Becker, Krieger - Lebensmittelwerbung für Kinderprodukte

Becker, Krieger - Lebensmittelwerbung für Kinderprodukte Becker, Krieger - Lebensmittelwerbung für Kinderprodukte

11.11.2012 Aufrufe

Lebensmittelwerbung Endbe- richt limitiert kauft. Der sachlich autoritäre Stil, der dem extensiven Kauf entgegenkommt, wird nur äußerst selten als Grundlage für argumentative distanziert informierende Werbung bei Spots oder Anzeigen in Kinderzeitschriften genommen. Häufig ist der freundlich anerkennende Stil. Dieser Stil soll entweder Markentreue erzeugen oder die Wiedererkennung bei impulsiven Käufen erhöhen. Die positive Assoziation des sogenannten harmonischen Milieus steigert die Sympathie für das Produkt oder die Marke, was dem limitierten Kauf zu Hilfe kommt und im Idealfall in habituelles Kaufverhalten überführt wird. Der argumentative Anteil befindet sich auf der Verpackung, wie oben beschrieben. Diese Strategie der Kombination aus Werbeformen trifft genau auf die Zielgruppe der Familie zu. Kinder sind eher in das Modell des impulsiven Käufers einzuordnen. Sie möchten spontan bestimmte Produkte, insbesondere beim Einkauf im Supermarkt kann das zu Stresssituationen führen. Kinderwünsche sind rational nicht begründbar. Eltern, die nicht genauso spontan entscheiden, ihren Kindern aber trotzdem gerne Wünsche erfüllen, suchen unbewusst nach Gründen für ihre limitierte Kaufentscheidung. Hinweise auf die gesunde Zusammensetzung werden gerne in das Schema der wohlwollenden Eltern einsortiert. Das allgemeine Wissen über Ernährung orientiert sich an gängigen Kenntnissen. Milch, Getreide, Calcium und Vitamine sind gesund. Produkte, die damit ausgestattet sind, werden als gesund eingestuft. Und dem Wunsch der Kinder nach Süßigkeiten kann somit ohne schlechtes Gewissen nachgegeben werden. Detaillierter werden die Werbestrategien weiter unten beschrieben. 3.3.2 Werbewirkungsmodelle Werbewirkungsmodelle sollen die Entstehung von Werbewirkung erklären aber auch Gestaltungsempfehlungen ableiten helfen. Daher stehen Werbeziele auch mit den Annahmen aus der Werbepsychologie in Zusammenhang. Die Werbewirkungsmodelle arbeiten mit rein mechanistischen Ansätzen, heuristischen Wirkungsbeschreibungen und Hierarchien. Rein hierarchische Modelle sind beispielweise das Modell AIDA (attention, interest, desire, action), das Modell der Hierarchie von Effekten, das eine stufenweise Wirkung unterstellt und kognitive, affektive und konative Komponenten annimmt, das Modell der Ebenen der Wirksamkeit, das Informations- Reaktionsmodell und das Rossiter-Percy-modell. Die genannten Modelle gehen von einem mechanistischen Reiz-Reaktionsverhalten aus, das eine lineare Wirkung zeigt. Der Stimulus Werbung trifft auf bestimmte Verarbeitungsstrategien des Konsumenten und löst dann das Kaufverhalten aus. Diese Modelle sind von Beschreibungen komplexerer Wirkungsprozesse abgelöst worden. Zwei-Prozess-Modelle, das Alternative-Wege-Modell, das Verarbeitungswahrscheinlichkeitsmodell und das Heuristische-Systematische- Verarbeitungsmodell sind hier zu nennen. Gemeinsam ist allen neueren Modellen, dass sie die Art der Verarbeitung differenzierter betrachten. Es wird 74

Lebensmittelwerbung nicht von einem wirkenden Stimulus auf die Wirkung geschlossen, sondern vielfältigere Einflussfaktoren auf die Wirkungsprozesse abgebildet. Wichtig ist hierbei die Unterscheidung von hohem und niedrigem Involvement der Konsumenten und dementsprechend zentralen und peripheren Wegen der Beeinflussung. Für die Beurteilung von Werbebotschaften anhand von klaren Kriterien ist es notwendig zu wissen, mit welchen Kommunikationsmitteln Werbung arbeitet und welche davon bevorzugt in der Lebensmittelwerbung vor Kindern eingesetzt werden. In der Werbung ist in den meisten Branchen ein Trend erkennbar: Die Information geschieht immer mehr über Bildkommunikation. Im Vergleich von historischen Werbeanzeigen ist die Entwicklung von der Textinformation zur emotionalen Bildsprache. Da in der modernen reizüberfluteten Informationsgesellschaft ein Überfluss an Informationen zur Verfügung steht, kann man davon ausgehen, dass die normalen Techniken der Werbung, wie es noch das AIDA-Modell (attention, interest, desire, action) nahe legt, nicht mehr ausreichend sind, um die Aufmerksamkeit der Verbraucher zu erlangen und dadurch einen Kaufwunsch zu erzeugen. Der informationsüberlastete Konsument zeichnet sich zunehmend durch geringes involvement aus. Er bevorzugt Bilderinformation, da diese Information wesentlich schneller aufgenommen werden kann. Während für ein Bild nur 1 bis 2 Sekunden nötig sind, um es vollständig zu erfassen, lassen sich in derselben Zeit nur einige Wörter aufnehmen, deren Sinn nur bei voller Konzentration erfasst werden kann. Die Verarbeitung von Bildern folgt anderen Regeln und wird mit weniger Anstrengung und gedanklicher Beteiligung auch nebenher verarbeitet. Die Bildkommunikation prägt auch zunehmend die Erwartungen der Konsumenten, die nicht mehr bereit sind, aktiv nach Informationen zu suchen. Dieser Ausgangspunkt der Werbung widerspricht komplett dem heutigen Verbraucherleitbild in der Rechtsprechung. Es trifft eher auf den ehemals gültigen „flüchtigen Verbraucher“ zu. „Sehen statt Lesen“ wird zur Vorgabe der Infomationsvermittlung (Kroeber Riehl, 2000: 16). Werbung trifft nicht auf den voll involvierten Konsumenten, der die Botschaft aufnehmen will. Sie trifft auf einen Konsumenten, der wenig involviert, von Werbung übersättigt ist und ihr zum großen Teil sogar ablehnend gegenübersteht. Der heutige Konsument ist kritischer demgegenüber geworden, was die zielgruppenspezifische Meinung verletzt. Die klassischen Clichés führen daher zu mehr Irritation als noch vor zehn Jahren. Wertorientierungen, die die momentane Marktkommunikation erfolgreich bestimmen, sind vor allem die Erlebnis- und Genussorientierung, das Gesundheits- und Umweltbewusstsein, die Betonung der Freizeit, die interkulturelle Ausrichtung und die Suche nach Individualität. Werbung stellt sich auf diese Wertorientierung der Konsumenten ein, die vorwiegend emotional angeregt werden möchten. Das wichtigste strategische Ziel der Werbung ist also neben der informativen die emotionale Positionierung und das Erzeugen eines passenden Erlebnisprofils für die Zielgruppe. Insbesondere wenn man von wenig 75

<strong>Lebensmittelwerbung</strong><br />

nicht von einem wirkenden Stimulus auf die Wirkung geschlossen, sondern<br />

vielfältigere Einflussfaktoren auf die Wirkungsprozesse abgebildet. Wichtig ist<br />

hierbei die Unterscheidung von hohem und niedrigem Involvement der Konsumenten<br />

und dementsprechend zentralen und peripheren Wegen der Beeinflussung.<br />

Für die Beurteilung von Werbebotschaften anhand von klaren Kriterien<br />

ist es notwendig zu wissen, mit welchen Kommunikationsmitteln Werbung<br />

arbeitet und welche davon bevorzugt in der <strong>Lebensmittelwerbung</strong> vor<br />

Kindern eingesetzt werden.<br />

In der Werbung ist in den meisten Branchen ein Trend erkennbar: Die Information<br />

geschieht immer mehr über Bildkommunikation. Im Vergleich von historischen<br />

Werbeanzeigen ist die Entwicklung von der Textinformation zur emotionalen<br />

Bildsprache. Da in der modernen reizüberfluteten Informationsgesellschaft<br />

ein Überfluss an Informationen zur Verfügung steht, kann man davon<br />

ausgehen, dass die normalen Techniken der Werbung, wie es noch das<br />

AIDA-Modell (attention, interest, desire, action) nahe legt, nicht mehr ausreichend<br />

sind, um die Aufmerksamkeit der Verbraucher zu erlangen und dadurch<br />

einen Kaufwunsch zu erzeugen.<br />

Der informationsüberlastete Konsument zeichnet sich zunehmend durch geringes<br />

involvement aus. Er bevorzugt Bilderinformation, da diese Information<br />

wesentlich schneller aufgenommen werden kann. Während <strong>für</strong> ein Bild nur 1<br />

bis 2 Sekunden nötig sind, um es vollständig zu erfassen, lassen sich in derselben<br />

Zeit nur einige Wörter aufnehmen, deren Sinn nur bei voller Konzentration<br />

erfasst werden kann. Die Verarbeitung von Bildern folgt anderen Regeln<br />

und wird mit weniger Anstrengung und gedanklicher Beteiligung auch nebenher<br />

verarbeitet. Die Bildkommunikation prägt auch zunehmend die Erwartungen<br />

der Konsumenten, die nicht mehr bereit sind, aktiv nach Informationen<br />

zu suchen. Dieser Ausgangspunkt der Werbung widerspricht komplett<br />

dem heutigen Verbraucherleitbild in der Rechtsprechung. Es trifft eher auf den<br />

ehemals gültigen „flüchtigen Verbraucher“ zu. „Sehen statt Lesen“ wird zur<br />

Vorgabe der Infomationsvermittlung (Kroeber Riehl, 2000: 16). Werbung trifft<br />

nicht auf den voll involvierten Konsumenten, der die Botschaft aufnehmen<br />

will. Sie trifft auf einen Konsumenten, der wenig involviert, von Werbung übersättigt<br />

ist und ihr zum großen Teil sogar ablehnend gegenübersteht. Der<br />

heutige Konsument ist kritischer demgegenüber geworden, was die zielgruppenspezifische<br />

Meinung verletzt. Die klassischen Clichés führen daher zu mehr<br />

Irritation als noch vor zehn Jahren.<br />

Wertorientierungen, die die momentane Marktkommunikation erfolgreich<br />

bestimmen, sind vor allem die Erlebnis- und Genussorientierung, das Gesundheits-<br />

und Umweltbewusstsein, die Betonung der Freizeit, die interkulturelle<br />

Ausrichtung und die Suche nach Individualität. Werbung stellt sich auf diese<br />

Wertorientierung der Konsumenten ein, die vorwiegend emotional angeregt<br />

werden möchten. Das wichtigste strategische Ziel der Werbung ist also neben<br />

der informativen die emotionale Positionierung und das Erzeugen eines passenden<br />

Erlebnisprofils <strong>für</strong> die Zielgruppe. Insbesondere wenn man von wenig<br />

75

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!