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<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus heute


feldbrunnen-St. Niklaus heute<br />

ICE-T, Ziergärten, Briefkastenfirmen<br />

und Moneera Safin<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus ist primär eine Wohngemeinde. Das Angebot an<br />

Dienstleistungen, Gewerbe und Industrie ist begrenzt. Immerhin:<br />

Hunger und Durst erleiden muss hier niemand. Und es werden im Dorf auch<br />

High-Tech-Produkte fabriziert, die in alle Welt exportiert werden.<br />

von Paul Meier<br />

Gewerbe<br />

Weil das Gemeindegebiet zur Hauptsache Wohn- und<br />

Landwirtschaftszonen umfasst, steht <strong>Feldbrunnen</strong>-<br />

St. Niklaus nicht im Ruf, ein vielseitiges Gewerbe auszuweisen.<br />

Wer Dienste von Handwerkern braucht, bestellt<br />

sie aus den übrigen Gemeinden des Unteren Leberbergs,<br />

aus der Stadt oder anderswo. Wenige Ausnahmen<br />

bestätigen die Regel. Einheimisches Schaffen<br />

liefert Jürg Wölfli seit 1988 mit seiner Schreinerei an<br />

der Riedholzstrasse 9. Schon sein Grossvater Walter<br />

Flück war hier von 1935 bis 1984 aktiv. Wölfli sieht<br />

sich als «Spezialist für Kleinkunden». Er liefert Einbauschränke,<br />

Eingangstüren, Garderoben, Fenster und<br />

vieles mehr. Und er habe genug zu tun, sagt er. Als<br />

weiterer ortsansässiger Betrieb bietet sich die Firma<br />

Rust &Co. AG an. Sie führt Gartenarbeiten wie Planung,<br />

Bau, Unterhalt und Umgestaltung aus, legt Ziergärten<br />

an und handelt mit Natursteinen. Seit 1802 in<br />

der Branche aktiv, gilt Rust als Ur-Solothurner-Name.<br />

2006 mussten die Gärtner die Stadt aus Platzgründen<br />

verlassen. Sie fanden in <strong>Feldbrunnen</strong> auf dem Areal<br />

der früheren Garage Bachmann an der Baselstrasse 9<br />

ein neues, bestens geeignetes Domizil. Stefan Burki –<br />

er ist Besitzer und Geschäftsführer – besorgt die Fülle<br />

von Aufträgen mit einem Team von zwölf Leuten.<br />

Restaurants<br />

Detailhandel gibt’s in <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus nicht.<br />

Gleichwohl muss hier niemand Hunger und Durst erleiden.<br />

Zwei Restaurants offerieren Auserlesenes<br />

aus Küche und Keller. Das «Pintli» in<br />

St. Niklaus positioniert sich als das Lokal mit<br />

vielen Besonderheiten. Gäste aus nah und<br />

fern kürten 2006 die Gastgeber Sylvia Aebi<br />

und Stephan Zumbach und ihre Mitarbeitenden<br />

im Wettbewerb «Best of Swiss Gastro<br />

Awards» mit einem Oskar in der Kategorie<br />

Classic. Im Restaurant «Zum durstigen Wanderer»,<br />

dem Restaurant im Besitz der Gemeinde,<br />

führen seit dem Herbst 2007 Romy<br />

und Walter Haudenschild erfolgreich Regie.<br />

Man trifft sich am Stammtisch zum Vormittagskaffee<br />

oder zum Feierabendbier, tafelt<br />

preiswerte Menüs, verköstigt sich à la Carte.<br />

Der tägliche Bedarf<br />

Güter des täglichen Bedarfs, Kleider, Haushaltwaren<br />

und anderes kaufen die Einwohnerinnen<br />

und Einwohner der Gemeinde vorwiegend<br />

in der Stadt Solothurn ein. Die AEK<br />

Energie AG liefert den Strom, die Regio Energie<br />

AG Erdgas. Wenn’s pressiert, entdeckt<br />

man in der Bäckerei von Willy Graber oder in<br />

der «Chäsi» in Riedholz, geführt von Familie<br />

La Cognata aus <strong>Feldbrunnen</strong>, und im «visavis»<br />

an der Steinbruggstrasse auf kürzestem<br />

Weg ein reichhaltiges Sortiment an Lebensmitteln.


Gaststube im «Pintli».<br />

«Zum durstigen Wanderer».<br />

Buchserstube im «Zum durstigen Wanderer».<br />

Bank und Post<br />

Für Bankgeschäfte verfügt man mit der Raiffeisenbank<br />

<strong>Feldbrunnen</strong> an der Rötistrasse 4 über eine kompetente<br />

dorfeigene Anlaufstelle. <strong>Hier</strong> ist auch der Geldbezug<br />

via Bancomat rund um die Uhr möglich. <strong>Feldbrunnen</strong><br />

ohne Post wäre wie die Aare ohne Wasser. Zentral gelegen,<br />

stets mit zuvorkommendem Personal betreut,<br />

geniesst sie auch über die Gemeindegrenzen hinaus<br />

einen guten Ruf. Es soll prominente Kunden aus der<br />

Stadt geben, die die Poststelle <strong>Feldbrunnen</strong> den städtischen<br />

Poststellen bevorzugen. Als Ende 2003 eine ferne<br />

Instanz verfügte, Briefe, Zeitungen und anderes<br />

Postgut könnten in <strong>Feldbrunnen</strong> erst ab 8.15 Uhr in die<br />

Fächer gelegt werden, wandte sich der Gemeinderat<br />

brieflich an den Generaldirektor<br />

Ulrich Gigy. Das beeindruckte: Der Konzernherr<br />

des «Gelben Riesen» veranlasste umgehend<br />

die Wiederherstellung der ursprünglichen<br />

Servicebereitschaft...<br />

Einzelunternehmer und<br />

Briefkastenfirmen<br />

Die «Feldbrünneler» zählen auf eine tadellos<br />

funktionierende Postzustellung. Viele von ihnen<br />

sind als Einzelunternehmer mit Arbeitsplatz<br />

im trauten Heim tätig: die Coiffeuse,<br />

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Der Sandmatthof mit Pferdezüchterin Michèle Vaucher.<br />

Gesundheitsberaterin, Tierärztin, Verlegerin,<br />

der Advokat, Architekt, Bauleiter, EDV-Supporter,<br />

Facharzt für Frauenkrankheiten und<br />

Geburtshilfe, Immobilienverwalter, Ingenieur,<br />

Marketingspezialist, Treuhänder, Verleger,<br />

Weinhändler, Wirtschaftsberater. Dank<br />

seinem kantonsweit tiefsten Steuersatz für<br />

Juristische Personen (zurzeit 50 Prozent) ist<br />

die Gemeinde auch eine beliebte Adresse für<br />

Briefkastenfirmen. 80 bis 100 sind es insgesamt,<br />

es herrscht ein Kommen und Gehen,<br />

sie verursachen viel Aufwand. Mit jährlich<br />

rund 150 000 bis 200 000 Franken bewegen<br />

sich die Einnahmen aus Firmensteuern ohnehin<br />

auf einem bescheidenen Niveau.<br />

Kunstgallerie und Pferdeboxen<br />

Verlässt man <strong>Feldbrunnen</strong> in Richtung Stadt,<br />

ist die Villa Serdang auf der rechten Seite der<br />

Hauptstrasse nicht zu übersehen. Im gediegen<br />

renovierten Jugendstilhaus unterhält<br />

Anita Keller seit 2004 eine Kunstgalerie, die<br />

Galerie Vita. Sie arrangiert Ausstellungen zeitgenössischer<br />

Kunst, organisiert Workshops<br />

und vermietet an interessierte Firmen und Institutionen<br />

Kreativraum, Infrastruktur und Gästezimmer für Seminare.<br />

Unweit davon entfernt, im «Rondo Veneziano»<br />

am Steiniggässli, begegnen Spaziergänger einer anderen<br />

Gattung von Mietern: Der frühere Bauernhof beherbergt<br />

mit seinen Pferdeboxen eine stattliche Anzahl<br />

vierbeiniger Pensionäre. Für Nachwuchs auf mittlere<br />

und längere Zeit sorgt Moneera Safin aus dem Gestüt<br />

«El Calif Arabians» vom Sandmatthof. Der preisgekrönte<br />

Hengst mit Jahrgang 1985 wirkt im Stall von<br />

Michèle Vaucher. Es würden von ihm schon mehr als<br />

30 Fohlen abstammen, berichtet die Pferdezüchterin<br />

ganz stolz.<br />

AUTOR Paul Meier, geboren am 1. Februar<br />

1949, ist selbstständiger Unternehmer mit<br />

Mandaten in Wirtschaft, Politik und Sport,<br />

Gemeinderat (FdP) seit 2001 und u. a.<br />

Mitglied im Zentralvorstand des Kantonal-<br />

Solothurnischen Gewerbeverbandes. Er ist<br />

Ehrenmitglied des Schweizerischen<br />

Skiverbandes und wurde 2005 durch den<br />

Regierungsrat mit dem Sportverdienstpreis<br />

des Kantons Solothurn ausgezeichnet.


High-Tech aus <strong>Feldbrunnen</strong><br />

Satelliten-Rollspindel von Ziegler.<br />

Hochgeschwindigkeitszüge sind im internationalen<br />

Verkehr das «A» und das «O». In nur vier Stunden und<br />

36 Minuten bringt der TGV, der «Train à grande vitesse»,<br />

Passagiere von Bern nach Paris. Der ICE-T der<br />

Deutschen Bahn braust mit Spitzentempi von 230 Stundenkilometern<br />

von Frankfurt nach Köln und zurück.<br />

Wer schnell und bequem vom Norden in den Süden<br />

reisen will, benützt den Cisalpino. TGV, ICE, Cisalpino,<br />

diese Wunder der Technik – was haben sie mit <strong>Feldbrunnen</strong>-St.<br />

Niklaus zu tun, dem bescheidenen Dorf,<br />

wo manche Einwohner dem «Bipperlisi» argwöhnisch<br />

hinterher schauen<br />

Gewinde Satelliten Antriebe AG<br />

Schnelle Züge sind mit Neigetechnik ausgerüstet. Neigetechnik<br />

ermöglicht es Zügen, sich mit bis zu acht<br />

Grad Schräge in die Kurve zu legen. Zur komplexen<br />

Mechanik gehören so genannte Satelliten-Rollspindeln.<br />

Das sind High-Tech-Teile aus der Gewinde Satelliten<br />

Antriebe AG in <strong>Feldbrunnen</strong>. Dieses Unternehmen,<br />

dem man mit gutem Gewissen das Prädikat «klein,<br />

aber fein» zuordnen darf, ist an der Baselstrasse 5 tätig.<br />

Der Betrieb, 1916 durch Hermann Flury zur Anfertigung<br />

von Décolletageprodukten gegründet, wurde<br />

1991 nach dem Tod des damaligen Inhabers<br />

und Gemeindepräsidenten Peter Flury verkauft.<br />

Heute führen die Brüder Daniel und<br />

Reto Ziegler die Firma als Zweigniederlassung<br />

der Gewinde Ziegler AG mit Sitz in Horriwil.<br />

15 Mitarbeitende fabrizieren im Zweischichtbetrieb<br />

vorwiegend Rollengewindetriebe und<br />

Präzisionsdrehteile, welche unter anderem in<br />

der Uhrenindustrie verwendet werden. Rund<br />

80 Prozent der Produktion sind für den Export<br />

bestimmt. Firmen-Chef Reto Ziegler bekennt<br />

sich zum Standort <strong>Feldbrunnen</strong>: «Wir<br />

fühlen uns da sehr wohl und wir werden auch<br />

bleiben, wo wir sind».<br />

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feldbrunnen-St. Niklaus heute<br />

Wo man sich findet<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus ist ein Schlafdorf in Stadtnähe ohne nennenswerte<br />

Freizeitangebote – könnte man meinen. In Wirklichkeit gibt es eine Anzahl<br />

Vereine, die sich durchaus sehen lassen.<br />

von Heinrich Würgler<br />

Viele Einwohnerinnen und Einwohner aus <strong>Feldbrunnen</strong><br />

machen Gebrauch vom überwältigenden Kulturund<br />

Freizeitangebot der nahen Stadt. Aber auch die<br />

Angebote <strong>Feldbrunnen</strong>s werden genutzt! Da gibt es<br />

Vereinigungen, welche Dienstleistungen erbringen (Samariterverein,<br />

Seniorengruppe, Spitex-Dienste Galmis,<br />

Tagesmütterverein, Verein Tagesstruktur, Turngruppen).<br />

Es gibt auch kleine informelle Gruppen, die sich engagieren,<br />

etwa die Gruppe «Adventschuchi», welche die<br />

Seniorenweihnacht durchführt, oder die Gruppe<br />

«Weihnachtsquartett», welche an der Schulweihnacht<br />

Geschenke organisiert und verteilt. Und es gib eine<br />

Reihe von Vereinen, welche Freizeitaktivitäten<br />

anbieten oder kulturelle und festliche Anlässe<br />

organisieren. Der Bau der Turnhalle mit<br />

Bühne in <strong>Feldbrunnen</strong> im Jahr 1978 löste viele<br />

neue Aktivitäten in der Gemeinde aus. Die<br />

Erweiterung durch die Küche verbesserte die<br />

Infrastruktur wesentlich.<br />

Chic Bar Team<br />

Diese Jugendgruppe veranstaltet Feste und<br />

Konzerte. Der Verein wurde am 8. August<br />

1992 in <strong>Feldbrunnen</strong> gegründet. Im April 1993<br />

Der Elementsclub am grossen Grill.<br />

MaBaFe im stimmungsvollen und gepflegten Outfit.


wurde das Vereinslokal (die Bar) in einem Kellerraum<br />

des Schulhauses der Öffentlichkeit vorgestellt. Dank<br />

der guten Präsenz der Jugendgruppe an Anlässen in<br />

der Gemeinde wurden die Bar und die Jugendgruppe<br />

immer bekannter. Der Raum im Keller wurde zu klein.<br />

Am 26. Oktober 1996 fand deshalb das erste grosse<br />

Chic Bar Konzert in der Mehrzweckhalle statt. Im November<br />

1998 konnte die neue Chic Bar im Erweiterungsbau<br />

der Turnhalle ihre neuen Räumlichkeiten beziehen.<br />

In der Zeit von 1992 bis heute hatten über 50 Bands die<br />

Möglichkeit, an einem Konzert der Jugendgruppe in<br />

<strong>Feldbrunnen</strong> aufzutreten. Der Umbau des Mehrzweckraumes<br />

schränkt zurzeit die Aktivitäten des Chic Bar<br />

Teams wesentlich ein. Es ist zu hoffen, dass die Bar<br />

bald wieder zu neuem Leben erwacht.<br />

Elementsclub <strong>Feldbrunnen</strong><br />

Der jüngste Dorfverein wurde am 14. Mai 1999 gegründet.<br />

Er ist mit seinen erst zehn Jahren zu einem festen<br />

Bestandteil im Dorf geworden. Gegründet wurde der<br />

Verein durch Angehörige der damaligen Dorffeuerwehr,<br />

welche es sehr bedauerten, dass mit der Feuerwehr<br />

eine feste Institution im Dorf verschwand. Die Statuten<br />

mit dem Vereinszweck «Kultur um die vier Elemente<br />

Feuer, Erde, Wasser und Luft» lassen vieles offen. Kultur,<br />

Handwerk und insbesondere das Kochen werden sehr<br />

aktiv gepflegt. Als Familienverein tritt der Elementsclub<br />

insbesondere bei Schulanlässen in Erscheinung.<br />

Eine Schulschlussfeier ohne Mitwirkung des Elementsclubs<br />

ist nicht denkbar! Von den Anlässen sind vor allem<br />

der Neujahrsumtrunk mit Chässchnitte, der Halloweenabend<br />

und das Open-Air-Kino bekannt. Der Verein hat<br />

sich bei der Gemeinde sehr aktiv dafür eingesetzt,<br />

dass den Dorfvereinen das ehemalige<br />

Feuerwehrmagazin als Vereinslokal zur Verfügung<br />

gestellt wird. Die Infrastruktur wurde<br />

weitgehend von den Vereinen organisiert, sie<br />

führten auch kleinere Renovationsarbeiten<br />

aus. Das Lokal wird sehr aktiv genutzt und<br />

betrieben. Die Mitglieder des Elementsclubs<br />

treffen sich einmal monatlich zu einem gemütlichen<br />

Höck mit Jassen. An den Dorfanlässen<br />

wird er als freudiger und verlässlicher<br />

Veranstalter mit neuen Ideen geschätzt.<br />

Blauring & Jungwacht<br />

Blauring & Jungwacht St. Niklaus besteht bereits<br />

seit Jahrzehnten. In den Jugendverbänden<br />

Blauring & Jungwacht können sich Kinder<br />

und Jugendliche entfalten. Ein vielfältiges<br />

Angebot lädt sie ein, Neues zu entdecken.<br />

Durch diese Vielseitigkeit sind alle Kinder angesprochen<br />

und können so ihre eigenen Fähigkeiten<br />

entwickeln. Blauring & Jungwacht sind<br />

der katholischen Kirche angegliedert, jedoch<br />

offen für alle Kinder, unabhängig von Konfession<br />

und Weltanschauung. Die Mitglieder von<br />

Blauring & Jungwacht St. Niklaus kommen aus<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>, Riedholz und Rüttenen.<br />

Die Schar ist in Gruppen aufgeteilt, jede<br />

Gruppe umfasst Kinder verschiedenen Alters.<br />

Jede Gruppe führt zirka alle zwei bis drei<br />

Wochen individuell Gruppenstunden in einem<br />

Keller des jeweiligen Dorfes durch. Es wird<br />

Die Theatergruppe ist bereit für «Dr Raphael mues i Zügestand».<br />

Die 300-Meter-Schützen in ihrem Stand am Aareuferweg.<br />

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gebastelt, drinnen und draussen gespielt, gekocht,<br />

auch die sportliche Betätigung kommt nicht zu kurz.<br />

Dabei werden auch die Interessen der Kinder berücksichtigt,<br />

und das Programm wird dem jeweiligen Alter<br />

angepasst. Das jährliche zweiwöchige Zeltlager irgendwo<br />

in der Schweiz ist ein Höhepunkt im Jahresprogramm.<br />

Kleinkaliberschützen <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus<br />

Sieben Männer waren an der Gründungsversammlung<br />

vom 13. Dezember 1941 um viertel nach acht im Schulhaus<br />

anwesend. Im März 1942 gelangte man mit einem<br />

Gesuch an die Gemeinde, den Verein mit 50 Franken<br />

jährlich zu unterstützen, weil die meisten der 18 Mitglieder<br />

Karabinerschützen seien und man nicht in der<br />

Lage sei, die Waffen aus eigenen Mitteln zu beschaffen.<br />

Die Kleinkaliberschützen hatten bis 1967 ein eigenes<br />

Schützenhaus mit Scheibenstand gegenüber dem<br />

Haus Feier an der Waldeggstrasse in St. Niklaus. Der<br />

Schiessbetrieb findet heute im Stand der Kleinkaliberschützen<br />

Riedholz statt. Die Hälfte der sechs elektronischen<br />

Scheiben wurde durch die Schützen aus <strong>Feldbrunnen</strong><br />

bezahlt. Ein Höhepunkt in der Vereinsgeschichte<br />

war die würdige Feier zur Fahnenweihe des Solothurnischen<br />

Schützenverbandes am 29. Oktober 1983<br />

in der Mehrzweckhalle <strong>Feldbrunnen</strong>. Im Jahr 1997 wurde<br />

mit Philipp Graf ein Mitglied der Kleinkaliberschützen<br />

<strong>Feldbrunnen</strong> Schweizer Meister im Junioren Liegend<br />

Match. Die aktiven Schützen des 30 Mitglieder<br />

zählenden Vereins setzen sich für die Jugend ein. Im<br />

Rahmen des Ferienpasses Solothurn wird im Sommer<br />

jeweils ein Schülerschiessen durchgeführt. Das jährliche<br />

Volksschiessen im Schützenhaus in Riedholz wird<br />

gerne besucht. Die Schützen besuchen mindestens ein<br />

auswärtiges Schützenfest pro Saison, der interne Wettkampf<br />

wird mit Leidenschaft und viel Einsatz gepflegt.<br />

Jährlich wird an der Generalversammlung der interne<br />

Vereinsmeister bekannt gegeben.<br />

MaBaFe (Maskenball <strong>Feldbrunnen</strong>)<br />

Am 28. Dezember 1979 wurde die MaBaFe gegründet:<br />

ein Verein, welcher das gesellige und insbesondere<br />

das fasnächtliche Dorfleben fördern will. Unter dem<br />

Motto «Schlossparkserenade» fanden die ersten, die<br />

grössten und lustigsten Maskenbälle in <strong>Feldbrunnen</strong><br />

statt. Zusammen mit den Lehrern gestalteten die Schüler<br />

spontan den bekannten Bühnenhintergrund mit<br />

dem Schloss Waldegg. Die Vereinsmitglieder hafteten<br />

am Anfang mit ihrem persönlichen Vermögen, wenn<br />

Die Kleinkaliberschützen vor dem Schützenhaus in Riedholz.<br />

zu wenig Geld zum Bezahlen der Tanzmusik vorhanden<br />

war. Gläser, Kochherd, Abwaschtrog, die ganze Infrastruktur<br />

musste im Geräteraum der Turnhalle aufgebaut<br />

und wieder abgebaut werden. Bereits nach kurzer<br />

Zeit war der Maskenball am Freitagabend in <strong>Feldbrunnen</strong><br />

in aller Munde. Ende der Neunzigerjahre kämpfte<br />

man aber ums Überleben. Maskieren war nicht mehr<br />

«in», die Besucherzahlen waren rückläufig, Orchester<br />

und Tanzmusik waren nicht mehr gefragt. Zusammen<br />

mit der Schule wurde der Kindermaskenball neu gestaltet.<br />

Eltern, Grosseltern, Tanten wurden aufgefordert,<br />

teilzunehmen und den Nachmittag mit einem gemütlichen<br />

Nachtessen abzuschliessen. Der Maskenball wurde<br />

zu einem Abend mit Schnitzelbänken und Guggenmusiken<br />

umgestaltet. Es geht wieder aufwärts mit der<br />

Fasnacht in <strong>Feldbrunnen</strong>! Die Mitglieder des Vereins<br />

treffen sich auch ausserhalb der Fasnacht zu gemütlichen<br />

Anlässen. Die MaBaFe wird bei Anlässen wie dem<br />

Ersten August oder dem Theaterabend als zuverlässiger<br />

Partner geschätzt.<br />

Schützengesellschaft <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus<br />

Die Schützengesellschaft wurde 1888 gegründet und<br />

sie ist somit der älteste Verein in der Dorfgeschichte<br />

von <strong>Feldbrunnen</strong>. Die aktiven Vereinsmitglieder treffen<br />

sich insbesondere während der wärmeren Jahreszeit<br />

zum Training im gemeindeeigenen Schützenhaus an<br />

der Aare. Die Anlage ist mit der modernsten elektronischen<br />

Trefferanzeige ausgerüstet. Die Kugeln werden<br />

in Schubladen gesammelt und können fachgerecht<br />

entsorgt werden. Die Hochblüte hatte der Verein in den<br />

Nachkriegsjahren, als das militärische Training lang-


Blauring & Jungwacht St. Niklaus.<br />

Das Chic Bar Team in ihrem Vereinslokal im Schulhaus.<br />

sam den Sportschützen Platz machte. Der Verein zählt<br />

heute immer noch beachtliche 60 Mitglieder, seit Mitte<br />

der Siebzigerjahre sind auch Frauen dabei. Eine davon<br />

lässt sich aktuell zur Schützenmeisterin ausbilden. Der<br />

Verein war und ist immer noch sehr aktiv. Das zeigt<br />

sich auch darin, dass der Präsident des Bezirksschützenverbandes<br />

Solothurn Lebern gleichzeitig auch aktiver<br />

Schütze und Präsident der Schützengesellschaft<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus ist.<br />

Die aktiven Schützen treffen sich auch ausserhalb der<br />

Trainings und Schützenfeste regelmässig im «Durstigen<br />

Wanderer» zu Gedankenaustausch und fröhlichem Zusammensein.<br />

Nachwuchsprobleme kennt der Verein<br />

zurzeit nicht. Das zeigt sich am alljährlichen für die<br />

Bevölkerung öffentlichen Endschiessen, welches mit<br />

einem fröhlichen Fest im Zelt an der Schützenstrasse<br />

endet. Das Risotto ist legendär und bereits über das<br />

Dorf hinaus bekannt. Der Verein ist auch ein zuverlässiger<br />

Partner für die Durchführung von festlichen Anlässen<br />

im Dorf.<br />

drei Jahren war der Theaterabend so bekannt, dass<br />

er zu einem der beliebtesten jährlichen Anlässe in<br />

<strong>Feldbrunnen</strong> zählt. Ein dem Theaterstück angepasstes<br />

Essen, eine schön geschmückte Turnhalle, ein herrliches<br />

Bühnenbild und eine hochmotivierte Theatergruppe<br />

bieten dem Publikum unvergessliche Abende.<br />

Die Theatergruppe besteht zum Teil aus langjährigen<br />

Mitgliedern, zum Teil aus solchen, die bei einzelnen<br />

Theaterstücken mitspielen. Die Theatergruppe ist kein<br />

Verein, hat keine Statuten, geht gerne gut essen und<br />

macht gerne mal eine kleine Reise.<br />

Die Redaktion dankt Hansruedi Graf, Fabiana Hug,<br />

Eva Kweton, Roger Schenker, Albert Stäheli und<br />

Michel Steiner für die wertvolle Mitarbeit.<br />

Theatergruppe <strong>Feldbrunnen</strong><br />

Dorfkultur hat in <strong>Feldbrunnen</strong> Tradition. Die Lehrer setzen<br />

sich immer wieder für spannende und unterhaltsame<br />

Anlässe an der Schule ein. Unter der Leitung der<br />

Kulturkommission konnte dann anfangs der Neunzigerjahre<br />

eine Gruppe von Theaterfreunden in <strong>Feldbrunnen</strong><br />

gefunden werden, welche das Handwerk des Schauspielers<br />

auch ausserhalb der Schule ausprobieren<br />

wollten. Was 1992 mit dem Stück «Abverheit» von Otto<br />

Feier begann, wurde zu einer Theaterserie, welche<br />

hoffentlich noch lange andauert. Bereits nach zwei,<br />

AUTOR Heinrich Würgler, 1957 geboren,<br />

ist Architekt. Er arbeitet bei der Solothurnischen<br />

Gebäudeversicherung. Er ist 1981<br />

aus dem Kanton Bern nach <strong>Feldbrunnen</strong><br />

gezogen und ist seit mehreren Jahren<br />

Präsident der Bau- und Planungskommission.<br />

Er führt Regie in der Theatergruppe<br />

und ist aktiv in der MaBaFe.<br />

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feldbrunnen-St. Niklaus heute<br />

Kontinuität in der Führung<br />

Über die Arbeit im Gemeinderat, das Interesse der regionalen Medien,<br />

das Beharrungsvermögen der Gemeindepräsidenten, die Kompetenz der ständigen<br />

Kommissionen, die Sympathien der Stimmberechtigten und die Vertretung<br />

kleiner Gemeinden im Kantonsrat. Eine Bestandesaufnahme der Politik in<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus.<br />

von Paul Meier<br />

«Die Politik ist nicht besser als die Menschen, die sie<br />

betreiben», urteilte der grosse Schweizer Schriftsteller<br />

und Dramatiker Friedrich Dürrenmatt. Wes Geistes<br />

entspriesst die Politik in der Gemeinde <strong>Feldbrunnen</strong>-<br />

St. Niklaus Fakt ist: Die Steuern sind tief, im Dorf ist<br />

der politische Frieden bewahrt. Was nicht heissen soll,<br />

dass sich da ganz und gar nichts bewegt. Das Dorf lebt<br />

und seine Behördenmitglieder dürfen den Einwohnerinnen<br />

und Einwohnern mit gutem Gewissen in die<br />

Augen schauen.<br />

Freisinnige Mehrheit, aber keine Dominanz<br />

Operatives Organ der Gemeinde ist der Gemeinderat.<br />

Seit 1973 zählt er sieben Mitglieder, vorher waren es<br />

fünf. Am Kräfteverhältnis nach Parteien hat sich seit<br />

Jahren wenig verändert.<br />

Seit 1985 belegt die Freisinnig-demokratische Partei<br />

im Gemeinderat <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus vier Sitze. Mit<br />

einer Ausnahme: 1993 verlor sie ein Mandat an die<br />

Schweizerische Volkspartei, «eroberte» dieses aber<br />

1997 wieder zurück. Die Christlichdemokratische Partei<br />

stellte lange zwei Gemeinderatsmitglieder, von 1989 bis<br />

1993 sogar deren drei. Seit 2001 sind die CVP, die SVP<br />

und die Sozialdemokratische Partei mit je einem Mitglied<br />

im Rat vertreten.<br />

Daran vermochten auch die Wahlen im Frühjahr 2005<br />

nichts zu ändern, als sich nicht weniger als 22 Kandidatinnen<br />

und Kandidaten um einen Sitz im<br />

Gemeinderat bewarben. Vier FdP-Mitglieder,<br />

ein Vertreter der Christlichdemokratischen<br />

Volkspartei (CVP) und je eine Vertreterin der<br />

Schweizerischen Volkspartei (SVP) und der Sozialdemokratischen<br />

Partei (SP) gehören in der<br />

aktuellen Legislaturperiode – 2005 bis 2009 –<br />

der Gemeinde-Exekutive an. Zwar stellen die<br />

«Gelben» unter den drei Frauen und vier<br />

Männern die absolute Mehrheit, von einer<br />

freisinnigen Dominanz im Rat kann indessen<br />

nicht die Rede sein. Auf der lokalen Ebene<br />

sind überwiegend Sachgeschäfte zu behan-<br />

Jahr 1985 1989 1993 1997 2001 2005<br />

■ FdP ■ CVP ■ SP ■ SVP<br />

Zwar stellt die FdP im Gemeinderat die Mehrheit, gleichwohl spielt die<br />

Parteipolitik eine untergeordnete Rolle.


deln. Das Spektrum ist breit: Finanzen, Schule, Soziales,<br />

Infrastruktur, Kultur, Verkehr, Kooperation mit allerlei<br />

Institutionen und so weiter. Man trifft sich im Jahr zu<br />

15 bis 20 Sitzungen. Die Diskussionen zu einzelnen<br />

Vorlagen verlaufen zuweilen engagiert. Nach überstandener<br />

Debatte treffen sich die Damen und Herren Gemeinderäte<br />

im gemeindeeigenen Restaurant «Zum<br />

durstigen Wanderer» zur Abkühlung und Nachbearbeitung<br />

beim wohlverdienten Bier.<br />

Im Fokus der Öffentlichkeit<br />

Seit der Einführung eines neuen Informations- und<br />

Datenschutzgesetzes im Jahr 2001 gilt im Kanton Solothurn<br />

das Prinzip der Öffentlichkeit. Das heisst, dass<br />

alle Informationen und Aktivitäten von Behörden, welche<br />

nicht ausdrücklich einem individuellen Schutzbedürfnis<br />

unterliegen, für jedermann offen zu legen sind.<br />

Im Fokus der Öffentlichkeit steht auch, was im Gemeinderat<br />

von <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus verhandelt wird. In<br />

der Regel nehmen Journalisten der Solothurner Zeitung<br />

und des Solothurner Tagblatts an den Ratssitzungen<br />

am Nebentisch Platz, um akribisch zuzuhören und<br />

mitzuschreiben, was von den «Sieben Weisen» und<br />

den von Fall zu Fall beigezogenen Referenten plädiert<br />

und entschieden wird. Ihre Beobachtungen und Interpretationen<br />

sind am übernächsten Tag in den regionalen<br />

Printmedien zu lesen. Die Präsenz der Medien verführt<br />

das eine oder andere GR-Mitglied auch mal zu<br />

pointierten Aussagen an die Adresse der Öffentlichkeit.<br />

Die genehmigten Gemeinderatsprotokolle und auch<br />

die Protokolle der Gemeindeversammlungen werden<br />

in der Homepage von <strong>Feldbrunnen</strong> platziert. Erstaunlich<br />

viele Bürgerinnen und Bürger nehmen via Internet<br />

Einblick in die Arbeit des Gemeinderats.<br />

Gemeindepräsidenten mit<br />

Beharrungsvermögen<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus hält Sorge zu seinen Gemeindepräsidenten<br />

– und umgekehrt. Die Liste der Persönlichkeiten,<br />

welche der Gemeinde seit 1831 als Ammann<br />

oder – nach aktueller Bezeichnung – als Gemeindepräsident<br />

vorstanden, ist kurz. Sie enthält nur zwölf<br />

Namen. Ihre durchschnittliche Amtsdauer beträgt 15<br />

Jahre (siehe Kasten).<br />

Der Gemeindepräsident, sein Stellvertreter sowie die<br />

fünf weiteren Gemeinderatsmitglieder werden alle vier<br />

Jahre in geheimer Urnenwahl bestimmt. Der heutige<br />

Gemeindepräsident Rolf Studer amtiert seit 1995. Er<br />

übt seine Funktion in einem 40-Prozent-Pensum aus<br />

und wird dafür angemessen entschädigt.<br />

Die Gemeindeversammlung beschliesst<br />

Die Gemeindeversammlung wird in der Regel zweimal<br />

jährlich einberufen: im Dezember zur Genehmigung<br />

des Budgets des folgenden und Ende April zur Genehmigung<br />

der Rechnung des letzten Jahres. Sie beschliesst<br />

über weitere Anträge und hat das letzte Wort, wenn<br />

Gemeindereglemente neu erstellt oder korrigiert werden<br />

müssen. Zur Beschlussfassung über ausserordentliche<br />

Geschäfte kann der Gemeinderat auch ausserordentliche<br />

Gemeindeversammlungen ansetzen. Eine solche<br />

wurde zum Beispiel am 28. Juni 2004 durchgeführt,<br />

als 129 Anwesende mit grosser Mehrheit gegen fünf<br />

Nein-Stimmen den Kauf der Liegenschaft «Zum dursti-<br />

Die Gemeindepräsidenten seit 1831<br />

Dionys Biedermann 1831 – 1843 Schreiner<br />

Josef Buchser 1843 – 1864 Landwirt<br />

Frank Buchser 1864 – 1865 Kunstmaler<br />

Josef Müller 1867 – 1877 Landwirt<br />

Urs Walker 1877 – 1898 Wirt, SP<br />

Georg Feier 1898 – 1928 Landwirt, CVP<br />

Charles von Sury 1928 – 1949 Staatsanwalt, CVP<br />

Theodor Strebel 1949 – 1957 Marmorist, CVP<br />

Hans Kunz 1957 – 1973 Jugendanwalt, FdP<br />

Peter Flury 1973 – 1985 Fabrikant, FdP<br />

Peter Reinhart 1986 – 1994 Rechtsanwalt und Notar, FdP<br />

Rolf Studer 1995 – Ingenieur, FdP<br />

90 | 91


gen Wanderer» zum Preis von 1.76 Mio. Franken befürworteten.<br />

Kompetente Arbeit in den Kommissionen<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus führt im Gemeinderat kein eigentliches<br />

Ressort-System. Sieben permanente Kommissionen<br />

sind für die Erledigung von Fachaufgaben<br />

zuständig:<br />

n Rechnungsprüfungskommission<br />

n Vormundschaftsbehörde und Sozialhilfekommission<br />

n Werkkommission<br />

n Bau-, Planungs- und Verkehrskommission<br />

n Umweltkommission<br />

n Kultur- und Veranstaltungskommission<br />

n Wahlbüro.<br />

Diese nach Parteienproporz besetzten Gremien handeln<br />

im Rahmen der Gesetze und ihrer Budgets weitgehend<br />

eigenverantwortlich. Zusätzlich stellt sich eine<br />

stattliche Anzahl weiterer Nominierter der Gemeinde<br />

für spezielle Mandate in verschiedensten Bereichen<br />

zur Verfügung.<br />

<strong>Feldbrunnen</strong> stimmt bürgerlich<br />

Aufschlussreich ist eine Analyse des Abstimmungsverhaltens<br />

der Stimmberechtigten von <strong>Feldbrunnen</strong>-<br />

St. Niklaus. Das Fazit ist eindeutig: Die Gemeinde sympathisiert<br />

mehrheitlich mit der bürgerlichen Mitte –<br />

CVP und FdP – und stimmt wirtschaftsfreundlich.<br />

Wie <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus entscheidet, stimmt mit<br />

wenigen Ausnahmen auch das übrige Solothurn. Nur<br />

dreimal war die Gemeinde in diesen Jahren anderer<br />

Meinung als die Mehrheit der Stimmberechtigten des<br />

SP<br />

10<br />

SVP<br />

19<br />

FdP<br />

23<br />

CVP<br />

25<br />

Kanton<br />

25<br />

Wirtschaft<br />

23<br />

Vorlagen<br />

28<br />

Kantons Solothurn. Bemerkenswert ist die<br />

hohe Stimmbeteiligung: Sie liegt regelmässig<br />

über 60 Prozent.<br />

Die Resultate aus 28 eidgenössischen und<br />

kantonalen Abstimmungen mit wirtschaftlicher<br />

Relevanz, welche in den Jahren 2003 bis<br />

2007 zu bestreiten waren, zeigen den folgenden<br />

Befund: In 23 Vorlagen folgten die Bürgerinnen<br />

und Bürger von <strong>Feldbrunnen</strong> den<br />

Empfehlungen der Solothurnischen Wirtschaftsverbände.<br />

In 25 Urnengängen waren<br />

die Ergebnisse mit den Parolen der CVP identisch,<br />

in 23 mit jenen der FdP, in 19 mit jenen<br />

der SVP und zehnmal mit jenen der SP.<br />

Schwerer Stand bei Kantonsratswahlen<br />

Seit 1865 vertraten 16 Abgeordnete <strong>Feldbrunnen</strong>-St.<br />

Niklaus im Kantonsrat. Walter Weber<br />

(SP, für das Jahr 1986) und Rolf Studer (FdP,<br />

für das Jahr 1989) wurden zu Kantonsratspräsidenten<br />

und damit zum «höchsten Solothurner»<br />

erkoren. Von 1997 bis 1999 amtierten<br />

gleichzeitig drei Persönlichkeiten aus der Gemeinde<br />

im Kantonsparlament: Anna Mannhart<br />

(CVP), Rolf Hofer (FdP) und Kurt Küng (SVP).<br />

Das sind Ruhmesblätter aus vergangenen<br />

Zeiten. Seit der Reduzierung der Zahl der<br />

Ratssitze von 144 auf 100 und der damit verbundenen<br />

Vergrösserung der Wahlkreise im<br />

Jahr 2005 sind die Wahlchancen für Kandidierende<br />

aus kleineren Gemeinden auf ein<br />

Minimum geschrumpft. Bevorzugt werden<br />

Leute aus den Städten Grenchen und Solothurn<br />

sowie den Landgemeinden mit grossen<br />

Einwohnerzahlen, also den Ortschaften mit<br />

quantitativ hohem Wählerpotenzial. Der Untere<br />

Leberberg ist seit 2008 nicht mehr im Rat<br />

präsent. Balm, Günsberg, <strong>Feldbrunnen</strong>, Flumenthal,<br />

Hubersdorf, Kammersrohr, Niederwil<br />

und Riedholz stellen zwar zehn Prozent<br />

der Bevölkerung der Amtei Solothurn-Lebern,<br />

im Kantonsrat haben sie aber null Prozent<br />

Mitbestimmung. Dieses Verhältnis ist<br />

staatspolitisch bedenklich.<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus stimmt in Sachvorlagen mehrheitlich<br />

wirtschaftsfreundlich und mit der bürgerlichen Mitte.


Gemeinderat <strong>Feldbrunnen</strong><br />

von links: Rolf Studer, Gemeindepräsident; Emanuel Weibel, Vize-Gemeindepräsident; Béatrice Fröhlicher, Gemeinderätin;<br />

Rolf Hofer, Gemeinderat; Claudia Liechti, Gemeinderätin; Paul Meier, Gemeinderat; Veronika Schärli, Gemeinderätin.<br />

Gemeindepräsident<br />

Rolf Studer<br />

Gemeindeschreiber<br />

Hans Rudolf Graf<br />

Finanzverwalterin<br />

Isabella Howald<br />

92 | 93


INTERVIEW MIT ROLF HOFER<br />

Was tut eigentlich ein Friedensrichter<br />

Rolf Hofer, Dr. oec. HSG, ist seit 1993 gewählter Friedensrichter in<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus. Was sind seine Aufgaben Wie geht er damit um<br />

Jean-Pierre Simmen<br />

Rolf Hofer, welche Pflichten und Rechte<br />

haben Sie als Friedensrichter<br />

Ich befasse mich mit Streitigkeiten in Zivilsachen.<br />

Wenn der Streitwert unter 300 Franken<br />

liegt, fälle ich ein abschliessendes Urteil,<br />

bei höheren Beträgen versuche ich einen<br />

Vergleich zu erreichen. Ich werde aber auch<br />

angerufen, wenn es zwischen zwei in <strong>Feldbrunnen</strong>-St.<br />

Niklaus wohnhaften Personen zu<br />

einem Konflikt kommt und die eine Partei<br />

wegen Ehrverletzung oder Tätlichkeiten klagt.<br />

Auch hier versuche ich, den Streit zu schlichten.<br />

Sprechen Sie auch Bussen aus<br />

Früher musste ich z. B. Bussen wegen unentschuldigter<br />

Abwesenheit bei der Aushebung<br />

und Einteilung in die Feuerwehr aussprechen.<br />

In den vergangenen Jahren sind Bussen in<br />

unserer Gemeinde kein Thema mehr.<br />

Was ist Ihre Motivation für dieses<br />

heikle Amt<br />

Die wichtigste Aufgabe des Friedensrichters<br />

ist es, im Fall von Konflikten im Dorf zu vermitteln.<br />

Ziel ist eine friedliche Lösung, die<br />

für beide Parteien stimmt. Ich versuche bei<br />

Verhandlungen bewusst zu machen, dass bei<br />

einer friedlichen Lösung nicht nur sehr viel<br />

Ärger und Umtriebe, sondern auch hohe Anwalts- und<br />

Gerichtskosten vermieden werden können.<br />

Was geschieht, wenn der Aussöhnungsversuch<br />

scheitert<br />

Dann stelle ich einen Weisungsschein aus. Das ist eine<br />

Bestätigung an den Richter, dass eine Aussöhnungsverhandlung<br />

stattgefunden hat. Damit kann der Kläger<br />

das Verfahren ans Amtsgericht weiterziehen.<br />

«Ziel ist eine friedliche Lösung,<br />

die für beide Parteien stimmt.»<br />

Rolf Hofer<br />

Können Sie mir ein Beispiel für eine erfolgreiche<br />

Aussöhnung schildern<br />

Nehmen wir einen fiktiven Fall: Ein Paar lebt im Konkubinat.<br />

Nennen wir sie Hans und Hanna. Sie borgt ihm<br />

20 000 Franken. Die Beziehung geht in Brüche, Hanna<br />

zieht aus in eine andere Wohnung in <strong>Feldbrunnen</strong>-<br />

St. Niklaus, und Hans denkt nicht im Traum daran, ihr<br />

das Geld zurückzuzahlen. Schliesslich klagt Hanna bei<br />

mir. Ich bitte die beiden zu einem Gespräch. Zuerst<br />

frage ich Hans, ob er bestreite, das Geld zu schulden.<br />

Er bestreitet dies nicht, zudem kann Hanna eine Quittung<br />

vorweisen. Ich frage Hans, ob er gewillt sei, die<br />

20 000 Franken zurückzuzahlen. Er sagt, er wolle schon,


Amt und Aufgaben<br />

des Friedensrichters<br />

Amt und Aufgaben<br />

Jede Gemeinde wählt auf eine vierjährige Amtsperiode<br />

einen Friedensrichter. Sowohl im Zivilrecht als<br />

auch im Strafrecht ist der Friedensrichter entweder<br />

erkennender (urteilender) Richter oder Sühnerichter<br />

(Aussöhnungsbeamter).<br />

Urteil in Zivilsachen<br />

Der Friedensrichter ist zuständig, wenn der Beklagte<br />

in der Gemeinde wohnt und der Streitwert den Betrag<br />

von 300 Franken nicht übersteigt.<br />

sei aber nicht in der Lage, alles auf einmal zu bezahlen.<br />

Ich schlage nun vor, dass Hans ab sofort pro Monat<br />

1000 Franken abzahlt. Hanna ist sofort einverstanden,<br />

Hans nach zwei tiefen Seufzern auch. Ich setze nun einen<br />

schriftlichen Vergleich auf, in dem ich den vereinbarten<br />

Zahlungsmodus festhalte und auch formuliere,<br />

was passiert, sobald eine Rate ausbleibt: Dann wird<br />

der Restbetrag sofort zahlbar und Hanna kann verlangen,<br />

dass Hans betrieben wird, sollte er sich weiterhin<br />

weigern, das Darlehen zurückzuzahlen. Beide unterschreiben<br />

den Vergleich. Und beim Abschied sagt<br />

Hans, er sei eigentlich froh, dass nun eine Lösung gefunden<br />

sei. Mir bleibt zu hoffen, dass sich Hans tatsächlich<br />

an die Vereinbarung hält.<br />

Urteil in Strafsachen<br />

Die Gemeinden könnten allgemein verbindliche Gemeindereglemente<br />

erlassen und für die Übertretung<br />

Bussen bis 300 Franken vorsehen. Es handelt sich<br />

vornehmlich um Polizeiordnungs-, Friedhof-, Flur-,<br />

Feuerwehr- und Kehrichtreglemente. Die Ahndung<br />

von Übertretungen der Gemeindereglemente obliegt<br />

ausschliesslich dem Friedensrichter.<br />

Aussöhnungsverhandlung in Zivilsachen<br />

Die Aussöhnungsverhandlung ist vorgeschrieben,<br />

wenn beide Parteien in der gleichen Gemeinde wohnen.<br />

Der Streitwert spielt dabei keine Rolle. Liegt er<br />

nicht höher als 300 Franken und kommt es zu keiner<br />

Aussöhnung, so ist ein Urteil zu fällen. Es ist erste<br />

Aufgabe des Friedensrichters, zu vermitteln, um den<br />

Prozess zu vermeiden. Er hört die Parteien an und unterbreitet<br />

dann seine Vermittlungsvorschläge.<br />

Laufen alle Geschäfte so rasch über die Bühne<br />

Es gibt solche, die mit einem einzigen Anruf erledigt<br />

werden können. Anderseits gibt es Fälle, die mich<br />

während Monaten auf Trab halten und mich insgesamt<br />

mehrere Arbeitstage lang beschäftigen. Die Arbeiten<br />

fallen sehr unregelmässig an; es kann sein, dass es<br />

drei Jahre lang keinen einzigen Fall gibt, dann aber im<br />

nächsten Jahr gleich mehrere Fälle anstehen.<br />

Dr. oec. HSG Rolf Hofer, Honorarprof. Universität Bern,<br />

Rektor an der Kantonsschule Solothurn, Amtsrichter am Amtsgericht<br />

Solothurn-Lebern. Friedensrichter seit 1993, Gemeinderat<br />

seit 2001. Ehemals Kantonsrat, Präsident Schulkommission und<br />

Parteipräsident FdP <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus.<br />

Aussöhnungsverhandlung bei Ehrverletzungen<br />

und Tätlichkeiten<br />

Eine Aussöhnungsverhandlung vor dem Friedensrichter<br />

ist vorgeschrieben wenn a) der Straftatbestand<br />

von Ehrverletzungen (üble Nachrede, Verleumdung,<br />

Beschimpfung) oder von Tätlichkeiten behauptet<br />

wird und b) sowohl der Antragsteller als auch der<br />

Beschuldigte in der gleichen Gemeinde wohnen. Es<br />

handelt sich um Antragsdelikte. Es ist Aufgabe des<br />

Friedensrichters, sich um die Schlichtung des Streites<br />

zu bemühen.<br />

Aus der Wegleitung für Laienrichterinnen und Laienrichter,<br />

Kanton Solothurn, 2. Auflage Januar 2008.<br />

Die Zwischentitel stammen von der Redaktion.<br />

94 | 95


feldbrunnen-St. Niklaus heute<br />

Vom mausarmen Dorf zum<br />

steuerlich attraktiven Wohnsitz<br />

Im Jahr 2007 generierte die Gemeinde <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus 918 Mal mehr<br />

Steuerertrag als im Jahr 1898. Vor 110 Jahren bezahlte jeder Einwohner im Durchschnitt<br />

etwas über 19 Franken Gemeindesteuern. Heute sind 2,8 Prozent aller im Kanton<br />

ausgewiesenen Vermögenswerte im Besitz von in <strong>Feldbrunnen</strong> ansässigen Steuerpflichtigen.<br />

Eine Auslegeordnung zum Thema «Finanzen».<br />

von Heinz Brunner und Paul Meier<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus geniesst den Ruf, eine «reiche»<br />

Gemeinde zu sein. Ist sie das Eigentlich nicht. Zwar<br />

weist die Gemeinde in ihrem Finanzvermögen als Eigentum<br />

Wohnungen im Postblock, die Liegenschaft<br />

«Durstiger Wanderer» sowie ein paar Quadratmeter<br />

Landreserven aus. Es wäre aber vermessen, sie deshalb<br />

als Krösus zu bezeichnen. Denn die in den letzten<br />

fünf Jahren getätigten Investitionen mussten zum<br />

grössten Teil mit geliehenen Geldern beglichen werden.<br />

Per Ende 2008 stand man bei Kreditgebern mit<br />

3.54 Millionen Franken in der Pflicht. Nach Verrechnung<br />

von Finanzwerten im Eigentum der Gemeinde<br />

ergibt das eine Pro-Kopf-Verschuldung von 469 Franken.<br />

<strong>Feldbrunnen</strong> steht mit dieser Quote im Vergleich<br />

der Gemeinden ordentlich da – nicht top, aber auch<br />

nicht flop. Der Historiker Stefan Frech schildert in diesem<br />

Buch ausführlich und eindrücklich, wie sich unser<br />

einst mausarmes Dorf zum steuerlich attraktiven<br />

Wohnsitz entwickelt hat. Darum konzentrieren wir uns<br />

in diesem Beitrag darauf, ein paar wesentliche Zahlen<br />

zu vergleichen und zu kommentieren.<br />

918 Mal mehr Steuerertrag als 1898.<br />

Bei den ersten Steuerdaten, die dokumentiert sind,<br />

handelt es sich um jene aus dem Jahr 1898. Damals<br />

erhob die Gemeinde Steuern im Gesamtbetrag von<br />

4700 Franken, 19 Franken und 35 Rappen pro Einwohner.<br />

Ende 2007 generierte man einen Ertrag von total<br />

4.317 Millionen Franken, 918 Mal mehr als vor knapp<br />

110 Jahren. Der Steuererlös pro Kopf der Bevölkerung<br />

vervielfachte sich um den Faktor 233 auf 4509 Franken<br />

und 70 Rappen. Der Vergleich bezieht sich auf die Steuerverpflichtungen<br />

von Privatpersonen. Die Steueranteile<br />

der Juristischen Personen sind von geringer Bedeutung.<br />

Sie betrugen 2007 rund 185 000 Franken oder<br />

knapp vier Prozent des ganzen Steueraufkommens.<br />

Eine vierköpfige Familie entrichtete im Jahr 2007 rund<br />

18 000 Franken Gemeindesteuern, gegenüber rund 77<br />

Franken im Jahr 1898. Das sind selbstverständlich<br />

Durchschnittswerte. Ende 2007 waren in der Gemeinde<br />

880 Einwohnerinnen und Einwohner registriert, davon<br />

waren 530 steuerpflichtig (vergleiche Grafiken 1 und 2).<br />

Aufschlussreich ist der Kontext zum Kanton. Die letzten<br />

aktuellen Zahlen, welche einen Vergleich ermöglichen,<br />

stammen aus dem Jahr 2006. Vor drei Jahren<br />

erarbeiteten sämtliche Steuerpflichtigen des Kantons<br />

Solothurn zusammen ein steuerbares Einkommen von<br />

7.618 Milliarden Franken. Davon kamen 56.1 Millionen<br />

Franken oder 0,7 Prozent aus <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus.<br />

Ende 2006 verfügte die Bevölkerung des Kantons über<br />

steuerbare Vermögenswerte im Betrag von 16.9 Milliarden<br />

Franken. <strong>Feldbrunnen</strong>s Anteil daran betrug 480<br />

Millionen Franken oder 2,8 Prozent (vgl. Grafiken 3 und 4).<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus stellt ganze 0,35 Prozent der<br />

rund 250 000 Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons.<br />

Das Fazit aus dieser Gegenüberstellung ist klar:<br />

Dank ihrem tiefen Steuerfuss von gegenwärtig 60 Prozent<br />

für Privatpersonen und 50 Prozent für Juristische


Personen hilft die Gemeinde <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus<br />

auch dem Staat, wertvolles Steuersubstrat zu bewahren.<br />

Gleich tiefe Steuersätze weist übrigens nur das<br />

kleine Kammersrohr auf. Die beiden steuergünstigen<br />

Gemeinden des Kantons Solothurn befinden sich somit<br />

im Unteren Leberberg. Am anderen Ende der Skala liegt<br />

ein Steuerfuss von 139 Prozent für Privatpersonen.<br />

Die Steuerlast würde um einen Drittel grösser<br />

Der Gemeinderat, die Behörden, Parteien und Stimmberechtigten<br />

orientieren sich in ihrer Finanzpolitik am<br />

Grundsatz «so wenig Steuern wie möglich, so viel wie<br />

nötig». Diesem Prinzip bleibt man im ureigensten Interesse<br />

treu. Denn es ist auch kein Geheimnis, dass nur<br />

eine kleine Schar von überaus gut verdienenden und<br />

vermögenden Leuten die – steuerliche – Attraktivität<br />

der Gemeinde begründet. Ja, was wäre die Folge, wenn<br />

die zehn bedeutendsten Steuerzahler <strong>Feldbrunnen</strong>-<br />

St. Niklaus innerhalb eines Jahres verlassen würden,<br />

der Finanzbedarf aber unverändert hoch bliebe Die<br />

Frage kann beantwortet werden, ohne dass man vertrauliche<br />

Daten offenlegen muss. Jeder der verbleibenden<br />

520 Steuerpflichtigen müsste ab sofort rund<br />

einen Drittel mehr Steuern bezahlen...<br />

Wofür werden die Steuern gebraucht<br />

Als Orientierungshilfe dient die Gemeinderechnung<br />

für das Jahr 2007. Am meisten Geld gibt die Gemeinde<br />

für die Bildung aus. Von 100 Franken Steuerertrag gehen<br />

etwas über 27 Franken für die dorfeigene Volksschule<br />

und auswärtige Schulen weg. Nächsthöchster<br />

Kostenfaktor ist mit rund 13 Franken der Bereich «Soziales».<br />

Für die Verwaltung inklusive Entschädigungen<br />

der zahlreichen nebenamtlichen Behördenmitglieder<br />

werden rund zwölf Franken beansprucht. Es folgen<br />

die Konten «Kultur» mit rund sieben Franken sowie<br />

«Verkehr» und «Finanzausgleich» mit je gegen sechs<br />

Franken. Was unter dem Titel «Diverse Ausgaben» übrig<br />

bleibt, wird zur Hauptsache für Abschreibungen<br />

und Rückstellungen zugunsten noch anstehender Investitionen<br />

reserviert. Die hier erwähnten Grössenordnungen<br />

sind in den letzten Jahren in etwa konstant<br />

geblieben.<br />

Und wie präsentierte sich die Gemeinderechnung vor<br />

50 Jahren Schon damals investierten die Gemeindeväter<br />

einen bedeutenden Teil ihrer Mittel in die Schule.<br />

Für den Bereich Soziales brauchte man die Hälfte der<br />

heutigen Ausgaben. Einen Finanzausgleich gab es noch<br />

nicht. Unter dem Strich resultierte ein Gewinn von fast<br />

35 Prozent. Die Rechnung 1957 weist bei 175 000 Franken<br />

Steuereinnahmen einen Einnahmen-Überschuss<br />

von 61 000 Franken aus. Dies, nachdem die Gemeindeversammlung<br />

beschlossen hatte, zur Finanzierung des<br />

bevorstehenden Schulhausneubaus die Steuern zu erhöhen.<br />

(vgl. Grafik 5).<br />

Steuerertrag der Gemeinde<br />

im Mehrjahresvergleich<br />

Steuern pro Einwohner<br />

in Tausend<br />

CHF<br />

4.7 25.5 43.7 62.2 175.0 396.0 1236.0 4317.0<br />

in CHF<br />

19.35 71.80 113.75 155.50 375.55 707.15 1844.75 4509.70<br />

Jahr 1898 1925 1935 1945 1957 1969 1982 2007<br />

Jahr 1898 1925 1935 1945 1957 1969 1982 2007<br />

Im Jahr 2007 generierte die Gemeinde <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus mit<br />

4.317 Millionen Franken 918 Mal mehr Steuern als im Jahr 1898.<br />

Im gleichen Zeitraum vervielfachte sich der Steuerertrag pro Kopf<br />

der Bevölkerung um den Faktor 233: Von 19.35 Franken im Jahr<br />

1898 auf 4509.70 Franken im Jahr 2007.<br />

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Steuerbares Einkommen<br />

im Kanton Solothurn im Jahr 2006<br />

Steuerbares Vermögen<br />

im Kanton Solothurn im Jahr 2006<br />

in CHF<br />

in CHF<br />

7.618 Mrd.<br />

99,3%<br />

56.104 Mio.<br />

0,7%<br />

16.92 Mrd.<br />

97,2 %<br />

480 Mio.<br />

2,8%<br />

■ übrige Gemeinden<br />

■ <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus<br />

■ übrige Gemeinden<br />

■ <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus<br />

Im Jahr 2006 erarbeiteten sämtliche Steuerpflichtigen des Kantons<br />

Solothurn zusammen ein steuerbares Einkommen von 7.618 Milliarden<br />

Franken. Davon kamen 56.1 Millionen Franken oder 0,7 Prozent aus<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus.<br />

Ende 2006 verfügte die Bevölkerung des Kantons Solothurn<br />

über steuerbare Vermögenswerte im Betrag von 16.92 Milliarden<br />

Franken. <strong>Feldbrunnen</strong>s Anteil daran betrug 480 Millionen<br />

Franken oder 2,8 Prozent.<br />

Von 100 Franken Steuerertrag gehen weg für<br />

Verwaltung 11.72<br />

9.14<br />

Schule 27.49<br />

26.85<br />

Kultur 7.22<br />

1.14<br />

Verkehr 5.74<br />

4.00<br />

Soziales 12.71<br />

5.50<br />

Schuldzinsen 1.97<br />

0.40<br />

Wasserversorgung 3.24<br />

10.85<br />

Sicherheit 0.00<br />

1.70<br />

Finanzausgleich 5.60<br />

0.00<br />

Diverse Aufgaben 24.30<br />

5.56<br />

2007<br />

1957<br />

Gewinn 0.00<br />

34.86<br />

Wofür werden in <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus die Steuererträge eingesetzt<br />

Die Grafik ermöglicht eine Übersicht über den Finanzhaushalt der Gemeinde.<br />

Aufschlussreich ist auch der Vergleich mit dem Jahr 1957.<br />

AUTOR Heinz Brunner, von<br />

1988 – 2008 im Nebenamt<br />

Finanzverwalter der Gemeinde<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus.<br />

Er wurde 1943 in Luterbach<br />

geboren, absolvierte eine<br />

kaufmännische Lehre mit<br />

Weiterbildung zum dipl. Buchhalter.<br />

Nach dem Umschulungskurs<br />

zum Oberschullehrer<br />

war er zehn Jahre im Oberstufen-Schulzentrum<br />

Derendingen/Luterbach<br />

tätig. Von 1986<br />

bis zu seiner Pensionierung<br />

war er Direktor des Therapiezentrums<br />

«im Schache» in<br />

Deitingen.


Der Blick zurück<br />

Eine ehemalige Vizegemeindepräsidentin, ein ehemaliger Gemeindepräsident und ein ehemaliger<br />

Schulpräsident sagen, was sie bewegt.<br />

Im Sinn der Seniorinnen und Senioren<br />

«Mich hat schon die Liebenswürdigkeit beeindruckt,<br />

mit der wir in der Gemeinde aufgenommen wurden,<br />

das hatte ich vorher so nirgendwo erlebt. Ganz besonders<br />

freue ich mich über das, was in der Gemeinde für<br />

die Seniorinnen und Senioren getan wird. Ich denke an<br />

den Altersausflug, den Mittagstisch, die verbreitete gute<br />

Nachbarschaftshilfe und die sehr gut funktionierende<br />

Spitex. Die Behörde hat sich mit Erfolg für behindertengerechtes<br />

Bauen eingesetzt. Und sie hat vorgesorgt,<br />

dass die Seniorinnen und Senioren wenn nötig einen<br />

angemessenen Pflegeplatz erhalten. Ich unterstütze die<br />

Bemühungen der Behörden, Alterswohnungen zu<br />

schaffen, so dass einerseits die alten Menschen möglichst<br />

lange im Dorf bleiben können und anderseits<br />

Wohnraum für die neue Generation frei wird.»<br />

Dr. med. Anna Mannhart ist ehemalige Vizegemeindepräsidentin<br />

von <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus. Sie war Kantonsrätin und Fraktionspräsidentin<br />

CVP und sie ist seit 1997 Präsidentin der kantonalen<br />

Fachkommission Alter.<br />

Ein Gemeindepräsident zieht Bilanz<br />

zeit – ich denke besonders an die Feuerwehr und an die<br />

Schützen – liessen mich in <strong>Feldbrunnen</strong> Wurzeln schlagen.<br />

Ich habe und hatte mit vielen Menschen aus den<br />

verschiedensten Schichten Kontakt, das hat mich politisiert.<br />

Das Amt des Gemeindepräsidenten gab mir die<br />

Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen und an<br />

konkreten Problemen zu arbeiten. Es brachte sehr viel<br />

Befriedigung, aber auch Enttäuschungen; es gibt halt<br />

‹aller Gattig Lüt›: Ich musste erfahren, dass nicht alles,<br />

was möglich wäre, machbar ist. Zurück bleibt aber<br />

nicht der Frust, sondern vielmehr Dankbarkeit. Die Enttäuschungen<br />

haben mir für meinen Lebensweg mindestens<br />

so viel gebracht wie die Erfolgserlebnisse:<br />

Was mich nicht zerstört, macht mich stark.»<br />

Dr. iur. Peter Reinhart, Rechtsanwalt und Notar, war Gemeindepräsident<br />

von <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus von 1981 – 1990.<br />

Aus der Sicht des Schulpräsidenten<br />

«Wir haben uns sehr schnell in <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus<br />

heimisch gefühlt, und zwar fanden wir über die Schule<br />

sehr schnell Kontakt. Später habe ich auch als Schulpräsident<br />

sehr gute Erfahrungen gemacht: Die offene<br />

und sachliche Zusammenarbeit mit dem hervorragenden<br />

Lehrerteam war wunderschön. Auch die Gemeinde<br />

hat die Schule sehr stark unterstützt; die Behörden<br />

hatten immer ein offenes Ohr, unsere Anliegen wurden<br />

aufgenommen und rasch umgesetzt.»<br />

Dr. phil. II Hansjürg Geiger, Privatdozent an der Universität Bern<br />

und Kantonsschullehrer und Autor von populärwissenschaftlichen<br />

Büchern, war ehemals Präsident der Schulkommission <strong>Feldbrunnen</strong>-St.<br />

Niklaus.<br />

«Ich liebe <strong>Feldbrunnen</strong>, meine Heimat, mein Zuhause.<br />

Familie, Schule und die Aktivitäten in Politik und Frei-<br />

98 | 99


feldbrunnen-St. Niklaus heute<br />

<strong>Feldbrunnen</strong> zu Solothurn<br />

Die Bürger von Solothurn haben am Sonntag 30. Juli 1865 ein Fusionsgesuch<br />

der Gemeinde <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus abgelehnt. Auch ein zweiter Versuch,<br />

wieder von <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus ausgehend, scheiterte 1919.<br />

von Urs Scheidegger<br />

Die Gemeinde ist in der Schweiz zweifelsohne ein<br />

zentrales politisches und soziologisches Element. Für<br />

den früheren Bundesrat Willi Ritschard war das Dorf<br />

Heimat. Seine Sehnsucht und sein Wirken galten den<br />

Kleinstrukturen, alles was mit Masse, Vermassung zu<br />

tun hatte, war ihm abhold.<br />

Fusion:<br />

Ein Thema auf Bundes- und Kantonsebene<br />

Die neue Bundesverfassung von 1999 erwähnt namentlich<br />

die Gemeinden und weist darauf hin, dass<br />

der Bund bei seinem Handeln die möglichen Auswirkungen<br />

auf die Gemeinden beachte. Auch die Verfassung<br />

des Kantons Solothurn räumt den Gemeinden<br />

grosse Bedeutung zu. Dies wird im Gemeindegesetz<br />

von 1992 substantiell zum Ausdruck gebracht.<br />

Für das Thema Fusion zwischen <strong>Feldbrunnen</strong> und<br />

Solothurn mag interessant sein, dass das Gesetz sich<br />

auch deutlich zur Veränderung der Gemeindebestände<br />

äussert und sogar einen Staatsbeitrag für Zusammenschlüsse<br />

vorsieht: 100 Franken pro Einwohner, jedoch<br />

mindestens 50 000 Franken und höchstens 500 000 Franken.<br />

Während in der Gesamtschweiz die Zahl der Gemeinden<br />

von über 3000 auf 2636 (Stand Anfang 2009)<br />

zurückging und weiter abnehmen wird, hat sich die<br />

solothurnische Gemeindestruktur kaum verändert<br />

(4 Zusammenschlüsse zwischen 1993 und 1995). 1865<br />

und 1919 wäre es beinahe zu einer bedeutenden Ver-<br />

Auch in Zürich war die Eingemeindung ein grosses Thema,<br />

Flugblatt 1929.


änderung gekommen: mit der Fusion von<br />

<strong>Feldbrunnen</strong> mit Solothurn.<br />

Erster Versuch 1865<br />

Der dynamische Kunstmaler Frank Buchser<br />

amtete von 1864 – 1865 als Gemeindeammann<br />

von <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus. Schon vor seinem<br />

Amtsantritt, nämlich am 26. Mai 1863,<br />

hatte <strong>Feldbrunnen</strong> beschlossen, mit der Stadt<br />

Fusionsverhandlungen aufzunehmen. Buchser<br />

setzte sich engagiert für die Fusion ein,<br />

zog alle Fäden und brauchte schon damals<br />

das Mittel der Medien. Für Solothurn galt es,<br />

Vor- und Nachteile abzuwägen. Für eine Fusion<br />

sprach, dass das Stadtgebiet erweitert<br />

würde, dass die Stadtbürger, welche das<br />

meiste Land von <strong>Feldbrunnen</strong> besassen, ihre<br />

Steuern vollständig der Stadt abliefern müssten,<br />

und dass die Stadt das Gemeindevermö-<br />

gen von <strong>Feldbrunnen</strong> eingliedern könnte. Als Nachteil<br />

musste erscheinen, dass an die 38 neuen Bürger Holz<br />

oder Geld abgegeben werden müsste, dass man allfällig<br />

verarmte Bürger unterstützen müsste und dass<br />

allenfalls Kosten für Schule, Polizei und Infrastruktur<br />

anfallen könnten. Der Gemeinderat von Solothurn war<br />

nach einigem Hin und Her, das sich über Monate hinzog,<br />

für die Eingemeindung und legte der Gemeindeversammlung<br />

vom Sonntag, 30. Juli 1865, einen entsprechend<br />

positiven Antrag vor. Wie der «Solothurner<br />

Zeitung» vom 1. August 1865 zu entnehmen ist, wurde<br />

der Antrag deutlich abgelehnt. Vermutlich fand, wie<br />

damals üblich, die Versammlung in der Franziskaner-<br />

Kirche statt. Leider fehlt im Bürgerarchiv ausgerechnet<br />

der Band der Protokolle des Jahres 1865, so dass als<br />

Quelle nur der Pressebericht existiert, der keine Zahlen<br />

nennt, aus dem aber ersichtlich wird, dass Nichteintreten<br />

beschlossen wurde. Interessant mag auch der<br />

Hinweis darauf sein, dass der kurze Zeitungsbericht<br />

Blick vom Schloss Waldegg Richtung Stadt Solothurn.<br />

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von «Annexion» der löblichen Gemeinde <strong>Feldbrunnen</strong><br />

spricht. <strong>Feldbrunnen</strong> zählte im Jahr 1870 213, die Stadt<br />

7000 Einwohner.<br />

Flugaufnahme <strong>Feldbrunnen</strong>-Solothurn 1923.<br />

Zweiter Versuch 1919<br />

Eigentlich überraschend wurde das Thema der Eingemeindung<br />

von <strong>Feldbrunnen</strong> 1919, also kurz nach der<br />

schweren Kriegszeit und Grippenepidemie, von Seiten<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>s lanciert trotz der Wirren um die Schiessplatzfrage.<br />

Dem Protokoll der Gemeinderatskommission<br />

vom 21. Februar 1919 der Stadt Solothurn ist<br />

zu entnehmen: «In einer durch Initiative des Herrn<br />

Kantonsrat Josef Müller im Schulhaus zu <strong>Feldbrunnen</strong><br />

unterem 7. Februar 1919 einberufenen Versammlung<br />

von Bürgern der Einwohnergemeinde <strong>Feldbrunnen</strong>-<br />

St. Niklaus wurde die Eingemeindung der Einwohnergemeinde<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus in die Stadtgemeinde<br />

angeregt. Die Versammlung stand der beabsichtigten<br />

Eingemeindung sympathisch gegenüber, und es wurde<br />

eine Kommission eingesetzt. In seiner Zuschrift vom<br />

17. Februar 1919 frägt der Beauftragte der Kommission,<br />

Herr Lehrer Adler, an, wie sich die Behörden zu dieser<br />

Angelegenheit stellen, indem er darauf hinweist, dass<br />

schon im Jahre 1864 die Einverleibung von <strong>Feldbrunnen</strong><br />

mit der Stadt angeregt, von der Stadtgemeinde abgelehnt<br />

worden sei. «<strong>Feldbrunnen</strong> hat rund 360 Einwohner<br />

... Schulden keine. Der finanzielle Stand der Gemeinde<br />

ist nach gemachten Feststellungen nicht ungünstig.<br />

Vorteilhaft ist aber vor allem, dass sie sich ausdehnen<br />

kann.» Dem Protokoll ist weiter zu entnehmen, dass<br />

gleichzeitig Verhandlungen mit Zuchwil aufgenommen<br />

werden sollen (dort entstehen grosse Industrien).<br />

Flugaufnahme <strong>Feldbrunnen</strong>-Solothurn 1965.<br />

Das Thema taucht wieder am 2. Mai auf, als Stadtammann<br />

Hirt bekannt gibt, dass die Einwohnergemeinde<br />

<strong>Feldbrunnen</strong> am 26. April 1919 mit den Behörden von<br />

Solothurn in nähere Unterhandlungen zu treten wünsche.<br />

Es sei angeregt worden, eine gemeinsame Konferenz<br />

durchzuführen. Am 22. Mai wird eine Delegation<br />

aus <strong>Feldbrunnen</strong> in der Gemeinderatskommission<br />

begrüsst. Kantonsrat Müller weist darauf hin, dass die<br />

Gemeindeversammlung von <strong>Feldbrunnen</strong> mit nur einer<br />

oder zwei Stimmen Mehrheit beschlossen habe,<br />

mit Solothurn in Verhandlungen zu treten. Dabei sei<br />

vor allem auch auf die viel günstigeren Steuerverhältnisse<br />

in <strong>Feldbrunnen</strong> hingewiesen worden. Es werden<br />

viele Detailfragen diskutiert und man einigt sich<br />

schliesslich auf die Bildung einer Spezialkommission.<br />

Sie soll aus je drei Mitgliedern bestehen und unter


So wurde also weder 1865 noch 1919 dem<br />

von <strong>Feldbrunnen</strong> ausgehenden Wunsch zur<br />

Eingemeindung entsprochen. Gibt es eine<br />

dritte Chance<br />

dem Vorsitz von Ammann Hirt tagen. Der<br />

Gemeinderat von Solothurn wählt in der Sitzung<br />

vom 23. Juni 1919 die Gemeinderäte<br />

Nationalrat Hermann Obrecht (den späteren<br />

Bundesrat), Dr. B. Bachtler, E. Gressly und<br />

drei Ersatzmitglieder. Also eine gewichtige<br />

Zusammensetzung! In <strong>Feldbrunnen</strong> werden<br />

in der Sitzung der Einwohnergemeinde-Kommission<br />

in geheimer Wahl Georg Feier, Eduard<br />

Gaugler und Josef Stadler bestimmt. In<br />

den Protokollen von <strong>Feldbrunnen</strong> taucht die<br />

Frage am 2. Juli 1919 wieder auf und es werden<br />

Zugeständnisse von Seiten Solothurns<br />

erwartet. Die gemeinsame Kommission Solothurn/<strong>Feldbrunnen</strong><br />

tagt am 3. Juli 1919 erstmals<br />

und Ammann Hirt legt einen ausformulierten<br />

Eingemeindungsvertrag vor. Dies wird<br />

wohl zu Recht von <strong>Feldbrunnen</strong> als Affront<br />

empfunden. Die Dokumente werden diskutiert<br />

und zum näheren Studium mitgenommen.<br />

Danach finden sich weder in den Unterlagen<br />

von Solothurn noch von <strong>Feldbrunnen</strong> Hinweise,<br />

dass die Kommission noch einmal zusammengetreten<br />

wäre. Die Eingemeindungsdiskussion<br />

verlief auch 1919 im Sande!<br />

Warum scheiterten die Verhandlungen<br />

Dass 1919 die Fusionsgespräche ins Leere<br />

liefen, mag sicher schon daran gelegen sein,<br />

dass die Steuern schon damals in <strong>Feldbrunnen</strong><br />

halb so hoch waren wie die in Solothurn.<br />

Zudem standen in Solothurn nach dem Ende<br />

des Ersten Weltkrieges grosse Aufgaben an<br />

(Wohnungsbau Dilitsch, diverse Landkäufe,<br />

Bau der Rötibrücke, verschiedene Eisenbahnfragen,<br />

Arbeitslosenfürsorge usw.), was zur<br />

Aufnahme einer Anleihe von 1.3 Millionen<br />

Franken zum Zinssatz von fünf Prozent (konvertiert<br />

1929 mit Erhöhung um 200 000 Franken)<br />

führte. Die Aussichten auf eine Steuerangleichung<br />

Richtung <strong>Feldbrunnen</strong> waren<br />

sicher utopisch.<br />

Ein weiteres Problem kommt in einem Brief<br />

von Stadtammann Walter Hirt vom 17. Juli<br />

1919 an den Regierungsrat (Departement des<br />

Innern) zum Ausdruck. Darin wird der von<br />

Dr. Bachtler ausgearbeitete Vertragsentwurf<br />

über die Eingemeindung <strong>Feldbrunnen</strong>s erwähnt<br />

(und in fünf Exemplaren zugestellt). Es wird darum<br />

gebeten, den Entwurf im Plenum des Regierungsrates<br />

zu diskutieren und Richtlinien und Wegleitungen<br />

für die endgültige Abfassung des Eingemeindungsvertrages<br />

abzugeben. Und wörtlich: «Wir würden gestützt<br />

auf Ihre Begutachtung den Vertragsentwurf bereinigen<br />

und die Angelegenheit zu einem Abschluss zu bringen<br />

versuchen, es handelt sich dann auch um die Eingemeindung<br />

von Zuchwil, die für die Stadt Solothurn viel<br />

wichtiger und von grösserer Tragweite sein wird, als<br />

diejenige von <strong>Feldbrunnen</strong>. <strong>Feldbrunnen</strong> ist für Solothurn<br />

wegen der räumlichen Ausdehnung nach Osten<br />

bedeutungsvoll. Der schwierigste Punkt der Eingemeindung<br />

von <strong>Feldbrunnen</strong> besteht in der Vereinigung<br />

der beiden Bürgergemeinden, indem die Bürger von<br />

<strong>Feldbrunnen</strong> darauf tendieren mit der Eingemeindung<br />

auch Stadtbürger zu werden. Die Lösung wäre viel<br />

einfacher, wenn die Bürgergemeinden weiter bestehen<br />

und nur die beiden politischen Einwohnergemeinden<br />

vereinigt würden.» Man darf unumwunden sagen, dass<br />

dies wohl kaum ein «freundeidgenössischer» Ton war;<br />

es ist zu vermuten, dass dieses heikle Thema ein wesentlicher<br />

Grund dafür war, dass die Verhandlungen<br />

scheiterten. Der Brief des Stadtammanns wurde übrigens<br />

von der Regierung nie beantwortet!<br />

AUTOR Urs Scheidegger-Kunz, Dr. rer. pol.,<br />

geboren 1943, besuchte die Schulen in<br />

Solothurn. Er war Leiter der Wirschaftsredaktion<br />

«Der Bund». 1981 bis 1993 war er<br />

Stadtammann von Solothurn, 1987 wurde<br />

er freisinniger Nationalrat. 1993 berief ihn<br />

der Bundesrat zum Direktor des Bundesamtes<br />

für Flüchtlinge. Er publizierte Bücher<br />

über diverse Länder, über die Geschichte<br />

der Stadt und die Region Solothurn und<br />

über den polnischen Nationalhelden<br />

Kosciuszko.<br />

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Interview mit Kurt Fluri und rolf Studer<br />

Ist <strong>Feldbrunnen</strong> eine Schmarotzer-Gemeinde<br />

Vor allem in den letzten Jahren gab es einige Spannungen zwischen Solothurn<br />

und <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus. Wie ist das Verhältnis zwischen den beiden Gemeinden<br />

heute Stadtpräsident Kurt Fluri und Gemeindepräsident Rolf Studer geben Antworten.<br />

Jean-Pierre Simmen<br />

Herr Fluri, was geht Ihnen durch den Kopf,<br />

wenn Sie das Wort «<strong>Feldbrunnen</strong>« hören<br />

Kurt Fluri: Erstens denke ich als Stadtpräsident, dass<br />

unsere Stadt Zentrumslasten hat und viele Dienstleistungen<br />

auch für <strong>Feldbrunnen</strong> erbringt, ohne dass diese<br />

von der Nachbargemeinde angemessen mitfinanziert<br />

werden. Dabei hat <strong>Feldbrunnen</strong> einen viel günstigeren<br />

Steuerfuss als Solothurn. Zweitens kommt mir das<br />

Restaurant «Pintli» in den Sinn; ich habe dort in meiner<br />

Jugendzeit viele schöne Stunden verbracht, sei es<br />

in der Familie, sei es mit Freunden, und später habe<br />

ich als Stadtpräsident oft ins Pintli zu Geschäftsessen<br />

eingeladen. Und drittens denke ich an das Schloss<br />

Waldegg, eine kulturelle Perle unserer Region; ich habe<br />

dort viele wunderschöne Anlässe erlebt.<br />

Herr Studer, welche Stichwörter kommen Ihnen<br />

in den Sinn, wenn Sie das Wort «Solothurn»<br />

hören<br />

Rolf Studer: Solothurn ist eine Kulturstadt; für eine<br />

Stadt dieser Grösse bietet sie der ganzen Region enorm<br />

viel. Zweitens bin ich persönlich mit dieser Stadt sehr<br />

verbunden, ich denke an die Kantonsschule, aber auch<br />

an das Rathaus und an den Kantonsratssaal. Und als<br />

drittes kommt mir das Solothurner Verkehrschaos in<br />

den Sinn. Ich fahre nicht so gut Velo wie Kurt Fluri, und<br />

ich ärgere mich jedes Mal, wenn ich die Aare überqueren<br />

muss. Ich hoffe, dass die Eröffnung der Westtangente<br />

wirklich eine Beruhigung bringt.<br />

Kurt Fluri, wie kam es, dass Sie im Jahr<br />

2003 die Gemeinde <strong>Feldbrunnen</strong> der<br />

Schmarotzermentalität bezichtigten<br />

Nehmen Sie heute dieses Wort zurück<br />

Fluri: Nein, ich nehme es nicht zurück. Allerdings<br />

habe ich das nicht öffentlich gesagt;<br />

ich habe diesen Ausdruck im Zusammenhang<br />

mit der Alterspolitik in einer privaten Korrespondenz<br />

verwendet, und durch eine Indiskretion<br />

ist er dann hinausgegangen. Es handelt<br />

sich hier um ein grundsätzliches Problem.<br />

Wir sind nicht die einzige Stadt, die mit Zentrumsfunktionen<br />

konfrontiert ist, welche von<br />

der Region zu wenig mitgetragen werden,<br />

und wir haben dieses Problem nicht mit <strong>Feldbrunnen</strong><br />

allein. Mir sind zwei Dinge ein Dorn<br />

im Auge: Einerseits entzieht uns <strong>Feldbrunnen</strong><br />

Steuersubstrat, indem sehr gute Steuerzahler<br />

von Solothurn nach <strong>Feldbrunnen</strong> ziehen.<br />

Anderseits profitiert <strong>Feldbrunnen</strong> vom gesellschaftlichen<br />

und kulturellen Angebot in<br />

der Stadt und beteiligt sich finanziell zu wenig<br />

daran. Vor allem die Neuzuzüger führen<br />

ihr gesellschaftliches und kulturelles Leben<br />

nach wie vor in Solothurn.


Rolf Studer, wie ist das mit den guten<br />

Steuerzahlern<br />

Studer: Ich gebe zu, dass die Unterschiede bei der<br />

Steuerbelastung unter den Gemeinden nicht so extrem<br />

sein müssten – <strong>Feldbrunnen</strong> hatte auch schon Steuersätze<br />

gegen 100 Prozent –, der Steuerfuss von <strong>Feldbrunnen</strong><br />

könnte – wenn notwendig – durchaus etwas<br />

angepasst werden. Anderseits muss man aber sehen,<br />

dass <strong>Feldbrunnen</strong> Steuerzahler anzieht, die dem Kanton<br />

Steuern bringen, die er sonst nicht hätte; das soll<br />

so bleiben. Übrigens gibt es Fälle von Steuerzahlern,<br />

die von <strong>Feldbrunnen</strong> wieder in die Stadt zurückziehen.<br />

Wir haben immer weniger eingezontes Bauland, das<br />

bedeutet, dass in Zukunft immer weniger Zuzüger zu<br />

uns kommen werden.<br />

betragen ohnehin nur etwa 150 000 Franken<br />

pro Jahr.<br />

Kurt Fluri, was sollte <strong>Feldbrunnen</strong><br />

Ihrer Meinung nach zusätzlich an die<br />

Zentrumslasten zahlen<br />

«Ich gebe zu, dass die Unterschiede<br />

bei der Steuerbelastung nicht so extrem<br />

sein müssten.» Rolf Studer<br />

Kurt Fluri, Stadtpräsident, Solothurn.<br />

Rolf Studer, Gemeindepräsident, <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus.<br />

«Wir sind nicht die einzige Stadt, die mit<br />

Zentrumsfunktionen konfrontiert ist.» Kurt Fluri<br />

Fluri: Mich stören besonders jene Steuerzahler, die in<br />

<strong>Feldbrunnen</strong> eine Briefkastenfirma eröffnen, sonst<br />

aber in Solothurn wohnen.<br />

Studer: Es handelt sich um 80 bis 100 solcher Fälle.<br />

Sie bringen unserer Gemeinde wenig, vor allem Unkosten.<br />

Die Steuereinnahmen der juristischen Personen<br />

Fluri: <strong>Feldbrunnen</strong> profitiert von den kulturellen<br />

Institutionen wie Stadttheater, Zentralbibliothek,<br />

Museen, aber auch von gesellschaftlichen<br />

Angeboten, ich denke vor allem<br />

an die Vereine. <strong>Feldbrunnen</strong> bezahlt wohl<br />

den unter den Gemeinden der Region vereinbarten<br />

Kulturbeitrag – nicht alle Gemeinden<br />

tun dies! – und bezahlt zusätzlich einen freiwilligen<br />

Betrag. Aber gemessen an den Möglichkeiten<br />

von <strong>Feldbrunnen</strong>, man denke an<br />

den günstigen Steuerfuss, hätte ich erwartet,<br />

dass <strong>Feldbrunnen</strong> mehr für die Zentrumslasten<br />

tut. Ideal wäre, wenn <strong>Feldbrunnen</strong> nicht<br />

nur an die laufenden Ausgaben, sondern auch<br />

an die Investitionen im kulturellen Angebot<br />

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zahlen würde. Das gilt übrigens für alle Gemeinden<br />

in der Region.<br />

Studer: Uns deshalb als «Schmarotzer» zu<br />

bezeichnen, ist für uns nicht akzeptabel. Dies<br />

insbesondere, weil wir ja über den verpflichtenden<br />

Kultur-Beitrag in der Höhe von rund<br />

35 000 Franken hinaus in der Regel jährlich<br />

einen freiwilligen Beitrag von 50 000 Franken<br />

in den Kulturfonds der Stadt bezahlen; der<br />

Posten ist im Finanzplan nicht bestritten. Dieser<br />

Beitrag wurde 2008 für die Präparation<br />

des Bären Urs im Naturmuseum verwendet.<br />

«Könnte <strong>Feldbrunnen</strong> nicht zum Beispiel<br />

im Kunstmuseum den ‹Frank-Buchser-Saal›<br />

finanzieren» Kurt Fluri<br />

die Regionen sich an den Zentrumsleistungen der<br />

Städte angemessen beteiligen sollen. Das ist eine Frage<br />

der Solidarität. Aber eben: da soll die ganze Region<br />

geschlossen mitmachen. In unserer Region tragen zurzeit<br />

einzelne Gemeinden wenig oder gar nichts dazu<br />

bei. So nebenbei hat die Schmarotzer-Diskussion auch<br />

ihr Gutes mit sich gebracht: Es entstand eine Arbeitsgruppe<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-Solothurn, die sich jedes Jahr ein<br />

bis zwei Mal trifft; wir beide Gemeindepräsidenten sind<br />

auch dabei. So kann vieles intern besprochen werden.<br />

Fluri: Bis alle Gemeinden in der Region mitmachen,<br />

dürfte es leider lange dauern. Könnte <strong>Feldbrunnen</strong><br />

nicht eine Lanze brechen und zum Beispiel im Kunstmuseum<br />

den «Frank-Buchser-Saal» finanzieren<br />

Studer: Wäre zu diskutieren. Wir könnten sicher keine<br />

Riesenbeträge dafür einsetzen. Aber die Idee ist – das<br />

ist meine persönliche Meinung – interessant. Es wäre<br />

reizvoll, wenn dann der Ausstellungsraum der Gemeinde<br />

<strong>Feldbrunnen</strong> gehören würde.<br />

Ich wünsche mir, dass anstelle des Schmarotzer-Vorwurfs<br />

vielmehr anerkannt wird,<br />

dass sich <strong>Feldbrunnen</strong> für die Zentrumslasten<br />

der Stadt auf freiwilliger Basis engagiert.<br />

Ich lege auch Gewicht auf die Tatsache, dass<br />

<strong>Feldbrunnen</strong> für die Stadt mit dem Naherholungsgebiet,<br />

das wir uns auch etwas kosten<br />

lassen, ein attraktives Angebot erbringt! Im<br />

Übrigen bin ich durchaus der Meinung, dass<br />

In der Vergangenheit stellte sich wiederholt<br />

die Frage, ob die beiden Gemeinden fusionieren<br />

sollten.<br />

Fluri: Aus der Sicht der Stadt wäre es eine Option, dass<br />

die Stadt mit den sechs umliegenden Gemeinden<br />

fusionieren würde. Auf diese Weise würden natürlich<br />

die Zentrumslasten gerecht verteilt. Aber es ist mir<br />

bewusst, dass die Sicht der umliegenden Gemeinden<br />

eine andere ist.


Studer: Für <strong>Feldbrunnen</strong> ist eine Fusionierung<br />

mit der Stadt zurzeit keine Option. Weder<br />

die finanzielle noch die personelle Situation<br />

sprechen für eine Zusammenlegung. Auf<br />

der andern Seite ist mir vermehrte Zusammenarbeit<br />

mit den umliegenden Gemeinden<br />

wichtig. Mit der Stadt arbeiten wir bereits<br />

jetzt in verschiedenen Bereichen zusammen,<br />

zum Beispiel mit der Bezirksschule, der Feuerwehr<br />

und dem Zivilschutz. Ich könnte mir<br />

vorstellen, dass wir im Sozialbereich noch<br />

intensiver zusammenarbeiten könnten.<br />

Fluri: Ich unterstütze diese Bestrebungen.<br />

Allerdings scheint es mir nicht notwendig,<br />

die sektorielle Zusammenarbeit zu institutionalisieren.<br />

«Ich wünsche dem Stadtpräsidenten mehr<br />

Schlaf und weniger Stress.» Rolf Studer<br />

Steuerzahler anzieht. Ferner wünsche ich unserer<br />

Nachbargemeinde, dass die Stadt Solothurn auch in<br />

Zukunft interessante kulturelle und gesellschaftliche<br />

Angebote finanzieren kann und damit ein attraktiver<br />

Nachbar bleibt.<br />

Wie beurteilen Sie das Verhältnis der beiden<br />

Gemeinden<br />

Fluri: Ich finde es gut, und ich hoffe, dass das in Zukunft<br />

so bleibt.<br />

Studer: Ich schliesse mich an. Besonders positiv finde<br />

ich, dass wir konstruktiv miteinander streiten können.<br />

Herr Studer, was wünschen Sie der<br />

Stadt Solothurn für die Zukunft<br />

Studer: Ich wünsche dem Stadtpräsidenten<br />

mehr Schlaf und weniger Stress; der Stadt<br />

in der Zukunft auch so gute Abschlüsse wie<br />

2007 und möglichst bald kein Verkehrschaos<br />

mehr.<br />

Herr Fluri, was wünschen Sie<br />

<strong>Feldbrunnen</strong><br />

Fluri: Dass die Gemeinde weiterhin finanziell<br />

gute Ergebnisse erzielt; aus kantonaler Sicht<br />

ist es wünschbar, dass die Gemeinde gute<br />

INTERVIEW Jean-Pierre Simmen,<br />

Dr. phil. I, 1940 geboren, ist in Solothurn<br />

aufgewachsen und hat in Zürich Germanistik<br />

und Philosophie studiert. Er lebt seit<br />

1973 in <strong>Feldbrunnen</strong>. Bis zu seiner<br />

Pensionierung war er Lehrer für Deutsch,<br />

Philosophie und Medienkunde an der<br />

Kantonsschule Solothurn. Er war Präsident<br />

der SRG Idée suisse Aargau Solothurn und<br />

engagierte sich in weiteren Gremien der<br />

SRG-Trägerschaft.<br />

106 | 107


feldbrunnen-St. Niklaus heute<br />

Unter dem Dorf<br />

Die Infrastruktur einer Gemeinde nehmen wir kaum wahr – wir benutzen sie einfach.<br />

Dabei steckt in den Strassen und den Leitungsnetzen für Frischwasser,<br />

Abwasser, Strom, Gas, Telefon und Fernsehen eigentlich das Vermögen der Gemeinde.<br />

von Rolf Studer<br />

Die Menschen der meisten Länder benutzen heute eine<br />

Infrastruktur der Ver- und Entsorgung, deren Gegenwart<br />

sie oft gar nicht realisieren, deren Aufbau aber<br />

einen enormen Aufwand und Einsatz der Behörden<br />

und der Bauindustrie bedingte. Der Amerikaner David<br />

Marcaulay hat deshalb 1976 das Buch «Underground»<br />

(Deutsche Übersetzung: «Unter einer Stadt») erarbeitet,<br />

das erstmals eine für Laien und für den Schulunterricht<br />

geeignete dreidimensionale Darstellung in federgezeichneter<br />

Isometrie zeigt. Das Bild zeigt die Netze<br />

aus Röhren, Mauern, Pfählen, Kabeln, Tunneln und<br />

Schächten unter den Häusern und Strassen, die für<br />

unsere Ansprüche notwendig sind und von denen wir<br />

erwarten, dass sie selbstverständlich reibungslos funktionieren.<br />

Bis etwa 1920 lagen erst einige Wasserleitungen in der<br />

Erde, die Feldbrünneler holten ihr Wasser am Brunnen,<br />

gar aus Sodbrunnen, und gossen das Abwasser in die<br />

Bäche. Aber die wachsende Bevölkerung, Ansprüche<br />

an die Hygiene und die Entwicklung bei der Stromversorgung<br />

und der Kommunikation verlangten nach mehr.<br />

Planung<br />

Alle diese Ver- und Entsorgungsnetze müssen heute<br />

sorgfältig geplant und koordiniert werden. Die Instrumente<br />

dazu sind die Ortsplanung mit dem Generellen<br />

Strassen- und Baulinienplan und die Generellen Leitungsnetzprojekte.<br />

Sie werden periodisch überarbeitet<br />

und von den Gemeinde- und Kantonsbehörden<br />

genehmigt – was nicht verhindert, dass<br />

es bald wieder heisst: «Lueg, sie verloche üsi<br />

Schtüre!» Nach der Erstellung werden die<br />

Leitungen in die jeweiligen Katasterpläne<br />

eingezeichnet, damit die nächste Generation<br />

sie auch wieder findet.<br />

Das Verkehrsnetz<br />

Der Individualverkehr hat sich immer mehr<br />

entwickelt. Die Hauptverkehrsachsen Baselstrasse,<br />

Riedholzstrasse und Längweg verästelten<br />

sich mit der Bevölkerungszunahme,<br />

Feldwege wurden zu fahrtauglichen Gemeindestrassen<br />

ausgebaut. Heute besteht ein asphaltiertes<br />

Gemeindestrassennetz in einer<br />

Länge von ungefähr 7,4 km, die Baselstrasse,<br />

die ja eine Kantonsstrasse ist, nicht mitgerechnet.<br />

Die Unterführung unter der Kantonsstrasse,<br />

welche hauptsächlich zur Schulwegsicherung<br />

erstellt wurde, war bei Kindern und<br />

Erwachsenen nie beliebt. Dank des rigorosen<br />

Rückbaus der Hauptstrasse können wir diese<br />

wieder sicherer oberirdisch überqueren.<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus ist in den öffentlichen<br />

Verkehr eingebunden. Seit Januar 1918<br />

ist der untere Dorfteil, <strong>Feldbrunnen</strong>, durch die<br />

Solothurn-Niederbipp-Bahn, das «Bipperlisi»,


So könnte es in einer Stadt aussehen, wenn die Strassen durchsichtig wären.<br />

erschlossen. Obwohl diese Schmalspurbahn immer<br />

wieder umstritten war und ist, hat sie sich behaupten<br />

können und stellt die Verbindung der Jurafuss-Dörfer<br />

zwischen Solothurn und Niederbipp beziehungsweise<br />

dem Oberaargau sicher. Leider sind noch immer nicht<br />

alle Bahnübergänge in <strong>Feldbrunnen</strong> gesichert, was oft<br />

zu gefährlichen Situationen zwischen Bahn und Auto<br />

führt. Die Unfallstatistik bei den Bahnübergängen spricht<br />

eine klare Sprache. Mehr Sicherheit könnten<br />

die geplanten vier bis sechs neuen Barrieren<br />

bringen, andererseits bewirken sie eben auch<br />

mehr Trennung und Verunstaltung.<br />

Die Verbindung des oberen Dorfteils St. Niklaus<br />

mit Solothurn und der Region stellt der<br />

Busbetrieb Solothurn und Umgebung (BSU)<br />

mit der Linie 4 sicher. Die Haltestelle liegt al-<br />

108 | 109


lerdings auf Solothurner Boden beim Alters- und Pflegezentrum<br />

Wengistein.<br />

Frisch- und Löschwasserversorgung<br />

Anfangs des letzten Jahrhunderts scheiterten verschiedene<br />

Versuche, das private Wasserleitungsnetz der<br />

«Brunnengenossenschaft St. Niklaus» zu übernehmen.<br />

1922 entstand dann das erste gemeindeeigene Versorgungssystem<br />

im Dorfteil <strong>Feldbrunnen</strong>. Die Gemeinde<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus besitzt heute keine eigenen<br />

Wasserquellen ausser der Steinenbergquelle, die den<br />

Dorfbrunnen speist. Wir beziehen das Frischwasser<br />

aus dem Wasserleitungsnetz der Stadt Solothurn. Dies<br />

ist im Wasserlieferungsvertrag zwischen den Gemeinden<br />

Solothurn und <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus vom 4. August<br />

1950 geregelt.<br />

Das heutige Wasserleitungsnetz des Dorfes hingegen<br />

ist im Besitz der Gemeinde. Die Wasserlieferung erfolgt<br />

für die Obere Druckzone aus dem Reservoir Sunneschyn<br />

(Gemeindegebiet Rüttenen) und für die Untere<br />

Druckzone aus dem Reservoir Steingrube (Gemeindegebiet<br />

Solothurn) beziehungsweise dem Pumpwerk<br />

Aarmatt (Gemeindegebiet Zuchwil). Die Wasserqualität<br />

ist sehr gut und steht unter ständiger amtlicher<br />

Kontrolle. Der Wasserverbrauch beträgt etwa 250 Liter<br />

pro Einwohner und Tag, was unter dem schweizerischen<br />

Erfahrungswert von ungefähr 300 bis 400 Litern<br />

pro Einwohner und Tag liegt. Die Gesamthärte des<br />

Wassers beträgt ungefähr 30 französische Härtegrade,<br />

dies ergibt die Einstufung «ziemlich hart».<br />

Das Leitungsnetz inklusive Anteil der Versorgung des<br />

kleinen Rüttener Wohngebiets auf dem aufgefüllten<br />

Sperisen-Steinbruch westlich des Restaurants «Pintli»<br />

in St. Niklaus besteht aus ungefähr sieben Kilometern<br />

Leitungsrohren und aus 70 Löschwasserhydranten.<br />

Zudem bestehen im «Wasserdorf <strong>Feldbrunnen</strong>» – nebst<br />

dem Naturweiher und den Bächen im Spiessacker und<br />

Weiherrain – noch verschiedene private Quellfassungen<br />

nördlich des Lirenrains (Gemeindegebiet Rüttenen)<br />

sowie im Waldgebiet zwischen Riedholz und <strong>Feldbrunnen</strong>.<br />

Das Kanalisationsnetz und die Kläranlage<br />

Die im Jahr 1973 erbaute eigene Kläranlage (ARA) ist<br />

für rund 1300 Einwohner ausgebaut und funktioniert<br />

nach dem so genannten Tropfkörpersystem auch heute<br />

noch einwandfrei. Das Leitungssystem für Abwasser<br />

und Meteorwasser (Regen-, Pump- und<br />

Quellwasser) hat eine gesamte Länge von<br />

rund zehn Kilometern und enthält 160 Kontrollschächte.<br />

Sämtliche Liegenschaftsabwässer<br />

sind heute an das Abwassersystem der<br />

Gemeinde angeschlossen und werden nach<br />

der Reinigung in der ARA in die Aare eingeleitet.<br />

Das Abwasser-Leitungsnetz unterliegt seit<br />

Beginn des Leitungsbaus um etwa 1930 starken<br />

Abnützungserscheinungen. Deshalb müssen<br />

wir damit rechnen, dass in den nächsten<br />

15 bis 20 Jahren jährlich Kosten von rund<br />

60 000 Franken für den Werterhalt anfallen<br />

werden. Auch in andern Gemeinden tickt diese<br />

Zeitbombe unter der Erde.<br />

Zudem besteht für hydraulisch bedingte<br />

Massnahmen (zum Beispiel Eliminierung von<br />

sauberem Regen- und Bachwasser aus der<br />

Kanalisation), Ausbauten am öffentlichen<br />

Leitungsnetz und Sonderbauwerken sowie<br />

Neuerschliessungen in den nächsten Jahren<br />

ein Finanzbedarf von rund 4 bis 4,5 Mio.<br />

Franken.<br />

Die Netze für Telefon, Radio und<br />

Fernsehen, Internet<br />

Wer erinnert sich noch an die früheren Freileitungen,<br />

Dachständer und Dachantennen,<br />

die unser Dorfbild stark prägten Heute sind<br />

sämtliche Kabel unter Boden eingelegt und<br />

bilden im ganzen Gemeindegebiet einen riesigen<br />

«Wirrwarr», den nur noch die Fachleute<br />

«lesen» können – manchmal.<br />

Die Netze für Telefon, Radio und Fernsehen,<br />

Internet wurden hauptsächlich durch die externen<br />

Betreiberfirmen Swisscom und GAW<br />

(Gemeinschaftsantenne Weissenstein) gebaut.<br />

Auch der Unterhalt wird von ihnen vorgenommen.<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus ist Aktionärin<br />

der GA Weissenstein GmbH.<br />

Wenn sich Internet, Telekommunikation, Radio<br />

und Fernsehen auch zukünftig so rasend<br />

schnell weiterentwickeln, werden diese Anlagen<br />

einer raschen Erneuerung unterliegen.


Weitere Netze<br />

Von allen Leitungsnetzen, die etwas mit Strom<br />

zu tun haben, ist nur das Strassenbeleuchtungsnetz<br />

im Besitz der Gemeinde. Es wird<br />

aber von der AEK, Solothurn, betreut.<br />

Das Elektrizitätsnetz ist im Besitz der AEK,<br />

wird von ihr erstellt, unterhalten und betrieben.<br />

Das Gasnetz, unser jüngstes Netz, hat<br />

erst eine Länge von 3,5 km. Damit wäre es<br />

allerdings schon möglich, etwa zwei Drittel<br />

der Gebäude anzuschliessen. Die Betreiberin<br />

(Regio Energie, Solothurn) findet allerdings<br />

bei den Hausbesitzern noch wenig Bereitschaft,<br />

den Energieträger zu wechseln und<br />

für das Heizen und Kochen einen Gasanschluss<br />

zu errichten.<br />

Das Abfallentsorgungsnetz war für unsere<br />

Gemeinde schon immer ein wichtiges Thema.<br />

Den Hauptanteil der Siedlungsabfälle aus unserem<br />

Dorf, nämlich rund 200 bis 250 Tonnen<br />

pro Jahr, verbrennt die KEBAG in Zuchwil.<br />

Die Kehrichtverbrennungsanlage gehört dem<br />

Zweckverband der beteiligten Gemeinden,<br />

auch unsere Gemeinde ist Aktionärsmitglied.<br />

Zusätzlich organisiert unsere Umweltkommission<br />

Sonderabfuhren für Glas, Grünmaterial,<br />

Metalle, Sondermüll und so weiter. Dieses<br />

«Netz» wird in Zukunft wohl noch zu verfeinern<br />

sein, denn wir erkennen langsam, dass<br />

«Ghüder» nicht wertlos, sondern wertvoller<br />

Rohstoff ist.<br />

Blick in einen Schacht mit neuen so genannten Pressrohren in der<br />

Sandmattstrasse. Offene Gräben bei der Rohrverlegung gehören<br />

der Vergangenheit an.<br />

langsam und zum Teil schmerzlich, dass nichts Materielles<br />

endlos zur Verfügung steht; sogar das Wasserdorf<br />

<strong>Feldbrunnen</strong> wird sorgfältiger mit dem Wasser umgehen<br />

müssen.<br />

Ausblick<br />

Im täglichen Leben sind wir uns all dieser<br />

Infrastruktureinrichtungen nicht bewusst, ja<br />

wir treten sie buchstäblich mit Füssen. Dabei<br />

sind sie – auch finanziell gesehen – von hohem<br />

Wert. So stellt zum Beispiel das Kanalisationssystem<br />

zusammen mit der ARA ein<br />

Vermögen (Wiederbeschaffungswert) von<br />

rund zwölf Millionen Franken dar. Vier Generationen<br />

haben diese Werke erschaffen. Wir<br />

sind verpflichtet, sie in gutem Zustand weiterzugeben.<br />

Ob wir sie noch stark ausbauen<br />

müssen, hängt unter anderem von der Bevölkerungsentwicklung<br />

und von unserem<br />

Umgang mit den Ressourcen ab. Wir lernen<br />

AUTOR Rolf Studer-Ramseyer, Dipl.<br />

Bauingenieur HTL/FH, wurde 1941 in Basel<br />

geboren. Er studierte in Burgdorf und in<br />

Deutschland. Seit 1963 ist er Mitbesitzer<br />

einer Planungs- und Bauingenieurfirma in<br />

<strong>Feldbrunnen</strong> und Bern. Von 1965 bis 2009<br />

war er aktives Mitglied mehrerer nationaler<br />

Fachverbände. Seit 1995 ist er<br />

Gemeindepräsident von <strong>Feldbrunnen</strong>-<br />

St. Niklaus. Er war langjähriger Kantonsrat<br />

und 1989 Kantonsratspräsident.<br />

110 | 111


feldbrunnen-St. Niklaus heute<br />

Der Verkehrsingenieur hat das Wort<br />

Wie entwickelten sich die historischen Strassen in <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus<br />

Welche Probleme bringt uns der motorisierte Verkehr Welche Rolle spielt<br />

der öffentliche Verkehr Wie verhalten sich die Verkehrsteilnehmer<br />

Die Beschäftigung mit solchen Fragen bringt wichtige Hinweise für die<br />

öffentliche Meinungsbildung.<br />

von Walter Weber<br />

Der Öffentlichkeit ist die rasante Verkehrsentwicklung<br />

in den jüngsten Jahrzehnten häufig<br />

nicht bewusst, noch weniger aber die Tatsache,<br />

welche enormen Veränderungen in den<br />

Ansprüchen an die Infrastruktur damit verbunden<br />

sind. Die übergeordneten Strassenzüge<br />

und -netze sind historisch und damit in<br />

der Regel vor langer Zeit entstanden. Der<br />

Längweg diente als Schlosszufahrt (Pferde,<br />

Pferdegespanne), die Riedholzstrasse war<br />

wichtig für Land- und Forstwirtschaft, Wanderer<br />

und Fussgänger, und die Baselstrasse<br />

erfüllte ihre Aufgabe als Landstrasse mit lediglich<br />

ein paar Höfen. Das heisst, dass die<br />

Linienführungen und die Verknüpfungen zum<br />

Netz in einer Zeit entstanden sind, als die<br />

1984 verfügten noch 31 Prozent aller<br />

Schweizer Haushalte über kein Auto (Pw),<br />

heute sind es knapp 19 Prozent.<br />

heutigen Anforderungen des Verkehrs weder<br />

in seiner Form geschweige denn in seiner<br />

Menge bekannt waren. Diese Ausgangslage<br />

führte denn auch zu den grossen Konflikten<br />

im Verkehrsgeschehen.<br />

Die Entwicklung des Strassenverkehrs<br />

Die eigentliche Motorisierung hat nach dem Zweiten<br />

Weltkrieg eingesetzt, sie nahm insbesondere in den<br />

letzten dreissig Jahren zu. Die heutigen Verkehrsmengen<br />

konnten noch vor wenigen Jahren nicht vorausgesagt<br />

werden. Heute stellen wir fest, dass sich der Fahrzeugbestand<br />

seit Mitte der Fünfzigerjahre gut verzehnfacht<br />

hat. Zudem sind die Fahrleistungen pro Person<br />

(Kilometer pro Person) gestiegen, der Belegungsgrad<br />

(Anzahl Personen im Auto) hat abgenommen und die<br />

Bevölkerungszahl ist gewachsen, so dass insgesamt<br />

eine enorme Zunahme im motorisierten Individualverkehr<br />

zu verzeichnen ist.<br />

1957 waren in <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus 83 Autos und<br />

Motorräder registriert, 1984 waren es 427 Motorfahrzeuge<br />

und heute sind es fast 750. In der gleichen<br />

Zeit hat die Einwohnerzahl um ca. 80 Prozent<br />

zugenommen.<br />

Der Verfasser war 1972 an einer ETH-Studie beteiligt,<br />

die sich mit der Frage der Sättigungsgrenze in<br />

der Motorisierung beschäftigte. Die Ergebnisse lagen<br />

im Bereich zwischen 350 und 450 Personenwagen<br />

auf 1000 Personen. Er erinnert sich an Expertengespräche,<br />

in denen diese Werte als unrealistisch<br />

hoch empfunden wurden.


Zone 30 bringt Verkehrsberuhigung im ganzen Dorf.<br />

Die untenstehende Grafik verdeutlicht, dass auch in<br />

<strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus die Anzahl Motorfahrzeuge<br />

viel stärker wächst als die Bevölkerung.<br />

Betrachtet man nur die Personenwagen, so resultiert<br />

für das Jahr 2007 in unserer Gemeinde ein Motorisierungsgrad<br />

von 690 Autos pro 1000 Einwohner. Anders<br />

ausgedrückt, auf weniger als anderthalb Personen<br />

(Säuglinge eingerechnet!) fällt ein Personenwagen.<br />

Der Motorisierungsgrad liegt damit wesentlich über<br />

dem kantonalen Durchschnitt (575 Pw/1000 E), dieser<br />

wiederum ist höher als der durchschnittliche Landeswert<br />

(523 Pw/1000 E).<br />

Wachstumskennzahlen <strong>Feldbrunnen</strong>-St. Niklaus<br />

Der Strassenverkehr in der neueren Zeit<br />

Trotz hoher Motorisierung überwiegt in einer<br />

Gemeinde der Grössenordnung von <strong>Feldbrunnen</strong>-St.<br />

Niklaus der Durchgangsverkehr.<br />

Wir beklagen ihn, sei es aus Immissionsgründen,<br />

aus Gründen der Verkehrssicherheit oder<br />

ganz einfach, weil es zunehmend schwieriger<br />

wird, zum Beispiel in die Baselstrasse einzumünden.<br />

Dabei fehlt oft das Bewusstsein,<br />

dass wir, kaum haben wir die Grenze unserer<br />

Gemeinde überschritten, auch zum «lästigen<br />

Fremdverkehr» werden. 51 Prozent unserer<br />

Bevölkerung sind Wegpendler, zu 64 Prozent<br />

mit dem privaten Motorfahrzeug (17 Prozent<br />

mit öffentlichem Verkehrsmittel, 19 Prozent<br />

als Fussgänger und Radfahrer).<br />

900<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

1957 –<br />

1959 –<br />

Bevölkerungsentwicklung<br />

1961 –<br />

1963 –<br />

1965 –<br />

1967 –<br />

1969 –<br />

1971 –<br />

1973 –<br />

1975 –<br />

1977 –<br />

1979 –<br />

1981 –<br />

1983 –<br />

Entwicklung Motorfahrzeugbestand<br />

1985 –<br />

1987 –<br />

1989 –<br />

1991 –<br />

1993 –<br />

1995 –<br />

1997 –<br />

1999 –<br />

2001 –<br />

2003 –<br />

2005 –<br />

2007 –<br />

Geschwindigkeit und Ausmass der beschriebenen<br />

Entwicklung führen klar vor Augen,<br />

dass eine kurzfristige Anpassung der Infrastruktur<br />

an die neuzeitlichen Anforderungen<br />

allein aus finanziellen Gründen nicht vorstellbar<br />

ist. Die Lenkungsmassnahmen im Verkehrsgeschehen<br />

sind Sache der höheren<br />

Politik. Was den Gemeinden und in vielen<br />

Fällen auch dem Kanton bleibt, sind Massnahmen,<br />

mit denen die negativen Auswirkungen<br />

der heutigen Verkehrsmengen gemildert<br />

werden.<br />

112 | 113


Entwicklung der Verkehrsmengen auf der<br />

Baselstrasse (Motorfahrzeuge/Werktag)<br />

Motorfahrzeuge/Tag<br />

13 000<br />

12 000<br />

11 000<br />

10 000<br />

9000<br />

8000<br />

7000<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005<br />

Die Entlastung nach 1970 ist eine Folge der Eröffnung der A1<br />

(A5 bis Anschluss Zuchwil Ost).<br />

Die Eröffnung der A5 2003 hat zunächst zu einer Entlastung<br />

um gut 2000 Motorfahrzeuge pro Tag geführt. Neuste Werte<br />

aus dem Jahre 2008 lassen den Schluss zu, dass in der<br />

Zwischenzeit durch das allgemeine Verkehrswachstum wieder<br />

der Stand von 2002, als vor Eröffnug der A5 erreicht ist.<br />

Der Längweg:<br />

Eine politische Dimension<br />

Dass jüngst das Verkehrsregime des Längweges<br />

ausgerechnet von der Stadt Solothurn in<br />

Frage gestellt wurde, irritiert. Zum einen,<br />

weil insgesamt auch die Stadt davon profitiert,<br />

und zum anderen, weil das Stadtbauamt<br />

damals diese Beschränkung nicht nur toleriert,<br />

sondern auch ausdrücklich begrüsst<br />

hat. Heikel ist wohl der Umstand, dass die<br />

Massnahme eine politische Dimension bekam,<br />

weil der Längweg als einzige Verbindung<br />

der Dorfteile <strong>Feldbrunnen</strong> und St. Niklaus<br />

für den Binnenverkehr offen bleiben<br />

musste. Die entsprechende Vignettenlösung<br />

wird fälschlicherweise als willkürliche Privilegierung<br />

empfunden.<br />

2002 vor Eröffnung A5<br />

2008 Zirkawert<br />

In den letzten Jahren wollten Gemeinde und Kanton in<br />

erster Linie das Geschwindigkeitsniveau auf der Baselstrasse,<br />

der Riedholzstrasse (Tempo 30), aber auch auf<br />

den Quartierstrassen reduzieren. Die Massnahmen<br />

bringen objektiv eine erhebliche Beruhigung und einen<br />

Sicherheitsgewinn.<br />

Der Längweg als historischer Schlosszugang wurde im<br />

Zuge der Schlossrestaurierung wie im ursprünglichen<br />

Zustand als durchgehende Allee gestaltet; übrigens finanziert<br />

durch die Gemeinde. In der Neuzeit und mit<br />

der Entwicklung des motorisierten Verkehrs wurde die<br />

Überlagerung mit der ausgeprägten Funktion als Fussgängerachse<br />

zum Konflikt. Ein Ausbau dieses historischen<br />

Strassenraumes kam nicht in Frage. So entschied<br />

man sich für die Verkehrsbeschränkung auf dem Längweg<br />

vor rund 25 Jahren. Vorher hatte er zunehmend<br />

Fluchtverkehr aufgewiesen, indem die Stadtdurchfahrt<br />

auf den hierarchisch richtigen Strassen gemieden wurde<br />

und der Weg grossräumig auf untergeordneten,<br />

eher siedlungsorientierten Strassen gesucht wurde.<br />

Mit der Verkehrsbeschränkung Längweg wurde die<br />

Verkehrsmenge auf der Riedholzstrasse in St. Niklaus<br />

über den Tag auf die Hälfte, in Spitzenzeiten auf fast<br />

einen Viertel reduziert. Der Werktagsverkehr hat sich<br />

inzwischen bei rund 1800 Motorfahrzeugen pro Tag<br />

(beide Richtungen) eingependelt, was eigentlich unbedeutende<br />

Mengen sind. Die Einführung von Tempo 30<br />

hat diesbezüglich keine Veränderung gebracht. Es ist<br />

anzunehmen, dass die vielen Baustellen auf Stadtgebiet<br />

vorübergehend eine zusätzliche Belastung bewirkten.<br />

Entscheidend ist die Tatsache, dass das Ziel der<br />

Geschwindigkeitsreduktion weitgehend erreicht wurde.<br />

Wenn die Polizeikontrollen im Jahr 2007 Übertretungen<br />

bei 15 – 20 Prozent der kontrollierten Fahrzeuge<br />

ausweisen, kann unter Berücksichtigung der Toleranzen<br />

davon ausgegangen werden, dass 80 – 85 Prozent der<br />

Verkehrsteilnehmer eine Geschwindigkeit von 33 km /<br />

Stunde nicht überschreiten.<br />

Der öffentliche Verkehr<br />

Der kollektive und soziale Nutzen des öffentlichen Verkehrs<br />

ist wohl unbestritten, zu reden gibt immer wieder<br />

die Frage der Verhältnismässigkeit. Im Falle von <strong>Feldbrunnen</strong>-St.<br />

Niklaus hat der Verkehrsingenieur eine klare<br />

Haltung. Das «Bipperlisi» als Dauerstreitpunkt hat<br />

vor allem mit den aktuellen Vorhaben (neues Rollmaterial,<br />

allfällige Verlängerung bis Oensingen,...) eine ausgezeichnete<br />

Perspektive. Die Vorzüge gegenüber einer<br />

Buslösung sind aus der Benutzeroptik offensichtlich.


Gegenüber dem Auto werden diese bewusster, wenn<br />

die Erreichbarkeit der Zentren auf der Strasse zunehmend<br />

schwieriger wird. Dass für den Bewohner an der<br />

Strecke Lärm und Sicherungssignale ein Ärgernis darstellen,<br />

ist nachvollziehbar. Mit der bevorstehenden<br />

Modernisierung sollten auch hierzu Verbesserungen<br />

erzielt werden können. Vor allem aber entsteht ein<br />

tramähnlicher Betrieb, der mit dem Vorortsverkehr und<br />

als Zubringer zu den Umsteigepunkten am Hauptbahnhof<br />

(und künftig wahrscheinlich auch in Oensingen)<br />

einen wachsenden Nutzen mit zunehmenden Benutzerfrequenzen<br />

bringen wird. Die Bahn entstand zu Beginn<br />

des letzten Jahrhunderts, in einer Zeit also, wo die individuelle<br />

motorisierte Mobilität noch kein Thema war,<br />

und sie erhält eine neue Chance, weil der motorisierte<br />

Verkehr mit dem enormen Wachstum an Grenzen<br />

stösst. Die Haltestelle St. Katharinen gewinnt auch für<br />

das neue Einzugsgebiet im Westen der Gemeinde an<br />

Bedeutung.<br />

Eine untergeordnete Bedeutung kommt der Postautolinie<br />

Solothurn-Günsberg-Balmberg zu. Der Parallelbetrieb<br />

zur Bahn gewinnt etwas an Attraktivität mit der<br />

Linienführung über den Amthausplatz.<br />

St. Niklaus ist über die Haltestelle Wengistein der BSU-<br />

Buslinie 4 erschlossen. Die Anmarschwege sind für die<br />

peripheren Gebiete von St. Niklaus etwas gross, andererseits<br />

sind die Benutzerzahlen kaum relevant. Bei allen<br />

Forderungen wird immer wieder vergessen, dass der öffentliche<br />

Verkehr ein Massenverkehrsmittel ist, dessen<br />

Einsatzmöglichkeiten seine Grenzen haben; jenseits davon<br />

werden die grossen Vorteile und die Effizienz hinfällig.<br />

Vielleicht scheiterte das Projekt des Ortsbusses von<br />

Riedholz über St. Niklaus nach Solothurn gerade deswegen.<br />

Würde dem häufigen Wunsch in Gebieten mit zu<br />

geringem Benutzerpotenzial nach mehr Linien, dichterem<br />

Fahrplan und, als Folge davon, nach kleineren Fahrzeugen<br />

entsprochen, würde der öffentliche Verkehr zunehmend<br />

die Charakteristik des Privatverkehrs annehmen<br />

– mit dem Unterschied allerdings, dass sich jede<br />

oder jeder den eigenen Chauffeur leistet(!).<br />

AUTOR Walter Weber, dipl. Bauing. ETH SIA<br />

SVI, ist in Derendingen aufgewachsen<br />

und wohnt seit 1975 in <strong>Feldbrunnen</strong>.<br />

1974 gründete er das Büro WAM, welches<br />

35 Mitarbeiter beschäftigt. Er ist auch in<br />

der Forschung und als Experte tätig. Er war<br />

Kantonsratspräsident, Wirtschaftsrat,<br />

Delegierter der Expo 02 und sechs Jahre<br />

Präsident der Verkehrsingenieure der<br />

Schweiz SVI.<br />

Seit 2008 rollt das «Bipperlisi» im neuen Look.<br />

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