Programmheft - eMuseum
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eiträge zur gestaltung und kunst #5<br />
<strong>Programmheft</strong><br />
<strong>Programmheft</strong> #5<br />
Diplom 07<br />
Beiträge zur Theorie der Gestaltung und Kunst<br />
Diplom 2007<br />
studienbereich theorie<br />
studien zur Medien-, Kunst- und Designpraxis (sth)
10 Jahre Theorie !<br />
Der Studienbereich Theorie an der Hochschule für Gestaltung und Kunst<br />
Zürich (HGK Zürich) ist zehn Jahre jung. In diesen zehn Jahren hat sich die<br />
HGK Zürich von einer Gestalterschule zur Fachhochschule entwickelt und<br />
wird noch dieses Jahr zur Hochschule der Künste umgestaltet. Der Studienbereich<br />
Theorie hat sich im Rahmen dieser Veränderungen immer wieder neu<br />
definiert. Mitte der neunziger Jahre setzte sich die Einsicht durch, dass ein<br />
Theoriedefizit an der Gestalterschule herrschte, was zur Gründung des neuen<br />
Studienbereiches führte. Mittlerweile gehört Theorie in allen Vertiefungen<br />
unbestritten zum Curriculum, und so stellt sich für den Studienbereich Theorie<br />
eine neue Aufgabe innerhalb der Hochschullandschaft, die sich mit den<br />
Künsten beschäftigt. Die transdisziplinäre Ausrichtung des Studienbereichs<br />
Theorie bezüglich Kunst, Medien und Gestaltung bietet einen Reflexionsraum,<br />
in dem sich vieles zusammendenken lässt, was im Disziplinären verortet ist.<br />
Andererseits beansprucht der Studienbereich Theorie für sich, eine Ausbildung<br />
zu bieten, die neue Formen von Vermittlung generieren wollte. Diese<br />
variablen Theorieformate entstehen im reflexiven Umgang mit Formen der<br />
Kunst und der Gestaltung. Die breite thematische Streuung und die Transdisziplinarität<br />
werden auch in den Diplomprojekten der Studierenden 2007<br />
deutlich. Eine ästhetische Reflexion über das Kunsterlebnis im Museumsraum<br />
steht der Problematisierung von Sichtweisen auf städtische Räume und alltagsgeschichtlichen<br />
Überlegungen zu (Ess-)Fragen im Regionalen gegenüber.<br />
Eine Ausstellung im Schrebergarten beschäftigt sich mit kuratorischen Problemen<br />
am ungewohnten Ort, während die klassische Museumsvernissage zum<br />
Thema von gesellschaftlicher Reflexion wird und in einer weiteren Diplomarbeit<br />
der Projektorganisation im Kulturbereich nachgegangen wird. Der<br />
Screen als Objekt der Vermittlung im Museum trifft auf die Untersuchung von<br />
Firmen- und Formengeschichte im Textilbereich, die zur Fragestellung vom<br />
Verhältnis von Kunst und Kriegsfotografie kontrastiert.<br />
In den Kinderjahren seiner Existenz musste der Studienbereich Theorie<br />
beweisen, dass er nicht einfach eine Metawissenschaft zu den Disziplinen<br />
der Gestalterschule zu bieten hatte. Heute schliessen die Diplomanden und<br />
Diplomandinnen in einer Vertiefung des Departementes Medien & Kunst ab,<br />
der sich zur primär textbasierten Arbeit bekennt, und die Theorie hat ihre<br />
Funktion als ein transdisziplinäres Studium, das sich im variablen Umfeld<br />
der Künste und der beweglichen Kulturwirtschaft zu bewegen weiss, das<br />
Alltagsreflexion und philosophisches Traktat zusammendenkt. In Zeiten, wo<br />
sich die Rollenbilder in der Kunst- und Kreativszene laufend verändern, wo
Inhalt<br />
<br />
der Künstler zum Modell für den flexiblen Arbeiter im Spätkapitalismus wird<br />
und sich die Wirtschaft an Arbeitsmodellen der Kreativszene orientiert, ist die<br />
Praxis unterschiedlicher Formate, die Breite der Auseinandersetzung und die<br />
Vernetzung in den unterschiedlichen Disziplinen eine Voraussetzung für erfolgreiche<br />
Orientierung. Der Studienbereich Theorie an der HGK Zürich bietet<br />
Studierenden breit gefächerte Möglichkeiten, sich in dieser transdisziplinären<br />
Praxis der Theorie zu positionieren.<br />
Für die Diplomkoordination<br />
Gabriela Christen<br />
10 Jahre Theorie!<br />
SCHREBERGARTEN07<br />
blicke ins geordnete grün<br />
CHRISTOPH SCHNEIDER<br />
«Darf Rücksichtslos Gekocht Werden»<br />
Textilfirma Strub 1935-1962<br />
NICOLA NIELSEN<br />
dokumentarfotografie aus bosnien<br />
Zur visuellen Repräsentation des Krieges und seiner Folgen<br />
MADELEINE EMMENEGGER<br />
3<br />
6<br />
12<br />
18<br />
SIGHTEATING: REGIONEN KONSUMIEREN<br />
ULRIKE SCHELLING<br />
24<br />
LANDSCHAFT<br />
sichtweisen auf urbane räume<br />
ROBIN HALLER<br />
30<br />
Der epiphane charakter der kunst<br />
CHARLES VOGEL<br />
36<br />
Projektkomplikationen<br />
Teamarbeit in der Entwicklung eines Künstlerfilmprojektes<br />
NORA FIECHTER<br />
42<br />
kunst gucken<br />
annäherung an die vernissage-gesellschaft<br />
ANNA BÜHLER<br />
48<br />
Am bildschirm ausstellen<br />
über die Wirkung digitaler displays im museum<br />
CHRISTINE FISCHER<br />
54<br />
Studienbereich Theorie<br />
Studien zur Medien-, Kunst- und Designpraxis<br />
60
CHRISTOPH SCHNEIDER SCHREBERGARTEN07<br />
<br />
Christoph schneider<br />
schrebergarten07<br />
Blicke ins geordnete grün<br />
Welche Bedeutung haben Schrebergärten in einer Stadt, in der neoliberale<br />
Landnutzungsökonomie und konkurrenzorientiertes Standortmarketing<br />
an Bedeutung gewinnen Sind sie blosse Landreserven Sind sie<br />
wesentliche «weiche» Standortfaktoren für Lebensqualität Soziale<br />
Ent-Spannungszonen oder vielfach umzäunte Spannungsräume Reservate<br />
von Nationalismus oder Integrationsböden für Angehörige anderer Kulturen<br />
Diese Themen gehören zur einen Fragerichtung, in die sich Christoph<br />
Schneider mit seiner Diplomarbeit bewegt. In ihr weiterzukommen<br />
versucht er durch theoretische sozialwissenschaftliche und raumplanerische<br />
Literatur, sowie durch künstlerische Arbeiten zu diesem<br />
Themenfeld.<br />
Die zweite Fragerichtung der Diplomarbeit betrifft eine kuratorische<br />
Praxis, die sich als Bezugnahme auf - und Eingreifen in aktuelle soziale<br />
Prozesse versteht. Welche Vorgehensweisen, welche Aufmerksamkeiten,<br />
Konflikte und Lösungsstrategien erfordert ein solches Kuratieren von<br />
Ausstellungen In der Diplomarbeit von Christoph Schneider werden die<br />
beiden Fragerichtungen – Schrebergärten und Stadtentwicklung, sowie<br />
sozial engagierte kuratorische Praxis – zusammengeführt: für einen<br />
Schrebergarten wird eine Ausstellung über Schrebergärten und Stadtentwicklung<br />
vorbereitet und durchgeführt.<br />
Dagmar Reichert, Mentorin<br />
Gestaltung Sereina Rothenberger
CHRISTOPH SCHNEIDER SCHREBERGARTEN07<br />
<br />
Gestaltung Sereina Rothenberger<br />
Fotos Maurice Maggi
10<br />
CHRISTOPH SCHNEIDER SCHREBERGARTEN07<br />
11<br />
Der Ausstellungsort Schrebergarten –<br />
Eine «doppelte Heterotopie»<br />
In seiner Struktur und durch seine Lage kann man den Schrebergarten durchaus<br />
als Heterotopie bezeichnen. Michel Foucault beschreibt die Heterotopie<br />
in Abgrenzung zur Utopie (Nicht-Ort), welche immer nur als Vorstellung<br />
existieren kann. Die Heterotopie (der andere Ort) hat immer einen realen Ort:<br />
«(...) denn wir sollten diese Bezeichnung [der Utopie] nur Dingen vorbehalten,<br />
die tatsächlich keinen Ort haben, sondern die Heterotopien, die vollkommen<br />
anderen Räume erforschen». 01<br />
Als Beispiele für diese realen Gegenräume führt Foucault Friedhöfe, Irrenanstalten,<br />
Bordelle, Gefängnisse und bezeichnenderweise auch Gärten an, welche<br />
er als die älteste Heterotopie überhaupt erkennt. Regula Lüscher, jetzige<br />
Bausenatorin von Berlin, vormals Leiterin der Stadtplanung in Zürich, sieht<br />
die Gärten in einer ähnlichen Tradition: «Die Idealstadt wurde (..) immer in<br />
den Gärten vorgegeben. In der Gartenarchitektur wurden immer die Idealstädte<br />
vorentworfen». 02<br />
Doch nicht nur in seiner Funktion als Garten ist der Schrebergarten als Heterotopie<br />
erkennbar. Es ist auch die Lage meist am Rand einer Stadt, eine zeitlich<br />
begrenzte Existenz (ein Schrebergartenareal ist oftmals eine mittel- oder<br />
langfristige Zwischennutzung) oder die spezielle ökonomische und soziale<br />
Struktur, welche die Andersartigkeit des Schrebergartens ausmachen.<br />
Eine Ausstellung ist nicht weniger eine Heterotopie. Sie ist ein formulierter<br />
und realisierter Gegenort, welcher sich sowohl in seinen ästhetischen als auch<br />
in seinen sozialen Komponenten radikal von der Aussenwelt unterscheidet.<br />
Beim Betreten einer Ausstellung findet ein fundamentaler Kontextwechsel<br />
statt. Massstäbe, Zeitlichkeiten und Raumdispositionen von «Aussen» haben<br />
in der Ausstellung oft keine Gültigkeit mehr.<br />
Eine Heterotopie trägt immer das Potential eines widerständigen Ortes in sich.<br />
Die Verknüpfung von Vorstellungsraum und real existierendem Ort lässt einen<br />
Möglichkeitsraum entstehen, in welchem sich nicht nur Kritik und Visionen<br />
formulieren lassen. Vielmehr hat die Heterotopie dank ihrer realen Distanz<br />
und den spezifischen Eigenheiten die Möglichkeit, widerständig auf herrschende<br />
Strukturen zu reagieren.<br />
Durch das Zusammengehen von Schrebergarten und Ausstellung vereinen<br />
sich zwei Heterotopien zu einer neuen, «doppelten Heterotopie». Die Chancen<br />
eines solchen Ortes ergeben sich einerseits aus den spezifischen Qualitäten<br />
der «einzelnen» Heterotopien, andererseits entstehen neue Beziehungen und<br />
Dispositive, welche in den isolierten Strukturen von Schrebergarten und Ausstellung<br />
so nicht möglich wären.<br />
Schrebergarten07<br />
Blicke ins geordnete Grün<br />
8. Juni – 7. Juli 2007<br />
Schrebergartenareal Susenberg, Parzelle 222<br />
Freitag bis Sonntag, 14.00 – 19.00<br />
oder nach Vereinbarung<br />
Jenny Billeter / Susanne Kaelin<br />
Sønke Gau / Katharina Schlieben<br />
Benjamin Gerwoll-Ronca / Marion Ronca<br />
Patrick Hari<br />
Philipp Klaus<br />
Maurice Maggi<br />
Barbara Müller<br />
Peter Regli<br />
Tobias Scheidegger / Fabian Vögeli<br />
http://schrebergarten07.hgkz.ch<br />
01 Michel Foucault: Die Heterotopien, Der utopische Körper, Frankfurt a.M. 2005, p. 11.<br />
02 Regula Lüscher im Gespräch mit Martina Schnyder: Kooperative Planung statt ideologische Scharmützel, Reflexe SR DRS 2, 21.02.2007.
12<br />
nicola nielsen «Darf Rücksichtslos Gekocht Werden» 13<br />
NICOLA NIELSEN<br />
«Darf Rücksichtslos Gekocht Werden»<br />
Textilfirma Strub 1935-1962<br />
Ausgangspunkt der Diplomarbeit von Nicola Nielsen ist das Archivmaterial<br />
zur Textilfirma Strub & Co, das sich in der Designsammlung des<br />
Museums für Gestaltung Zürich befindet. Die Geschichte dieses Unternehmens,<br />
deren Höhepunkt zwischen 1940 und 1960 liegt, kann als Fallstudie<br />
für die Schweizer Textil- und Modebranche in der Mitte des 20.<br />
Jahrhunderts gelesen werden. Die Arbeit in Form eines Modemagazins behandelt<br />
nahe liegende Themen wie die Entwicklung verschiedener Garne,<br />
Gewebe und Marken, die Beziehung zwischen der Mode und den Frauenrollen,<br />
schliesst aber auch Gedanken zur Musterbildung und zum Verhältnis von<br />
Natürlichkeit und Künstlichkeit mit ein.<br />
Textilien und die von ihnen abhängige Mode - eine besondere Art des<br />
geregelten Verhaltens zwischen Menschen - ist ein «soziales Totalphänomen».<br />
Es setzt bei den Teilnehmern Aufgeschlossenheit für das Neue<br />
voraus und impliziert gleichzeitig das Bedürfnis nach Reglementierung.<br />
Im Konflikt zwischen der latenten Notwendigkeit zur Innovation und dem<br />
machtvollen Bedürfnis nach gesicherten Werten stehen im 20. Jahrhundert<br />
nicht nur die Textilfirmen in der Schweiz. Aus diesem Grund ist<br />
die Analyse von Strub & Co ein Modell, mit dessen Hilfe sich der Wechsel<br />
zwischen Dynamik und doktrinärer Verfestigung auch in anderen Designbereichen<br />
darstellen lässt. Obwohl die Strukturform der Mode keine modische<br />
Erscheinung ist, sondern über grosse Zeitspannen Ähnlichkeiten<br />
oder gar Konstanten aufweist, lässt sich die Frage nach den massgebenden<br />
Akteuren nur von Fall zu Fall entscheiden. Ging man lange davon aus, dass<br />
Mode eine Angelegenheit der Oberschichten sei, die, wenn überhaupt,<br />
neben den Produzenten Einfluss auf die Art und Gestalt von Textilien<br />
oder Kleidern nehmen, lassen sich in den letzten zweihundert Jahren auch<br />
Fälle eines «Trickle-up-Effekts» aufzeigen: Einzelheiten der Alltagsoder<br />
Untergrundskleidung werden von namhaften Designern in ihre Kreationen<br />
integriert. Diese Dialektik zwischen «high» und «low» scheint<br />
ein Unternehmen wie die Strub & Co, das Stoffe und Kleider für den breiten<br />
Mittelstand herstellen wollte, zu vermeiden. Es orientierte sich an<br />
den führenden Pariser Modehäusern und passte das dort Hergestellte an<br />
die Bedürfnisse und Kaufkraft der Masse an: «Trickle down».<br />
Matthias Vogel, Mentor<br />
Frauen bild in Pose Verschwommene Grautöne, lose Konturen im<br />
Hintergrund als Kontrast zur harten Grafik des Mantels. Eine Montage von<br />
Umgebung, Mantel und Frau. Sie zeigt, wie Modefotografie vom Studio auf die<br />
Strasse verlegt wird. Ein Zeichen der Zeit, die Frau wird im öffentlichen Raum<br />
präsenter. Die Modefotografen fangen zu dieser Zeit an, ihre Mannequins im<br />
Alltagsleben zu inszenieren und lassen das Durcheinander der Strasse ein Teil<br />
der Mode werden. Oder wird die Mode zum Teil der Gesellschaft Die moderne<br />
Frau steht in der Öffentlichkeit. Sie zeigt Mut in der Wahl ihres Mantels.<br />
Kräftige, klare Grafik - eine Modernisierung des bekannten und klassischen<br />
Pied-de-Poule-Musters, sehr modern und eindrucksvoll.<br />
Wäre da nicht die steife Pose: Die fünfte Position des klassischen Balletts.<br />
Typisch für die Laufstege und Modefotos der fünfziger Jahre. Mit dem Knick<br />
in der Hüfte sollte die Frau schlanker aussehen. Aus heutiger Sicht sieht es<br />
nicht besonders bequem aus. Und ist die moderne Frau im öffentlichen Raum<br />
nicht dynamisch Nach vorne blickend Laufend Eben nicht erstarrt in einer<br />
Bewegung, die keine ist!<br />
01
14<br />
nicola nielsen «Darf Rücksichtslos Gekocht Werden»<br />
15<br />
Steht sie quer zur eigentlichen Gehrichtung auf dem Gehsteig Der Verdacht<br />
kommt auf, dass diese Frau gar nicht für die Strasse gedacht ist. Die Treppe<br />
sollte ihr zwar ermöglichen, nach rechts aus dem Bild zu laufen, aber die<br />
Mauer vereitelt die Vollendung dieser Bewegung.<br />
Ihre Hand zum Gesicht. Ist sie erschrocken Amüsiert Die Fingerspitzen der<br />
linken Hand berührt leicht ihre eigene Wange. Ihr Mund ist halb offen, freundlich,<br />
aber eben nur fast lächelnd. Will sie jemandem zurufen: «Ich bin hier,<br />
warte auf mich» oder die grundlegende Funktion eines Modefotos verstärken:<br />
«Hier bin ich, schau mich an»! (Der halboffene Mund als sexuelle Einladung<br />
wäre fast übertrieben, und sie zeigt zudem zu viele Zähne).<br />
Diese erstarrte Pose weist auf das erstarrte Bild der Frau. Die Frau des Bürgertums<br />
hat nicht viele Möglichkeiten. Wie eine Puppe wird sie dargestellt. Mit<br />
angeblich ausdrucksvoller Pose, die aber nirgendwohin führt. Würde es nicht<br />
reizvoller sein, wenn dem Mannequin die «wirkliche» Künstlichkeit einer<br />
Mannequin-Puppe weichen würde Oder ist sie eine Puppe eigener Art Den<br />
Konventionen folgend, formbar, passiv und unterwürfig Sie hat keinen Sinn.<br />
Ein Ausdruck der Frau und ihres Alltags; ein Pose für das ganze Leben muss<br />
eben ausreichen. Eine leicht freundliche, aber künstliche Pose. Das Künstliche<br />
verdeckt, dass es keine Inhalte gibt. Oder hilft, diese zu verstecken, wenn man<br />
welche hat.<br />
Die Frau ist im öffentlichen Raum angekommen. Aber sie ist ganz alleine,<br />
kein integrierter Teil des Geschehens. Das Geschehen ist ohnehin wo anders.<br />
Es wird zum Sinnbild der Zeit. Kleider als einzige Ausdrucksmöglichkeit<br />
der Frau. Inhalt oder Pose. Nur der Charme eines altmodischen und befremdenden<br />
Schwarzweissfotos bleibt. Als Leitbild für Frauen in unserer Zeit, absolut<br />
erschreckender Gedanke, aber als ästhetischer Moment der Geschichte<br />
sehr reizend.<br />
02<br />
Wenn Sie mehr über und rund um die ehemalige Zürcher Textilfirma Strub<br />
& Co in Erfahrung bringen möchten, lesen Sie oder kaufen Sie das Magazin<br />
«Darf Rücksichtslos Gekocht Werden – Textilfirma Strub & Co – Künstliches,<br />
Frauenbild und Mode».<br />
03<br />
01 Regenmantel, Stoff von Strub & Co, Marke «Singing in the Rain», 1957<br />
s/w Modefotografie, 1957/58 aus Hans E. Strubs Nachlass<br />
Fotograf und Designer nicht bekannt<br />
Designsammlung Museum für Gestaltung Zürich<br />
02 Fotografie aus Strub Nachrichten, 1938<br />
03 Turitex-Logo, 1938
16<br />
nicola nielsen «Darf Rücksichtslos Gekocht Werden»<br />
17<br />
04 05<br />
07<br />
06<br />
04 Designed by Jaques Fath for Joseph Halpert, Turitex Modell, 1948<br />
05 Turitex-Modell von Konfektionärin Madeleine de Rauch, Zürich, 1948<br />
06 Strub & Co präsentieren die Textilmarke „Turitex“ an der MUBA, 1939<br />
07 Pied de poule Stoff, Marke „Singing in the Rain“ von Strub & Co, 1957
18<br />
madeleine emmenegger dokumentarfotografie aus bosnien<br />
19<br />
madeleine emmenegger<br />
dokumentarfotografie aus bosnien<br />
Zur visuellen Repräsentation des Krieges und seineR Folgen<br />
Madeleine Emmenegger beschäftigt sich in ihrer Diplomarbeit mit fotografischen<br />
Bildern, die den Bürgerkrieg in Bosnien zum Thema haben. Dabei<br />
interessieren sie sowohl die klassische Pressefotografie wie sie in<br />
den Archiven der Schweizer Bildagentur Keystone Press zu finden ist, wie<br />
auch die Kriegsreportagen von James Nachtwey und Gilles Peress, andererseits<br />
analysiert sie die Positionen von Goran Galic/Gian-Reto Gredig und<br />
Christian Schwager, die primär im Fotobuch- oder Kunstkontext rezipiert<br />
werden. Kriegsfotografie macht die Frage nach dem dokumentarischen Charakter<br />
der Fotografie virulent, da sich diese häufig mit aufklärerischem<br />
Gestus auf die direkte Augenzeugenschaft beruft. Im Vergleich mit künstlerischen<br />
Positionen, die gerade diese Funktion der Kriegsfotografie<br />
unterlaufen, beschäftigt sich Madeleine Emmenegger mit der Frage, wie<br />
der Krieg zwischen Repräsentation und Verweis im fotografischen Bild<br />
sein Gesicht bekommt und welche Bildformen künstlerisch orientierte Autorenpositionen<br />
entwickeln können.<br />
Gabriela Christen, Mentorin<br />
Die thematische und geografische Einschränkung auf den Bürgerkrieg in<br />
Bosnien sowie die zeitliche Distanz zum eigentlichen Kriegsgeschehen eröffnete<br />
die Möglichkeit, ein repräsentatives Spektrum dokumentarfotografischer<br />
Zugänge zum Krieg in Bosnien auf ihr Potential hin zu untersuchen. Neben<br />
Pressefotografien aus den Archiven der Schweizer Bildagentur Keystone<br />
Press wurden für die Analyse vier Autorenpositionen, von der traditionellen<br />
Kriegsreportage bis zum künstlerisch orientierten Prinzip der Post-Reportage<br />
ausgewählt und in einen Dialog gesetzt. Daneben waren Gespräche mit Autoren,<br />
einer Kuratorin und einem Bildredaktor integrativer Bestandteil der<br />
Diplomarbeit.<br />
Die Fotografie als ein Mittel der visuellen Repräsentation von Krieg orientiert<br />
sich heute vermehrt an alternativen Strategien zur traditionellen Kriegsreportage.<br />
Neben Gilles Peress, der seine Arbeiten, die vorrangig im Fotobuch- oder<br />
Ausstellungskontext zirkulieren, bereits im Hinblick auf die Orte ihrer Rezeption<br />
konzipiert, zeigt James Nachtwey seine als Auftragsarbeiten entstandenen<br />
Kriegsreportagen neben dem Presse- auch im Fotokunstkontext. Dokumentarfotografie<br />
in Publikationen oder Ausstellungen weist im Gegensatz zu Pressefotografie<br />
nicht primär eine ereignisorientierte Charakteristik oder einen<br />
Aktualitätsbezug auf. Die Präsentation im musealen Kontext gesteht dem<br />
dokumentarischen Bild einen autonomen Status zu und bietet den Autoren<br />
die Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum an einem Thema zu arbeiten.<br />
Mit Goran Galic/Gian-Reto Gredig und Christian Schwager entwickelt<br />
nun eine jüngere Autorengeneration künstlerisch orientierte Konzepte der<br />
fotografischen Annäherung an Krieg, die gleichzeitig das Medium Fotografie<br />
reflektieren und mit konzeptuellen Arbeitsweisen oder installativen Präsentationsformen<br />
auf Parameter des Kunstbetriebs referieren.
20<br />
madeleine emmenegger dokumentarfotografie aus bosnien<br />
21<br />
Die Fotografen James Nachtwey und Gilles Peress arbeiten vorrangig ereignisorientiert.<br />
Beide waren während des Krieges in Bosnien. Im Stil der klassischen<br />
Kriegsreportage standen Menschen, die in den Kriegsgebieten lebten<br />
und unmittelbar von den Kampfhandlungen und Vertreibungen betroffen<br />
waren, im Mittelpunkt ihres Interesses. Nachtwey und Peress verfolgten jedoch<br />
sehr unterschiedliche Strategien der fotografischen Annäherung an den<br />
Krieg. Nachtweys formal unverwechselbare Bildsprache, sein fotografischer<br />
Gestus und seine bevorzugten Motive erinnern in ihrem Pathos an tradierte<br />
Formen der Bildkomposition. Als Student durch die Bilder von der Bürgerrechtsbewegung<br />
und dem Vietnamkrieg politisiert, dokumentiert er seit rund<br />
dreissig Jahren Krieg, Hunger und Armut, um «sichtbar zu machen, was Regierungen<br />
verschweigen». Die von Nachtwey proklamierte Augenzeugenschaft<br />
der Fotografie impliziert, fotografischen Bildern könne durch den technischen<br />
Charakter ihrer Herstellung ein genuines Verhältnis zur Wirklichkeit zugeschrieben<br />
werden; zwischen Bild und Referent könnten sich keine fremden<br />
Bedeutungen einnisten und die Fotografie würde somit ein «wahres» Bild der<br />
Geschehnisse liefern.<br />
Gilles Peress bemerkt, eine Fotografie sei als Ergebnis einer (subjektiven)<br />
Auswahl und somit einer Bearbeitung kein unbestimmtes Analogon zu vorgegebener<br />
Wirklichkeit, sondern gehe vielmehr aus der Betrachtung von<br />
Wirklichkeit hervor. Peress reiste nach Bosnien, um ein «visuelles Kontinuum<br />
einer Erfahrung, einer Befindlichkeit zu verwirklichen». Seine Fotografien<br />
vermitteln ein vielschichtiges Bild des Kriegsalltags. Peress setzte auf formal<br />
komplexe Bilder, um komplexe politische Wirklichkeiten darzustellen; auf<br />
Bilder, die auf ihre Produktionsbedingungen verweisen und sichtbar machen,<br />
dass der Fotograf mit einem Presse- und Fernsehkonvoi der UN durch die<br />
Kriegsgebiete in Bosnien fuhr. Er fotografierte beispielsweise auf der Durchfahrt<br />
Flüchtlinge, die in Gruppen die Strasse entlang gingen, oder verlassene<br />
und nunmehr unbewohnbare Gebiete. Dieses fotografische Dispositiv produziert<br />
Unschärfen und Spiegelungen, oder fragmentiert den Bildraum durch<br />
harte Hell-Dunkel-Kontraste zwischen Innen- und Aussenraum. Peress gelingt<br />
es in seinem fotografischen Essay Farewell to Bosnia, eine Vorstellung von den<br />
Auswirkungen des Krieges auf die Zivilbevölkerung zu vermitteln.<br />
01<br />
02<br />
01 Gilles Peress. Aus: Farewell to Bosnia, 1994<br />
02 James Nachtwey. Bosnia. Aus: Inferno, 1999
22<br />
madeleine emmenegger dokumentarfotografie aus bosnien<br />
23<br />
Goran Galic/Gian-Reto Gredig und Christian Schwager machten in Bezug<br />
auf ihre Arbeiten zum Krieg in Bosnien das Danach gezielt zur Methode und<br />
verfolgten das Prinzip der Post-Reportage. Dieser vom Fototheoretiker Ian<br />
Walker geprägte Begriff beschreibt den Versuch, «Wirklichkeit» zu fassen, mit<br />
dem gleichzeitigen Wissen um die Unmöglichkeit einer adäquaten Repräsentation<br />
im fotografischen Bild. Galic reiste zusammen mit Gredig zwischen<br />
2001 und 2005 wiederholt in sein Heimatland. Als Sohn bosnischer Serben in<br />
der Schweiz aufgewachsen, beschäftigten ihn die Schuldzuweisungen gegen<br />
die Serben, die für den Bürgerkrieg verantwortlich gemacht wurden. In Begegnungen<br />
auf den Reisen durch das kriegsversehrte Bosnien machten Galic<br />
und Gredig sehr widersprüchliche Erfahrungen. Als Fotograf suchte Galic<br />
nach Bildern, die diese spezifische Befindlichkeit repräsentierten. Gredig, der<br />
Ethnologie studiert, begleitete ihn dabei mit der Videokamera. Aus der intensiven<br />
Zusammenarbeit entwickelte sich die Mixed-Media-Arbeit Ma bice bolje<br />
– Wird schon wieder. Galic (Fotografie/Text) und Gredig (Dokumentarvideos)<br />
stellten ihre Arbeiten im Rahmen von verschiedenen Ausstellungen als raumgreifende<br />
Installation in einen nicht linearen Dialog.<br />
Christian Schwager, der sich seit längerer Zeit fotografisch mit dem Thema<br />
Landschaft auseinandersetzt, reiste im Frühjahr und Herbst 2003 nach Bosnien.<br />
Seine Fotoarbeit My lovely Bosnia konzipierte Schwager als Ausstellungsund<br />
Buchprojekt. Seine auf den ersten Blick unspektakulären Landschaftsbilder<br />
dokumentieren, dass sich der Krieg in diese Landschaften einschrieb;<br />
die Spuren, die er in den ehemaligen Kriegsgebieten hinterliess, entziehen<br />
sich jedoch einer oberflächlichen Betrachtung. Ihre Deutung setzt spezifisches<br />
Wissen voraus. Schwagers konzeptuelle Landschaftsfotografie eröffnet in der<br />
Ambivalenz ihrer unspektakulären Erscheinungsweise und der nüchternen<br />
Kontextualisierung durch knappe Bildlegenden einen Reflexionsraum, der<br />
über das Sichtbare hinausweist. Beide Positionen, die dem Prinzip der Post-<br />
Reportage folgen, thematisieren und hinterfragen in ihrer fotografischen Annäherung<br />
an den Krieg in Bosnien die Praxis seiner visuellen Repräsentation<br />
in den Massenmedien.<br />
03<br />
04<br />
Alternative Bildstrategien ausserhalb des Pressekontextes ermöglichen es<br />
Fotografen, auf ihr Produkt, auf die gesamte inhaltliche und gestalterische<br />
Umsetzung ihrer Themen mehr Einfluss auszuüben. So eignen sich die jüngeren<br />
Autoren, deren Bilder seit einigen Jahren im Fotobuch- oder Ausstellungskontext<br />
zirkulieren, künstlerische Strategien der Bildproduktion und<br />
-präsentation an und machen diese fruchtbar für die Dokumentarfotografie.<br />
03 Goran Galic/Gian-Reto Gredig. Aus: Ma bice bolje – Wird schon wieder, 2001- 2005<br />
04 Christian Schwager. Aus: My lovely Bosnia, 2007<br />
05 Pressefotografien aus den Archiven der Schweizer Bildagentur Keystone Press<br />
05
24<br />
ULRIKE SCHELLING SIGHTEATING: Regionen Konsumieren<br />
25<br />
Ulrike Schelling<br />
SIGHTEATING: REGIONEN KONSUMIEREN<br />
Manche Gegenden haben ihre regionale Kultur lange vernachlässigt; unter<br />
bestimmten Umständen erinnern sie sich an die vergessenen Qualitäten<br />
und pflegen sie wieder. Das Alte wird neu und weit über die Grenzen der<br />
Ursprungsregion hinaus vertrieben. In der grossen Stadt kommt es als das<br />
Echte auf den Tisch und schmeckt wie die Bilder, denen man gern hinterher<br />
reist.<br />
Ulrike Schelling zeichnet auf vielfältige Weise nach, wie sich Regionalismus,<br />
Kulinarik und Tourismus ineinander verschränken. Die Ästhetik<br />
dieser Alltagskultur lässt sich nur - altes Wort neu erweckt - dialektisch<br />
begreifen.<br />
Mafred Gerig, Mentor<br />
sight-seeing – life-seeing Man kann beobachten, dass in der jüngeren<br />
Reiseführerliteratur die Präsentation der kulinarischen Besonderheiten<br />
eines Landes, einer Region oder einer Stadt gegenüber den herkömmlichen<br />
Sehenswürdigkeiten, den sights, die dort zu besuchen sind, zunehmend mehr<br />
Gewicht bekommen: sie rücken von den hinteren Seiten des Serviceteils nach<br />
vorne in den Hauptteil, wo sie praktisch gleichwertig wie die historischen<br />
Monumente behandelt werden. Man bekommt den Eindruck, dass die zeitgenössische<br />
Kulturreise nicht nur in die Museen und Kirchen führt, sondern<br />
und vor allem auch auf dem Teller stattfindet. Dahinter steht möglicherweise<br />
das Bedürfnis, beim Reisen vermehrt an der Alltagskultur einer fremden Stadt<br />
oder Region teilzunehmen. Hans Magnus Enzensberger hatte in diesem Zusammenhang<br />
von einem life-seeing gesprochen, welches «in den Überlegungen<br />
kluger Promotoren und Touristen» das «Zeremoniell des sight-seeing» ablösen<br />
sollte. 01 Dem Essen als kultureller Praxis der ‚Aneignung’ von ‚Fremdem’ und<br />
mit seinem Setting von Gastgeber und Gast würde dabei eine Schlüsselfunktion<br />
zukommen, wobei hier die xenologische Einsicht zu berücksichtigen ist,<br />
dass das ‚Fremde’ und das ‚Eigene’ relationale Grössen sind, es sich also bei<br />
diesem Verhältnis um eine dialektisch zu denkende Interdependenz und nicht<br />
um eine binäre Opposition handelt. Getreu der von Enzensberger blossgelegten<br />
«Dialektik des Tourismus» muss das Unternehmen eines life-seeing aber<br />
zwangsläufig scheitern.<br />
Das regionalistische Konzept des ‚Terroirs’ Die Idee des<br />
‚Terroirs’ kommt aus Frankreich und ist in der Schweiz noch relativ jung. 02<br />
Die ‚Schweizerische Vereinigung zur Förderung der AOC und IGP’, die sich<br />
für die Einführung geschützter Ursprungsbezeichnungen bei Lebensmitteln<br />
wie Käse, Fleisch und Brot einsetzt, stützt sich jedoch auf dieses Konzept.<br />
Der Begriff ‚Terroir’ lässt sich als ein spezifisches Konzept von Regionalismus<br />
verstehen. Er bezeichnet die Gesamtheit der natürlichen und menschlichen<br />
Eigenheiten einer Region. Zu den Faktoren, die ein Terroir ausmachen und<br />
charakterisieren sind sowohl die klimatischen, bodenkundlichen und landwirtschaftlichen<br />
Einflüsse als auch die Menschen mit ihrem Wissen, ihrem<br />
Know-how und ihren Traditionen zu zählen. Landwirtschaftliche Produkte<br />
eines Terroirs sind in ihrer Beschaffenheit von der Besonderheit des Terroirs<br />
geprägt.
26<br />
ULRIKE SCHELLING SIGHTEATING: Regionen Konsumieren<br />
27<br />
Regionalistische Konzepte sind ambivalent: Es kann die konservative oder<br />
sogar restaurative Idee dahinter stehen, dass ein bestimmtes topografisches<br />
Terrain eine physischräumlich determinierte, autochthone regionale Identität<br />
hervorbringt. Die Beziehung zwischen dem Terrain und seiner Bevölkerung<br />
kann aber auch dynamisch gedacht werden: der Lebensraum prägt die Menschen,<br />
die ihn ihrerseits aktiv und nachhaltig gestalten. Schliesslich werden<br />
Regionen nicht nur «von innen» immer wieder verändert und neu entworfen,<br />
sondern auch «von aussen» gemacht: Touristen, Städter und andere Interessengruppen<br />
projizieren ihren Wunsch nach Authentizität in eine bestimmte<br />
Landschaft oder verorten die Sehnsucht nach Verwurzelung in einer bestimmten<br />
Region.<br />
Die sight auf dem Teller: «Landschaft essen» 03 Am Phänomen<br />
des ‚Terroirs’ und seinen Produkten scheinen sich dieselben Widersprüchlichkeiten<br />
zu brechen, die eine Kritik des Tourismus von Enzensberger<br />
über Roland Barthes 04 bis Boris Groys herausgearbeitet hat: «Der touristische<br />
Blick romantisiert, monumentalisiert und verewigt alles, worauf er gerichtet<br />
ist». 05 Sowohl der Tourismus als auch der Konsum von lokalen Spezialitäten<br />
erweisen sich dabei als kulturelle Praxen, die eine starke Nachfrage nach<br />
regionalistischer Differenz – sei es in einem interkulturellen oder sei es in<br />
einem intrakulturellen Rahmen 06 – erzeugen: «Der Tourist sehnt sich [...] nach<br />
kultureller Differenz. [...] Der Tourist konsumiert Differenz». 07<br />
Gegenläufig zur Nachfrage nach Differenz und parallel zur Monumentalisierungs-<br />
und Musealisierungstendenz des touristischen Blicks bewirkt die<br />
Nachfrage jedoch gleichzeitig eine Uniformierung der touristischen Angebote,<br />
was sich im Genre der Reiseführerliteratur mit ihren standardisierten Qualifizierungen<br />
gut nachvollziehen lässt. Dasselbe gilt für Terroirprodukte mit einer<br />
‚Ursprungsbezeichnung’, die aus kommerziellen Gründen und aus Gründen<br />
der Lebensmittelsicherheit sowie wegen der weiten Distributionswege als<br />
staatlich zertifizierte Marken den im entsprechenden Landwirtschaftsgesetz<br />
geregelten Standards der Dachmarken der AOC und IGP genügen müssen.<br />
Auch hier wird die Nachfrage nach einer exklusiven, einzigartigen Herkunft,<br />
wird die Betonung von Vielfalt und Differenz von Vereinheitlichungsmechanismen<br />
sekundiert.<br />
01 02<br />
03<br />
01 Baedeker, Schweiz, 2006: Tour 1, S. 128. Sights als touristische Stationen<br />
02 Aus der Region. Für die Region. Ein Versprechen Ihrer Migros: Label der Migros.<br />
Regionalismus als ideeller Mehrwert<br />
03 Tradition & Terroir (Nr. 1, März 2007): Spezialitäten mit Charakter – Reflets de nos terroirs (hinteres Deckblatt).<br />
Die Landschaft als Kulisse. Das innere Bild der Landschaft als ideeller Mehrwert
28<br />
ULRIKE SCHELLING SIGHTEATING: Regionen Konsumieren<br />
29<br />
Die Idee von Identität, Besonderheit und Einzigartigkeit, die den Terroirprodukten<br />
über ihren Wert als alltägliche Lebensmittel hinaus als symbolischer<br />
Mehrwert oder «innerer Wert» mitgegeben ist, positioniert sich in exemplarischer<br />
Weise in diesem Spannungsfeld von konservativen und progressiven<br />
Auffassungen von Regionalismus.<br />
04<br />
So scheint sich auch die Sprache auf der Distributionsebene von Terroirprodukten<br />
der gleichen Rhetorik zu bedienen wie die Sprache des Tourismus:<br />
die Produkte sind stets «einzigartig», und man kann sie entweder «entdecken»<br />
oder muss sie «geniessen». Dem – uniformen – Alltag wird das besondere<br />
Erlebnis gegenübergestellt. Auch das Ethos der Gastfreundschaft wird wieder<br />
– wie beim Tourismus – in Anschlag gebracht: Es wird die zumindest<br />
imaginäre Tischgemeinschaft von ansässigen Produzenten und ortsfremden<br />
Konsumenten betont.<br />
Ästhetisierung des Alltags Das Alltägliche ist das, was bei vielen<br />
Menschen häufig vorkommt. Unter Ästhetisierung versteht Gerhard Schulze<br />
die «Herrichtung von Produkten für Erlebnisse» 08 , etwa in den Konsumbereichen<br />
von Essen, Wohnen oder Kleidung. Der ‚Geschmack’ wird bei Kaufentscheidungen<br />
zur dominierenden Instanz. Dass die Arbeit bei der Analyse<br />
der symbolischen (Mehr-)Werte von Terroirprodukten Begriffe aus der Kunsttheorie<br />
wie Original, Fälschung und Kopie, Authentizität und Aura verwendet,<br />
erfolgt daher einerseits vor diesem Hintergrund einer allseits diagnostizierten<br />
‚Ästhetisierung des Alltags’ und drängt sich andererseits angesichts einer auffallenden<br />
Inanspruchnahme dieser Begriffe im Vokabular der Promotion von<br />
Terroirprodukten geradezu auf.<br />
05<br />
Die Arbeit mit dem Titel «Sighteating: Regionen konsumieren»<br />
fragt, inwiefern Schweizer Terroirprodukte als intrakulturelle «sights» auf<br />
unserem Teller zu sehen – oder eben: zu essen sind. Allgemeiner stellt sie die<br />
Frage nach den Modi des Konsums von regionaler Differenz und nach deren<br />
Konsumierbarkeit überhaupt.<br />
01 Hans Magnus Enzensberger: Eine Theorie des Tourismus. – In: ders.: Einzelheiten I, Bewusstseins-Industrie.<br />
F.a.M. 1962, S. 200/01.<br />
02 So gibt es für den Begriff ‚Terroir’ in der deutschen Sprache auch keinen entsprechenden Ausdruck.<br />
03 Eva Gelinsky: ‚Landschaft essen’. Slow Food und die Verteidigung der regionalen Vielfalt. – In:<br />
Internationaler Arbeitskreis für Kulturforschung des Essens. Mitteilungen, Heft 10, 2003, S. 10-21.<br />
04 Roland Barthes: Der „Blaue Führer“. – In: ders.: Mythen des Alltags. F.a.M. 1964, S. 59-63.<br />
05 Boris Groys: Die Stadt im Zeitalter ihrer touristischen Reproduzierbarkeit. – In: ders.: Topologie der Kunst.<br />
München/Wien 2003, S. 190.<br />
06 Fremdheitserfahrungen werden nicht nur im interkulturellen, sondern auch im intrakulturellen Referenzrahmen gemacht.<br />
07 Hakim Bey: Zen des Reisens. – In: Kunstforum International, Bd. 136, 1997, S. 200.<br />
08 Gerhard Schulze: Die Erlebnisgesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart. F.a.M. 2005, S. 428 ff.<br />
04 Logos der Labels für AOC- und IGP-Produkte. Nationale Dachmarke für regionale Spezialitäten<br />
05 Culinarium, Genuss aus der Region, Ostschweizer Produkte- und Gastroführer 2006/07:<br />
Regional schmeckts besser, Bodenseelandschaft mit ‚Thurbo’ (vorderes Deckblatt, Innenseite).<br />
Landschaft sehen, Landschaft er-fahren, Landschaft essen
30<br />
robin haller landschaft<br />
31<br />
robin haller<br />
landschaft<br />
sichtweisen auf urbane räume<br />
Um es einfach zu sagen: Eine Landschaft ist ein bisschen die Vorstellung,<br />
die wir von ihr haben, ein bisschen das Bild, das wir von ihr kennen, und<br />
ein bisschen der Eindruck, den wir von ihr haben, wenn wir uns in ihr<br />
bewegen.<br />
Dann aber passt die Vorstellung nicht zum Bild, und wer durch die Strassen<br />
geht, die Häuser betrachtet, die Bushaltestelle an der Glaubtenstrasse,<br />
die Menschen dort und ihre Schrebergärten: Findet der Landschaft<br />
Robin Haller hat sich mit dem Fotoapparat auf die Suche gemacht,<br />
seine Vorstellungen von Landschaft überprüft und Bilder von ihr hergestellt<br />
- solche, die sie zeigen, und solche, die nach ihr fragen. In einem<br />
Essay führt er manche Überlegungen weiter, die er im Austausch mit dem<br />
aktuellen Forschungsprojekt ‚Landschaftsbilder‘ (HGKZ) entwickelt hat.<br />
Manfred Gerig, Mentor<br />
Wer mit offenen Augen durch den urbanen Raum geht, die körperliche Wahrnehmung<br />
aktiviert und die anwesenden Objekte und Materien als Äusserung<br />
menschlicher Kultur respektiert, kann unter Umständen ein überraschendes<br />
Phänomen beobachten. Dabei wandelt sich die scheinbar klar strukturierte,<br />
abgegrenzte und betonierte Stadtlandschaft in eine unüberblickbare Menge<br />
konstruierter Formen und Gestaltungen. Auf engstem Raum lassen sich unterschiedliche<br />
Landschaftstypen und Topografien entdecken, die abermals mit<br />
allerlei Architekturen und Oberflächen ausgestattet sind. Wer diesen komplett<br />
durch den Menschen geformten Raum zu lesen und zu entziffern weiss, wird<br />
an jeder Ecke Hinweise entdecken. Diese neuartige, zeichenhafte Landschaft<br />
teilt sich mit, sie kommt auf den Betrachter zu und ist ständig in Bewegung.<br />
NEUE LANDSCHAFTSTHEORIEN Im Versuch, an einem Ort oder in einem<br />
Gebiet möglichst viele Landschaftsaspekte aufzunehmen, sind der obigen<br />
Beschreibung bestimmte Blick- und Sichtweisen neuer Landschaftstheorien<br />
implizit. Die neuen Theorien sind disponiert, gegenwärtige Landschaftsveränderungen<br />
im Realraum aufzunehmen, weil die tradierten, auf Nutzung und<br />
Funktion abgestützten Theorien diese Veränderungsprozesse nicht oder nur<br />
unzureichend erfassen. Gemeint sind die in den aktuellen Landschaftsdebatten<br />
diskutierten Phänomene wie das Verschwinden der Oppositionen von<br />
Stadt und Land oder die Auflösung von Zentrum und Peripherie in den sogenannten<br />
Agglomerationen. Innerhalb der neuen Theorien wird demzufolge<br />
versucht, vom wachsenden urbanen Raum, der ständig neue Identitäten und<br />
Erscheinungsformen produziert, ein differenziertes Bild zu zeichnen. Dieser<br />
neuartige Landschaftsraum wird als schwer lesbares, hybrides, dynamisches<br />
und fragmentiertes Gebilde beschrieben.<br />
Die Bestrebung, neuartige Raumqualitäten sichtbar zu machen und diese möglichst<br />
vielfältig zu veranschaulichen, kann als Merkmal neuer Landschaftstheorien<br />
bezeichnet werden. Diese auf Diversität intendierende Beschreibung<br />
von Landschaft wurde für mich zum Anlass, mich mit den sogenannten Agglomerationen<br />
und ihrer bildlichen Repräsentation zu befassen. In der Kategorie<br />
der Mannigfaltigkeit erkannte ich ein kraftvolles gestalterisches Potenzial, um<br />
Bilder machen zu können, die eine Verbindung zu den Theorien herstellen.<br />
Dabei interessierte mich, ob die Systematisierungs- und Ordnungskriterien<br />
neuer und alter Theorien sich auf die Bildproduktion anwenden lassen und ob<br />
die theoretischen Unterschiede auch visuell erkennbar werden.
32<br />
robin haller landschaft<br />
33<br />
ZWEI BILDKONZEPTE Das Untersuchungsgebiet ist eine typische Agglomerationslandschaft<br />
und hat an der Verkehrskreuzung Wehntalerstrasse und<br />
Glaubtenstrasse in Neu-Affoltern ihren geografischen Mittelpunkt. Von dieser<br />
Kreuzung ausgehend wurde das Gebiet mehrfach fotografisch erkundet.<br />
Dabei dienten zwei oppositionäre Bildproduktionsmethoden als Leitmotiv.<br />
Zum einen entstanden beim Flanieren durchs Gelände eher beiläufige, einer<br />
Alltagswahrnehmung entsprechende Bilder. Zum anderen wurde das Untersuchungsgebiet<br />
unter einer funktional-raumplanerischen Sichtweise beurteilt<br />
und entsprechende Aufnahmen gemacht. In der anschliessenden Anordnung<br />
der Bilder wurde mit formal-gestalterischen Mitteln wie Herauslösen (Einzelbild),<br />
Kontextualisieren (Bildkombination, Bildstrecke) und Kommentieren<br />
(Legenden) versucht, die Heterogenität beider Sicht- und Blickweisen auf die<br />
Landschaft zu betonen. In der anschliessenden Bild-Reflexion wurden die<br />
Differenzen, die Stärken und Schwächen beider Konzepte herausgearbeitet.<br />
MIT BILDERN LANDSCHAFT SUCHEN Beim Sichten und Auswählen des<br />
Fotomaterials dienten Begriffe wie objektiv und narrativ, kontrolliert und<br />
beiläufig, konventionell und heterogen als Beurteilungskriterien. Im Verlauf<br />
dieser Arbeit entstanden zwei ungleiche Bildstrecken, die vom gleichen<br />
physischen Agglomerationsraum ein sehr unterschiedliches Landschaftsbild<br />
zeichnen. Dabei ändert sich nicht nur der formale Gestus, sondern<br />
die Bilder offenbaren sehr unterschiedliche landschaftliche Aspekte. Weil<br />
die heterogenen Bildstrecken keiner hierarchischen Gliederung unterliegen<br />
und nebensächliche und unscheinbare Landschaftserscheinungen genauso<br />
thematisieren wie übersichtliche Perspektiven, potenziert sich die Fülle an<br />
Landschaftsaspekten. Obschon die Lesbarkeit solcher Bildkonglomerate gewisse<br />
Schwierigkeiten mit sich bringt, wird der Betrachter zum Verweilen<br />
und Beobachten eingeladen. Das Schlendern durch den Realraum findet auf<br />
den Bildern seinen Fortgang. Im Gegensatz dazu besitzen die klaren, in einem<br />
ästhetisch-kontrollierten Prozess entstandenen Bilder ganz andere Merkmale.<br />
Sie zeigen den Sachverhalt im Bild, entsprechend schnell und unmissverständlich<br />
können sie aufgenommen werden. Ihre einleuchtende Präsenz basiert<br />
auf fotografischen Konventionen und zeigt die fotografierte Landschaft<br />
im bestmöglichen Licht. Unerwartete Erkenntnisse bleiben weitgehend aus,<br />
und die Aufmerksamkeit gegenüber den Bildern erschlafft schneller. Als Teil<br />
meiner Bild-Reflexion führte diese Beobachtung zur Erkenntnis, dass sich tradierte<br />
Landschaftsvorstellungen mit narrativen Bildern und Bildkonzeptionen<br />
entscheidend erweitern und verändern lassen.<br />
In tradierter, fotografischer Manier, zeigt das erste Bild das Untersuchungsbebiet in der Übersicht. Aus der Kavallerieperspektive werden verschiedene historische<br />
Siedlungskonzepte im Agglomerationsraum erkennbar. In unmittelbarer Nachbarschaft stehen verdichtete Wohnblöcke neben Einfamilienhäusern mit<br />
Garten. Als Ausschnitt aus dem Gesamtgebiet, zeigt das zweite Bild eine typische Wohnlandschaft, wie sie in Neu-Affoltern häufig anzutreffen ist.
34 35<br />
robin haller landschaft<br />
Im narrativen Bildkonzept weicht die klare Struktur einer fragmentierten, collagenartigen Anordnung der Bilder. Räumliche Ordnungskriterien sind nur bedingt<br />
ersichtlich und delegieren allfällige Orientierungswünsche an den Betrachter. In der erschwerten Lesbarkeit solcher Bildkonglomerate verbirgt sich die Chance,<br />
neue Landschaftsaspekte zu entdecken.
36 Charles Vogel der epiphane charakter der kunst 37<br />
charles vogel<br />
Der epiphane charakter der kunst<br />
Erinnerungen an Begebenheiten anlässlich von Besuchen eines Kunstmuseums<br />
werden in der Arbeit von Charles Vogel zum Ausgangspunkt einer<br />
Auseinandersetzung mit ästhetischer Theorie genommen.<br />
So wird zunächst das Konzept der ästhetischen Erfahrung – mit Martin<br />
Seel und Christoph Menke – als Prozess beschrieben, in dem das Verstehen<br />
die Konvention des blossen Wiedererkennens verlässt, die problemlose<br />
Verknüpfung von Signifikant und Signifikat misslingt, gewohnte Geltungsansprüche<br />
scheitern. Voraussetzung für diese Art ästhetischer<br />
Negativitätserfahrung jedoch sei ein «Wissen über Bestehendes, also ein<br />
Wissen über die eigene Kultur. Bevor man sich in seiner Lebenswelt nicht<br />
auskennt, kann keine dezidiert andere, das heisst ästhetische Erfahrung<br />
gemacht werden».<br />
In einem weiteren Schritt setzt sich die Arbeit mit Roland Barthes‘<br />
Begriff des «punctum» auseinander, einer persönlichen Betroffenheit,<br />
und zugleich einer Zersetzung allgemeiner Referenzbeziehungen, die das<br />
kulturell geprägte «studium» eines Bildes stört. Das «punctum» stelle<br />
sich dort besonders «überfallartig» ein, wo die scheinbar grösste Einigkeit<br />
zwischen Fotograf und Betrachter, zwischen «operator» und «spectator»<br />
geherrscht hatte, nämlich über das «Es-ist-so-gewesen» der Fotografie.<br />
Zwei kurze Hinweise auf «Kunst als punctum» – nämlich bei Kasimir<br />
Malevitsch und Marcel Duchamp – schliessen sich an.<br />
Im abschliessenden Teil geht Charles Vogel der als «Epiphanie des Werdens»<br />
bezeichneten Besonderheit ästhetischer Erfahrung nach, und zwar<br />
an Beispielen aus dem eigenen Arbeitsalltag als sogenannter «Desker» im<br />
Umgang mit Bildern und Texten in der Redaktion der Nachrichtenabteilung<br />
eines Lokalfernsehsenders. Nachgezeichnet wird ein mitunter sich entwickelnder<br />
Prozess, «in dem das ‚studium‘ seine Wirkungsmacht verliert»<br />
und aus der permanenten resoluten Konstruktion der Nachricht des «Esist-so-gewesen»<br />
dennoch «Unkonstruierbares» entsteht.<br />
Andreas Volk, Mentor<br />
Alltag im Kunstraum Die ästhetische Erfahrung ist durch eine unendliche<br />
Verzögerung automatischer Verstehensprozesse gekennzeichnet. Sie<br />
äussert sich in einer Umkehr der Lesebewegung. Das auf eine Bedeutung ausgerichtete<br />
Zeichen blendet zugunsten seiner Materialität zumindest vorübergehend<br />
seine Funktion als Bedeutungsträger aus. Negativ ist das prozessuale<br />
Geschehen ästhetischer Erfahrung insofern, als die wechselseitige Entsprechung,<br />
Ineinanderbildung oder Synthetisierung von Signifikant (Zeichen) und<br />
Signifikat (Bedeutung) misslingt. Der Darstellungsprozess bleibt ein Prozess,<br />
weil sich kein vom ihm losgelöstes Resultat synthetisieren lässt. Das unüberwindbare<br />
Fortdauern des ästhetischen Prozesses basiert auf der vorausgesetzten<br />
Nichtidentität von Zeichen und Bedeutung oder Form und Inhalt.<br />
Das ästhetische Verstehen existiert im Gegensatz zum nicht-ästhetischen<br />
als automatischem Verstehen ohne ausgemachtes Endprodukt. Automatisch<br />
heisst hingegen jedes Verstehen, dessen Prozess zu einem Ende führt.<br />
Das Bild Was ein Bild zeigt - sei es eine Fotografie oder eine Zeichnung,<br />
determiniert in keiner Weise, was es bedeutet. Für sich alleine hat es noch<br />
keine Bedeutung. Letztere hängt ausschliesslich davon ab, welcher Gebrauch<br />
vom Bild gemacht wird. Die Bedeutung erwächst erst durch die Einbettung<br />
in einen Kontext. Ähnlich wie in Ludwig Wittgensteins Sprachphilosophie, in<br />
der die Bedeutung eines Wortes aus seinem Gebrauch in der Sprache abgeleitet<br />
wird, entscheidet über die Aussage von Bildern ihr Gebrauch als Summe<br />
ihrer Verwendungsweisen. «Denn was die Gesellschaft mit meinem Bild anstellt,<br />
was sie darin liest, weiss ich nicht (schliesslich lässt sich so vieles in ein und<br />
demselben Gesicht lesen).» 01<br />
Das punctum Roland Barthes nennt den Moment vermeintlicher Leere im<br />
fotografischen Bild punctum. 02 Vermeintlich leer ist das punctum, weil es wohl<br />
einen Bedeutungsgehalt hat, diesen aber auf eine einzigartige Weise zur Darstellung<br />
bringt. Das punctum bricht mit der begrifflichen Sprache. Denn diese<br />
Sprache weiss, was sie will. Das punctum will sie jedenfalls nicht. Insofern<br />
beginnt das punctum dort, wo die begriffliche Sprache aussetzt. Das punctum<br />
markiert das Feld einer anderen Sprache - der fotografischen. Und nun will<br />
das punctum auch noch in dem, was es eben gerade nicht ist, beschrieben werden.<br />
Dabei ist eine gewisse Zurückhaltung vonnöten. Um ihm, dem punctum,<br />
gerecht zu werden, sind Massnahmen zur Verunsicherung der begrifflichen<br />
01 Barthes, Roland: Die helle Kammer. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1989: S.23.<br />
02 Barthes, Roland: Die helle Kammer. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1989: S.52 ff.
38 Charles Vogel der epiphane charakter der kunst 39<br />
Sprache angezeigt. Um dem Sinn des punctum auf die Spur zu kommen,<br />
wird es nötig sein, dass es hin und wieder in Frieden gelassen wird. Wer ein<br />
punctum gewinnen will, muss es als in festgelegten Begriffen bedeutendes<br />
verlieren und formal gewinnen. Man kann deshalb auch sagen, dass durch<br />
eine Beschreibung des punctums, man wenig über das punctum erfahren wird,<br />
dafür mehr über den, der es beschreibt. So verschieden die sind, die das Bild<br />
betrachten, so variabel wird ihre Rede darüber sein.<br />
oder weniger intensiv zu. Seine Betrachtung eines Ausgangsmaterials als<br />
etwas Unbestimmtes leitet die aktive Gestaltung seines Gegenstandes. Sie<br />
leitet die Gestaltung überhaupt erst ein. Denn das ‚autonome’ Sehen kommt<br />
nur dann zustande, wenn die Ordnung des Sehens nicht durch die über das<br />
Material und die Form manifest gewordene Ideologie vorbestimmt bleibt. Angesichts<br />
dieser Faktizität muss der Sehende sich zuerst die Freiheit nehmen<br />
können, aktiv einzugreifen.<br />
Irritationen Was Malevitsch beabsichtigte, ist unwichtiger als das, was<br />
diese Strategie für den Betrachter bedeutete. Angesichts des reduzierten Charakters<br />
eines seiner Werke, dem Schwarzen Quadrat, kann man sich fragen, ob<br />
der Betrachter, wenn er darin einfach nichts entdecken kann, was einem Gegenstand<br />
ähnelt, sich dann vielleicht selber, als ein um Bedeutung ringender<br />
Betrachter bemerkt. Wenn der Gegenstand sozusagen ‚nichts’ ist, gewinnen<br />
dann nicht die Dinge rundherum wie von selbst an Bedeutung Die konkrete<br />
Umgebung, zu der nicht nur der Rahmen und andere Dinge, sondern auch<br />
der Betrachter und seine Gestimmtheit gehören, werden wohl umso wichtiger.<br />
Diese Tendenz zur Entgrenzung ergibt sich aus der ständigen Ungewissheit<br />
des Betrachters, welche Aspekte im oder am Objekt nun bedeutend oder signifikant<br />
sein sollen.<br />
Duchamp erklärte die gewöhnlichsten Gebrauchsgegenstände wie das Urinoir<br />
kurzerhand zu Kunstwerken. Damit brach er mit jeder Erwartung von materieller<br />
Kostbarkeit. Ausserdem zog er sich als Künstler, der normalerweise<br />
seine Objekte sichtbar gestaltet, weitestgehend aus dem Produkt zurück und<br />
zelebrierte in ihnen seine Abwesenheit. Mutmassungen über einen genialen<br />
Künstler und die Einzigartigkeit seines Kunstwerks wurden dadurch hinfällig.<br />
Beides erfüllte sich im industriell hergestellten Urinoir. Bis dahin für Kunstwerke<br />
geltende Eigenschaften hat Duchamps weggewischt. Keine Instanz<br />
sicherte dem Betrachter nunmehr den gesicherten Zugriff auf das ausgestellte<br />
Objekt. Die fehlende überpersonale Instanz warf den Betrachter auf seine<br />
eigene Sinnproduktion zurück. Ständig drängt den Betrachter die Frage: Was<br />
will ich wie in den Griff bekommen<br />
Rezeption und Produktion Produktion und Rezeption von Kunstwerken<br />
sind von den Operationen her nicht verschieden. Was sich einerseits als<br />
künstlerischer Produktionsprozess verstehen lässt, zeichnet andererseits der<br />
Sehprozess des Rezipienten nach. Mit Sehprozess ist ein selektiver Vorgang<br />
bezeichnet: ein Rezipient wendet sich bestimmten visuellen Eindrücken mehr<br />
Die passende Ausgangsmaterie ist eine, die zu manipulieren sich der Betrachter<br />
im Stande fühlt. Der Rezipient oder Produzent strukturiert diese<br />
Ausgangsmaterie, indem er signifikante Einheiten formt, auswählt, arrangiert,<br />
um schliesslich in begrifflicher Abstraktion zu einer Bedeutungsebene zu<br />
gelangen. In der Neuzusammensetzung des materialen Ausgangsstoffes, verbunden<br />
mit seiner Verwandlungsqualität, stellt der Betrachter oder Produzent<br />
in der ästhetischen Erfahrung für kurze Zeit eine Identität von Sinn und Sinnlichkeit<br />
her. Aber leicht ist der Sinn wieder verworfen. Wohl zeigte sich dem<br />
Gestalter einmal etwas, was zu verändern sich anbot. Zu einer neuen Umwelt<br />
schliesslich umgeformt, modifiziert dieses Veränderte im gleichen Atemzug<br />
den Gestalter und seine Gestimmtheit mit. Anders positioniert, sich in neuer<br />
Umwelt wiederfindend, sieht sein Auge neu. Statt der Erfahrung von Identität<br />
stellt sich nun eine der Differenz von Sinn und Sinnlichkeit ein. Dieser Differenz<br />
kann nur mit neuerlicher Umformung entgegnet werden.<br />
Epiphaner Charakter Das Wissen um das Gewordensein des eigenen<br />
Blicks auf die Welt im Prozess ästhetischer Erfahrung markiert den herausragenden<br />
Moment in der Kunstwahrnehmung. Unter epiphanem Charakter<br />
der Kunst verstehe ich dieses Wissen. Da die ästhetische Erfahrung an<br />
Kunstwerken geübt sein mag, aber keineswegs abhängig vom Gegebensein<br />
ästhetisch designierter Vorlagen ist, geht es darum, diesem Wissen über das<br />
Gewordensein im Alltag nachzugehen. Wie und wann erfahre ich ausserästhetisch<br />
ästhetisch<br />
Alltag in der Arbeitswelt Ich arbeite in einer Redaktion der Nachrichtenabteilung<br />
eines regionalen Fernsehsenders. Einerseits stelle ich Texte<br />
her, die vom Nachrichtensprecher in die Kamera gelesen werden. Andererseits<br />
produziere ich kurze Beiträge, die während der Nachrichtensendung<br />
eingespielt werden. Mein Ausgangsmaterial für die Beiträge besteht aus bewegten<br />
Bildern und Texten, die mir von Agenturen zukommen. Wichtige<br />
selektive Vorgänge, wie Entscheide über relevante Themen und Bilder, sind
40 Charles Vogel der epiphane charakter der kunst 41<br />
bereits vor meinem Eingriff wirksam. Was von den Agenturen zu mir gelangt,<br />
ist, indem es nur gewisse Aspekte herausstellt, immer schon mit Bedeutung<br />
versehen, die andere Personen ihm verliehen haben und davor wieder andere.<br />
Dieser Vorselektion bin ich ausgeliefert. Eingebunden in den personalen Bedeutungsvermittlungsapparat<br />
ist mir der Rahmen nicht nur vorgegeben, ich<br />
gebe ihn auch weiter. Dabei ist die Methode festgesetzt. Sie folgt dem Grundsatz,<br />
Eindeutigkeit herzustellen. Der Zuschauer soll vom Gewordensein der<br />
Nachrichtenbeiträge nichts spüren. Erst der Charakter unhintergehbarer Tatsächlichkeit<br />
legitimiert die Sendung als Nachrichtensendung. Den Tatsachen<br />
entsprechend muss sie so tun, als sei sie frei von persönlichen Auffassungen<br />
und Gefühlen der Berichtenden. Um diese Illusion aufrecht zu erhalten, ist<br />
das Zusammenspiel der beiden Darstellungsebenen, Bild und gesprochener<br />
Text zu berücksichtigen. Um beim Zuschauer automatisches Verstehen zu<br />
erzeugen, muss die sprechende Wirkung der Bilder mit dem Text eine Einheit<br />
bilden. Die verschiedenen Kanäle dürfen keine gegensätzlichen Aussagen machen.<br />
Die Lesebewegung muss so reibungslos verlaufen, dass sie tatsächlich<br />
zu einem Ende, zum Verständnis führt. Der Text lenkt dabei das Bildverstehen<br />
in die gewollte Richtung.<br />
Es erreichen mich bewegte Bilder und Texte. Ich selektiere. Aus vier Minuten<br />
Bildmaterial wird eine 20-Sekunden-Bildsequenz. Aus einer A-4 Seite Text<br />
werden wenige, möglichst kurze, die ausgewählten Bilder kommentierende<br />
Sätze. Manchmal ist die Agenturmeldung selbst bereits so knapp gehalten,<br />
dass kein Aussortieren mehr möglich ist.<br />
01<br />
01 Agenturmeldung der Associated Press AP
42<br />
nora fiechter Projektkomplikationen<br />
43<br />
NORA FIECHTER<br />
Projektkomplikationen<br />
Teamarbeit in der Entwicklung eines Künstlerfilmprojektes<br />
Aufgrund früherer Assistenzarbeiten bei einem Fotografen bekommt Nora<br />
Fiechter das Angebot, beim Projekt einer Künstlerfilmreihe mitzuarbeiten.<br />
Ein Fotograf und Kameramann, ein Filmton- und -technikmann sowie ein<br />
Künstler als Interviewer haben sich für einen ersten Künstlerfilm zusammengeschlossen.<br />
Nora Fiechter soll nun dabei helfen, daraus eine eigene Reihe<br />
entstehen zu lassen.<br />
Die Hoffnungen sind gross, in ein laufendes Projekt einsteigen zu können,<br />
um an Konzeption und Realisation von Künstlerfilmen mitarbeiten zu können.<br />
Bald zeichnet sich jedoch ab, dass das Projekt nach der Fertigstellung eines<br />
ersten Films überhaupt erst entwickelt werden muss, und Nora Fiechter vor<br />
allem die Aufgabe zugedacht ist, hierfür Sponsoren zu suchen und gleichzeitig<br />
mit Galerien und Künstleragenturen als möglichen Auftraggebern Kontakt<br />
aufzunehmen.<br />
Nach ersten, teilweise unerwartet kurz gehaltenen Absagen verlagert sich<br />
die Arbeit rasch einmal auf die Ausarbeitung einer ausführlichen Selbstdarstellung<br />
des Projekts, ein «Dossier» soll erarbeitet werden, das auf einem<br />
bereits vorliegenden Leitbild sowie einer Ideensammlung zu Zeitplan und<br />
Finanzierung aufbaut. Nora Fiechter versucht parallel dazu grundlegende<br />
Begriffe des Leitbildes zu klären, um einen eigenen und für die interne und<br />
externe Kommunikation vielleicht hilfreichen Zugang zu erschliessen. Sie<br />
führt hierfür Interviews mit verschiedenen Personen durch, die im Bereich<br />
der Kulturförderung tätig sind oder bereits einige Erfahrungen damit gemacht<br />
haben.<br />
Die Diskussion im Projektteam verlegt sich unterdessen darauf, welchen Beitrag<br />
das Projekt zur finanziellen Existenzsicherung der Beteiligten leisten<br />
muss, wieviel Eigenfinanzierung gerade noch übernommen werden könnte. Und<br />
Begriffsklärungen scheinen an dieser Stelle auch nicht mehr weiterzuhelfen.<br />
Der Kontakt der Projektbeteiligten lässt nach, Nora Fiechter versucht, ihre<br />
Erfahrungen in einem Bericht zu fassen und die möglichen Ursachen dieser<br />
Projektentwicklung zu analysieren.<br />
Andreas Volk, Mentor<br />
Unser Projekt begann exemplarisch. Einer hatte eine Idee, die einem zweiten<br />
gefiel, ein dritter und eine vierte wurden angefragt, ob sie sich mit ihrem Können<br />
einbringen wollten, was sie schliesslich gerne taten. Wir bildeten ein kleines<br />
Team, das Ideen und ein Ziel hatte. Wie wir damit umgehen wollten, konnten<br />
wir selbst bestimmen - wir hatten weder Auftrag noch Verpflichtung. Mit Enthusiasmus<br />
und guter Laune begannen wir zu arbeiten.<br />
Nach einer Weile kamen wir in eine Situation, die wohl ebenso exemplarisch ist<br />
für Projektarbeit. Es ging nicht mehr vorwärts, die Vorstellungen divergierten,<br />
vor allem in Bezug auf die Finanzierung.<br />
Der eine sagte, machen wir einfach mal. Der andere sagte, aber ich brauche<br />
schon ein bisschen Geld für das, was ich mache. Material und Spesen müssen<br />
wir ja auch bezahlen. Die dritte sagte, um an Geld zu kommen, müssen wir das<br />
Projekt verkaufen. Das können wir nur, wenn wir genau wissen was wir tun.<br />
Der vierte sagte nichts. Drei Wochen später, in denen nichts geschehen war, sagte<br />
der eine, machen wir einfach mal.<br />
B Wir sind selber Künstler und deshalb verstehen wir ja auch, was Künstler<br />
haben müssen, was Künstler wollen. Anstatt dass wir als Künstler uns selber<br />
eine Plattform schaffen, stellen wir sie anderen Künstlern zur Verfügung.<br />
Deshalb bin ich der Meinung, dass diese Frage beantwortet ist, dass es nicht<br />
ein kommerzielles, sondern ein künstlerisches Projekt ist.<br />
A Wir suchen ja Wege, nicht nur, um einen Film zu machen, weil wir vielleicht<br />
doch nicht so die reinen Künstler sind, sondern wir suchen auch Wege<br />
der Finanzierung. Diesen Film zu machen ist überhaupt kein Problem, aber<br />
wir wollen auch, dass er bezahlt ist. Es ist richtig, dass wir in dieser Hinsicht<br />
ein wenig Sturheit entwickeln.<br />
Ich bin natürlich mehr der Unternehmertyp. Wir haben gesagt, wir müssen einen<br />
Mehrwert schaffen für die Leute, die den Film finanzieren.<br />
D Ja, das geht wenn man einen Sponsor sucht, aber nicht, wenn man gefördert<br />
wird.<br />
A Nein, aber die Förderung können wir vergessen.<br />
B Das Problem am ganzen Projekt ist folgendes: ein Künstler geht im Normalfall<br />
an seine Aufgabe, indem er sie lösen will, und erst nachher schaut<br />
er, was sich finanziell daraus machen lässt. Deshalb nagen die meisten am<br />
Hungertuch. Ein Unternehmer klärt zuerst eine Marktsituation ab, bevor er<br />
etwas produziert. Wenn ich zuerst analysiere, was die Leute von einem Bild<br />
erwarten und es dann male, dann kommen so Rolf Knie Bilder raus. Das ist,<br />
meine ich, nicht die Aufgabe des Künstlers. Wenn wir uns schon als Künstler<br />
bezeichnen in diesem filmischen Projekt, dann wäre ich der Meinung, dass
44<br />
nora fiechter Projektkomplikationen<br />
45<br />
wir mit relativ geringen Entstehungskosten eine Anzahl solcher Filme realisieren<br />
sollten. Aber ich weiss, dass das keinen grossen Anklang gefunden hat.<br />
Wenn wir einmal wenigstens sechs Filme produziert hätten, so würde unsere<br />
Überzeugungstäterschaft akzeptiert, und mit dieser hätten wir nachher eine<br />
viel grössere Schlagkraft. Dann kommt sofort das Argument C müsse davon<br />
leben, A aus mir unerfindlichen Gründen auch. A hätte die Möglichkeiten so<br />
etwas zu realisieren, ohne dass dabei Geld reinkommen muss.<br />
A Also ich fand diesen Ansatz gut, den wir letzte Woche hatten: für uns ist<br />
es ein künstlerisches Projekt. Du kannst auch so weit gehen, zu sagen, wir<br />
wollen gar keine Fernsehreihe machen, sondern wir wollen... [zeigt Fotografien]<br />
Das sind nicht einfach nur Fotos, sondern diese Fotos haben selbst einen<br />
künstlerischen Ausdruck. Und so ist vielleicht auch dieser Film. Du kannst<br />
sagen, wir machen jetzt Filme, aber irgendwann kostet es halt.<br />
D Aber ein bis zwei Filme könnten wir noch aus dem eigenen Sack bezahlen<br />
A Ja von mir aus schon, aber die Postproduktion ist das Problem.<br />
D Würdest du C [Verantwortlicher für Schnitt] überzeugen<br />
A Für nur einen Film könnte ich ihn überzeugen.<br />
D Als ich das «TV» aus dem Projekttitel streichen wollte, als ich gesagt habe,<br />
wir brauchen einen anderen Namen, da hatte ich das Gefühl, wir müssen<br />
unser Profil genauer bestimmen. Wir müssen wissen, wen wir ansprechen<br />
wollen, was unsere Ziele sind. Wir müssen etwas Spezielles haben, sodass<br />
die, die schon viele solche Anfragen bekommen haben, unsere Filme wollen<br />
und interessant finden. Ich habe den Namen dann geändert, eben weil ich<br />
eigentlich finde, das Bild, das wir vermitteln wollen, sollte nicht so auf der<br />
kommerziellen Schiene laufen.<br />
A Wenn das so ist, wie du das jetzt definierst und wie wir uns jetzt auch darstellen<br />
wollen, würde ich doch nochmals probieren, von der Kulturförderung,<br />
der «Gesellschaft des Guten und Gemeinnützigen» oder dem «Migros Kulturprozent»<br />
Geld zu bekommen. Das wären die richtigen Stellen.<br />
Wir dürfen uns nicht zu grosse Sorgen machen. Irgendwann kommst du an<br />
den Punkt, wo du sagst, so jetzt hab ich’s, und dann ist es meistens gut. Und<br />
an diesem Punkt sind wir noch nicht.<br />
D Aber es ist die Frage, ob wir einfach so da hinkommen oder wer was dazu<br />
machen muss.<br />
A Es ist schwer mit drei Leuten dorthin zu kommen.<br />
01<br />
02<br />
01 «Denker», Situation in meinem Zimmer mit Brainstorming und Terminplaner<br />
02 «Schema», Notiz zur Themenfindung
46<br />
Nora fiechter Projektkomplikationen<br />
47<br />
Wie kommt man von diesem Punkt aus trotzdem weiter Eine allgemeingültige<br />
Regel gibt es leider nicht, denn gäbe es eine solche, würden gute Projektideen<br />
nicht einfach wieder fallen gelassen. Für unser Projekt war ich der Meinung,<br />
dass wir genau wissen sollten, was wir tun. Meine Aufgabe war das Erstellen<br />
eines Dossiers, mit welchem ich auf potentielle Geldgeber zugehen sollte. Bei<br />
dieser Aufgabe vermisste ich ein klares Profil, und ich versuchte, wichtige<br />
Grundfragen zu klären. Welchen Charakter sollen unsere Filme haben, und<br />
wo wollen wir sie zeigen Wie wählen wir die Künstler aus Was verstehen<br />
wir unter einem Künstler und was unter einem regionalen Künstler Was<br />
verstehen andere unter einem Künstler<br />
Diese Widersprüchlichkeit der Aussagen ist bezeichnend für das Kunstumfeld.<br />
Wir würden nicht einfacher an Geld kommen, wenn wir wüssten, was ein<br />
Künstler ist, obwohl ich mir dies erhofft hatte. Ich würde mich daran gewöhnen<br />
müssen, dass sich unser Projekt in einem kontroversen Umfeld ansiedelt,<br />
in welchem eine exakte Positionierung nicht zum Ziel führt.<br />
«Die Enquête hat immerhin eine Konstante zu Tage gebracht: das Gefühl, als<br />
Aussenseiter angesehen zu werden und noch häufiger als blosser Spassvogel».<br />
(Clottu Bericht) 01<br />
«Die sind oft schrullig, schwierig. Das gehört wohl dazu».<br />
(Fotograf und Filmemacher)<br />
«Das ist notabene für viele Künstler eine der Schwierigkeiten, dass sie z.T. schwierige<br />
Charaktere haben und nicht so gmögigi sind und es sehr schwer haben sich<br />
anderen zu öffnen und zu verkaufen».<br />
(Bankier)<br />
03<br />
«Ich habe eigentlich nirgends das Gefühl, das ist der gemeinsame Nenner, ausser<br />
dass ich sehr engagierte Leute oder Leute mit einer ganz hohen Eigenmotivation<br />
erlebe, die langjährige Künstler/innen sind».<br />
(Leiterin kantonale Kulturförderung)<br />
«Nicht wenige Künstler entwickeln sich zum One-Man-(oder -Woman-) Entrepreneur,<br />
der seine Kunst in ein komplettes «Dienstleistungspaket» integriert (Kunst<br />
+ Selbstinszenierung + Facilitating Management + Medienauftritte)».<br />
(Professor für Kultur- und Medienmanagement) 02<br />
«Also ich bin eh ein komischer Künstler. (...) Ich habe gemerkt das ist sowieso<br />
schon suspekt, wenn ein Kunstschaffender Sport treibt». (Künstler)<br />
04<br />
01 Gaston Clottu, Beiträge für eine Kulturpolitik in der Schweiz, 1975, S. 147.<br />
02 In: Jörn-Axel Meyer und Ralf Even (Hrsg.), Die Zukunft des Kunstmarktes. Zu Sinn und Wegen des Managements für<br />
Kunst, 2002, Lohmar-Köln, S.50.<br />
03 «Agenda», Instrument zur Überprüfung des wöchentlichen Ziels von 5 Anrufen und 2 Treffen<br />
04 «Protokoll», Protokoll von NF zum Treffen des Projektteams vom 15.1.07
48<br />
Anna Bühler kunst gucken<br />
49<br />
Anna Bühler<br />
kunst gucken<br />
annäherungen an die vernissage-gesellschaft<br />
Vernissagen sind ein wichtiger Teil des Kunstlebens, der nicht nur die<br />
Kunstwerke sondern auch deren gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
herausstellt. Die Vernissage als Institution hat sich vom letzten<br />
Schliff am Werk zum gesellschaftlichen Treffpunkt entwickelt.<br />
Im Zusammenspiel von Kunstwerk, Ausstellungssituation, Vermittlungsund<br />
Rezeptionsbestrebungen, Fachpublikum und interessierten Laien bildet<br />
sich ein verdichtetes phänomenologisches Feld, wo sich Rituale ereignen<br />
und Widersprüche bemerkbar machen. So überwerfen sich small talk<br />
und Fachgespräch, flüchtige und wichtige Begegnungen, bestimmendes Lachen<br />
und offenes vieldeutiges Lächeln, Sammlerinteressen und Laienurteile<br />
usw. Wie lässt sich dieses multidimensionale und widersprüchliche<br />
Ereignis der Vernissage deuten Anna Bühler untersucht es fragend,<br />
teilnehmend, beobachtend, beschreibend, analysierend und reflektierend,<br />
um daraus Anleitungen für Verhalten und Verstehen zu gewinnen.<br />
Sowohl qualitative als auch quantitative Methoden der Sozialforschung<br />
aber auch Selbstreflexion und philosophische Lektüre bilden die Basis<br />
für die Untersuchung der Vernissage als ein Phänomen, das zwischen elitärem<br />
Kunstereignis und Alltag oszilliert.<br />
01<br />
Annemarie Bucher, Mentorin<br />
02<br />
01 Ausschnitt aus Titelseite Züritipp, Donnerstag, 16. Nov. 2006<br />
02 Eva&Adele, Projekt CUM, in: Ausstellungskatalog „Eva&Adele, CUM“. Cantz Verlag, Ostfildern 1997
50<br />
anna bühler kunst gucken<br />
51<br />
Kunstvernissagen entstanden im 19. Jahrhundert, als sich die an einer Ausstellung<br />
beteiligten Maler einen Tag vor der offiziellen Eröffnung zusammenfanden,<br />
um ihren Werken den letzten Schliff zu verpassen. Dieser bestand im<br />
Anstrich des Firnises (französisch: vernis), eines Lackes, der die Malerei mit<br />
einer durchsichtigen Schicht schützte. Die Künstler legten noch ein Mal Hand<br />
an ihre Bilder, bevor diese der Öffentlichkeit preisgegeben wurden. Das Wort<br />
«Vernissage» entwickelte sich von der Bezeichnung eines handwerklichen und<br />
gestalterischen Vorgangs zum Namen für jenen Tag, an dem die Künstler ihre<br />
Werke firnissten, die Kunst der andern beäugten, miteinander diskutierten,<br />
assen und tranken.<br />
Heute ist die Fertigstellung des Werkes durch die KünstlerInnen kein Bestandteil<br />
einer Eröffnung mehr. Die Einweihung der Kunst geschieht durch das<br />
Publikum. Das Gewicht hat sich vom Künstler und seiner Kunst hin zu den<br />
Räumen und Verhältnissen verlagert, in denen diese Kunst gezeigt und thematisiert<br />
wird. Was einmal einen künstlerisch-gestalterischen Akt zum Ausgang<br />
hatte, ist heute ein Ereignis, dem von den unterschiedlichen Teilnehmenden<br />
vielfältige Bedeutungen und Funktionen zugeschrieben werden können.<br />
Ich konzentriere mich in meiner Arbeit auf gegenwärtige Formen von Vernissagen<br />
in Institutionen wie Kunsthäusern, Kunsthallen und Kunstmuseen.<br />
Dreh- und Angelpunkt meiner Gedanken sind die BesucherInnen. Das sind<br />
Rezipienten oder soziale Akteure, die ich beobachte und mit denen ich spreche.<br />
Die BesucherInnen, das sind die andern. Die Besucherin, das bin ich<br />
selbst. Direkte Befragungen dieser Teilnehmenden und die Observation ihres<br />
Erscheinens und Verhaltens geben Aufschluss über Motivationen und Intentionen<br />
ihres Besuchs. Implizit verweisen diese auch auf Erwartungen und<br />
Absichten der VeranstalterInnen und damit auf Mechanismen des Kunstsystems.<br />
Ein derart schillerndes Phänomen wie dasjenige der Vernissage verlangt<br />
seiner Vielseitigkeit entsprechende Methoden. Mit unterschiedlichen Werkzeugen<br />
wie Feldforschung, Fragebogen, Interviews und der Untersuchung von<br />
Sekundärphänomenen wie der People-Seite im «Kunsthaus Zürich Magazin»<br />
habe ich versucht, Aspekte der Vernissage-Gesellschaft greifbar und der Reflexion<br />
zugänglich zu machen.<br />
Die Forschungen und Resultate sind stark von meiner Sicht, meinem Fokus<br />
und meiner Art zu denken geprägt. Ich wähle aus und nehme Gewichtungen<br />
vor. Ich mische mich unter die Vernissage-Gesellschaft, bewege mich darin,<br />
rette mich ab und zu an den Rand und in den Blick aus der Distanz, um<br />
erneut einzutauchen und auffällige Teilphänomene zur Beleuchtung an die<br />
Oberfläche zu holen.<br />
«Hoi!»<br />
«Hoi!» «Und die Madame »<br />
«Die Madame kommt mit dem Zug. »<br />
«Zum Wohl.» «Grüss dich Raoul!»<br />
«Welcome.» «Yeah, thank you!»<br />
«Have a (...).» «Yeah, I will!»<br />
«Ich geh da mal ganz kurz rein, ja»<br />
«Frau Lindner, das ist mein Sohn.»<br />
«Freut mich sehr.»<br />
«Frau Lindner, freut mich.»<br />
«Die Lederjacke ist auch neu.»<br />
«Ah ja Ist das nicht die alte»<br />
«Nein, die alte stinkt.<br />
Die hier ist stylisch, nicht»<br />
«Ich würde schon sagen,<br />
da sind wir richtig.<br />
Da hat’s auch wieder zu trinken.»<br />
«Es ist gar niemand da, den ich kenne,<br />
das gibt’s ja nicht.»
52<br />
Anna Bühler kunst gucken<br />
53<br />
In der Menge von Leuten erkannte ich einen Kollegen. Er nahm sich einen<br />
Begleitzettel zur Ausstellung und machte einen konzentrierten Gesichtsausdruck.<br />
Dazwischen blickte er immer wieder etwas desperat in die Menge. Später<br />
sah ich ihn beim Eingang. Er versuchte sich vorsichtig und unaufdringlich<br />
durch die Menschen zur Treppe zu bewegen. Diese Vorsichtigkeit bewirkte<br />
jedoch, dass er von niemandem bemerkt wurde und in dem Gewimmel von<br />
Leuten zur Bewegungslosigkeit verurteilt blieb. Danach erzählte er mir, er<br />
wäre mit einigen Kollegen gekommen, aber die seien auf einmal verschwunden.<br />
Er hätte zu allem Überfluss auch noch plötzlich einen Schnitt an der<br />
Hand bemerkt, der wieder zu bluten begonnen hatte. Eine Vernissage sei doch<br />
nun wirklich kein Ort, um zu bluten. Auf dem Gang zur Toilette sei er dann in<br />
der Besucheransammlung stecken geblieben, habe danach die falsche Treppe<br />
erwischt und das schwierige Durchqueren der Menschen noch einmal in Angriff<br />
nehmen müssen. Ich fühlte mich ihm sehr verbunden.<br />
In jeder Ausgabe des «Kunsthaus Zürich Magazin» gibt es eine Seite, auf der<br />
durch Fotografien die Vernissagen im Kunsthaus dokumentiert werden. In<br />
den 28 Ausgaben von 1996 bis 2003 zählte ich 218 Bilder mit lächelnden oder<br />
lachenden und 130 mit ernsten oder konzentrierten Personen.<br />
Bei meinen Vernissagenbesuchen habe ich zweimal über eine Zeitspanne von<br />
74 Minuten den Ton aufgezeichnet. Beim Abhören des Bandes durchdrang<br />
durchschnittlich alle 9 Minuten ein ausgeprägtes Lachen den Geräuschteppich.<br />
Ich hielt mich in einer grösseren Runde auf. Zuvor hatte ich mit einem mir<br />
bekannten Kurator ein paar Worte gewechselt. Die Tatsache, dass der Kurator<br />
mit mir an den Tisch getreten war, veranlasste die Umgebenden dazu, sich im<br />
Gespräch auch an mich zu wenden. Sie stellten mir keine Fragen, aber ihre<br />
Reden und Blicke bezogen mich mit ein. Erst im Nachhinein ist mir bewusst<br />
geworden, wie oft ich in dieser Runde gelacht habe, obwohl es dazu nicht<br />
viel witzigen oder komischen Anlass gab. Wohl weil ich es nicht schaffte, zu<br />
Wort zu kommen, aber doch meine Anwesenheit und meine Teilnahme zum<br />
Ausdruck bringen wollte, lachte ich. Es war mir wichtig, einen aufmerksamen<br />
und involvierten Eindruck zu machen. Dadurch, dass sich die Leute auch an<br />
mich wandten, versuchte ich, ihr Bild zu bestätigen, und tat, als gehörte ich<br />
dazu. Ich setzte das Lachen, wenn auch nicht wirklich bewusst, so doch als<br />
Zeichen ein. Ich benutzte den Ausdruck, um den anderen etwas zu bedeuten.<br />
Bestimmt habe ich auch aus Verlegenheit gelacht. Ich sah mich da stehen, in<br />
dieser Runde mit mir unbekannten Menschen, in der ich es nicht auf die Reihe<br />
kriegte, meine Position zu definieren.<br />
Fotos: Ausschnitte aus «click»- Seiten im «Kunsthaus<br />
Zürich Magazin», Ausgaben 1998-2003
54<br />
christine fischer am bildschirm ausstellen<br />
55<br />
christine fischer<br />
Am bildschirm ausstellen:<br />
über die Wirkung digitaler displays im museum<br />
Digitale Displays halten verstärkt auf einer vermittelnden Ebene im<br />
Ausstellungskontext Einzug. Als interaktive Bildschirme oder als<br />
Projektionen mit bewegten Bildern erweitern sie den musealen Raum und<br />
konkurrenzieren das museale Objekt. Hinter dieser Beobachtung verbirgt<br />
sich sowohl Museumskritisches als auch Medienkritisches. Denn der verstärkte<br />
Einsatz neuer Medien als Informationsträger geht einher mit einer<br />
veränderten Struktur und neuen Formen des Wissens. Christine Fischer<br />
geht diesem Phänomen der digitalen Information im Ausstellungskontext<br />
nach. Sie analysiert Beispiele, verfolgt Entwicklungen und beobachtet<br />
Wirkungsweisen, um aufzuzeigen, dass sich die Ausstellung und das Museum<br />
mehr und mehr vom Archiv des Wissens zum Wissensgenerator mit entsprechenden<br />
Vermittlungsstrategien hinbewegt.<br />
01<br />
Annemarie Bucher, Mentorin<br />
02<br />
Langsam und suchend bewegt sich die Hundeschnauze von Taste zu Taste. Frauchen<br />
hilft. Die stumpfen, eher einer Orgel ähnlichen Töne des Hundeklaviers<br />
berühren mich. Wie mag das Klavier wohl in den Ohren des Hundes klingen<br />
Wie hören Hunde Spielt Claudio gerne Klavier oder tut er dies nur der Belohnung<br />
wegen<br />
01 Hundeklavier von Elisabeth Mann Borgese<br />
02 Claudio (Dauer: 4‘06‘‘)
56<br />
christine fischer am bildschirm ausstellen<br />
57<br />
Neue Medien, neue Inhalte Im Umgang mit digitaler Information<br />
und neuen Medien ist heute ein Zustand erreicht, der sich am besten mit<br />
dem Begriff der Selbstverständlichkeit charakterisieren lässt. Immer mehr<br />
Räume werden medial erschlossen. Michael Giesecke beschreibt drei Phasen<br />
der Einführung neuer Medien und Informationstechnologien 01 und verweist<br />
darauf, dass neue Medien sich im Verhältnis zu traditionellen Kommunikationsformen<br />
entwickelten. Erst mit der Zeit sei es möglich, neue Medien von<br />
alten Strukturen zu lösen und ohne Rücksicht auf traditionelle Legitimationsformeln<br />
das Potential neuer Medien zu entdecken und damit spielerisch umzugehen.<br />
Zwar stellt sich die Frage, ob man in Bezug auf die digitalen Displays<br />
in Museen und Ausstellungen überhaupt von neuen Medien sprechen kann.<br />
Dennoch ermöglicht die LCD-Technologie (liquid crystal display) neue Standorte<br />
und Erscheinungsformen. Da LC-Displays nur eine geringe Einbautiefe<br />
benötigen, lassen sich unterschiedlich proportionierte Formate leicht in den<br />
Raum integrieren. Wo die digitalen Displays zur virtuellen Themenvermittlung<br />
platziert werden und wie sie aussehen hat weit reichende Konsequenzen.<br />
Dabei wird oft eine starke Anziehungskraft der Bildschirme vorausgesetzt und<br />
diese lieber in eigenen Informationsräumen oder im «Abseits» positioniert.<br />
Interessanter, aber keinesfalls unumstrittener sind Konzeptionen, welche die<br />
Bildschirme oder Stationen direkt in Sammlungsräume oder Ausstellungen<br />
integrieren und so eine Begegnung von «traditionellen» Exponaten und digitalen<br />
Informationen herstellen.<br />
Grundlagen Stellen wir uns den einfachen Fall vor, dass Exponate in einer<br />
Ausstellung lediglich mit kurzen Legenden versehen werden, die den Kommunikationsrahmen<br />
festlegen. Zeit, Ort und Personen oder Gemeinschaften<br />
werden bezeichnet. In einem Prozess des Hin und Her zwischen Legende und<br />
Objekt versucht der Betrachter nun, den Sinn des Objekts als Exponat zu verstehen.<br />
Dieser Vorgang macht die Tatsache deutlich, dass ein Verständnis der<br />
Dinge «an sich» nicht möglich ist. Erst die Sprache sagt uns, was wir sehen.<br />
Dieser Vorgang lässt sich vereinfacht so darstellen:<br />
Rezipient Text<br />
g • •• •<br />
Exponat<br />
In Ausstellungen ergibt sich jedoch aus dem Zusammenspiel unterschiedlicher<br />
Kommunikationsmedien mit den «traditionellen» Exponaten eine weit<br />
komplexere Wahrnehmungssituation. Historisches Filmmaterial oder Videos<br />
zeigen beispielsweise den exponierten Gegenstand in einem anderen Kontext<br />
als jenem der Ausstellung. Das Exponat, welches traditionell sensualistisch<br />
erfahren werden soll, erhält ein digitalisiertes Gegenüber, welches einen<br />
vermittelten Zugang anbietet. Vereinfacht lässt sich diese Wahrnehmungssituation<br />
so darstellen:<br />
Rezipient<br />
g<br />
g<br />
Text<br />
Text<br />
Das Nebeneinander von «traditionellem» materiellem Objekt (Original) und<br />
digitalisiertem Material (das ein virtuelles Objekt konstruiert) stellt für den<br />
Rezipienten auf den ersten Blick eine Verdoppelung dar. Um den Sinn des<br />
exponierten Gegenstandes zu begreifen, bietet sich dem Rezipienten die Möglichkeit,<br />
auf die vermittelte Darstellung des Exponats auszuweichen und<br />
damit eine vertiefte Anschauung desselben zu umgehen. Meine Auseinandersetzungen<br />
untersuchen diese komplexe Wahrnehmungssituation, die sich<br />
aus dem Nebeneinander von musealem Original und digitaler audio-visueller<br />
Information ergibt. Wie lässt sich dabei die Wirkung der neuen Medien im Medienvergleich<br />
einordnen Warum erscheinen auf der Ebene der Vermittlung<br />
immer mehr digitale Displays in Ausstellungen<br />
• Exponat<br />
•<br />
•<br />
Gedanken zur Rolle der Objekte als<br />
Exponat<br />
virtuell<br />
Wissensvermittler<br />
im Museum Museen erfüllen bis heute eine Doppelfunktion als Präsentationsraum<br />
für kulturell bedeutsame Exponate (Wissensvermittlung) und<br />
zugleich als Ort der Archivierung und wissenschaftlichen Bearbeitung<br />
(Wissensgenerierung). Das museale Objekt wird von einem ursprünglichen<br />
Funktionszusammenhang in einen neuen, musealen transferiert. Das Ziel<br />
musealer Praxis besteht vielfach darin, einen Eindruck von Gegenwärtigkeit<br />
(des Historischen) mit der Information über die Distanz zur Vergangenheit<br />
zu verbinden. Ein Grossteil musealer Praxis versucht also den wahrscheinlichen<br />
historischen Kontext des Originals zu vermitteln, indem es seinen<br />
spezifischen Funktionszusammenhang rekonstruiert. Die Echtheit des ins<br />
Zentrum gesetzten Originals legitimiert dabei die Inszenierung eines ent-
58 christine fischer am bildschirm ausstellen 59<br />
fremdeten Kontexts. Auf der Grundlage wissenschaftlicher Recherche fungiert<br />
das Museum als «Illusionsmaschine» mit dem Anspruch auf das authentische<br />
Vorspiel historischer Wahrscheinlichkeiten: Der Schein will sich als authentischer<br />
Schein verstanden wissen. Martin R. Schärer beschreibt Dinge als<br />
«materialisierte Abstracta», als «zur Sache gewordene Vorstellungen». 02 Man<br />
könnte also meinen, an den Dingen die Vorstellungen ablesen zu können.<br />
Doch gerade an diesem Punkt beginnt die Diskussion darüber, auf welche<br />
Weise Dinge in Ausstellungen gezeigt werden sollen und welche Rolle dabei<br />
zusätzliche Informationen, bzw. Medien spielen. Folgt man Schärer, so ist es<br />
ohnehin unmöglich, die Vorstellungen zu rekonstruieren, die zur Herstellung<br />
eines Objekts geführt haben. Daher ist «Vergangenheit unwiederbringlich<br />
verloren; sie ist weder vollständig zu wissen noch jemals rekonstruierbar». 03<br />
Artefakte, die in Ausstellungen erscheinen, gehören demnach einer «fiktiven<br />
Realität» 04 an. Obwohl im Zusammenhang mit dem bisherigen Selbstverständnis<br />
von Museen traditionell die materiellen Dinge im Vordergrund stehen,<br />
wird in der museologischen Literatur immer wieder auf das Vorhandensein<br />
immateriellen Kulturgutes verwiesen. Die Zugehörigkeit von individuellen<br />
Geschichten, Erinnerungen, Traditionen und Ritualen zum Museumsmaterial<br />
wird kaum bestritten, wenngleich das Sammeln auf Grund der Flüchtigkeit<br />
des Materials und der Erscheinungsqualitäten Schwierigkeiten bereitet und<br />
neue Strategien und mediale Träger erfordert. Tondokumente, Interviews und<br />
Videos sind Möglichkeiten der Dokumentation und Aufzeichnung von Zeitzeugenberichten<br />
und Erinnerungen. Dinge sind erst durch ihre Einbeziehung<br />
ins menschliche Denken bedeutungsvoll. Sie werden so in gewissem Sinne<br />
erst konstituiert, auch wenn sie als Körper an sich existieren. Im Zusammenhang<br />
mit den Möglichkeiten der digitalen Wissensvermittlung in Museen ist<br />
häufig die Rede von einem Bedeutungswandel. Die Museen müssten sich der<br />
aktuellen Entwicklung im Feld der neuen Medien. anpassen, ist ein häufiges<br />
Argument, wenn es darum geht, Museen attraktiver zu gestalten. Mit den<br />
Schlüsselbegriffen Multimedia und Internet ist meist die Hoffnung auf eine<br />
unterhaltsame Informationsvermittlung, auf Erlebnissteigerung und mehr<br />
Besucher verbunden. Dabei wird die «klassische» Struktur des Museums als<br />
Ort der Präsentation von Originalen selten in Frage gestellt. Stattdessen sollen<br />
die neuen Medien «verstaubte» Konzepte mit neuem Glanz versehen. Eckard<br />
Siepmann stellt in einem Interview mit der fiktiven Wahrsagerin Madame<br />
Sosostris 05 das traditionelle Selbstverständnis der Museen auf den Kopf. Demnach<br />
sei das neue Museum transdisziplinär und anstelle der Vermittlung von<br />
Wissen stehe die Generierung nicht-wissenschaftlicher Formen von Wissen<br />
im Vordergrund.<br />
Welche Bedeutung kommt den Tierexponaten und der Inszenierung von Natur<br />
zu Formal betrachtet strukturieren die «Natur-Inseln» den physischen Raum<br />
der Ausstellung. Die Tierexponate öffnen als Symbole Bedeutungsfelder und<br />
helfen dem Besucher gleichzeitig, die Orientierung im Raum nicht zu verlieren.<br />
Dennoch ist die Ausstellung ohne die zahlreichen audio-visuellen Beiträge kaum<br />
vorstellbar. Sie zeigen das Abwesende und damit den Inhalt der Ausstellung:<br />
unterschiedliche Formen der Kommunikation zwischen Tieren und Menschen.<br />
Dennoch lässt sich die Ausstellung keinesfalls auf die audio-visuellen Beiträge<br />
reduzieren. Im Ausstellungsraum erfüllen die Tierexponate die Funktion eines<br />
Bühnenbilds und sind daher alles andere als bedeutungslos. Bespielt wird die<br />
Bühne allerdings von den bläulich schimmernden Bildschirmen.<br />
03 Ausstellung «Haarsträubend», Tier-Mensch-Kommunikation<br />
im Museum für Kommunikation in Bern, 20. 10. 06 – 1. 7. 07<br />
01 Michael Giesecke: «Herkunft und Zukunft der Museen als kulturelle Informationsspeicher in: „Euphorie digital<br />
Aspekte der Wissensvermittlung in Kunst, Kultur und Technologie», Bielefeld 2001. S. 69/70.<br />
02 Martin R. Schärer: «Die Ausstellung, Theorie und Exempel»; München 2003. S. 9.<br />
03 Ebd. S. 16: Der Mensch hat nach Martin R. Schärer immer nur ein unvollständiges und vorläufiges Vorstellungsbild<br />
vergangener Sachverhalte, das sich zudem ständig wandelt. Es beruht auf Überlieferungen: Erzählungen,<br />
Dokumenten, Objekten. Es gibt demnach nicht die eine endgültige, gesicherte, objektive historische Wahrheit, nur<br />
provisorische Aussagen.<br />
04 Ebd. S. 33.<br />
05 Aufzeichnung einer Video-Konferenz zwischen Madame Sosostris, einer fiktiven Wahrsagerin aus London-Soho,<br />
und Eckard Siepmann, Mitarbeiter am Museum der Dinge in Berlin, realisiert im Heinz Nixdorf Museums Forum<br />
Paderborn am 28. September 1998, 20.15 Uhr. In: «Euphorie digital Aspekte der Wissensvermittlung in Kunst,<br />
Kultur und Technologie», Bielefeld 2001. S. 243-251.<br />
03
60<br />
studienbereich theorie<br />
61<br />
Studienbereich Theorie<br />
Studien zur Medien-, Kunst- und Designpraxis<br />
Der Studienbereich Theorie (sth) bereitet in theoretischen und praxisnahen Auseinandersetzungen<br />
mit Medien, Kunst und Gestaltung auf berufliche Tätigkeiten im Feld<br />
visueller Kultur vor. Als Teil des Departements Medien & Kunst pflegt er engen Kontakt<br />
mit den Studienbereichen Fotografie, Neue Medien und Bildende Kunst.<br />
Das Diplomstudium, sofern es noch vor der Umstellung auf das Bachelorsystem (Wintersemester<br />
05/06) begonnen wurde, endet mit einer Diplomarbeit zur Erlangung des<br />
Fachhochschuldiploms, in der sich die Studierenden über die Fähigkeit ausweisen,<br />
eine komplexe Arbeit in den Feldern von Medien, Kunst und Gestaltung zu konzipieren,<br />
sie sachkompetent und medial angemessen umzusetzen und in gestalterischen und<br />
künstlerischen Arbeitsfeldern anzusiedeln.<br />
dologische Zugänge und inhaltliche Schwerpunkte verschiedener Disziplinen genutzt;<br />
entsprechend benennt das Lehrangebot des sth keine Fächer, sondern umschreibt vor<br />
allem in der Unterrichtsform des Seminars folgende Themenfelder.<br />
Kunst-, Medien- und Gestaltungstheorie: In diesen Theoriefeldern werden ästhetische<br />
Kategorien entwickelt, auf Gültigkeit, Gebrauch, Kontext und Geschichte befragt und<br />
für verschiedene Zugänge zu zentralen Themen von Kunst, Gestaltung und den Medien<br />
in ihrem Eigensinn genutzt und untersucht.<br />
Kultur- Gesellschafts- und Kommunikationstheorie: In diesen Themenfeldern werden<br />
historische, soziale und psychologische Sachverhalte sowie Kommunikationsprozesse<br />
und Zeichensysteme untersucht und als Kontext und Voraussetzungen für gestalterische<br />
und künstlerische Arbeit begriffen.<br />
In der Praxis sind die Absolventinnen und Absolventen des sth an gestalterischen und<br />
künstlerischen Entwicklungen, Projekten und Manifestationen beteiligt oder beobachten<br />
und kommentieren diese – als Journalistin / Journalist oder Autorin / Autor, als<br />
Kuratorin / Kurator oder in beratender Funktion – in Medien, Verlagen und Museen,<br />
in Kulturinstituten, Agenturen und Behörden.<br />
Theorie, wie sie für das Studium im sth wegleitend ist, soll sich in Tätigkeiten entfalten<br />
und bewähren, in Erforschung, Vermittlung und Initiierung von Gestaltung und Kunst,<br />
in diversen Kontexten und gesellschaftlichen Zusammenhängen.<br />
Kunst und Gestaltung werden also wahrgenommen<br />
– in Voraussetzungen, Konzeptionen und Prozessen,<br />
– in Produkten, Erscheinungen und Funktionen,<br />
– in Gesellschaft und Kultur, Geschichte und Ökonomie, Natur und Technik,<br />
– in Beiträgen zu gesellschaftsrelevanter Erkenntnis, Forschung und Praxis<br />
– in ihren Bezügen zu anderen Wissensbereichen und Praxisformen.<br />
Gestalterische und künstlerische, pragmatische und erfahrungsgeleitete, philosophische,<br />
literarische und journalistische, beschreibende und analytische Forschung stehen<br />
im kritischen Dialog miteinander. Entfaltet wird ein Theoriebegriff, der verbindlich auf<br />
einen fruchtbaren Begriff von Transdisziplinarität setzt und sich in gestalterischen und<br />
künstlerischen Praxisfeldern bewährt.<br />
Darüber hinaus werden in Praxis- und Kontextreflexionen die berufsqualifizierenden<br />
Fertigkeiten und Kenntnisse ausgebildet und vertieft. Die Studierenden lernen Praxisfelder<br />
kennen, in denen sie ihre Arbeit als Gestaltungs- und Kunsttheoretikerinnen<br />
und -theoretiker situieren können. Die inter- und transdisziplinäre Reflexion auf die<br />
vorgegebenen Praxisfiguren soll eine fruchtbare und die Praxis gestaltende Auseinandersetzung<br />
ermöglichen und antwortet so auf neue und sich schnell wandelnde<br />
Bedingungen.<br />
Erprobt wird dies in Projekten, in denen zwei oder mehr Dozierende und Gäste mit<br />
unterschiedlichen Schwerpunkten die Studierenden in Arbeitsgruppen anleiten, diese<br />
Differenzen für ihre Arbeit zu nutzen. Im Rahmen von Mentoraten verfassen die<br />
Studierenden im Kontakt mit einer / einem Dozierenden individuelle Arbeiten. Sie<br />
reichen von journalistischer, essayistischer Textarbeit bis zur subjektiv experimentellen<br />
Arbeit.<br />
In Kolloquien mit Theoretikerinnen und Theoretikern, mit Praktikerinnen und Praktikern<br />
aus dem zukünftigen Berufsfeld sowie mit Absolventinnen und Absolventen des<br />
sth werden Möglichkeiten des Zusammenwirkens und Ineinandergreifens von Theorie<br />
und Praxis befragt und dikutiert.<br />
Das Studium gibt aber auch Raum für Praktika, in denen schon während des Studiums<br />
Arbeitserfahrungen in Institutionen und Unternehmen gesammelt werden können.<br />
Das Studium im sth orientiert sich daher nicht an Einzeldisziplinen. Wie für alle kulturtheoretischen<br />
Ansätze kennzeichnend, werden auch für die Arbeit im sth metho-<br />
Für weitere Informationen, vor allem bezüglich der Organisation des Bachelorstudiums:<br />
http://sth.hgkz.ch
62<br />
dozierende<br />
63<br />
DOZierende<br />
Neben semesterweise wechselnden Gastdozierenden in Projekten und mitunter<br />
auch in Theorieseminaren sowie Gästen, die in einzelnen Unterrichtseinheiten<br />
Einblicke in ihr Umfeld und ihre Arbeitsweise geben, wird der Studienbereich<br />
Theorie von folgenden Dozentinnen und Dozenten getragen:<br />
Ursula Bosshard Sie ist ausser ihrer Tätigkeit am STH als Dozentin für Gestaltung im Bereich<br />
Bild in der Grundausbildung der HGKZ tätig. Absolventin des STH mit Abschluss 2001. Diplomarbeit<br />
als Hörstück zu Fragen des Bildbegriffs und Bildgebrauchs. Mitarbeit an einer Forschungsarbeit<br />
des Instituts für Theorie zur Repräsentanz anonymer Menschen in Pressebildern.<br />
GABRIELA CHRISTEn Dr. phil. I, Studium der Kunstgeschichte, Romanistik und Philosophie in<br />
Basel, Paris, Wien und Zürich. Nach dem Studium Projektbeauftragte und Ausstellungsmacherin am<br />
Schweizerischen Landesmuseum, Leiterin der Museen des Kantons Nidwalden. Seit 1996 Kulturredaktorin<br />
Schweizer Radio DRS, verantwortlich für den Bereich Bildende Kunst und Ausstellungen.<br />
Seit 1999 Dozentin an der HGKZ. 2002 Abschluss einer Dissertation zum Thema des Frauenbildes<br />
bei Ferdinand Hodler. Daneben Tätigkeit als kunstwissenschaftliche Publizistin mit Schwerpunkt<br />
auf der Schweizer Kunst um 1900 und der zeitgenössischen Kunst.<br />
Irene vögeli Grafikerin, Designerin FH, Schwerpunkt Theorie. Seit 1991 selbständige Visuelle<br />
Gestalterin, diverse Lehrtätigkeiten im Bereich Visuelle Gestaltung an Fachhochschulen. 2001/02<br />
Unterrichts- und Forschungsassistenz im Studienbereich Theorie der Gestaltung und Kunst, wissenschaftliche<br />
Mitarbeit in Forschungsprojekten zur Bildtheorie.<br />
MATTHIAS VOGEL PD Dr. phil. I, Studium der Kunstgeschichte, Anthropologie, Philosophie und<br />
Literaturkritik in Zürich, München und Berlin. Forschungs- und Lehrtätigkeit in London, Paris, New<br />
Haven und Basel. Nach dem Studium Mitarbeiter beim Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft,<br />
Ausstellungskurator an zahlreichen Schweizer Museen und Kunstkritiker für Zeitschriften<br />
und Tageszeitungen. Seit 2001 Forschungstätigkeit am Institut für Theorie der HGKZ und seit 2002<br />
Lehrtätigkeit am STH. Arbeitschwerpunkte in Forschung und Lehre: Ästhetik und Bildtheorie, der<br />
Körper als Ausdruckinstrument, Wirkung und Rezeption von Medienbildern.<br />
Andreas Volk lic. phil. I, Studium der Soziologie, Pädagogik und Psychologie, 1986-1996 Assistent<br />
am Soziologischen, dann am Geographischen Institut der Universität Zürich, 1996-2001<br />
Praktikant, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Ausstellungskurator am Museum für Gestaltung in<br />
Zürich, seit 2000 Dozent am STH; Mitarbeit in diversen Forschungsprojekten; Publikationen zur<br />
Kultursoziologie und Siegfried Kracauer.<br />
JÖRG HUBER Prof. Dr. phil. I, Dozent für Kulturtheorie, Leiter des Instituts für Theorie der<br />
Gestaltung und Kunst (ith).<br />
RENATE MENZI Gestalterin FH, Journalistin und Dozentin für Design/Designtheorie. Designausbildung<br />
(HGK Zürich und Bezalel Academy Jerusalem), ab 1996 selbständige Designerin und<br />
Assistentin am Lehrstuhl für bildnerisches Gestalten der ETH Zürich, 1999-2001 Studium am STH,<br />
ab 2002 freie Journalistin und Dozentin (HGK Zürich), ab 2006 Mitarbeit im Forschungsprojekt<br />
«Brands&Branding» (zur visuellen Kultur und Markensoziologie) am ith, Vorstandsmitglied der<br />
Deutschen Gesellschaft für Designtheorie und –Forschung.<br />
Sigrid Schade Prof. habil., Dr. phil., Leiterin des Instituts Cultural Studies in Art Media and<br />
Design, Dozentin im STH seit 2002/3. Studium der Kunstgeschichte, Gemanistik und Emp. Kulturwissenschaften<br />
in Tübingen, Paris und London. Dissertation über Hexendarstellungen (1983), Habilitation<br />
über Körpersprachen in Kunst und Fotografie (1994). Lehraufträge an den Universitäten<br />
Kassel, Marburg, Zürich und Bern. Vertretungsprofessuren Universität Tübingen und Humboldt-<br />
Universität Berlin(1993/94). Professorin für Kunstwissenschaft und Ästhetische Theorie Universität<br />
Bremen 1994-2005. Freie Kuratorin. Schwerpunkte: Körperpolitiken, Gender Studies, Medien- und<br />
Wahrnehmungstheorien, Studien zur Visuellen Kultur, Geschichte und Diskurse der Kunstinstitutionen,<br />
Zeitgenössische Kunst, Künstlerinnen. Dazu umfangreiche Veröffentlichungen.<br />
WERNER OEDER Prof. lic. phil. I, Studium der Soziologie, Publizistik, Wirtschafts- und Sozialgeschichte.<br />
Langjährige journalistische und redaktionelle Tätigkeiten, Werbetexter/Konzepter, diverse<br />
Buchpublikationen und Ausstellungskonzeptionen (Sprengel Museum Hannover, Museum für<br />
Gestaltung Zürich und Basel). Seit 1997 Dozent HGKZ für Medien- und Kommunikationstheorie,<br />
2001-2004 Leiter Theoriepool HGKZ. Ab 2005 Leiter des Bereichs der hochschulübergreifenden<br />
Theorieangebote der HGKZ: Arbeitsschwerpunkte: Geschichte, Theorie und Ästhetik der Medien,<br />
Gesellschafts- und Kulturtheorie, Textarbeit und Konzeptentwicklung.<br />
Leitungsteam sth<br />
ANNEMARIE BUCHER lic. phil. I, Studium der Kunstgeschichte, Ethnologie und Philosophie an<br />
der Universität Zürich. Nach dem Studium als Kuratorin, Ausstellungsmacherin, Redaktorin und<br />
Dozentin tätig. Verschiedene Ausstellungen und Publikationen zur Kunst des 20. Jahrhunderts und<br />
zur Gartenkunst. Von 1995-2001 Leiterin des Archivs für Schweizer Gartenarchitektur in an der<br />
Hochschule Rapperswil, seit 1999 Assistentin/Oberassistentin an der Professur für Landschaftsarchitektur<br />
der ETH Zürich, seit 1992 Dozentin an der HGKZ.<br />
Dagmar Reichert (Gastdozentin) Prof., Dr. phil., M.A., Mag. phil., Dozentin an verschiedenen<br />
Hochschulen, selbständige Tätigkeit in Forschung und Beratung.<br />
MANFRED GERIG M.A., Studium der Germanistik und Soziologie. Diverse Lehrtätigkeiten. Arbeit<br />
in Verlagen. Diverse Publikationen. Forschung im Feld der Bildtheorie.
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Herausgeber: Hochschule für Gestaltung und Kunst, Zürich<br />
Studienbereich Theorie - Studien zur Medien-, Kunst- und Designpraxis<br />
Druck Printoset, Zürich<br />
Gestaltung www.sekunde.ch<br />
Alle Rechte vorbehalten<br />
© Abbildungen und Texte bei den Autoren<br />
© 2007 für diese Ausgabe<br />
Hochschule für Gestaltung und Kunst, Zürich, Zürcher Fachhochschule<br />
Verantwortlich: Hans-Peter Schwarz, Rektor<br />
Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich<br />
Zürcher Fachhochschule<br />
Departement Medien & Kunst<br />
Studienbereich Theorie<br />
Studien zur Medien-, Kunst- und Designpraxis (sth)<br />
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