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Baurecht 4.pdf

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4. Baugenehmigung und andere Genehmigungen baulicher Anlagen<br />

4.1 Bedeutung und Wirkung von Baugenehmigung und Vorbescheid<br />

a) Bedeutung und Rechtscharakter der Baugenehmigung<br />

b) Wirkungen der Baugenehmigung (§ 72 HBauO)<br />

c) Baugenehmigung und Vorbescheid (§ 63 HBauO)<br />

d) Deregulierung durch die neue HBauO<br />

4.2 Ersetzende Genehmigungen<br />

a) Planfeststellungsbeschluss, Plangenehmigung (§§ 74 f. VwVfG)<br />

b) Genehmigung nach § 4 BImSchG<br />

c) Zustimmung bei öffentlichen Bauten (§ 64 HBauO)<br />

4.3 Parallele Genehmigungen, sofern keine Konzentrationswirkung<br />

a) Zweckentfremdungsgenehmigung (§ 1 ZweckentfremdungsVO)<br />

b) Sondernutzungsgenehmigung (§ 19 HWG)<br />

c) Gewerberechtliche Genehmigungen (z. B. § 12 GastG)<br />

d) Wasser- und naturschutzrechtliche Genehmigungen (z. B. § 15 HWaG)<br />

4.4. Merksätze<br />

1. Die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von baulichen Anlagen ist in den<br />

Landesbauordnungen grundsätzlich von einer Genehmigung abhängig gemacht<br />

worden (vgl. § 59 HBauO nF). Dabei handelt es sich um ein präventives Verbot mit<br />

Erlaubnisvorbehalt. Die Baugenehmigungspflicht dient der Rechtssicherheit des<br />

Bauherrn und dem Rechtsschutz der Nachbarn. Sie verhindert die Vergeudung von<br />

Ressourcen, indem die Zulässigkeit einer baulichen Anlage vorab, also vor der Errichtung,<br />

geprüft wird.<br />

2. Im Zuge der sog. Deregulierung wurde inzwischen in den meisten Bauordnungen<br />

auf die Genehmigungspflicht für kleinere und weniger problematische Anlagen entweder<br />

ersatzlos verzichtet oder eine bloße Anzeigepflicht eingeführt. Die genehmigungsfreien<br />

Vorhaben sind in § 60 HBauO nF iVm der Anlage 2 zum Gesetz enumerativ<br />

aufgezählt. Diese Regelung ist an die Stelle der BaufreiVO getreten. Anzeigepflichtige<br />

Vorhaben gibt es in Hamburg nach der HBauO nF nicht mehr.<br />

3. Die Baugenehmigung ist ein Verwaltungsakt, der aus einem feststellenden und<br />

verfügenden Teil besteht. Die Baugenehmigung stellt nur die Vereinbarkeit des<br />

Vorhabens mit dem öffentlichen Recht fest und lässt private Rechte ausdrücklich unberührt<br />

(vgl. § 72 Abs. 4 HBauO nF). Der Bauherr hat auf die Erteilung der Baugenehmigung<br />

einen Anspruch, wenn und soweit sein Vorhaben mit den öffentlichrechtlichen<br />

Vorschriften in Einklang steht (vgl. § 72 HBauO nF).<br />

4. Die Geltungsdauer einer Baugenehmigung ist nach den Bauordnungen regelmäßig<br />

begrenzt (vgl. § 73 HBauO nF). Die Baugenehmigung erlischt deshalb, wenn innerhalb<br />

der Frist (derzeit 3 Jahre) nach Erteilung der Genehmigung mit der Ausführung<br />

des Vorhabens nicht begonnen wurde. Die Frist kann i.d.R. einmal verlängert<br />

werden.


5. Unter einem Bauvorbescheid (vgl. § 63 HBauO nF), teilweise auch als Bebauungsgenehmigung<br />

bezeichnet, versteht man einen vorweggenommenen Teil der<br />

Baugenehmigung. Mit ihm wird die Feststellung einzelner Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen<br />

des Bauvorhabens vorgezogen und verbindlich geklärt. Die später nachfolgende<br />

Baugenehmigung nimmt die bereits verbindlich getroffenen Feststellungen<br />

lediglich auf. Deshalb muss der Nachbar bereits den Bauvorbescheid anfechten,<br />

wenn er sich mit Erfolg gegen die darin getroffenen Regelungen zur Wehr setzen will.<br />

Wird während des Anfechtungsverfahrens die Baugenehmigung angefochten, erledigt<br />

sich der Rechtsstreit um den Vorbescheid.<br />

6. Kommt einem anderen Genehmigungsverfahren nach der gesetzlichen Regelung<br />

(formelle) Konzentrationswirkung zu, bedarf es keiner zusätzlichen Baugenehmigung.<br />

Die materiellrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen des <strong>Baurecht</strong>s bleiben<br />

gleichwohl beachtlich, sofern keine Ausnahmeregelung (wie z.B. § 38 BauGB)<br />

besteht. Eine formelle Konzentrationswirkung entfalten z.B. die Planfeststellungsverfahren<br />

(§§ 74, 75 VwVfG) und die sog. Anlagengenehmigung nach dem BImSchG<br />

(vgl. § 13 BImSchG).<br />

7. Die Baugenehmigung selbst entfaltet in den meisten Bundesländern keine Konzentrationswirkung.<br />

Das bedeutet, das neben ihr u.U. noch weitere Genehmigungen<br />

erforderlich sein können, z.B. nach Wasserrecht, Wegerecht, Zweckentfremdungsrecht,<br />

Gaststättenrecht usw. Soweit dort selbständige Genehmigungsverfahren vorgesehen<br />

sind, erstreckt sich die Prüfung im Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich<br />

nicht auf deren Voraussetzungen.<br />

8. Nach der HBauO 2006 wird zwischen einer Baugenehmigung mit Konzentrationswirkung<br />

(§ 62 HBauO nF) und einer Baugenehmigung ohne Konzentrationswirkung<br />

(§ 61 HBauO nF) unterschieden. Die Baugenehmigung ohne Konzentrationswirkung<br />

ergeht im vereinfachten Genehmigungsverfahren, in dem das Vorhaben lediglich auf<br />

die Vereinbarkeit mit Bauplanungsrecht, die Einhaltung der Abstandsflächenvorschrift<br />

des § 6 HBauO nF, die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (§ 9 HmbNatSchG)<br />

und etwa beantragte Abweichungen nach § 69 HBauO nF geprüft wird.<br />

9. Für die Baugenehmigung mit Konzentrationswirkung gelten die §§ 62, 72 HBauO<br />

nF. Danach müssen alle öffentlichrechtlichen Vorschriften mit Ausnahme derjenigen<br />

in §§ 6 f. AtomG und solcher Vorschriften, für die ein förmliches Genehmigungsverfahren<br />

vorgesehen ist, geprüft werden.<br />

10. Das vereinfachte Genehmigungsverfahren findet in den Fällen des § 61 Abs. 1<br />

HBauO nF statt. Das Genehmigungsverfahren mit Konzentrationswirkung in allen<br />

anderen Fällen sowie dann, wenn der Bauherr dies besonders beantragt (§ 59 Abs. 3<br />

HBauO nF).<br />

11. Zweifelhaft ist, ob eine Baugenehmigung ohne Konzentrationswirkung von mehreren<br />

erforderlichen Genehmigungen zwingend als letzte zu erteilen ist. Nach der<br />

Schlusspunkttheorie bildet die Baugenehmigung den Schlusspunkt aller das Bauvorhaben<br />

betreffenden behördlichen Prüfungen, d.h. eine Baugenehmigung ist erst<br />

zu erteilen, wenn alle weiteren erforderlichen Zulassungsentscheidungen anderer<br />

Fachbehörden ergangen seien. In den meisten Bundesländern kann demgegenüber


die Baugenehmigung auch schon erteilt werden, wenn andere Genehmigungen noch<br />

ausstehen (so auch in Hamburg).<br />

12. Das Baugenehmigungsverfahren ist in den §§ 70 ff. HBauO nF geregelt. Von Bedeutung<br />

sind hier auch die Regelungen über die Bauvorlagen und die Bauvorlageberechtigung<br />

(§§ 67, 70 HBauO nF). Soweit die Vorschriften keine Regelungen enthalten,<br />

sind die Bestimmungen des HmbVwVfG anwendbar. Das gilt insbesondere auch<br />

für Widerruf und Rücknahme.<br />

13. Für Bauvorhaben, die von der Stadt Hamburg selbst oder vom Bund geplant<br />

werden, ist keine Baugenehmigung erforderlich. Hier reicht nach § 64 HBauO nF ein<br />

internes Prüfungs- und Zustimmungsverfahren aus, sofern die das Vorhaben planende<br />

Stelle über genügend qualifizierte eigene Mitarbeiter verfügt. .<br />

14. Keiner Baugenehmigung bedarf es in den Fällen, in denen eine sog. Typengenehmigung<br />

(§ 65 HBauO nF) ausreicht, sowie in den Fällen der sog. fliegenden Bauten<br />

(§ 66 HBauO nF).<br />

4.5 Fälle<br />

1. A möchte an der Außenwand eines Schwimmdocks im Hamburger Hafen gegenüber<br />

den Landungsbrücken ein ca. 990 qm großes Werbetransparent aufhängen. Die<br />

Bauaufsichtsbehörde lehnte die hierfür vorsorglich beantragte bauordnungsrechtliche<br />

Baugenehmigung mit der Begründung ab, die Anlage wirke verunstaltend und diene<br />

darüber hinaus auch nicht den Hafenzwecken i.S.d. Hafenentwicklungsgesetzes. A<br />

meint, die Anbringung der Werbeanlage sei nicht genehmigungsbedürftig und dürfe<br />

nicht untersagt werden.<br />

OVG Hamburg, NordÖR 1999, 466<br />

2. S mietet die Räume eines ehemaligen Einzelhandelsgeschäftes an, um darin eine<br />

Spielhalle zu errichten. Die Baugenehmigung für die Umgestaltung und die neue<br />

Nutzungsart wurden erteilt. In einem weiteren Verwaltungsverfahren wurde jedoch<br />

die Spielhallenerlaubnis gemäß § 33 i II Nr.3 GewO versagt, da in unmittelbarer Nähe<br />

eine Schule liege. S ist der Meinung die Spielhallengenehmigung dürfe ihr nicht<br />

versagt werden, weil bereits der Baugenehmigung eine umfassende Prüfung der<br />

rechtlichen Zulässigkeit ihres Vorhaben zugrunde liege.<br />

VG Schleswig NVwZ 1983, 695; vgl.Koch/Hendler § 24 Fall 2

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