zum pdf-Download - Prof. Dr. Rainer Schröder
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VL Neuere und Neueste Rechtsgeschichte<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Schröder</strong><br />
8. Aufklärung<br />
8.1. Einleitung<br />
E. Bloch: „Was rechtens sei Darum kommt man nicht herum. Die Frage<br />
lässt immer aufhorchen, sie drängt und richtet.“<br />
Wie gewinnt man Kriterien für die Frage: ‚Ist dieses Gesetz, diese Norm, die<br />
Entscheidung gerecht‘<br />
D.h. gibt es überpositive Kriterien der Gerechtigkeit<br />
8.2. Naturrecht als Antwort<br />
Naturrecht stellt seit 2 Jahrtausenden dem positiven Recht ein unterschiedlich<br />
begründetes und hergeleitetes überpositives Recht gegenüber.<br />
8.2.1 Das Problem<br />
Strafrechtspraxis, Folter, Hexenprozesse<br />
Willkürurteile, bestochene Richter, gekaufte Richterämter<br />
keine Trennung zwischen Verwaltung und Gericht<br />
8.2.2 Geschichte des Naturrechts<br />
Im Laufe der Jahrhunderte veränderte sich das Menschen- und Weltbild<br />
und die Kriterien, an denen man den „Maßstab“ des geltenden = positiven/<br />
gesetzten Rechts festmachte<br />
Moral - Recht<br />
8.2.2.1 Christliches Naturrecht<br />
1. Göttliches Recht - lex aeterna = unabänderlich<br />
2. Naturrecht - lex naturae = Vermittlungsmonopol der Kirche<br />
3. positives = menschliches Recht - lex humana - vom MA bis heute,<br />
z.B. Thomas von Aquino<br />
Geltungsgrund (Grund für die Bindungswirkung): Gottes Wille<br />
aber nur die Kirche habe Ahnung vom göttlichen Willen und seinem<br />
Recht
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<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Schröder</strong><br />
8. Aufklärung<br />
Welches Modell der Rechtserkenntnis liegt zugrunde<br />
8.2.2.2 Saekularisiertes NR (seit 17. Jh.)<br />
Hugo Grotius ( 1645)<br />
- Abkoppelung des NR von Gott<br />
- Geltungsgrund stattdessen: gesamte Rechtserfahrung der Menschen<br />
Text Samuel Pufendorf ( 1694)<br />
- Geltungsgrund: Vernunft des Menschen. Diese ist Rechtsquelle<br />
Vernunftrecht<br />
8.2.2.3 Lehre(n) vom Gesellschaftsvertrag<br />
1. Begründungen für die Geltung des Naturrechts<br />
2. Verhältnis Individuum - Gesellschaft<br />
Staatsmodelle - Naturzustand<br />
Hobbes ( 1679)<br />
- homo homini lupus; bellum omnium contra omnes<br />
- autoritäre Beendigung des Urzustandes<br />
- engl. Absolutismus gerechtfertigt<br />
John Locke ( 1704)<br />
- Mensch als gemeinschaftsbezogenes Wesen Gleichheit<br />
J.J. Rousseau ( 1778)<br />
- Gesellschaftsvertrag: abhängig von ‚volonté generale‘<br />
8.3. Verfassungen und Grundrechte<br />
Verfassung von Virginia 1776 - Abschn. 1 + 2<br />
Bill of Rights 1767<br />
Französische Revolution 1789<br />
Französische Verfassung 1791<br />
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8. Aufklärung<br />
8.4. Konsequenzen für das Privatrecht<br />
Menschliche Vernunft ist Maßstab des Rechts<br />
Rationalismus - wie Naturwissenschaft<br />
1. „Naturgesetze“ der sozialen Welt erkennen<br />
2. Recht kann an wertenden / ethischen Prinzipien festgemacht werden.<br />
3. Aus diesen Prinzipien heraus kann das ‚System‘ des Rechts quasi<br />
mathematisch deduziert werden.<br />
Beispiel 1:<br />
1. Die „Welt“ funktioniert durch „Austausch“<br />
2. Rechtliche Form ist der Vertrag<br />
3. Verträge muss man halten<br />
- soziolog.: Vertrauen bzw. Stabilisierung von<br />
Gegenleistungserwartungen<br />
4. Bedingungen:<br />
a. Was ist ein Vertrag - Entstehung<br />
b. Zwei übereinstimmende Willenserklärungen<br />
aa. Was ist eine WE<br />
bb. Wille und Erklärung<br />
aaa. Verhältnis derselben<br />
bbb. Irrtumslehre<br />
c. Wie endet ein Vertrag<br />
aa. Erfüllung (§ 362)<br />
bb. Erlass<br />
cc. Unmöglichkeit (§ 275);<br />
weitere Folge: evtl. Sekundärrechte (§§ 280, 326)<br />
Beispiel 2: neminem laedere<br />
- Lehre von der unerlaubten Handlung<br />
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8. Aufklärung<br />
8.5. Ergebnisse<br />
Praktische Resultate wie „Usus modernus pandectarum“<br />
Neu: Begründungsmethode „more geometrico“; logische Demonstration<br />
aus dem System wird zur „Richtigkeitsprobe“<br />
Christian Wolff ( 1754)<br />
8.6. System des Rechts<br />
Aufklärung = Vernunft als Rechtsquelle = Basis der Naturrechts-<br />
Gesetzbücher<br />
8.7. Welches Recht (Gesetze) galt<br />
„öff. Recht“: Polizeiordnungen (enthielten auch PrivR, WiR, ArbR -<br />
GesindeR)<br />
Einzelfallregelungen<br />
StrafR: Carolina<br />
- gemeine Strafrechtswissenschaft<br />
Carpzow<br />
ZivilR: Gemeines Recht<br />
= römisches Recht + subsidiär ggü. Stadt- und LandR-Reformationen<br />
8.8. Aufklärung und Gesetzgebung<br />
8.8.1 Staatlicher Anspruch, die Lebensvorgänge in einem Staatswesen wie ein<br />
guter Hausvater zu steuern<br />
17. Jh.: Aufbau einer Verwaltung<br />
PolizeiO - einzelne Verwaltungs-AnO<br />
Ziel: öffentliches Wohl<br />
18. Jh.: später Kodifikationen; d.h. Versuche, die gesamte Rechtsordnung<br />
nach den Ideen der Aufklärung (des aufgeklärten Absolutismus) zu steuern<br />
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8. Aufklärung<br />
8.8.2 Naturrechtskodifikationen<br />
Codex Maximilianeus Bavaricus civilis 1751, criminalis 56<br />
Wiguläus Xaverius Aloysius von Kreittmayer<br />
ALR 1794<br />
ABGB 1811<br />
Code Napoleon / civil 1804<br />
Bentham (1802): Kodifikation - „a complete code of law“<br />
8.8.3 Montesquieu: 1748 De l'esprit des Lois<br />
Gesetzgebungslehre<br />
Das Gesetz muss folgende Bedingungen erfüllen:<br />
1. Gerechtigkeit<br />
2. Verständlichkeit (H. Conring, 1681): deutsch<br />
3. Gleichheit<br />
4. Umfassend<br />
a) Vorausbestimmtheit<br />
b) Rechtssicherheit: Willkürausschluss<br />
5. Vorausbestimmt = Bürger muss auf Text vertrauen<br />
- Strafrecht: nulla poena sine lege<br />
Pufendorf - Feuerbach<br />
6. Folgen daraus: bouche de la loi<br />
„nicht“ Richter-(Willkür), sondern Gesetz(-esbindung)<br />
Auslegungsverbot<br />
- z.B. Einleitung des ALR<br />
Basis Carmer u. Suarez: Schöpfer des ALR<br />
weil alles vorherbestimmt sein muss: ALR mit 25.000 Paragraphen!!<br />
Detailregelungen: Grenzen, Zubehör<br />
Friedrich II <strong>zum</strong> Entwurf: E 1780<br />
„Es ist aber sehr dicke und Gesetze müssen kurtz und nicht weitläufig<br />
seindt.“<br />
1794 nach Revolution in Kraft<br />
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8. Aufklärung<br />
Regelung aller Materien Zivil-, Straf- und öff. Recht<br />
8.9 Zu den Naturrechtskodifikationen<br />
8.9.1 Charakter der Gesetze<br />
1. Codex Max.: nahe an ‚alten‘ Modellen + römisches Recht<br />
2. ALR: autoritär-patriarchal.-fürsorglich<br />
Bsp.: Familienbild II - ständisch<br />
Einl. § 75 Aufopferung<br />
3. Code civil: antifeudal-egalitär<br />
4. ABGD: Gleichheit - Freiheit aller Menschen<br />
8.9.2 Erlass - Setzung<br />
1.+2. wie absolutes Gesetz<br />
3. Kommission - parlamentarisch<br />
Ende des aufgeklärten Absolutismus<br />
Beginn eines allgemein bürgerlichen Rechts<br />
Naturrechts-Kodifikation = Ausdruck politischen Willens<br />
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