesspiegel e. V. | Diakonisches<br />
Werk | EKL Hausverwaltung | Evangelische<br />
Familienbildungsstätte |<br />
Evangelische Kirchengemeinde<br />
Lichtenrade | För<strong>der</strong>verein Lucki<br />
e. V. | Ifs – International Fe<strong>der</strong>ation<br />
of Settlements and Neighbourhood<br />
Centres | Jugend- und Familienstiftung<br />
des Landes Berlin | K.I.D.S. e. V.<br />
| Nahariya-Grundschule | OUTREACH<br />
– mobile Jugendarbeit | Paritätischer<br />
Wohlfahrtsverband Berlin | PAF<br />
– Präventions- und Ausgleichsfonds<br />
Tempelhof-Schöneberg | Schule auf<br />
dem Tempelhofer Feld | Senatsverwaltung<br />
für Bildung, Wissenschaft<br />
und Forschung | Senatsverwaltung<br />
für Integration, Arbeit und Soziales<br />
| Tempelherren Grundschule |<br />
Verein für betreuten Umgang (VbU)<br />
| Verband <strong>der</strong> Angestellten Krankenkassen<br />
(VdAK) | Internationales<br />
KulturCentrum ufaFabrik e. V. |<br />
ufaFabrik e.V.<br />
Impressum<br />
Herausgeber: Nachbarschaftsund<br />
Selbsthilfe Zentrum in <strong>der</strong><br />
ufaFabrik e.V.<br />
Vorstand: Gudrun Chen-Wagner,<br />
Dr. Maren Kapella, <strong>Karin</strong> Berndt<br />
Geschäftsführung: Renate<br />
Wilkening, Sigrid Zwicker<br />
Produktionsleitung, Redaktion,<br />
Layout/Satz: Stefanie Salzmann<br />
Fotos: B. Curio, G. Mango, S.<br />
Trappe. Wir danken allen Fotografinnen<br />
und Kursleiterinnen für<br />
ihre Bil<strong>der</strong>.<br />
Druck: Oktoberdruck, Berlin<br />
Auflage: 1000
12 Zukunftspläne & Visionen<br />
Nachbarschaft kennt k<strong>eine</strong> Grenzen<br />
Das NUSZ ist in den vergangenen 20 Jahren beständig gewachsen<br />
und entwickelt sich stetig weiter. Über neue Projekte,<br />
Pläne und Perspektiven sprach Erich Becker mit NUSZ-<br />
Geschäftsführerin Renate Wilkening.<br />
Frau Wilkening, das NUSZ wächst und wächst. Wie unterscheidet<br />
sich Ihre Organisation von <strong>eine</strong>m ganz normalen<br />
Wirtschaftsunternehmen?<br />
Uns unterscheidet die unterschiedliche Vorstellung von Gewinn:<br />
Unser Gewinn ist das Leuchten in den Augen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>,<br />
wenn sie miteinan<strong>der</strong> in unseren Kitas, Schulhorten, auf<br />
dem Bauernhof, in <strong>der</strong> Schulstation und den an<strong>der</strong>en Treffpunkten<br />
spielend die Welt erobern, Abenteuer erleben und<br />
Lebensfreude ausstrahlen. Überschüsse, die wir erwirtschaften,<br />
fließen in die ideelle Arbeit: zum Beispiel in den Kauf von<br />
Gartenspielgeräten und Wasserspielplätzen, die Einrichtung<br />
von Elterncafés in Kitas o<strong>der</strong> die Ausstattung <strong>eine</strong>r Kuschel-<br />
Ecke zur Entspannung für Eltern mit Schreibabys.<br />
Das ufa-Gelände platzt aus allen Nähten. Denken Sie an<br />
neue Zweigstellen?<br />
Und ob. Das funktioniert so: BürgerInnen, die unsere Arbeit<br />
erlebt haben, aber in an<strong>der</strong>en Ortsteilen wohnen, fragen uns, ob<br />
wir NUSZ-Nachbarschaftstreffs auch in ihrer Gegend aufbauen<br />
können. Das machen wir und zwar gemeinsam mit den Leuten<br />
vor Ort und mit Partnern wie Jugendämtern, freien Trägern und<br />
Kirchen. Für die Nachbarschaftstreffs in den Siedlungen stellen<br />
uns die Wohnungsgesellschaften meist kostenlos Räume,<br />
die wir dann gemeinsam mit den Bewohnern renovieren und<br />
betreiben. Wichtig ist uns, die Menschen dabei zu unterstützen,<br />
selbst ihre Geschicke in die Hand zu nehmen nach dem Motto:<br />
Gemeinsam haben wir unendliche Möglichkeiten.<br />
Um die Platznot auf dem ufa-Gelände zu beenden, bauen wir<br />
das Haus 2, in dem jetzt u.a. <strong>der</strong> Familientreffpunkt untergebracht<br />
ist, zu <strong>eine</strong>m Nachbarschaftszentrum um. Wir sind mitten<br />
in <strong>der</strong> Planung – unterstützt<br />
und geför<strong>der</strong>t vom ParitätischenWohlfahrtsverband<br />
Berlin.<br />
Renate Wilkening ist <strong>eine</strong> <strong>der</strong> beiden<br />
Geschäftsführerinnen des NUSZ.<br />
Foto: Salzmann<br />
Sie haben vor fünf Jahren die erste Kita aufgemacht, vor<br />
zwei Jahren <strong>eine</strong> Kita aus dem öffentlichen Dienst übernommen.<br />
Haben Sie Pläne für weitere Einrichtungen?<br />
Die Kita MaRiS mit 210 Plätzen hat <strong>eine</strong> lange Warteliste.<br />
Selbstverständlich sind wir gern bereit, weitere Kitas zu betreiben.<br />
Wichtig ist uns, dass wir unsere Leitideen Hilf mir, es<br />
selbst zu tun, Erzieherinnen sind Begleiterinnen, und Eltern<br />
sind die Experten für ihre Familien, umsetzen können.<br />
Eine Perspektive sehe ich auch bei Schulhorten. In Kooperation<br />
mit <strong>der</strong> Schule auf dem Tempelhofer Feld und dem Bezirksamt<br />
Tempelhof betreiben wir den Hort „Schulburg“ mit 216 Kin<strong>der</strong>n.<br />
Das soll Schule machen. Deshalb bieten wir den Schulen<br />
die Trägerschaft für Schulhorte, übrigens mit vollwertigem, leckerem<br />
Mittagessen für Kin<strong>der</strong> und Erwachsene an.<br />
Können Sie sich vorstellen, <strong>eine</strong> Schule zu übernehmen?<br />
Selbstverständlich. Gegenfrage: Warum muss <strong>der</strong> Staat Schulen<br />
betreiben? Ich m<strong>eine</strong>, Aufgabe des Staates ist es, dafür zu<br />
sorgen, dass es genügend qualitativ hochwertige Schulen gibt,<br />
wo den Kin<strong>der</strong>n mit Zuneigung Wissen vermittelt wird. Und<br />
diese dann auch zu kontrollieren. Bildung ist ein hohes Gut, das<br />
zu erlangen für Menschen je<strong>der</strong> Herkunft möglich sein muss.<br />
Wie würde sich <strong>eine</strong> vom NUSZ betriebene Schule von <strong>eine</strong>r<br />
staatlichen Schule unterscheiden?<br />
Eine NUSZ-Schule ist <strong>eine</strong> stattliche statt staatliche Schule.<br />
Stattlich in ihrer Ausstattung, die von Partnern aus Wirtschaft<br />
und Gesellschaft unterstützt und geför<strong>der</strong>t wird. Stattlich <strong>im</strong><br />
Unterricht, <strong>der</strong> bereichert wird von Menschen aus dem wirklichen<br />
Leben wie z. B. Handwerkern, Künstlern, Wissenschaftlern.<br />
Über das Schulbudget entscheidet <strong>der</strong> Schulbeirat aus<br />
Eltern, Lehrern, Schülern, Träger und Experten. Schülerfirmen<br />
sind zwar nicht neu, gehören jedoch dazu. Internationale Kontakte<br />
und Austausch auf allen Ebenen ermöglichen den Blick<br />
über den Tellerrand. Jedes Kind erhält die För<strong>der</strong>ung, die es<br />
braucht. Dass es um <strong>eine</strong> Ganztagsschule geht, ist klar.<br />
Gibt es denn schon konkrete Pläne?<br />
Wir arbeiten daran.<br />
Im Tempelhofer Hafen wollen Sie ein Kin<strong>der</strong>land einrichten.<br />
Wie soll das aussehen?<br />
Ein riesiger Raum, in dem die Kin<strong>der</strong> nach Herzenslust toben<br />
und sich bewegen können, ergänzt durch <strong>eine</strong> Bereich zum Forschen.<br />
Abends können die Räume von Jugendlichen genutzt<br />
werden.<br />
Nachbarschaft hat was mit Nähe zu tun. Wo sind die<br />
Grenzen <strong>der</strong> Nachbarschaft erreicht?<br />
Nachbarschaft hat k<strong>eine</strong> Grenzen, denn überall wo Menschen<br />
leben, leben sie in Nachbarschaft. Das NUSZ versteht<br />
sich nicht als Nachbarschaftskonzern, bei dem die<br />
Zentrale best<strong>im</strong>mt, wie es in den Satelliten läuft. Das<br />
passt nicht zu unserer Idee. Wir wollen sie transportieren.<br />
Die Menschen in den Stadtteilen sollen sie nach <strong>ihren</strong><br />
Vorstellungen umsetzen können.
Von Beginn an dabei<br />
In <strong>der</strong> Gemeinschaft Leben und Arbeiten<br />
Seit 26 Jahren lebt Liz auf dem ufa-Gelände – hier hat sie ihr Ideal gefunden<br />
Von Erich Becker<br />
Elisabeth Karnasch ist nicht gern allein. Sie hat schon <strong>im</strong>mer<br />
am liebsten unter vielen Menschen gelebt. Zur Zeit wohnt<br />
„Liz“, wie sie alle nennen, <strong>im</strong> ersten Stock des Eingangsgebäudes<br />
auf dem Gelände <strong>der</strong> ufaFabrik mit 1 an<strong>der</strong>en in <strong>eine</strong>r<br />
Wohngemeinschaft. „Ich komme aus <strong>eine</strong>r Großfamilie und<br />
habe neun Geschwister“, sagt die 7-Jährige. Geboren wurde<br />
sie in <strong>eine</strong>m Dorf bei Göttingen (Nie<strong>der</strong>sachsen) in <strong>der</strong> Wassermühle<br />
ihres Vaters, <strong>der</strong> dort Müllermeister war. Dies hat sie<br />
bis heute geprägt.<br />
Leben und Arbeiten in <strong>eine</strong>r großen Gemeinschaft gehören<br />
für sie untrennbar zusammen, „ganzheitliches Leben“ nennt sie<br />
dies. Ihr Ideal hat sie <strong>im</strong> Nachbarschafts- und Selbsthilfezentrum<br />
gefunden, zu <strong>der</strong>en Gründungsmitglie<strong>der</strong> sie 1987 gehörte.<br />
Auf dem Gelände <strong>der</strong> ufaFabrik zwischen <strong>der</strong> Tempelhofer<br />
Viktoriastraße und dem Teltowkanal lebt sie seit 26 Jahren,<br />
hier wurden ihre beiden Kin<strong>der</strong> geboren, hier hat sie Arbeit:<br />
Als Geschäftsführerin leitet sie die Bio-Bäckerei und ist damit<br />
Chefin <strong>eine</strong>s Betriebes mit 26 Beschäftigten, <strong>der</strong> quasi rund<br />
um die Uhr arbeitet. Die Kundenliste ist lang: Naturkostläden,<br />
Backshops, Kita- und Großküchen, Schulen und Cafés werden<br />
beliefert, insgesamt hat die Bäckerei 80 Abnehmer.<br />
Mit 20 Jahren war sie vom Dorf in die Großstadt gezogen,<br />
um Schauspielunterricht zu nehmen. Dort lernte sie jemanden<br />
von <strong>der</strong> ufaFabrik kennen und zog 1981 auf das Gelände. „Der<br />
dörfliche Charakter, das Gelände mit s<strong>eine</strong>n vielen Grünflächen<br />
und den Kin<strong>der</strong>bauernhof, aber auch das Umfeld hat mir gefallen“,<br />
sagt sie. Als ihr heute 2 Jahre alter Sohn Philipp geboren<br />
werden sollte, entschied sie sich für die damals für die meisten<br />
Frauen undenkbare, ja schon fast skandalöse Möglichkeit, ihr<br />
Kind nicht <strong>im</strong> Kreißsaal <strong>eine</strong>s Krankenhauses, son<strong>der</strong>n in ihrer<br />
1<br />
Liz Karnasch leitet heute die ufa-Bio-Bäckerei. Foto: Salzmann<br />
Wohnung auf dem ufa-Gelände zur Welt zu bringen. Ihre Erfahrungen<br />
damit waren gut und so wurde auch drei Jahre später<br />
Tochter Cäcilie hier geboren.<br />
Als das NUSZ vor 20 Jahren als Verein gegründet wurde,<br />
stand die Mitgliedschaft für Liz Karnasch außer Frage. Ausschlag<br />
gebend dafür war vor allem dessen soziales Engagement<br />
für Schwangere, Familien, <strong>All</strong><strong>eine</strong>rziehende und Kin<strong>der</strong>, ein<br />
Engagement, das auch sie und ihre Kin<strong>der</strong> erfahren haben.<br />
In <strong>der</strong> Folgezeit trat sie <strong>im</strong> ufa-Zirkus als Tänzerin und Schauspielerin<br />
auf und gab Bauchtanzkurse für Schwangere und Kin<strong>der</strong>.<br />
Sie arbeitete bei <strong>der</strong> Begrünung <strong>der</strong> Dächer auf dem ufa-<br />
Gelände mit und erledigte die Lohnbuchhaltung für das NUSZ.<br />
Irgendwann hatte sie das ufa-Café Olé übernommen, bis sie <strong>im</strong><br />
Jahr 2000 <strong>eine</strong> Krankheit aus <strong>der</strong> Bahn warf. Wie<strong>der</strong> genesen,<br />
pflegte sie den schwer erkrankten damaligen Bäckerei-Chef<br />
bis zu s<strong>eine</strong>m Tod. Danach bot man ihr an, die Geschäfte zu<br />
führen. „Das schien <strong>eine</strong> unlösbare Aufgabe“, sagt sie heute.<br />
Dem Betrieb ging es finanziell sehr schlecht. „Ich war allein ein<br />
halbes Jahr damit beschäftigt, das Büro um und umzuwälzen,<br />
weil ich verstehen wollte, wie <strong>der</strong> Laden läuft.“<br />
Verstanden hat sie es wohl, denn „heute erwirtschaftet die<br />
Bäckerei schöne Gewinne“, sagt sie, und trotz aller Zurückhaltung<br />
klingt ein gewisser Stolz durch. Täglich verlassen 1 00<br />
Brote sowie Kuchen, Torten und Feingebackenes die Bäckerei<br />
- natürlich alles zu 100 Prozent Bio. Bestellungen werden<br />
bis acht Uhr abends angenommen, die Bäcker arbeiten dann<br />
bis morgens durch. „Ohne gute Leute würde das nicht klappen“,<br />
sagt die Chefin. Sie selbst sieht sich als <strong>eine</strong>n kreativen<br />
Mensch, <strong>der</strong> nicht stehen bleibt und dem Betrieb ein Ziel gibt.<br />
Einen Beruf erlernt hat Liz Karnasch übrigens nicht. „Das liegt<br />
wohl daran, dass ich mich nie entscheiden konnte.“
1 Gruppenfoto
Gruppenfoto<br />
1<br />
Foto: Gottfried Weinmann
16<br />
SchreiBabyAmbulanz<br />
Wenn Kin<strong>der</strong> k<strong>eine</strong> Ruhe finden ...<br />
Verzweifelte Eltern können hier lernen, Krisen zu bewältigen<br />
Von Nora Northmann<br />
Mathilda lacht. Sie kaut an ihrem<br />
Spielzeug – bald werden die ersten<br />
Zähnchen kommen. Dann blickt sie<br />
sich um, schaut aufmerksam zu ihrer<br />
Mutter, lächelt. Das soll ein Schreibaby<br />
sein? Mit sechs Wochen schrie Mathilda<br />
stundenlang ohne ersichtlichen Grund.<br />
Sie war gesund, satt, wurde geschaukelt,<br />
durchs Z<strong>im</strong>mer getragen und kam dennoch<br />
nicht zur Ruhe. Ebenso wenig wie<br />
ihre Eltern, die verzweifelt versuchten,<br />
geduldig zu sein. Doch Mathilda schlief<br />
we<strong>der</strong> be<strong>im</strong> Summen des warmen Föhns<br />
noch be<strong>im</strong> sanften Schaukeln auf dem<br />
Hüpfball. Und wenn sie kurz wegnickte,<br />
hatten ihre Eltern schon Angst vor dem<br />
Baby Mathilda und <strong>der</strong> Psychologe Gerd Poerschke Foto: Alexan<strong>der</strong> Lehnert<br />
ersten W<strong>im</strong>mern, das <strong>eine</strong>n erneuten<br />
Ausbruch ankündigte. Sie waren hilflos, enttäuscht<br />
und erschöpft. Was machten sie nur falsch?<br />
zeigt <strong>eine</strong> Übung zum Aggressionsabbau: wildes Ru<strong>der</strong>n mit<br />
„Dass Kin<strong>der</strong> schreien, ist normal“, sagt <strong>der</strong> Körperpsycho- den Armen. Auch Massagen helfen Eltern und Kin<strong>der</strong>n.<br />
therapeut Gerd Poerschke. „Aber mehrere Stunden hinterein- Ein Baby ist nicht ist nicht nur etwas Wun<strong>der</strong>bares, Neues,<br />
an<strong>der</strong>, manchmal sogar 1 Stunden am Tag, das ist auffällig. Schönes, son<strong>der</strong>n zugleich <strong>eine</strong> starke körperliche und seelische<br />
Denn ein Kind schreit nicht ohne Grund.“<br />
Belastung für die Eltern. Diese Belastung kann sich zur Krise<br />
Mathildas Mutter erinnert sich, dass sie von <strong>der</strong> ersten The- auswachsen, die <strong>im</strong> schl<strong>im</strong>msten Fall zur Gewalt gegen das<br />
rapiestunde enttäuscht war. Sie hatte konkrete Tipps erwartet, Kind führt. An<strong>der</strong>e Folgen werden erst später sichtbar: Soziale<br />
statt dessen wurde über Stress in <strong>der</strong> Schwangerschaft, Über- Anpassungsstörungen, Leistungsstörungen, Hyperaktivität sofor<strong>der</strong>ung,<br />
Probleme mit dem Partner, traumatische Erlebnisse wie Sucht- und Delinquenzkarrieren o<strong>der</strong> psychosomatischen<br />
gesprochen. Babys reagieren sensibel wie ein Seismograph, Erkrankungen. Im Sinne von Wilhelm Reich, <strong>der</strong> postulierte,<br />
wenn etwas nicht st<strong>im</strong>mt – darum kommt bei <strong>der</strong> Therapie „al- man solle nicht erst mit Erwachsenen therapeutisch arbeiten,<br />
les auf den Tisch“. Auch <strong>eine</strong> Zangengeburt o<strong>der</strong> ein Kaiser- rief 199 Renate Wilkening, Geschäftsführerin des NUSZ, als<br />
schnitt können die Ursache für endloses Schreien sein. „Wenn Präventivmaßnahme die SchreiBabyAmbulanz ins Leben – zu-<br />
das vegetative Nervensystem reagiert, <strong>der</strong> natürliche Wechsel sammen mit Thomas Harms, damals noch FU-Student.<br />
von Aktion und Ruhe nicht mehr funktioniert, dann ist k<strong>eine</strong><br />
tiefe Entspannung mehr zu erreichen.“<br />
Später entwickelte Paula Die<strong>der</strong>ichs das Konzept weiter.Weil<br />
Erstaunlicherweise sind viele Babys in <strong>der</strong> ersten Therapie- <strong>im</strong>mer mehr Eltern Hilfe in <strong>der</strong> ersten SchreiBabyAmbulanz<br />
stunde völlig ruhig. „Der typische Vorführeffekt. Die Eltern suchten, richteten auch Nachbarschaftszentren <strong>im</strong> Wedding, in<br />
befürchten dann, unglaubhaft zu sein, aber das ist natürlich Steglitz-Zehlendorf, Weißensee und Kreuzberg Ambulanzen<br />
Unsinn. Denn wenn es k<strong>eine</strong> Krisensituation gäbe, wären sie ein. Zwei weitere gibt es in Spandau und Lichtenrade – sie ar-<br />
nicht hier.“<br />
beiten noch ohne För<strong>der</strong>gel<strong>der</strong>. Doch Geld ist das A und O für<br />
die Existenz <strong>der</strong> SchreiBabyAmbulanzen. Und dafür, dass junge<br />
Familien sich die Therapie tatsächlich leisten können, denn<br />
<strong>der</strong> Geburt <strong>eine</strong>s Kindes folgt meist auch <strong>eine</strong> finanzielle Zäsur.<br />
Dass inzwischen weit über hun<strong>der</strong>t Familien geholfen werden<br />
konnte, ist auch <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung durch die Charlotte-Steppuhn-<br />
Stiftung zu danken, die seit 2001 „mit <strong>im</strong> Boot“ ist.<br />
Jetzt schreit Mathilda doch. Sie ist wütend, weil sie we<strong>der</strong><br />
angezogen noch in den Kin<strong>der</strong>wagen gelegt werden will – gute<br />
Gründe also, lautstark Unwillen zu äußern. Ihre Mutter bleibt<br />
gelassen. Als <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>wagen sich in Bewegung setzt, wird<br />
Mathilda ruhiger. Wahrscheinlich schläft sie bald.<br />
Gerd Poerschke ist nicht nur Therapeut – er ist auch ein Außenstehen<strong>der</strong>.<br />
So kann er <strong>eine</strong>n ersten Impuls zur Entspannung<br />
geben, während er ein schreiendes Baby <strong>im</strong> Arm hält, mit ihm<br />
redet, leicht in den Knien wippt. „Ein wenig Entspannung wird<br />
mit nach Hause genommen und bleibt erhalten. Be<strong>im</strong> nächsten<br />
Mal gibt es <strong>eine</strong>n neuen Impuls, die Entspannung hält länger<br />
an, ist tiefer. Und so weiter, bis sich die Situation nach fünf<br />
o<strong>der</strong> sechs Therapiestunden deutlich verbessert hat.“<br />
Auch die Eltern – vor allem die Eltern! – lernen, wie sie<br />
durch richtiges Atmen ruhiger und lockerer werden. Sie müssen<br />
sich ihre Wut und Müdigkeit eingestehen. Absolut tabu ist<br />
hingegen, sich am Kind abzureagieren. Am besten, man geht<br />
ins Nebenz<strong>im</strong>mer und lässt das Baby allein. Gerd Poerschke<br />
SchreiBabyAmbulanz <strong>im</strong> Familientreffpunkt, Viktoriastr. 13,<br />
12105 Berlin, Tel. 75 50 31 22
K<strong>eine</strong> Schande<br />
Sie hatte we<strong>der</strong><br />
Haushalt noch Kin<strong>der</strong><br />
<strong>im</strong> <strong>Griff</strong> – <strong>eine</strong><br />
<strong>Familienpflegerin</strong><br />
<strong>hilft</strong> <strong>Karin</strong>, <strong>ihren</strong> <strong>All</strong>tag<br />
zu organisieren<br />
Von Nora Northmann<br />
In <strong>eine</strong>m Haushalt mit drei Kin<strong>der</strong>n und<br />
<strong>eine</strong>m Hund geht es mitunter drunter<br />
und drüber. Bei <strong>Karin</strong>* aber war das<br />
Chaos zum <strong>All</strong>tag geworden. „Ich hatte<br />
<strong>im</strong>mer Probleme mit dem Haushalt, war<br />
schlecht organisiert. Nach <strong>eine</strong>r Psychose,<br />
die ich mit 20 hatte, war ich jahrelang<br />
von <strong>eine</strong>r Einzelfallhilfe begleitet worden.<br />
Dann bekam ich übers Sozialamt<br />
<strong>eine</strong> Haushaltshilfe. Trotzdem hatte ich<br />
den Haushalt einfach nicht <strong>im</strong> <strong>Griff</strong>. Die<br />
Arbeit staute sich überall, in je<strong>der</strong> Ecke.<br />
Ich habe <strong>im</strong>mer nur geräumt und geräumt,<br />
aber man hat nichts davon gesehen. <strong>All</strong>es<br />
war so wüst, dass ich mich schon nicht<br />
mehr traute, jemanden einzuladen.“<br />
Auch mit <strong>der</strong> Erziehung war <strong>Karin</strong><br />
überfor<strong>der</strong>t. „Gewalt in <strong>der</strong> Erziehung<br />
habe ich <strong>im</strong>mer abgelehnt. Und weil jede<br />
Anweisung o<strong>der</strong> Strenge für mich schon<br />
Gewalt bedeutete, habe ich die Kin<strong>der</strong><br />
einfach machen lassen, ja, man kann das<br />
antiautoritär nennen o<strong>der</strong> laissez-faire.<br />
Schulaufgaben, ins Bett gehen – ich habe<br />
da nie Anweisungen gegeben. Doch mit<br />
drei Kin<strong>der</strong>n klappte das nicht mehr.“<br />
Die überfor<strong>der</strong>te Mutter, das häusliche<br />
Chaos: Eine Situation, die beson<strong>der</strong>s<br />
<strong>der</strong> Tochter zu Herzen ging.<br />
Sie glaubte, verantwortlich zu<br />
sein, sich zu Hause um alles<br />
kümmern zu müssen, bekam<br />
Schwierigkeiten in <strong>der</strong> Schule.<br />
Ihre Lehrerin spürte die<br />
Probleme, fragte nach und<br />
regte an, dass <strong>Karin</strong> sich<br />
um <strong>eine</strong> Familienhelferin<br />
kümmern solle. Das war vor<br />
zwei Jahren.<br />
Wie räumt man auf? Wo<br />
fängt man an? Was kann ruhig<br />
noch etwas liegen bleiben?<br />
Frau Hübscher, die Familienhelferin,<br />
zeigte <strong>Karin</strong>, wie man System<br />
in <strong>eine</strong>n Haushalt bringt, Dringendes<br />
von Nebensächlichem unterscheidet,<br />
<strong>eine</strong>n festen Zeitplan<br />
ausarbeitet und einhält – und so zu<br />
ersten Erfolgen kommt.<br />
Wir sitzen in <strong>der</strong> Küche. Ein Raum zum<br />
Wohlfühlen, von Chaos k<strong>eine</strong> Spur. Gewürze<br />
stehen in Reih und Glied in den<br />
Regalen, Zeichnungen und Bastelarbeiten<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> hängen an den Wänden<br />
und <strong>im</strong> Fenster, ein Buch liegt auf <strong>der</strong><br />
Ablage, ein zusammengelegter Kin<strong>der</strong>pullover<br />
auf dem Stuhl. Die „ordentliche“<br />
Küche als Familientreffpunkt war <strong>Karin</strong><br />
am wichtigsten, also wurde hier gemeinsam<br />
mit Frau Hübscher <strong>der</strong> Anfang gemacht.<br />
Und als <strong>der</strong> Küchentisch freigeräumt<br />
war, konnte man endlich wie<strong>der</strong><br />
essen, ohne Geschirrberge, halbfertige<br />
Schularbeiten, abgelegte Einkäufe und<br />
halb geordnete Wäsche zur Seite schieben<br />
zu müssen. Als man gleich von <strong>der</strong><br />
Eingangstür die aufgeräumte Küche sehen<br />
konnte, sei das ein richtig glücklicher<br />
Moment gewesen, erinnert sich <strong>Karin</strong>.<br />
Denn selbst wenn in den Z<strong>im</strong>mern noch<br />
Unordnung herrscht – <strong>der</strong> erste Eindruck<br />
be<strong>im</strong> Betreten <strong>der</strong> Wohnung ist entscheidend<br />
fürs Ankommen, Wohlfühlen. Und<br />
außerdem ist das gemeinsame Kochen<br />
und Essen ein wichtiges Ritual.<br />
Auch für die Kin<strong>der</strong> ist das alles ein<br />
Lernprozess. Sie dürfen nicht mehr <strong>im</strong><br />
Bett o<strong>der</strong> vor dem Fernseher essen. „Wir<br />
hatten einfach alles stehen gelassen, und<br />
jetzt sollen sie ihr Geschirr <strong>im</strong>mer in die<br />
Spülmaschine räumen. Das passt ihnen<br />
gar nicht.“ <strong>Karin</strong> hofft, dass<br />
die Kin<strong>der</strong> irgendwann<br />
selbst<br />
einm al<br />
Flexible Hilfen zur Erziehung<br />
17<br />
sehen, was zu tun ist – aber bis dahin ist<br />
es noch ein weiter Weg: Franz ist 9, Karl<br />
Jahre alt. Zunächst einmal arbeitet sie<br />
daran, dass die Jungen nach dem Spielen<br />
alles, auch alle Puzzle-Teile wie<strong>der</strong> wegräumen.<br />
Auch wenn <strong>der</strong> Vater zu Besuch<br />
kommt, darf er s<strong>eine</strong> Sachen nicht einfach<br />
fallen lassen. Auch er muss sich an<br />
die neue Ordnung gewöhnen.<br />
Der 1 -jährigen Tanja ist es peinlich,<br />
dass die Familie Hilfe in Anspruch nehmen<br />
muss – so peinlich, wie ihr früher<br />
die Unordnung war. Sie <strong>hilft</strong> ihrem Bru<strong>der</strong><br />
bei den Hausaufgaben und unterstellt,<br />
dass sie sich um alles kümmern muss:<br />
Da ist noch einiges an Konfliktpotenzial.<br />
<strong>Karin</strong> kann ihre Tochter zwar verstehen,<br />
aber sie weiß ebenso gut, dass sie ohne<br />
Familienhelferin untergegangen wären.<br />
In <strong>eine</strong>m halben Jahr läuft die Familienhilfe<br />
aus, müsste erneut beantragt werden.<br />
O<strong>der</strong> auch nicht. Denn inzwischen<br />
fühlt <strong>Karin</strong> sich stark genug, <strong>ihren</strong> <strong>All</strong>tag<br />
all<strong>eine</strong> zu bewältigen.<br />
„Familienhilfe ist nichts Negatives,<br />
Peinliches“, betont <strong>Karin</strong>. „Es ist <strong>eine</strong><br />
richtig gute Sache, und es ist kostenlos.<br />
Außerdem ist es nicht falsch zuzugeben,<br />
dass man Hilfe braucht.“ Auch Tanja<br />
wird das <strong>eine</strong>s Tages verstehen. „Schließlich<br />
bin ich die Mutter, die das Sagen hat<br />
und best<strong>im</strong>mt.“ Ein Satz, <strong>der</strong> ihr früher<br />
nie über die Lippen gekommen wäre.<br />
* Namen geän<strong>der</strong>t<br />
Flexible Hilfen zur Erziehung<br />
Ltg. Christina Kettler, Tel. 75 50 31 22<br />
<strong>Karin</strong> und ihr jüngster Sohn Karl (4).<br />
Auch die Kin<strong>der</strong> müssen sich an die<br />
neue Ordnung gewöhnen.<br />
Foto: Alexan<strong>der</strong> Lehnert
18 Kita MaRiS<br />
Wie<strong>der</strong> was fürs Leben gelernt ...<br />
Straße queren, Windrä<strong>der</strong> bauen, vorlesen, laut singen, verreisen ...<br />
Von Erich Becker<br />
Nick hat <strong>eine</strong> Blase am kl<strong>eine</strong>n Zeh, von den neuen Sandalen,<br />
Kerem kommt heute nicht, <strong>der</strong> untern<strong>im</strong>mt etwas mit<br />
s<strong>eine</strong>m Vater. Und Cashen ist heute nicht gut drauf, sagt s<strong>eine</strong><br />
Mama, als sie ihn bringt, er hat schlecht geschlafen und schaut<br />
etwas griesgrämig. Aber s<strong>eine</strong> Laune bessert sich rasch, nachdem<br />
er sich zu den an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n zum Frühstück gesetzt<br />
hat. Immerhin gibt es wichtige Neuigkeiten auszutauschen, mit<br />
Nils, Kelvin und Fabio.<br />
Erzieherin Claudia n<strong>im</strong>mt ihre Schützlinge nach und nach in<br />
Empfang, verspricht <strong>eine</strong>r Mutter, nach dem vermissten Hausschuh<br />
zu sehen, registriert, wer am Nachmittag von <strong>der</strong> Oma<br />
abgeholt wird und entlässt Svenja, Tara und Sarah in den Kuschelraum.<br />
Dreizehn Kin<strong>der</strong> sind es heute, <strong>eine</strong>s, Kerem, ist für<br />
heute abgemeldet, ein an<strong>der</strong>es macht mit s<strong>eine</strong>n Eltern Urlaub.<br />
Morgendliche Routine bei den Gelben Smileys.<br />
Wie <strong>im</strong>mer um diese Zeit herrscht Hochbetrieb. Immerhin<br />
werden zwischen halb neun und neun Uhr die meisten <strong>der</strong><br />
insgesamt 90 Kin<strong>der</strong> abgegeben. Das bedeutet fast 200 kl<strong>eine</strong><br />
und große Menschen in den beiden Smiley-Fluren. Während<br />
manch ein Erwachsener die Abgabe s<strong>eine</strong>s Kindes <strong>im</strong> Laufschritt<br />
erledigt, nehmen sich an<strong>der</strong>e ein paar Minuten Zeit für<br />
ein Schwätzchen. Themen gibt’s genug. Zum Beispiel: „Welches<br />
ist die bessere Schule? und „Wer ist (wie<strong>der</strong>) schwanger?“<br />
Erzieherin Alice macht zur Begrüßung erstmal<br />
ordentlich Quatsch. Foto: Babette Curio<br />
Gelbe und Grüne Smileys teilen sich die beiden östlichen Finger<br />
des Kitagebäudes. Jeweils aufgeteilt in drei Gruppen – Sonne,<br />
Mond und Sterne bei den Gelben, Stübchen, Waldwichtel<br />
und Zwergenhaus bei den Grünen – werden um die 15 Kin<strong>der</strong><br />
jeweils von zwei Erziehern betreut.<br />
Während Tischdienst Lilith und Laura bei den Gelben Smileys<br />
noch das Geschirr wegräumt, haben sich die Grünen zum<br />
gemeinschaftlichen Morgenkreis versammelt. Dort wird laut<br />
und häufig richtig gesungen: „Guten Morgen, guten Morgen,<br />
wir winken dir zu …“ Jedes <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> wird mit Namen<br />
begrüßt, und jedes wartet mit Spannung, bis es an <strong>der</strong> Reihe<br />
ist. Dann rasen die Affen durch den Wald. Und wenn dann die<br />
ganze Affenbande die bekannte Frage nach <strong>der</strong> verschwundenen<br />
Kokosnuss brüllt, verwandelt sich <strong>der</strong> Turnraum, akustisch<br />
jedenfalls, in den tiefsten Dschungel, so schrill und laut, dass<br />
sich die <strong>eine</strong>n die Ohren zuhalten, während manch an<strong>der</strong>er so<br />
inbrünstig singt, als ob er selbst ein kl<strong>eine</strong>r Affe sei.<br />
Derweil bereiten sich die elf Vorschulkin<strong>der</strong> auf den Großstadtdschungel<br />
vor. In den Horträumen ist heute Verkehrsunterricht<br />
angesagt. Wie komme ich sicher über die Straße und<br />
worauf muss ich achten? will Erzieherin Petra heute von den<br />
Kin<strong>der</strong>n wissen, die nach den Sommerferien in die Schule gehen<br />
werden. Zwei Sorten Ampelmännchen gibt, erläutert Nils,<br />
<strong>eine</strong>s mit Hut, das bei Rot die Arme ausbreitet und eins ohne
Hut, das einfach nur steht. Bei Grün gehen beide. Achten, sagen Selin<br />
und Neele, muss man auf Autos, Busse, Lastwagen, Motorrä<strong>der</strong>,<br />
Fahrrä<strong>der</strong> und natürlich auf die Feuerwehr.<br />
Im Anschluss an die Vorschulstunde soll die Theorie in <strong>der</strong> Praxis<br />
erprobt werden. Die Aufgabe ist ganz schön schwer. Nach rechts<br />
gucken, nach links gucken. Kommt ein Auto? Ja, da hinten, es<br />
ist aber noch weit weg. Trotzdem bleiben Nils und Sebastian am<br />
Zebrastreifen vor <strong>der</strong> Kita stehen,<br />
warten, bis das Fahrzeug angekommen<br />
ist und schließlich vor<br />
dem Überweg angehalten hat. Zur<br />
Sicherheit haben beide Jungs ihre<br />
Arme weit nach vorne in Richtung<br />
Fahrbahn gestreckt um dem Fahrer<br />
zu signalisieren: „Halt, hier kommen<br />
wir. Wir dürfen zuerst. Du,<br />
lieber Autofahrer, musst jetzt warten.“<br />
Nachdem <strong>der</strong> Autoverkehr<br />
ruht, wechseln Nils und Sebastian<br />
Hand in Hand die Straßenseite. Zügig,<br />
aber ohne Hektik, so als hät- Sebastian kennt sich aus in <strong>der</strong> Welt. Foto: Salzmann<br />
ten sie nie etwas an<strong>der</strong>es gemacht.<br />
Dafür gibt es ein dickes Lob von Erzieherin Petra, die die Kin<strong>der</strong><br />
in Empfang n<strong>im</strong>mt. <strong>All</strong>e elf Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vorschulgruppe haben an<br />
diesem Tag wie<strong>der</strong> etwas fürs Leben gelernt. Zur Belohnung gibt’s<br />
ein Eis bei Pirandello.<br />
Erzieher Patrick hat heute Morgen k<strong>eine</strong> rechte Lust auf Sport.<br />
„Zu warm“, befindet er. Deshalb geht es nach dem Frühstück so<br />
schnell wie möglich raus ins Freie, wo die Temperaturen gerade<br />
noch erträglich sind. Ohnehin tröpfeln die Projekte und Aktivitäten<br />
vor den Sommerferien langsam aus. Im Winter ward genug gebastelt<br />
und gebosselt. So hängt in <strong>der</strong> Sonnengruppe ein Dino an <strong>der</strong><br />
Wand. Die Form aus blauer Pappe ausgeschnitten, sind „Knochen“<br />
aufgeklebt, die die Kin<strong>der</strong> aus Zeitungspapier geklebt haben. Sieht<br />
ganz schön gefährlich aus, <strong>der</strong> Bursche. Jedoch, meint Claudia,<br />
komme es bei <strong>der</strong> Kita-Erziehung weniger darauf an, möglichst<br />
viele Projekte zu verwirklichen. Vielmehr sei es wichtig, dass die<br />
Kin<strong>der</strong> <strong>im</strong> gelebten <strong>All</strong>tag lernen, miteinan<strong>der</strong> umzugehen.<br />
Im Garten montieren Max, Laura und Jule unter Claudias Anleitung<br />
Windrä<strong>der</strong> aus aufgeschnittenen Plastikflaschen an den Zaun.<br />
Aber lei<strong>der</strong> ist es windstill, und so <strong>hilft</strong> Laura ein wenig mit eigener<br />
Puste nach, damit sich die Rä<strong>der</strong> wenigstens ein bisschen drehen.<br />
Nebenan wuseln die Kl<strong>eine</strong>n aus <strong>der</strong> Krippe durch den Garten.<br />
Kaum sprechen können sie und sind doch schon ganz schön frech.<br />
Die Zeit vergeht wie <strong>im</strong> Flug. Schon ist es Zeit fürs Mittagessen.<br />
Es gibt Pasta mit Gemüsesoße. Zwei Kin<strong>der</strong>, für den Tischdienst<br />
zuständig, haben Teller, Gläser und Besteck gedeckt. So mancher<br />
isst mit Appetit, was er zu Hause k<strong>eine</strong>s Blickes würdigen würde.<br />
Nach dem Mittagessen kehrt Ruhe ein. Die Kl<strong>eine</strong>ren werden<br />
zum Mittagsschlaf gelegt. Da liegen sie und schnattern noch für<br />
<strong>eine</strong>n Augenblick – und schon sind sie eingeschlafen. Die Älteren<br />
beschäftigen sich still, Petra liest aus Benjamin Blümchen vor.<br />
So langsam geht <strong>der</strong> Kita-Tag zu Ende. Die ersten Kin<strong>der</strong> werden<br />
abgeholt. Die meisten gehen zwischen drei und vier, nur wenige<br />
bleiben bis zum Schluss um 18 Uhr. Nick tut die Blase am kl<strong>eine</strong>n<br />
Zeh schon lange nicht mehr weh, Cashen hat schon seit Stunden<br />
gute Laune. Und Kerem wird morgen erzählen, was er mit s<strong>eine</strong>m<br />
Vater unternommen hat.<br />
Kita MaRiS, Manfred von Richthofen-Str. 31, 12101 Berlin<br />
Ltg. Cornelia Maier, geöffnet: 6 bis 18 Uhr, Tel. 75 60 20 80<br />
Kita Luckeweg<br />
19<br />
Kin<strong>der</strong> <strong>im</strong> Hotel,<br />
Eltern haben bis<br />
zum Frühstück frei<br />
Gedränge und lautes Schnattern<br />
an <strong>der</strong> Hotelrezeption. An diesem<br />
Sonnabend darf ab 18 Uhr eingecheckt<br />
werden. Erzieherin Manuela<br />
trägt die insgesamt 16 Gäste, die<br />
für diesen Abend reserviert haben,<br />
sorgfältig in Listen ein. Um halb sieben<br />
kehrt am Schalter Ruhe ein, die<br />
Chauffeure sind ins Kino gegangen,<br />
und die Gäste packen ihre Koffer aus:<br />
Kuscheltiere, Schlafanzüge, Zahnbürsten.<br />
Das reicht für <strong>eine</strong> Nacht <strong>im</strong><br />
„Kin<strong>der</strong>hotel“ <strong>der</strong> Kita Luckeweg.<br />
<strong>All</strong>e zwei Monate können Eltern<br />
ihre Sprösslinge <strong>im</strong> Alter zwischen<br />
drei und acht Jahren für <strong>eine</strong> Nacht<br />
<strong>im</strong> Kin<strong>der</strong>hotel unterbringen und sich<br />
so <strong>eine</strong>n freien Abend verschaffen.<br />
An diesem Apriltag steht das Kin<strong>der</strong>hotel<br />
unter dem Motto „Frühlingserwachen“<br />
und zur Abkühlung <strong>der</strong> erhitzten<br />
Gemüter machen Kin<strong>der</strong> und<br />
Erzieher noch <strong>eine</strong>n Spaziergang zum<br />
Abenteuerspielplatz. Später gibt’s am<br />
Hotelbuffet Bouletten, Eierkuchen<br />
und Quarkspeise.<br />
Be<strong>im</strong> Einchecken ins Kin<strong>der</strong>hotel können<br />
sich schon mal Schlangen bilden.<br />
Danach fällt <strong>der</strong> Weg ins Bett nicht<br />
schwer. Am nächsten Morgen treffen<br />
Eltern und Kin<strong>der</strong> sich zum Frühstück.<br />
Be<strong>im</strong> Auschecken gibts nochmal<br />
Gedrängel und in zwei Monaten<br />
heißt es dann wie<strong>der</strong>: „Herzlich willkommen<br />
<strong>im</strong> Kin<strong>der</strong>hotel!“ salz<br />
Kita Luckeweg, Luckeweg 15, 12279<br />
Berlin, Ltg. Gabi Colwin, geöffnet:<br />
6 bis 18 Uhr, Tel. 72 01 92 85
20 Horthaus Schulburg | Schulstation Wun<strong>der</strong>insel<br />
„Mein Sohn ist nicht traurig,<br />
wenn wir nicht verreisen können“<br />
Frau Kemmritz, was fällt Ihnen<br />
zum Jubiläum des NUSZ ein?<br />
Erst einmal herzlichen Glückwunsch.<br />
Als Neu-Tempelhoferin kenne ich das<br />
NUSZ seit fünf Jahren „vor Ort“ und<br />
denke zu allererst natürlich an gute<br />
und engagierte Kin<strong>der</strong>betreuung. Mit<br />
Krippe, Kita und Hort ist das NUSZ<br />
dabei, hier in Neu-Tempelhof <strong>eine</strong> unersetzliche<br />
Einrichtung für junge Familien<br />
zu werden.<br />
Ihr Sohn besucht den Hort. Was gefällt<br />
ihm beson<strong>der</strong>s?<br />
So viel, dass er mich schon nach kurzer<br />
Zeit gebeten hat, ihn doch nicht<br />
<strong>im</strong>mer so früh abzuholen. Zu allererst<br />
genießt er natürlich, s<strong>eine</strong> Freizeit mit<br />
Freunden zu verbringen und über das<br />
wirklich wun<strong>der</strong>schöne, weitläufige<br />
Schulgelände zu „tigern“. Und die<br />
Ferienangebote mit Kino, Ausflügen,<br />
Lagerfeuer und Schatzsuchen sind so<br />
toll, dass er nicht traurig ist, wenn wir<br />
nicht verreisen können.<br />
Wie haben Sie die Eröffnung des<br />
Hortes erlebt?<br />
Mein Sohn ist ja in dem berüchtigten<br />
Mega-Jahrgang eingeschult worden<br />
und war tatsächlich <strong>eine</strong>r <strong>der</strong> ersten <strong>im</strong><br />
Hort. Er hatte den Vorteil, dass er drei<br />
ErzieherInnen schon aus s<strong>eine</strong>r Kita-<br />
Zeit kannte. Innerhalb kürzester Zeit<br />
hat das NUSZ es geschafft, die Räume<br />
zu renovieren und es sind das „Restaurant<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>“ und die „Schulburg“<br />
Melih, Konstantinos und Daniel bauen Türme. Foto: Stefanie Salzmann<br />
entstanden. In das neue Team sind alle<br />
schnell integriert und wie ich sehe,<br />
auch nach <strong>ihren</strong> Stärken und Vorlieben<br />
eingesetzt worden. Die MitarbeiterInnen<br />
haben binnen kürzester Zeit<br />
<strong>eine</strong>n beeindruckenden Fächer an Arbeitsgemeinschaften<br />
und Angeboten<br />
auf die B<strong>eine</strong> gestellt.<br />
Was wünschen Sie sich in Zukunft?<br />
Die Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Schule<br />
und den Lehrern zu intensivieren,<br />
damit die ErzieherInnen nicht nur als<br />
Vertreter bei Stundenausfall fungieren,<br />
son<strong>der</strong>n auch den <strong>All</strong>tag begleiten<br />
können. Und natürlich wünsche ich<br />
mir größere Räume. Bis <strong>der</strong> Senat <strong>eine</strong>n<br />
neuen Unterrichtstrakt gebaut hat<br />
und <strong>der</strong> Hort dann endlich den ganzen<br />
„Würfel“ in Besitz nehmen kann, wird<br />
wohl noch einige Zeit vergehen. Und<br />
natürlich mache ich mir Gedanken über<br />
das Angebot für Jugendliche jenseits<br />
<strong>der</strong> vierten Klasse. Vielleicht kann das<br />
NUSZ ja <strong>eine</strong>n Teil s<strong>eine</strong>s vielfältigen<br />
Angebotes in <strong>der</strong> ufaFabrik nach Neu-<br />
Tempelhof verlagern? Das könnte<br />
doch <strong>eine</strong> Aufgabe für die nächsten 20<br />
Jahre sein? Wie auch <strong>im</strong>mer: Asterix<br />
und Obelix würden jetzt vielleicht sagen:<br />
„Ad multos annos!“<br />
Kerstin Kemmritz ist Elternvertreterin<br />
<strong>im</strong> Hort.<br />
Horthaus auf dem Tempelhofer Feld,<br />
Schulenburgring 7-11, 12101 Berlin,<br />
Ltg. Ingrid Stuhl, Tel/Fax 78 09 54 77<br />
Rückzug auf die<br />
Wun<strong>der</strong>insel<br />
Die Kin<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Nahariya-Grundschule<br />
können sich in <strong>der</strong> Schulzeit,<br />
während <strong>der</strong> Pausen und in ihrer<br />
Freizeit auf ihre „Wun<strong>der</strong>insel“ zurückziehen.<br />
Die Schulstation dient als Ort,<br />
um Angst und Stress abzubauen, zur<br />
Entspannung und zum Basteln, Spielen<br />
und Toben. Sie finden hier Ruhe und<br />
Raum für ihre Hausaufgaben. Darüber<br />
hinaus erfahren die Kin<strong>der</strong> Hilfe bei<br />
Konflikten mit Mitschülern o<strong>der</strong> Lehrern<br />
und können an <strong>eine</strong>r Konfliktlotsenausbildung<br />
teilnehmen.<br />
In Lernwerkstätten können die Kin<strong>der</strong><br />
aktiv <strong>ihren</strong> Lernprozess gestalten und<br />
mit allen Sinnen lernen. Regelmäßig<br />
finden Theaterwerkstätten statt, in denen<br />
die Kin<strong>der</strong> eigene Theaterstücke entwickeln<br />
und aufführen. Der Klassenrat als<br />
Methode, demokratisches Handeln zu<br />
üben, wird von Klassen mit Unterstützung<br />
<strong>der</strong> Schulstation durchgeführt.<br />
Eltern können mit <strong>ihren</strong> Kin<strong>der</strong>n an<br />
Aktivitäten wie dem Erzählcafé, gemeinsamen<br />
Kochen und Basteln teilnehmen.<br />
Im Elterncafé werden Themen<br />
rund um die Gesundheit diskutiert. Die<br />
Elterninfobox informiert über laufende<br />
Angebote <strong>im</strong> Stadtteil.<br />
Erzieherin Svenja mit <strong>ihren</strong> Schützlingen<br />
Außerdem stehen die Mitarbeiter <strong>der</strong><br />
Schulstation Eltern, Kin<strong>der</strong>n und Lehrern<br />
für Gespräche und Beratungen zur<br />
Verfügung. Sie sind Kooperationspartner<br />
des örtlichen Jugendamtes und arbeiten<br />
mit an<strong>der</strong>en freien und kommunalen<br />
Trägern <strong>im</strong> Stadtteil zusammen.<br />
Schulstation „Wun<strong>der</strong>insel“ an <strong>der</strong><br />
Nahariya-Grundschule,<br />
Nahariyastr. 13-17, 12309 Berlin,<br />
Leitung Margit Endres<br />
Tel./Fax 76 58 79 39
Ambulanter Pflegedienst<br />
„Hun<strong>der</strong>t Jahre un een Mittwoch ... “<br />
Edith Herold ist 92 und hat Ziele. Der Pflegedienst versorgt sie.<br />
Von Stefanie Salzmann<br />
Um kurz vor neun sitzt Edith Herold geschniegelt und gebügelt<br />
<strong>im</strong> Sessel ihres Wohnz<strong>im</strong>mers und schaut fern. Sie ist<br />
schon seit vier Stunden wach und jetzt ein wenig ungeduldig.<br />
„Ich hab Hunger“, ruft sie laut Richtung Küche, wo Pflegerin<br />
Melanie Kaffee kocht und Marmeladenstullen schmiert.<br />
Edith Herold ist 92 Jahre alt. Seit über 20 Jahren lebt sie allein,<br />
ihr Mann starb 198 . Das Laufen klappt nicht mehr, und<br />
sie hört ein wenig schlecht. Ansonsten ist sie <strong>eine</strong> wache Person,<br />
ausgestattet mit gutem Berliner Mutterwitz, <strong>der</strong> hier in <strong>der</strong><br />
Gegend zu Hause ist: In Alt-Mariendorf, wo die Verkäuferin <strong>im</strong><br />
Zeitungsladen morgens mit jedem ein Schwätzchen hält und<br />
alle zwei Minuten ein Mann mit Hund die BZ kauft.<br />
„Ick will noch hun<strong>der</strong>t Jahre un een Mittwoch alt werden“,<br />
kichert Edith Herold, schnappt sich beherzt <strong>ihren</strong> Rollator und<br />
schiebt sich zum Frühstück in die sonnige Küche, wo Kaffee,<br />
Stullen und BZ ordentlich auf dem Tisch aufgereiht sind. Neben<br />
ihr auf <strong>der</strong> Fensterbank hüpft Wellensittich Hansi <strong>im</strong> frisch<br />
geputzten Käfig. Der Vogel ist munter, hat aber <strong>eine</strong>n Makel:<br />
„Der sacht keen Ton.“<br />
Da von Hansi kein Wort zu erwarten ist, hält Edith Herold ihr<br />
Schwätzchen mit <strong>ihren</strong> Pflegern, die täglich dre<strong>im</strong>al kommen<br />
und sich um Essen, Gesundheit und Haushalt kümmern. „Die<br />
sind alle lieb zu mir“, sagt sie. „Ich sch<strong>im</strong>pfe ja auch nicht, wir<br />
gehen nett miteinan<strong>der</strong> um.“ Das ist wichtig, sind diese drei<br />
täglichen Besuche doch das, was ihrem Leben nicht nur Halt,<br />
son<strong>der</strong>n vor allem Struktur verleiht. Sie bekommt sonst k<strong>eine</strong>n<br />
Besuch. Der Stiefsohn, inzwischen auch über 60, habe k<strong>eine</strong><br />
21<br />
Zeit, weil er Tag und Nacht arbeite, sagt sie völlig ohne Bitterkeit<br />
und Groll. Freunde gibt es auch nicht mehr. „Die sind<br />
alle tot.“<br />
In dieser Woche ist es Schwester Melanie, die den Frühdienst<br />
übern<strong>im</strong>mt und sich um Morgentoilette, Frühstück und<br />
den Wellensittich kümmert und ihrer Kundin die Medikamente<br />
gibt. Zum Mittagessen und Abendbrot kommt dann jemand an<strong>der</strong>s<br />
aus dem vierzehnköpfigen Pflegedienstteam des NUSZ.<br />
„Es gibt feste Vorgaben, wann was gemacht werden muss“,<br />
erklärt Melanie. Große o<strong>der</strong> kl<strong>eine</strong> Reinigung, Einkaufen, Medikamentengabe,<br />
und am Freitag ist für Frau Herold Badetag.<br />
Das alles wird von <strong>der</strong> Pflegerin akribisch dokumentiert. „Aber<br />
wir können manche Dinge auch flexibel handhaben.“ Wenn<br />
sich zum Beispiel jemand nicht wohl fühlt und einfach noch<br />
ein bisschen Ansprache braucht.<br />
Von dem ambulanten Pflegedienst, den das NUSZ 1989 einrichtete,<br />
werden nicht nur ältere Menschen häuslich betreut,<br />
son<strong>der</strong>n auch Familien. Sind Eltern erkrankt o<strong>der</strong> wurde bei<br />
<strong>eine</strong>r Frau <strong>eine</strong> Risikoschwangerschaft festgestellt, können<br />
Mitarbeiter des Pflegedienstes stundenweise die Betreuung <strong>der</strong><br />
Kin<strong>der</strong> übernehmen, den Haushalt führen, die Einkäufe erledigen.<br />
Die Kosten übernehmen Pflege- und Krankenkassen, Bezirksämter<br />
o<strong>der</strong> man zahlt selbst.<br />
Melanies Stunde bei Frau Herold ist um. <strong>All</strong>es ist erledigt<br />
und sie muss weiter. Edith Herold hat ihre Stullen verputzt,<br />
lässt sich noch mal Kaffee nachschenken und schlägt zufrieden<br />
die BZ auf. In zwei Stunden kommt wie<strong>der</strong> jemand und bringt<br />
ihr das Mittagessen.<br />
Ambulanter Pflegedienst, Ltg. Roswita Ball, Tel. 751 67 06<br />
Die 92-jährige Edith Herold genießt<br />
ihr Frühstück, während Pflegerin<br />
Melanie in <strong>der</strong> Küche wuselt.<br />
Foto: Stefanie Salzmann
22<br />
Ehrenamt<br />
Bevor das Leben <strong>eine</strong> zähe Suppe wird<br />
Vera Lüters arbeitet ehrenamtlich und <strong>hilft</strong> damit sich und an<strong>der</strong>en<br />
Vera Lüters ist eigentlich <strong>im</strong>mer unterwegs, ihr Terminkalen<strong>der</strong><br />
ist randvoll: Auf dem Kin<strong>der</strong>bauernhof muss<br />
ein Fest vorbereitet werden, in <strong>der</strong> Kita MaRiS soll mit den<br />
Kin<strong>der</strong>n Gesundes gebacken werden, <strong>eine</strong> Lesepaten-Stunde<br />
in <strong>eine</strong>r Neuköllner Grundschule steht an. Da ist es manchmal<br />
schon schwer, Zeit für die Verabredung mit <strong>eine</strong>m ihrer Enkelkin<strong>der</strong><br />
zu finden o<strong>der</strong> <strong>eine</strong> Kurzreise nach Hamburg zu unternehmen,<br />
um Freunde zu treffen: Aber Vera Lüters, 6 Jahre alt,<br />
kurze graue Haare und voller Leben, schafft das. Sie ist <strong>eine</strong><br />
„Ehrenamtliche“ mit Haut und Haar.<br />
Ihre soziale A<strong>der</strong> entdeckte die gelernte Kostümbildnerin vor<br />
zehn Jahren, in <strong>eine</strong>r Zeit, als sich ihr Leben von Grund auf än<strong>der</strong>te.<br />
„M<strong>eine</strong> Kin<strong>der</strong> begannen, ihr eigenes Leben zu leben, sie<br />
brauchten mich <strong>im</strong>mer weniger“, sagt sie heute. Plötzlich gab<br />
es k<strong>eine</strong> Verpflichtungen mehr, die Tage verloren ihre Struktur.<br />
„<strong>All</strong>es wird <strong>eine</strong> zähe Suppe“, sagt Vera Lüters. Also krempelte<br />
sie die Ärmel hoch. „Es ist wichtig, dass man sich was Neues<br />
aufbaut, etwas, das <strong>eine</strong>n vor neue Aufgaben stellt.“<br />
In <strong>ihren</strong> Beruf hatte sie nach <strong>der</strong> Geburt des ersten Kindes<br />
nicht mehr gearbeitet. Als ihr viertes Kind gerade laufen konnte<br />
zerbrach ihre Ehe. „Ich habe mein Leben ganz auf die Kin<strong>der</strong><br />
abgest<strong>im</strong>mt. Das war mein Job, <strong>der</strong> mir großen Spaß gemacht<br />
hat“, sagt sie.<br />
Sie engagierte sich, nachdem das Jüngste flügge war, fast<br />
sieben Jahre lang in <strong>eine</strong>m Dritte-Welt-Laden am Ku‘damm.<br />
Über den Treffpunkt Hilfsbereitschaft in <strong>der</strong> Thorstraße (Mitte),<br />
kam sie vor drei Jahren zum NUSZ. Der Kin<strong>der</strong>bauernhof<br />
Vera Lüters engagiert sich seit zehn Jahren ehrenamtlich. Foto: S. Salzmann<br />
suchte ehrenamtliche Helfer. Seitdem kocht und bäckt sie dort,<br />
bastelt mit den Kin<strong>der</strong>n, erklärt und hört zu, lacht und trocknet<br />
Tränen. Inzwischen ist sie <strong>eine</strong> feste Größe und koordiniert gemeinsam<br />
mit Tatjana Borodina das 60-köpfige Team <strong>der</strong> ehrenamtlichen<br />
Mitarbeiter des NUSZ.<br />
Einem kl<strong>eine</strong>n Jungen an <strong>eine</strong>r Neuköllner Grundschule <strong>hilft</strong><br />
sie, Lesen und Schreiben zu lernen. Bis zur dritten Klasse hatte<br />
k<strong>eine</strong>r s<strong>eine</strong>r Lehrer bemerkt, dass er nicht lesen kann. „Er ist<br />
hoch motiviert und sehr intelligent“, erzählt sie. „Wenn ich mal<br />
k<strong>eine</strong> Zeit habe, bietet er an, früher in die Schule zu kommen,<br />
damit unsere gemeinsamen Stunden nicht ausfallen.“<br />
Eine wahre Passion hat Vera Lüters für Gesundes. Gemeinsam<br />
mit <strong>eine</strong>r Ernährungsexpertin betreut sie Infostände auf<br />
Volksfesten und zeigt Kin<strong>der</strong>n, wie viel Zucker <strong>eine</strong> Schüssel<br />
Cornflakes o<strong>der</strong> <strong>eine</strong> Packung Kaba enthält. „Ich baue dann<br />
Türme aus Würfelzucker und die Kin<strong>der</strong> sind <strong>im</strong>mer ganz<br />
überrascht über <strong>der</strong>en Größe.“ In <strong>der</strong> Kita MaRiS gibt sie für<br />
einzelne Gruppen Kurse für gesundes Backen.<br />
„Ich habe viel Kontakt zu an<strong>der</strong>en Menschen, kann mit Kin<strong>der</strong>n<br />
arbeiten und muss mir <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> was einfallen lassen“,<br />
sagt sie. Auch wenn ihre Arbeit nicht bezahlt wird, so bringt sie<br />
Vera Lüters doch Gewinn. S. Salzmann<br />
Wer Interesse an ehrenamtlicher Arbeit hat, kann sich donnerstags<br />
zwischen 11 und 12 Uhr <strong>im</strong> Treffpunkt-Büro auf dem<br />
NUSZ-Gelände o<strong>der</strong> direkt bei Frau Lüters unter<br />
Tel. 74 68 25 73 melden.<br />
Spenden<br />
Wir würden uns freuen, wenn auch Sie uns durch <strong>eine</strong> Spende unterstützen können. Vor allem in unserer Familien- und Kin<strong>der</strong>arbeit<br />
sind wir ständig auf Spenden angewiesen. Wir sind vom Finanzamt für Körperschaften als gemeinnützig anerkannt, und Sie können Ihre<br />
Spende für die unten genannten Bereiche in Ihrer Steuererklärung geltend machen. Unsere Steuer-Nr.: 27/673/50128.<br />
Spendenkonto Nachbarschaftszentrum ufa-Fabrik<br />
Konto Nr. 318 3908 Zweck Familiennetzwerk<br />
Konto Nr. 318 39 01 Zweck Kin<strong>der</strong>bauernhof<br />
Bank für Sozialwirtschaft BLZ 100 205 00
Treff für Menschen mit unterschiedlichster Herkunft<br />
und verschiedenen Charakteren. Ein grünes Zentrum<br />
in Tempelhof und ein Zeichen für Toleranz und<br />
Akzeptanz. Heike Köster, Hebamme<br />
Ich bin Kursleiterin für schwangere Mütter mit Kleinkin<strong>der</strong>n<br />
und Yogaübende. Das Treffpunkt-Team ist<br />
zuverlässig und begleitet mich mit Herz.<br />
Susanne Czerny, Yogalehrerin<br />
Menschen, die persönliche, psychische o<strong>der</strong> familiäre<br />
Probleme haben, können sich von mir in Einzel-,<br />
Paar-, o<strong>der</strong> Familiengespräche beraten lassen.<br />
Anita Brensing, ehrenamtl. Sozialarbeiterin<br />
Es ist <strong>im</strong>mer interessant und abwechslungsreich,<br />
auf neue Mütter, Kollegen und Tatjana zu treffen und<br />
sich auszutauschen. Es ist wie in <strong>eine</strong>r Familie.<br />
Judith Haase, Pekip-Leiterin<br />
In den SchreiBaby-Ambulanzen helfen wir verzweifelten<br />
Eltern. In <strong>eine</strong>r von Verständnis und Ruhe<br />
getragenen Atmosphäre unterstützen wir sie, die<br />
krisenhaften Situationen zu bewältigen.<br />
Gerd Poerschke, Psychologe<br />
Ich bin seit fast acht Jahren <strong>im</strong> Tempelhofer Tauschring.<br />
Sehr viele Leistungen, die wir untereinan<strong>der</strong><br />
austauschen, könnte ich nie bezahlen. Ich möchte<br />
diese Selbsthilfegruppe nicht mehr missen.<br />
Sabine Freitag, Mitglied <strong>im</strong> Tauschring<br />
Ich arbeite ehrenamtlich <strong>im</strong> Familientreffpunkt, in<br />
dem ich mir und an<strong>der</strong>en helfe.<br />
Dagmar Bartsch, ehrenamtliche Mitarbeiterin<br />
Wenn Menschen, die uns früher besuchten, heute<br />
noch mit <strong>eine</strong>m dankbaren und warmen Gefühl an<br />
uns denken, haben wir unser Ziel erreicht.<br />
Tatjana Borodina, Koordinatorin<br />
Familientreffpunkt<br />
Täglich volles<br />
Leben <strong>im</strong> Treffpunkt<br />
Familie<br />
2<br />
Den Haupteingang zum ufa-Gelände<br />
nehmen, schnurgeradeaus, am Cafe<br />
Olé vorbei und dann scharf links abbiegen.<br />
Dort liegt <strong>der</strong> Familientreffpunkt –<br />
die eigentliche Geburtsstätte des NUSZ.<br />
Hier wurden kurz nach <strong>der</strong> Besetzung<br />
des Geländes bei frostigen Temperaturen<br />
die ersten Plenarsitzungen abgehalten<br />
und die ersten Müttergruppen hielten<br />
Einzug.<br />
Wer heute hierher kommt, kommt an<br />
<strong>eine</strong>n Ort, <strong>der</strong> Bildung, Begegnung und<br />
die Möglichkeit des Austausches unter<br />
s<strong>eine</strong>m Dach vereint. Zwei große<br />
Übungsräume mit etwa 8 Quadratmetern<br />
Größe stehen zur Verfügung. Hier<br />
können Eltern mit Babys und Kleinkin<strong>der</strong>n<br />
Kurse belegen, Schwangere sich auf<br />
Geburt und die Zeit danach vorbereiten,<br />
ausländische Frauen sich mit Integration<br />
beschäftigen, verzweifelte Eltern mit<br />
Säuglingen sich bei <strong>der</strong> Bewältigung von<br />
Krisen helfen lassen, die Mitglie<strong>der</strong> des<br />
Tauschrings sich treffen und vieles mehr.<br />
Der Treffpunkt steht zudem Selbsthilfegruppen<br />
offen.<br />
Von morgens bis abends ist das Haus<br />
voller Leben. Am Vormittag kommen<br />
Frauen mit <strong>ihren</strong> Babys und Schwangere,<br />
tagsüber trainieren Kin<strong>der</strong>gruppen,<br />
und am Abend finden Yoga-, Näh- und<br />
diverse Sprachkurse in den Räumen statt<br />
(siehe Seite 27). Hier ist auch <strong>der</strong> Familienpass<br />
erhältlich.<br />
„Durch die Projekte, Gruppen und Kurse,<br />
Veranstaltungen und soziale Dienste<br />
bieten wir die Möglichkeit, Informationen,<br />
Beratung, Gedankenaustausch,<br />
Anregungen sowie praktische Unterstützung<br />
zu erhalten“, so die Treffpunktleiterein<br />
Tatjana Borodina. Sie koordiniert<br />
die Einrichtung, in <strong>der</strong> <strong>im</strong>merhin ReferentInnen<br />
und BetreuerInnen, fünf BeraterInnen<br />
und zehn ehrenamtliche Mitarbeiter<br />
tätig sind. salz<br />
Treffpunkt, Viktoriastr. 13, 12105 Berlin,<br />
Familienbildung, SchreiBabyAmbulanz,<br />
Selbsthilfegruppen, Familienservice<br />
Leitung: Tatjana Borodina,<br />
Tel. 75 50 31 22, Fax 75 50 31 83,<br />
treffpunkt@nusz.de
2<br />
Verwaltung | Internationale Beziehungen | Betreuungsservice<br />
Die Verwalterinnen<br />
Acht Frauen,<br />
die den<br />
Laden schmeißen<br />
DG Geschäftsleitung<br />
Sigrid Zwicher<br />
Renate Wilkening<br />
3. OG Assistenz d. Geschäftsleitung<br />
Angelika Benzin<br />
Sekretariat<br />
Heidi S<strong>im</strong>britzki<br />
2. OG Kitaverwaltung<br />
Manuela Augustin<br />
Buchhaltung<br />
Birgit Lischke<br />
1. OG Personalabteilung<br />
Martina Grunwald<br />
Margit Köhler<br />
Fotos: Babette Curio, Zeichnung: Stefanie Salzmann<br />
Familienservice für<br />
Berliner Betriebe<br />
Nachbarschaft macht auch an den Eingangstoren<br />
großer Firmen nicht halt. So bietet das NUSZ<br />
Berliner Unternehmen den Familienservice als<br />
Dienstleistung an. „Wir betreuen beispielsweise die<br />
Kin<strong>der</strong> von Firmenmitarbeitern, die am Wochenende<br />
o<strong>der</strong> nachts arbeiten müssen“, sagt NUSZ-Geschäftsführerin<br />
Renate Wilkening. Auch für erkrankte Mütter<br />
und Väter springen die NUSZ-Ersatzmuttis ein.<br />
„Die Kin<strong>der</strong> werden von unserem fachlich geschulten<br />
Betreuungspersonal entwe<strong>der</strong> bei uns <strong>im</strong> NUSZ o<strong>der</strong><br />
bei dem Betreffenden zu Hause betreut“, so Renate<br />
Wilkening. Aber auch, wenn die Kin<strong>der</strong> krank werden,<br />
die Eltern aber arbeiten gehen müssen, springt<br />
das NUSZ in die Bresche.<br />
Wenn es <strong>im</strong> Betrieb einmal hoch her geht, ist das<br />
Nachbarschaftszentrum zur Stelle. „Wir organisieren<br />
während <strong>eine</strong>r Betriebsfeier Kin<strong>der</strong>feste und sorgen<br />
auch an Weihnachten für <strong>eine</strong> fröhliche Bescherung“,<br />
verspricht die Geschäftsführerin.<br />
Zu den Kunden gehört unter an<strong>der</strong>em die Berliner<br />
Stadtreinigung (BSR), mit dem das Nachbarschaftszentrum<br />
<strong>eine</strong>n Kooperationsvertrag abgeschlossen<br />
hat. BSR-Betriebsangehörige, die die Dienste des<br />
NUSZ in Anspruch nehmen, erhalten von ihrem Arbeitgeber<br />
<strong>eine</strong>n Gutschein, den sie be<strong>im</strong> NUSZ einlösen.<br />
Die Kosten trägt die BSR. eb<br />
Informationen unter 75 50 31 22 o<strong>der</strong> 751 67 06<br />
NUSZ international<br />
Das Tempelhofer NUSZ pflegt Nachbarschaft<br />
weltweit. Über den Verband für sozial-kulturelle<br />
Arbeit gehört das NUSZ <strong>der</strong> Internationalen Fö<strong>der</strong>ation<br />
<strong>der</strong> Sozial-kulturellen Nachbarschaftszentren an,<br />
die ihrerseits Konsultationsstatus bei den Vereinten<br />
Nationen in New York hat.<br />
In <strong>der</strong> Praxis bedeuten die internationalen Kontakte<br />
<strong>eine</strong>n dauernden Austausch von Erfahrungen unter<br />
den einzelnen Nachbarschaftszentren. „Eine ungem<strong>eine</strong><br />
Bereicherung“, so NUSZ-Geschäftsführerin<br />
Renate Wilkening. So sei es zum Beispiel sehr aufschlussreich,<br />
wie die Integration von Migranten in den<br />
USA umgesetzt werde, wo die Gegensätze wesentlich<br />
härter aufeinan<strong>der</strong> prallten als in Deutschland. Direkte<br />
Beziehungen hat das NUSZ mit Partnerorganisationen<br />
unter an<strong>der</strong>em in Holland, Spanien, Polen,<br />
Ungarn, Rumänien, Russland, Israel, den USA und<br />
Kanada. Zwischen den Nachbarschaftszentren findet<br />
ein regelmäßiger Jugendaustausch statt. eb
<strong>All</strong>ein unter Frauen<br />
In <strong>eine</strong>r Mutter-Kind-Gruppe begann Torsten Fischer s<strong>eine</strong> ufa-Zeit<br />
Heute ist in Geburtsvorbereitungskursen durchaus <strong>der</strong> <strong>eine</strong><br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Vater anzutreffen, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> werdenden<br />
Mutter hecheln o<strong>der</strong> entspannen trainiert.<br />
Als Torsten Fischer vor 18 Jahren entschied, sich gemeinsam<br />
mit s<strong>eine</strong>r Freundin Martina auf die Geburt des ersten Kindes<br />
vorzubereiten, war er <strong>im</strong> Reich <strong>der</strong> Gebärenden noch ein Exot.<br />
„In dem Kurs bei <strong>der</strong> ufaFabrik haben wir dann nette Leute<br />
kennengelernt“, erzählt <strong>der</strong> heute -jährige Soziologe. Vom<br />
Stillkurs ging es dann nahtlos über in die Mutter- (bzw.Vater)-<br />
Kind-Gruppe, die sich über mehrere Jahre als feste Gemein-<br />
Vielen Dank, Eva!<br />
1972 machte Eva Mehnert noch in <strong>der</strong> Mittagspause<br />
Unsinn mit <strong>ihren</strong> Kolleginnen<br />
(r.). Sie war Buchhalterin in den ufa-Kopierwerken,<br />
die 197 in Konkurs gingen. Mitte<br />
<strong>der</strong> 1990er Jahre kehrte sie hierher zurück,<br />
engagierte sich <strong>im</strong> Bauernhofclub und ist<br />
bis heute auf dem Kin<strong>der</strong>bauernhof <strong>eine</strong><br />
nicht wegzudenkende Größe. In den Jahren<br />
hat die heute 81-Jährige nicht ein Kin<strong>der</strong>fest<br />
verpasst, wo sie Kakao kochte o<strong>der</strong> Waffeln<br />
buk. Die Kin<strong>der</strong> lieben sie und ihre Koch-,<br />
Back- und Bastelkurse sind <strong>im</strong>mer gut besucht.<br />
Vielen Dank, liebe Eva! salz<br />
Von gestern und heute<br />
Links: Sommer 1993. Torsten<br />
Fischer mit Joschua (2) und<br />
Natascha (5) auf dem Kin<strong>der</strong>bauernhof.<br />
Oben: Vater und<br />
Tochter <strong>im</strong> Sommer 2007. Beide<br />
haben <strong>im</strong>mer noch ein enges<br />
Verhältnis.<br />
Foto: NUSZ (l.), S. Salzmann (o.)<br />
schaft auf dem ufa-Gelände tummelte. Fischer blieb <strong>im</strong> Wesentlichen<br />
<strong>der</strong> einzige Vater <strong>der</strong> Truppe, auch als auf Tochter<br />
Natascha einige Jahre später Sohn Joschua folgte.<br />
Man traf sich einmal in <strong>der</strong> Woche auf dem Gelände des Kin<strong>der</strong>bauernhofes<br />
o<strong>der</strong> in <strong>eine</strong>m Raum, den das NUSZ zur Verfügung<br />
gestellt hatte. Daraus entstand <strong>der</strong> Bauernhofclub, den Fischer<br />
bis 1999 leitete. „Das bot uns <strong>eine</strong>n geschützten Rahmen.<br />
Die Kin<strong>der</strong> wuchsen gemeinsam auf, stammten sie doch alle aus<br />
dem selben Kiez“, sagt er. Natascha ist inzwischen 17 und fast<br />
erwachsen. salz<br />
2
26 Angebote<br />
Von A wie Aikido bis Z wie Zirkus<br />
Im NUSZ gibt es über 100 Kurse – für jeden ist was dabei<br />
Kultur und Soziales verbinden die Ver<strong>eine</strong>, die in den<br />
Standorten des Nachbarschaftszentrums in Eigeninitiative<br />
ihre Interessen ausüben. Das Nachbarschaftszentrum stellt mit<br />
Hilfe von öffentlichen För<strong>der</strong>ungen sowie mit Kooperationspartnern<br />
die Räume und die Infrastruktur zur Verfügung.<br />
Kultur, Gesundheits- und Budosport sowie Musik- und<br />
Tanzgruppen bieten wir sowohl in Selbsthilfe als auch unter<br />
professioneller Anleitung Raum, sich mit Gleichgesinnten beziehungsweise<br />
Betroffenen auszutauschen. Sie erhalten Unterstützung<br />
bei gesundheitlichen o<strong>der</strong> sozialen Problemen o<strong>der</strong><br />
können einfach gemeinsam ihre Freizeit gestalten und Neues<br />
erproben. Auf dem ufa-Gelände gibt es zwei Funktionsräume<br />
für Tanz und Bewegung, <strong>eine</strong>n Percussionraum und ein Dojo.<br />
<strong>All</strong>e Räume können von an<strong>der</strong>en Einrichtungen und Institutionen<br />
genutzt werden – vorrangig für Bewegungsaktivitäten.<br />
Quer durch alle Nationen und Generationen werden <strong>im</strong><br />
Dojo täglich Kraft, Geschicklichkeit und Meditation geübt.<br />
Karate, JuJutsu, KungFu trainieren Angriff und Verteidigung<br />
mit echten und <strong>im</strong>aginären Gegnern. Aikido ist pure Selbstverteidigung,<br />
bei <strong>der</strong> es darauf ankommt, den Gegner rein defensiv<br />
matt zu setzen. Das gut zu beherrschen, dauert Zeit und ist<br />
nie wirklich ausgereift. Aber es gibt auch Techniken, die man<br />
gleich einsetzen kann. Qi Gong und Tai Chi dienen in erster<br />
Linie dem Erhalt <strong>der</strong> Gesundheit.<br />
Feste und die Bühnenshow „Action House Party“, die in Kooperation<br />
mit dem Internationalen KulturCentrum ufaFabrik<br />
veranstaltet werden, bieten Gelegenheit, Ausschnitte aus <strong>der</strong><br />
künstlerischen Arbeit vor Publikum zu zeigen.<br />
Karatekunst auf <strong>der</strong> Bühne Foto: Giuseppina Mango<br />
Für die „sanftere“ Gangart, z. B. für Menschen mit Bewegungsmangel<br />
und für die Bewegungseinsteiger, gibt es Trainingskurse<br />
für Körper und Geist sowie durch Krankenkassen<br />
geför<strong>der</strong>te Präventionskurse.<br />
Seniorinnen und Senioren engagieren sich <strong>im</strong> Familientreffpunkt,<br />
<strong>im</strong> Bauernhofclub o<strong>der</strong> treffen sich bei Hobby & Kultur,<br />
Sprachen, Tanzen und Gesundheitskursen.<br />
Kin<strong>der</strong>- und Jugendkurse bieten Sport, Spiel, Spaß o<strong>der</strong> Entspannung.<br />
Boseclub, Kin<strong>der</strong>bauernhof, die Nachbarschaftstreffpunkte<br />
Britzer Straße und Waschhaus Lichtenrade haben<br />
ebenfalls umfangreiche Freizeit- und Ferienprogramme.<br />
Schwangere, Mütter, Väter, Babys und Kleinkin<strong>der</strong> finden<br />
<strong>im</strong> Familientreffpunkt umfassende Anregungen und Hilfen. Die<br />
Familienbildung bietet Rat zum gewaltfreien Zusammenleben<br />
von Eltern und Kin<strong>der</strong>n, PEKiP und Frühför<strong>der</strong>ung an.<br />
Weitere Angebote für alle Generationen: Sprachen lernen,<br />
Hobbys nachgehen, Nachbarschaftshilfe, Gesundheits- und<br />
Selbsthilfeprojekte. Die SchreiBabyAmbulanz leistet Eltern in<br />
Krisensituationen Hilfe.<br />
Migrantinnen finden in Integrationskursen sprachliche Übung<br />
sowie Rat und Hilfe zum Leben in Deutschland.<br />
Bei <strong>der</strong> Suche nach <strong>eine</strong>m Babysitter o<strong>der</strong> in Lebenskrisen<br />
helfen die angeschlossenen Fachdienste, zum Beispiel mit Mediation,<br />
familienunterstützenden Hilfen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kranken- und<br />
Familienpflege.