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Der Mordfall Jakob von Metzler – durfte dem Entführer ... - Steinerlh.de

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glatt ignoriert, dass erstens eine große Son<strong>de</strong>rkommission <strong>de</strong>r Polizei tagelang rund<br />

um die Uhr genau das versucht hat und zweitens die alles entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

rechnerische Überlebenschance <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s ohne Nahrung sich gegen Null bewegte.<br />

– Rechtsgüterabwägung<br />

Es war zu entschei<strong>de</strong>n zwischen <strong><strong>de</strong>m</strong> Leben <strong>de</strong>s Opfers und <strong><strong>de</strong>m</strong> Recht <strong>de</strong>s Täters,<br />

nicht bedroht wer<strong>de</strong>n zu dürfen. Wer hier keine unterschiedliche Wertigkeit sieht, hat<br />

we<strong>de</strong>r einen gesun<strong>de</strong>n Menschenverstand, noch eine akzeptable Vorstellung <strong>von</strong><br />

Recht und Gesetz. In <strong>de</strong>r Urteilsbegründung wur<strong>de</strong> vom Gericht lediglich die Wür<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Mör<strong>de</strong>rs nach Art. 1 GG ausführlich gewürdigt – die Wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Opfers jedoch<br />

skandalträchtig totgeschwiegen.<br />

– Eignung <strong>de</strong>s Mittels<br />

Es wur<strong>de</strong> das mil<strong>de</strong>ste Mittel angewandt - lediglich Schmerzen angedroht. Darüber<br />

hinaus war das Mittel angemessen, weil <strong>de</strong>r in Kauf genommene Scha<strong>de</strong>n<br />

unvergleichlich kleiner war als <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r verhin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n sollte. Mit <strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rung<br />

nach <strong>de</strong>r Angemessenheit will <strong>de</strong>r Gesetzgeber lediglich ausschließen, dass „mit<br />

Kanonen auf Spatzen geschossen wird“. An <strong>de</strong>r Geeignetheit <strong>von</strong><br />

Gewaltandrohungen zum Zwecke <strong>de</strong>r Erlangung <strong>von</strong> Aussagen bestehen wohl keine<br />

Zweifel – auch wenn diese grundsätzlich nicht erlaubt sind. Wer meint, ein Mittel<br />

könne niemals geeignet sein weil es verboten ist, hat <strong>de</strong>n Sinn dieses Paragraphen<br />

nicht verstan<strong>de</strong>n.<br />

Ein nicht schuldhaftes Han<strong>de</strong>ln <strong>de</strong>r Polizeibeamten lässt sich zusätzlich noch aus <strong>de</strong>n<br />

Bestimmungen <strong>de</strong>s § 32 StGB (Notwehr, Nothilfe) ableiten. Mir scheint es jedoch treffen<strong>de</strong>r,<br />

das Problem an <strong><strong>de</strong>m</strong> § 34 StGB (rechtfertigen<strong>de</strong>r Notstand) aufzuhängen, weil hier die<br />

Frage, um die es eigentlich geht, direkt angesprochen wird: Die Rechtsgüterabwägung.<br />

Um das nochmals <strong>de</strong>utlich zu machen: Wenn Polizeibeamte zu prüfen haben, ob sie sich im<br />

Rahmen <strong>de</strong>r Gesetze bewegen, sind diese Überlegungen grundlegend:<br />

Grundgesetz, Menschenrechts-Charta, Anti-Folter-Konvention pp. sind Basisbestimmungen,<br />

aufgrund <strong>de</strong>rer die Legislative (= Gesetzgeber) Spezialgesetze erlässt, die für die Exekutive<br />

(= Staatsanwaltschaft/Polizei) und Judikative (= Gerichte) absoluten Vorrang haben. Die<br />

Exekutive kann und darf solche Basisbestimmungen nicht im eigenen Sinne interpretieren,<br />

auch kann und darf es nicht ihre Aufgabe sein, je<strong>de</strong>s Spezialgesetz auf<br />

Verfassungskonformität zu überprüfen. Sie ist darauf angewiesen, was die Legislative<br />

vorgegeben hat. Dies ist ein wichtiges Element <strong>de</strong>r staatlichen Gewaltenteilung. Beim<br />

polizeilichen Einschreiten wer<strong>de</strong>n die konkreten Bedingungen also nicht vom Grundgesetz<br />

vorgegeben, son<strong>de</strong>rn <strong>von</strong> Spezialvorschriften, wie z.B. <strong>de</strong>n Polizeigesetzen, <strong>de</strong>r<br />

Strafprozessordnung o<strong>de</strong>r hier <strong><strong>de</strong>m</strong> Strafgesetzbuch.<br />

Deshalb ist es mehr als verantwortungslos, die Polizei <strong>de</strong>rart zu verunsichern: Sie muss sich<br />

darauf verlassen können, dass ein Spezialgesetz, hier <strong>de</strong>r § 34 StGB, im konkreten Fall auch<br />

Bestand hat und nicht <strong>de</strong>r Gefühlsduselei realitätsferner „Empörer“ und <strong><strong>de</strong>m</strong> hieraus<br />

entstan<strong>de</strong>nen medialen Druck zum Opfer fällt.<br />

Wenn entschuldbares Han<strong>de</strong>ln nach einem Spezialgesetz in Frage gestellt wird, stehen nicht<br />

Tat und Täter auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Prüfstand, son<strong>de</strong>rn das Gesetz. Wenn also <strong>de</strong>r Schutz <strong>de</strong>s Verbrechers<br />

absolut gelten und keine Rechtsgüterabwägung möglich sein soll, dann muss <strong>de</strong>r § 34 StGB<br />

verfassungswidrig sein.<br />

In <strong><strong>de</strong>m</strong> eigentlich notwendigen Freispruch <strong>de</strong>r Polizeibeamten eine Generalvollmacht zur<br />

Folter durch die Polizei zu sehen, ist nicht mehr als eine irreale Panikmache: Gegen je<strong>de</strong>n<br />

Polizeibeamten, <strong>de</strong>r eine solche Entscheidung fällt, muss auch weiterhin ein Strafverfahren<br />

eröffnet wer<strong>de</strong>n, über das dann ein Gericht zu entschei<strong>de</strong>n hat. Je<strong>de</strong>r Polizeibeamte, <strong>de</strong>r so

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