Becker, Krieger - Lebensmittelwerbung für Kinderprodukte
Becker, Krieger - Lebensmittelwerbung für Kinderprodukte Becker, Krieger - Lebensmittelwerbung für Kinderprodukte
Lebensmittelwerbung Endbe- richt in Richtung Energieüberschuss ergeben, die vielfältige Ursachen haben kann und eng mit den geänderten Ernährungs- und Lebensbedingungen zusammenhängt. Ein wichtiges Ziel bei Kinderprodukten muss deshalb sein, die durchschnittliche Energiedichte der Nahrung zu verringern, damit sie sich mit weniger Kalorien satt essen können. Kinderprodukte wie Happy Hippo sind vor diesem Hintergrund nicht zu empfehlen. Auch die Menge und Qualität der Kohlenhydrate beeinflusst die Kalorienaufnahme. Die Blutzuckerwirksamkeit von Kohlenhydraten aus bestimmten Lebensmitteln wird nach dem Glykämischen Index (GI) bewertet. Starke Schwankungen des Blutzuckers und die damit verbundenen hohen Insulinspiegel führen bei der darauf folgenden Mahlzeit zu einem größeren Appetit. Ein Riegel wie dextro energy ist daher nicht empfehlenswert. Zusammengefasst muss also die Botschaft der „gesunden“ Ernährung in der Werbung anhand der Energiedichte und der glykämischen Last beurteilt werden, die den Insulinbedarf des beworbenen Lebensmittels in Verbindung mit der anschließenden Magenfülle ermittelt. Kurz gesagt, je kompakter ein Produkt bei hoher Energiedichte ist, desto mehr Risiko stellt es für die Zunahme von Adipositas dar. Dies bezieht sich nicht auf die Packungsgröße, sondern auf die Menge, die zum Sattwerden verzehrt werden müsste. Die Beurteilung der gesundheitsbezogenen Aussagen wie beispielsweise „extra Portion Milch“, „gesunder Durstlöscher“, „stärkt die Abwehr“, „ist leicht, macht fit“ oder ähnliche Aussagen werden anhand dessen bewertet. Ausgehend von der Übersicht über das Ausmaß der Problematik werden daher im Folgenden die möglichen Ursachen für Adipositas in Zusammenhang mit Lebensmittelprodukten und ihrer Bewerbung gebracht, um so die Kriterien für die Beurteilung des Risikos von Werbebotschaften zu entwickeln. Hierbei ist zusätzlich die Darstellungsweise zu beachten, durch welche Strategien die Werbung diese Botschaft vermittelt, denn Werbung arbeitet nicht nur mit direkten verbalen Produktinformationen, sondern auch mit semantischen und visuellen Botschaften, Analogien, Schlüsselreizen und anderem mehr (vgl Kap.3.3). Das Ernährungswissen von Kindern und Eltern ist heutzutage nur scheinbar gut ausgeprägt. Bestimmte gängige Modelle von gesunder Ernährung haben sich verbreitet, wenn sie auch nicht den neuesten Erkenntnissen entsprechen. So können bereits 6 jährige Kinder gut einschätzen, dass bestimmte Ernährungsweisen gesund sind. Vitamine, Mineralstoffe, Milch, Vollkorn, Obst und Gemüse sind gesund. Zucker und Fett sind ungesund. So könnte man das Modell beschreiben. Daneben gibt es aber auch die starke Präferenz nach Genuss durch das Essen, die manchmal dem Wunsch nach gesunder Ernährung zuwiderläuft. Die Werbung reagiert auf dieses Missverhältnis, indem die Eigenschaften bei den beworbenen Produkten betont werden, die dem Modell der gesunden Ernährung entsprechen (viel Milch, Vitamine, fettarm, leicht etc.) und gleichzeitig das Genussbedürfnis befriedigen. Hierbei wird häufig der 48
Lebensmittelwerbung Zuckeranteil verschleiert, der Milchanteil überbewertet, die Energiedichte schlichtweg verschwiegen oder Stärke als wertvolles Getreide bezeichnet. Einige Werbetreibende nutzen auf ihren Informationsseiten oder direkt auf der Packung die mittlerweile als überholt geltende, lang empfohlene Ernährungspyramide, die sich durch einen hohen Anteil an Kohlehydraten auszeichnet. So wirbt beispielsweise Kelloggs damit, dass zu jeder Mahlzeit Getreide gehört, um ihre Produkte als zu einer ausgewogenen Ernährung unabdingbar dazu gehörend darzustellen (www.kelloggs.de). Auch andere Firmen bedienen sich dieses sich nicht auf dem aktuellen Stand befindlichen Halbwissens der Konsumenten. Doch nur weil Vitamine, Calcium und Molke zugesetzt sind, ist der Frumix Drink nicht unbedingt gesund. Und nur weil „das Beste aus einem viertel Liter Milch“ in einem ganzen Glas Nutella steckt und sogar Fußballstars Nutella zum Frühstück essen, ist der zuckersüße Brotaufstrich nicht gut für das Kind. Doch der Eindruck wird erweckt und die Verbraucher, vor Allem die Kinder, die noch stark nach dem Lustprinzip konsumieren, lassen sich das gerne sagen. Die Extra Portion Milch bei Kinderschokolade kommt bei den Eltern gut an, den Kindern schmeckt es. Hier ist die Marketingzielgruppe ist also die Gruppe der Kinder, die Werbezielgruppe jedoch ist zusätzlich die Gruppe der Eltern, vorwiegend Mütter. Kinder dienen hier oft als Einkaufshelfer (vgl. Brem, 1997:44). Doch was als Energiespritze eventuell einem Spitzensportler oder Schwerstarbeiter gut tun würde, hat eine andere Wirkung auf das stundenlang in der Schule und vor dem Fernseher sitzende Kind. Die Verantwortung der Lebensmittelhersteller für ihre Produkte und deren Vermarktung ist auf verschiedenen Ebenen geregelt. Hier steht der Schutz des Verbrauchers vor Täuschung und Irreführung im Vordergrund. Bevor die Werbestrategien im Einzelnen beleuchtet werden, zeigen wir zunächst die Ergebnisse der rechtlichen Analyse unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung und des vorherrschenden Verbraucherleitbildes auf. Die Rechtsprechung sollte sich nach den gesetzlichen Vorgaben und dem derzeitigen Stand der Kenntnisse der Verbraucher richten. Der Kenntnisstand des Durchschnittsverbrauchers und des minderjährigen Verbrauchers ist aber unzureichend, um die in 3.1.2 beschriebenen Zusammenhänge ausreichend bewerten zu können, um so ihre Entscheidung für bestimmte Produkte rational begründen zu können. Hier entsteht eine Diskrepanz zwischen dem angenommenen Kenntnisstand und dem tatsächlichen Kenntnisstand. Wie im Folgenden dargestellt wird, müssen die rechtlichen Vorgaben aufgrund der Auslegung in der Rechtsprechung als unzureichend beurteilt werden, um der Problematik gerecht zu werden. 49
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<strong>Lebensmittelwerbung</strong><br />
Zuckeranteil verschleiert, der Milchanteil überbewertet, die Energiedichte<br />
schlichtweg verschwiegen oder Stärke als wertvolles Getreide bezeichnet. Einige<br />
Werbetreibende nutzen auf ihren Informationsseiten oder direkt auf der<br />
Packung die mittlerweile als überholt geltende, lang empfohlene Ernährungspyramide,<br />
die sich durch einen hohen Anteil an Kohlehydraten auszeichnet.<br />
So wirbt beispielsweise Kelloggs damit, dass zu jeder Mahlzeit Getreide gehört,<br />
um ihre Produkte als zu einer ausgewogenen Ernährung unabdingbar<br />
dazu gehörend darzustellen (www.kelloggs.de). Auch andere Firmen bedienen<br />
sich dieses sich nicht auf dem aktuellen Stand befindlichen Halbwissens<br />
der Konsumenten.<br />
Doch nur weil Vitamine, Calcium und Molke zugesetzt sind, ist der Frumix<br />
Drink nicht unbedingt gesund. Und nur weil „das Beste aus einem viertel Liter<br />
Milch“ in einem ganzen Glas Nutella steckt und sogar Fußballstars Nutella<br />
zum Frühstück essen, ist der zuckersüße Brotaufstrich nicht gut <strong>für</strong> das Kind.<br />
Doch der Eindruck wird erweckt und die Verbraucher, vor Allem die Kinder,<br />
die noch stark nach dem Lustprinzip konsumieren, lassen sich das gerne sagen.<br />
Die Extra Portion Milch bei Kinderschokolade kommt bei den Eltern gut<br />
an, den Kindern schmeckt es. Hier ist die Marketingzielgruppe ist also die<br />
Gruppe der Kinder, die Werbezielgruppe jedoch ist zusätzlich die Gruppe der<br />
Eltern, vorwiegend Mütter. Kinder dienen hier oft als Einkaufshelfer (vgl.<br />
Brem, 1997:44). Doch was als Energiespritze eventuell einem Spitzensportler<br />
oder Schwerstarbeiter gut tun würde, hat eine andere Wirkung auf das stundenlang<br />
in der Schule und vor dem Fernseher sitzende Kind.<br />
Die Verantwortung der Lebensmittelhersteller <strong>für</strong> ihre Produkte und deren<br />
Vermarktung ist auf verschiedenen Ebenen geregelt. Hier steht der Schutz des<br />
Verbrauchers vor Täuschung und Irreführung im Vordergrund. Bevor die Werbestrategien<br />
im Einzelnen beleuchtet werden, zeigen wir zunächst die Ergebnisse<br />
der rechtlichen Analyse unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung<br />
und des vorherrschenden Verbraucherleitbildes auf. Die Rechtsprechung<br />
sollte sich nach den gesetzlichen Vorgaben und dem derzeitigen Stand<br />
der Kenntnisse der Verbraucher richten. Der Kenntnisstand des Durchschnittsverbrauchers<br />
und des minderjährigen Verbrauchers ist aber unzureichend, um<br />
die in 3.1.2 beschriebenen Zusammenhänge ausreichend bewerten zu können,<br />
um so ihre Entscheidung <strong>für</strong> bestimmte Produkte rational begründen zu<br />
können. Hier entsteht eine Diskrepanz zwischen dem angenommenen Kenntnisstand<br />
und dem tatsächlichen Kenntnisstand. Wie im Folgenden dargestellt<br />
wird, müssen die rechtlichen Vorgaben aufgrund der Auslegung in der Rechtsprechung<br />
als unzureichend beurteilt werden, um der Problematik gerecht zu<br />
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