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100 Jahre DHHN12<br />
Wer einen Grund zum Feiern sucht, landet in diesem<br />
Jahr zwangsläufig beim Deutschen Haupthöhennetz<br />
1912, dessen hundertjährigem Jubiläum<br />
sich der geodätisch interessierte Leser kaum<br />
entziehen kann.<br />
Die Jahreszahl in einem geodätischen Datum<br />
weist auf den Zeitraum seiner Entstehung hin.<br />
Die Festlegung von Ellipsoidparametern, das<br />
Jahr der Ausgleichung eines geodätischen Netzes,<br />
das Ende einer Messkampagne – all das<br />
steckt in den bekannten Datumsfestlegungen.<br />
Was aber ist die Geschichte hinter der 1912<br />
Weit vor 1912 existierten in Preußen sowie den<br />
benachbarten Ländern und Kleinstaaten bereits<br />
16 500 Kilometer Nivellementnetze, die seit<br />
1868 bis 1894 durch das „Bureau der Landestriangulation“<br />
überwiegend entlang der Landstraßen<br />
gemessen wurden. Der mittlere Kilometerfehler<br />
dieser Nivellementmessungen betrug ca.<br />
±2 mm. Bahnbrechend war der Anschluss des<br />
gesamten Nivellementpunktfeldes an Normal-<br />
Null im Jahre 1879, dem Jahr der Einrichtung<br />
des Preußischen Normal-Höhenpunktes an der<br />
Sternwarte zu Berlin.<br />
In den Folgejahren traten jedoch mehr und<br />
mehr die Unzulänglichkeiten des alten Höhenfestpunktfeldes<br />
zutage: Die Punktvermarkungen<br />
waren oftmals nicht höhenstabil und hielten<br />
der Industrialisierung und dem Straßen- und<br />
Wegebau nicht stand. Das galt im Besonderen<br />
auch für den Preußischen Normal-Höhenpunkt,<br />
für dessen „Vermarkungsträger“ – die Berliner<br />
Sternwarte – ab 1908 der Abriss beschlossene<br />
Sache war.<br />
Für Fundamentalpunkte strebt man eine deutlich<br />
längere Lebensdauer an. Der Nachfolger des<br />
Normal-Höhenpunktes sollte nun „...nicht wieder<br />
in der Nähe einer Großstadt, sondern in einer<br />
Gegend liegen, wo auch in absehbarer Zukunft<br />
keine Veränderungen durch Menschenhand zu<br />
befürchten sein würden“. Erste Untersuchungen<br />
für einen neuen Standort empfahlen „die Gegend<br />
zwischen Elbe und Oder nördlich von Berlin“.<br />
Unter Würdigung aller geologischen Anforderungen<br />
fiel die Wahl auf das Gebiet des Ortes Hoppegarten<br />
an der Chaussee Berlin-Müncheberg.<br />
Nach mehreren Sondierungen bis in 20 Meter<br />
Tiefe wurde dort im April 1912 eine Punktgruppe<br />
aus fünf Pfeilern aus schlesischem Granit eingebracht,<br />
deren mittlerer Pfeiler als der eigentliche<br />
„Normalhöhenpunkt von 1912“ ausgewählt<br />
wurde, während die weiteren Pfeiler als Kontrollpunkte<br />
für die Überprüfung der Punktgruppe dienen<br />
sollten.<br />
In die Zeit der Jahrhundertwende fiel auch die<br />
Erkenntnis der Geodäten, dass die Einflüsse<br />
des Erdschwerefeldes bei der Auswertung präziser<br />
Nivellements nicht außer Acht gelassen<br />
werden dürfen. Und schließlich verbesserte sich<br />
die Messgenauigkeit des Nivellements um 1910<br />
deutlich: Analysen der 1909 bis 1911 gemessenen<br />
Nivellementlinien ergaben einen mittleren<br />
Kilometerfehler von ±0,4 mm – eine Genauigkeit,<br />
die auch heute noch schwer zu übertreffen<br />
ist. Eine Neumessung des Höhenfestpunktfeldes<br />
unter Berücksichtigung aller neuen Erkenntnisse<br />
versprach eine völlig neue Qualität der<br />
Höhenbestimmung.<br />
Auf der im Oktober 1912 abgehaltenen „Allgemeinen<br />
Konferenz der Internationalen Erdmessung<br />
1912“ wurde die Idee geäußert, das<br />
gesamte Höhenfestpunktfeld zu erneuern. Die<br />
Linienverläufe und erwiesenermaßen stabile<br />
Vermarkungen sollten erhalten bleiben, das Nivellement<br />
jedoch sollte wiederholt und zwangsfrei<br />
mit Anschluss an den durch den NHP1879<br />
und seinen Ersatzpunkt NHP12 realisierten<br />
NN-Horizont neu ausgeglichen werden. In sehr<br />
kontrovers geführten Diskussionen wurden<br />
schließlich international anerkannte Methoden<br />
und Parameter für die „Nivellements von hoher<br />
Präzision“ verbindlich festgelegt, die in Form<br />
von Feldanweisungen bis in die heutige Zeit für<br />
die Arbeit in der Grundlagenvermessung Gültigkeit<br />
haben.<br />
Auch wenn der formelle Beschluss zur Erneuerung<br />
des Reichshöhennetzes nach kurzer Planungsphase<br />
erst Anfang 1914 gefasst wurde,<br />
begannen die Arbeiten unabhängig davon bereits<br />
1912 mit der Messung des Übertragungsnetzes<br />
zwischen neuem und altem Normalhöhenpunkt,<br />
der bald darauf im Jahr 1913 mit der<br />
Sternwarte abgerissen wurde. Die planmäßige<br />
Netzerneuerung wurde im Frühjahr 1914 aufgenommen,<br />
sie kam jedoch durch den Ausbruch<br />
des 1. Weltkrieges schnell zum Erliegen. Erst<br />
1920 konnte die Messung des Übertragungsnetzes,<br />
das auch als Netzteil 1 des neuen Höhennetzes<br />
bezeichnet wurde, abgeschlossen<br />
60 ermessung Brandenburg 2/2012