Becker, Krieger - Lebensmittelwerbung für Kinderprodukte
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<strong>Lebensmittelwerbung</strong><br />
der Verbraucher nicht um Produktgefahren, die ihn berühren könnten, so<br />
kann das nicht dem Hersteller angelastet werden.<br />
Diese Kriterien gelten mit zunehmendem Alter auch <strong>für</strong> Kinder und Jugendliche.<br />
Allerdings darf der Hersteller annehmen, dass unerfahrene Kinder durch<br />
entsprechende Kenntnis ihrer Eltern geschützt werden und Eltern ihre Fürsorge-<br />
und Erziehungspflicht wahrnehmen. 34 Risikoverhütung und Aufklärung<br />
über Gefahren obliegt vor allem den Eltern. Diese elterliche Verantwortung<br />
entspricht der Eigenverantwortlichkeit des erwachsenen Konsumenten, auf<br />
die der Hersteller vertrauen darf. Es kann dem Hersteller nicht zugemutet<br />
werden, Fürsorge- und Erziehungsdefizite durch immer umfassendere Hinweis-<br />
und Warnpflichten auszugleichen. 35<br />
Dennoch kann sich in Einzelfällen aufgrund einer besonderen Sachverhaltskonstellation<br />
eine Verpflichtung des Herstellers ergeben, auf Folgen des Verzehrs<br />
eines Produkts hinzuweisen und vor ihnen zu warnen. Nämlich dann,<br />
wenn von ihnen Gefahren ausgehen, die wegen ihres Wirkungsmechanismus<br />
nur schwer erkennbar sind. In solchen Fällen muss der Hersteller die Funktionszusammenhänge<br />
klar machen, damit der Verwender erkennen kann, warum<br />
das Produkt gefährlich werden kann und dieses deutlich herausstellen. 36<br />
Diese Situation war in den in den 90er Jahren durch den Bundesgerichtshof<br />
entschiedenen „Kindertee-Entscheidungen“ gegeben. Von den Produkten als<br />
solchen, den Kindertees und den Fruchtsäften, ging dabei keine Gefahr aus.<br />
Diese konnte sich erst durch eine bestimmte Art der Verwendung realisieren,<br />
nämlich dadurch, dass das Produkt vor dem Schlafengehen oder während der<br />
Nacht als „Dauernuckel“ verabreicht wurde. Das führte zu einem häufigen<br />
oder andauerndem Umspülen der Milchzähne der Kinder mit den zuckerhaltigen<br />
Getränken. Die Verwendung kieferorthopädisch geformter Sauger anstelle<br />
der älteren Schnuller vergrößerte diese Gefahr noch, weil dadurch der Getränkestrahl<br />
an die Rückseite der Oberkieferfrontzähne geleitet wird und damit<br />
an eine Stelle, an der kaum Speichelfluß stattfindet, der die Zähne durch<br />
seine Spülwirkung schützen kann. Diese Wirkungsweise sei <strong>für</strong> den Laien nicht<br />
ohne weiteres erkennbar, weshalb den Hersteller eine entsprechende Warn-<br />
und Hinweispflicht treffe, und er klar und deutlich herausstellen müsse, warum<br />
ein Produkt gefährlich werden könne. 37<br />
34 v. Westphalen, Produkthaftungshandbuch, § 24, Rn. 4, 5,6<br />
35 v. Westphalen, Produkthaftungshandbuch, § 24, Rn. 236,237,<br />
36 BGHZ VI ZR 7/91, zitiert nach juris KORE306969100, S. 9; BGHZ VI ZR 27/94, zitiert nach juris KORE<br />
309069500, S. 8<br />
37 BGHZ VI ZR 7/91, zitiert nach juris KORE306969100, S. 8; BGHZ VI ZR 27/94, zitiert nach juris KORE<br />
309069500, S. 8<br />
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