Ist Bildung wählbar? - Deutsches Studentenwerk
Ist Bildung wählbar? - Deutsches Studentenwerk
Ist Bildung wählbar? - Deutsches Studentenwerk
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
38<br />
standpunkt<br />
TRAu DiCH, WäHle!<br />
Rolf Dobischat,<br />
Präsident des Deutschen<br />
<strong>Studentenwerk</strong>s<br />
Rolf Dobischat bittet sie, ihre stimme abzugeben<br />
<strong>Bildung</strong> für alle«, »Aufstieg<br />
durch <strong>Bildung</strong>«, »<strong>Bildung</strong> zuerst«:<br />
Die Botschaften hör’ ich wohl, allein,<br />
mir fehlt der Glaube. Der Begriff<br />
»Sonntagsrede« wurde speziell für<br />
die <strong>Bildung</strong> erfunden. Würde man<br />
allein die Beteuerungen der vergangenen<br />
Jahrzehnte sammeln, getoppt<br />
durch die Beschwörungen zum<br />
<strong>Bildung</strong>sgipfel im Oktober 2008,<br />
könnte man viele dicke Bücher füllen.<br />
Es wären allerdings Dokumente<br />
der leeren Versprechungen. Zum<br />
Glück haben Bund und Länder<br />
wenigstens die drei Sonderprogramme<br />
für <strong>Bildung</strong> und Forschung<br />
verabschiedet, den Hochschulpakt II eingeschlossen. Die Blamage<br />
wäre sonst total gewesen: 480 Milliarden für marode<br />
Banken? Aber gerne! 18 Milliarden für <strong>Bildung</strong> und Forschung?<br />
Sorry, scheitert an den öffentlichen Finanzen!<br />
Halt, legen Sie das DSW-Journal nicht gleich<br />
zur Seite! Ich verspreche Ihnen, ich werde hier<br />
nicht die zweihundertdreizehnte Diskussion<br />
über die Misere des deutschen <strong>Bildung</strong>ssystems<br />
führen. Ich will Sie agitieren.<br />
Sonst könnte ich wohlfeil klagen: Seit Jahrzehnten<br />
hat sich die Politik damit abgefunden, dass 75 000<br />
bis 80 000 junge Menschen in Deutschland die Schule ohne<br />
Abschluss verlassen, dass Hunderttausende von Jugendlichen<br />
jahrelange Warteschleifen zwischen Schule und Ausbildung<br />
drehen, dass von 100 Akademiker-Kindern 83 studieren,<br />
von 100 Kindern aus hochschulfernen Familien aber nur 23.<br />
Obwohl schon 1990 die Enquete-Kommission »Zukünftige<br />
<strong>Bildung</strong>spolitik – <strong>Bildung</strong> 2000« dies alles vorhergesagt hat!<br />
Aber die Politik scheint es nicht zu kümmern, sie setzt andere<br />
Nur: Wer ist denn »die Politik«?<br />
Kann ich als Staatsbürger eines demokratisch<br />
verfassten Gemeinwesens die<br />
Schuld für Missstände an die »politisch<br />
Verantwortlichen« delegieren und mich<br />
gleichzeitig exkulpieren? Wer ist denn<br />
in einer Demokratie letzten Endes politisch<br />
verantwortlich für ein <strong>Bildung</strong>ssystem,<br />
das aussiebt und selektiert, statt<br />
zu fördern und zu integrieren?<br />
Ich selbst! Und Sie!<br />
Wir können protestieren (auch wenn<br />
sich das für einen ordentlichen deutschen<br />
Professor nur in Maßen geziemt).<br />
Wir können politisch aktiv werden<br />
(was ich als Präsident des Deutschen<br />
<strong>Studentenwerk</strong>s tue). Und wir können<br />
wählen. Ja, mein und Ihr berühmtes<br />
»Kreuzchen« auf dem Wahlzettel hat<br />
Bedeutung, es kann etwas bewirken.<br />
Ich sage: Trau Dich, wähle. Schauen<br />
»Der Begriff ›sonntagsrede‹<br />
wurde speziell für die <strong>Bildung</strong><br />
erfunden«<br />
Sie genau hin, wer zum Thema <strong>Bildung</strong><br />
was verspricht. Schauen Sie genau<br />
hin, welche verbindlichen Finanzzusagen<br />
die bildungspolitischen Positionen<br />
auszeichnen.<br />
Ich bitte Sie: Der <strong>Bildung</strong> zuliebe –<br />
gehen Sie wählen.<br />
Hoffotografen<br />
rolf.dobischat@studentenwerke.de<br />
Die<br />
Prioritäten: Abwrackprämie, Bankenbürgschaften … Foto:<br />
DSWJOURNAL 02/2009