Becker, Krieger - Lebensmittelwerbung für Kinderprodukte

Becker, Krieger - Lebensmittelwerbung für Kinderprodukte Becker, Krieger - Lebensmittelwerbung für Kinderprodukte

11.11.2012 Aufrufe

Lebensmittelwerbung Endbe- richt antwortung der Verbraucher sehr hohe Anforderungen gestellt, die allerdings nicht unbedingt der Einschätzung eines realistischen Kaufverhaltens entsprechen (vgl. Kap.3.3.1-3.3.3). Es ist deshalb mehr als fraglich, ob erwachsene Verbraucher diesen Anforderungen gerecht werden und ihrer Verantwortung und damit auch der Verantwortung für ihre Kinder demenstprechend gerecht werden können. Instruktionsfehler liegen immer dann vor, wenn der Hersteller nicht auf Gefahren hinweist, die in der Wesensart der als solcher fehlerfreien Ware begründet sind, die sich also trotz einwandfreier Herstellung aus der Verwendung der Ware ergeben. 29 Dabei muss er nicht nur auf Gefahren hinweisen, die sich aus dem bestimmungsgemäßen Gebrauch des Produkts ergeben.. Seine Hinweis- und Warnpflicht erstreckt sich innerhalb des allgemeinen Verwendungszwecks auch auf einen naheliegenden Fehlgebrauch. 30 Sie erstreckt sich jedoch nicht auf Risiken, die jedem Verständigen einleuchten. Da die Instruktionspflicht eine selbstverantwortliche Gefahrsteuerung ermöglichen soll, ist einen Warnung nicht notwendig, soweit der Verbraucher über die sicherheitsrelevanten Informationen verfügt und sie ihm im konkreten Fall auch gegenwärtig sind. 31 Schließlich bestehen die Instruktionspflichten nur im Rahmen der vernünftigen Verbrauchererwartung. D.h. es ist auf den Erwartungshorizont des Verbrauchers abzustellen und zu fragen, ob die durch die Sicherungsmaßnahme gewährleistete Sicherheit erwartet werden durfte. Es kommt auf die durchschnittlichen Kenntnisse und Erwartungen derjenigen Verbraucher an, für die das Produkt bestimmt ist. 32 Was auf dem Gebiet allgemeinen Erfahrungswissens der in Betracht kommenden Abnehmerkreise liegt, braucht nicht zum Gegenstand eines Hinweises oder einer Warnung gemacht werden. 33 Der Hersteller darf also innerhalb der angesprochenen Verbraucherkreise mit einem durchschnittlichen Kenntnisstand und einem daran ausgerichteten Verhalten des Konsumenten rechnen. Was den erwachsenen Konsumenten angeht, darf er davon ausgehen, dass diesem die Kenntnis typischer Gefahren beispielsweise durch Erziehung, Lebenserfahrung, Schule, Medien oder auch Informationen der Krankenkassen vermittelt wurde. Er darf ferner unterstellen, dass der Konsument Gefahren gegenüber nicht blind ist. Kümmert sich 29 Palandt-Thomas, ProdHaftG, § 3, Rn. 5 30 v. Westphalen, Produkthaftungshandbuch, § 24, Rn. 178, 231, BGHZ, 116, 60-77, zitiert nach juris BGH 62 VI ZR 7/91,S. 7 31 BGHZ VI ZR 41/93, zitiert nach juris KORE 360239400, S. 8; OLG Hamm NJW 2001, S. 1654 f. (1655) 32 v. Westphalen, Produkthaftungshandbuch, § 24, Rn. 3,4, OLG Düsseldorf, VersR 2003, S. 912 (915) 33 OLG Düsseldorf, VersR 2003, S. 912ff. (915); BGH NJW 1986, 1863

Lebensmittelwerbung der Verbraucher nicht um Produktgefahren, die ihn berühren könnten, so kann das nicht dem Hersteller angelastet werden. Diese Kriterien gelten mit zunehmendem Alter auch für Kinder und Jugendliche. Allerdings darf der Hersteller annehmen, dass unerfahrene Kinder durch entsprechende Kenntnis ihrer Eltern geschützt werden und Eltern ihre Fürsorge- und Erziehungspflicht wahrnehmen. 34 Risikoverhütung und Aufklärung über Gefahren obliegt vor allem den Eltern. Diese elterliche Verantwortung entspricht der Eigenverantwortlichkeit des erwachsenen Konsumenten, auf die der Hersteller vertrauen darf. Es kann dem Hersteller nicht zugemutet werden, Fürsorge- und Erziehungsdefizite durch immer umfassendere Hinweis- und Warnpflichten auszugleichen. 35 Dennoch kann sich in Einzelfällen aufgrund einer besonderen Sachverhaltskonstellation eine Verpflichtung des Herstellers ergeben, auf Folgen des Verzehrs eines Produkts hinzuweisen und vor ihnen zu warnen. Nämlich dann, wenn von ihnen Gefahren ausgehen, die wegen ihres Wirkungsmechanismus nur schwer erkennbar sind. In solchen Fällen muss der Hersteller die Funktionszusammenhänge klar machen, damit der Verwender erkennen kann, warum das Produkt gefährlich werden kann und dieses deutlich herausstellen. 36 Diese Situation war in den in den 90er Jahren durch den Bundesgerichtshof entschiedenen „Kindertee-Entscheidungen“ gegeben. Von den Produkten als solchen, den Kindertees und den Fruchtsäften, ging dabei keine Gefahr aus. Diese konnte sich erst durch eine bestimmte Art der Verwendung realisieren, nämlich dadurch, dass das Produkt vor dem Schlafengehen oder während der Nacht als „Dauernuckel“ verabreicht wurde. Das führte zu einem häufigen oder andauerndem Umspülen der Milchzähne der Kinder mit den zuckerhaltigen Getränken. Die Verwendung kieferorthopädisch geformter Sauger anstelle der älteren Schnuller vergrößerte diese Gefahr noch, weil dadurch der Getränkestrahl an die Rückseite der Oberkieferfrontzähne geleitet wird und damit an eine Stelle, an der kaum Speichelfluß stattfindet, der die Zähne durch seine Spülwirkung schützen kann. Diese Wirkungsweise sei für den Laien nicht ohne weiteres erkennbar, weshalb den Hersteller eine entsprechende Warn- und Hinweispflicht treffe, und er klar und deutlich herausstellen müsse, warum ein Produkt gefährlich werden könne. 37 34 v. Westphalen, Produkthaftungshandbuch, § 24, Rn. 4, 5,6 35 v. Westphalen, Produkthaftungshandbuch, § 24, Rn. 236,237, 36 BGHZ VI ZR 7/91, zitiert nach juris KORE306969100, S. 9; BGHZ VI ZR 27/94, zitiert nach juris KORE 309069500, S. 8 37 BGHZ VI ZR 7/91, zitiert nach juris KORE306969100, S. 8; BGHZ VI ZR 27/94, zitiert nach juris KORE 309069500, S. 8 63

<strong>Lebensmittelwerbung</strong> Endbe-<br />

richt<br />

antwortung der Verbraucher sehr hohe Anforderungen gestellt, die allerdings<br />

nicht unbedingt der Einschätzung eines realistischen Kaufverhaltens entsprechen<br />

(vgl. Kap.3.3.1-3.3.3). Es ist deshalb mehr als fraglich, ob erwachsene<br />

Verbraucher diesen Anforderungen gerecht werden und ihrer Verantwortung<br />

und damit auch der Verantwortung <strong>für</strong> ihre Kinder demenstprechend gerecht<br />

werden können.<br />

Instruktionsfehler liegen immer dann vor, wenn der Hersteller nicht auf Gefahren<br />

hinweist, die in der Wesensart der als solcher fehlerfreien Ware begründet<br />

sind, die sich also trotz einwandfreier Herstellung aus der Verwendung der<br />

Ware ergeben. 29 Dabei muss er nicht nur auf Gefahren hinweisen, die sich aus<br />

dem bestimmungsgemäßen Gebrauch des Produkts ergeben.. Seine Hinweis-<br />

und Warnpflicht erstreckt sich innerhalb des allgemeinen Verwendungszwecks<br />

auch auf einen naheliegenden Fehlgebrauch. 30 Sie erstreckt sich jedoch nicht<br />

auf Risiken, die jedem Verständigen einleuchten. Da die Instruktionspflicht<br />

eine selbstverantwortliche Gefahrsteuerung ermöglichen soll, ist einen Warnung<br />

nicht notwendig, soweit der Verbraucher über die sicherheitsrelevanten<br />

Informationen verfügt und sie ihm im konkreten Fall auch gegenwärtig sind. 31<br />

Schließlich bestehen die Instruktionspflichten nur im Rahmen der vernünftigen<br />

Verbrauchererwartung. D.h. es ist auf den Erwartungshorizont des Verbrauchers<br />

abzustellen und zu fragen, ob die durch die Sicherungsmaßnahme gewährleistete<br />

Sicherheit erwartet werden durfte. Es kommt auf die durchschnittlichen<br />

Kenntnisse und Erwartungen derjenigen Verbraucher an, <strong>für</strong> die<br />

das Produkt bestimmt ist. 32 Was auf dem Gebiet allgemeinen Erfahrungswissens<br />

der in Betracht kommenden Abnehmerkreise liegt, braucht nicht zum<br />

Gegenstand eines Hinweises oder einer Warnung gemacht werden. 33<br />

Der Hersteller darf also innerhalb der angesprochenen Verbraucherkreise mit<br />

einem durchschnittlichen Kenntnisstand und einem daran ausgerichteten<br />

Verhalten des Konsumenten rechnen. Was den erwachsenen Konsumenten<br />

angeht, darf er davon ausgehen, dass diesem die Kenntnis typischer Gefahren<br />

beispielsweise durch Erziehung, Lebenserfahrung, Schule, Medien oder auch<br />

Informationen der Krankenkassen vermittelt wurde. Er darf ferner unterstellen,<br />

dass der Konsument Gefahren gegenüber nicht blind ist. Kümmert sich<br />

29 Palandt-Thomas, ProdHaftG, § 3, Rn. 5<br />

30 v. Westphalen, Produkthaftungshandbuch, § 24, Rn. 178, 231, BGHZ, 116, 60-77, zitiert nach juris BGH<br />

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VI ZR 7/91,S. 7<br />

31 BGHZ VI ZR 41/93, zitiert nach juris KORE 360239400, S. 8; OLG Hamm NJW 2001, S. 1654 f. (1655)<br />

32 v. Westphalen, Produkthaftungshandbuch, § 24, Rn. 3,4, OLG Düsseldorf, VersR 2003, S. 912 (915)<br />

33 OLG Düsseldorf, VersR 2003, S. 912ff. (915); BGH NJW 1986, 1863

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