Das Licht der EU - FGJE - Szenarien-Werkstatt

„Das Licht der EU“
Von Tobias Blaseio, Stefan Monhof, Daniel Nieswandt und Manuel Fleuss
Klasse 10d
Carl- Fuhlrott- Gymnasium, Wuppertal
Heute ist der große Tag der Veränderungen. Ich werde bald Licht sehen können,
aber was ist eigentlich Licht Was sind Farben Meine Eltern haben mir erzählt, dass
es unendlich viele Farben gibt, und dass es wunderschön sei, einfach auf einer
grünen Wiese zu liegen und den blauen Himmel an zu schauen und die Vögel zu
beobachten, wie traumhaft es sei, nachts den Mond und die Sterne zu sehen. Sie
beschrieben schon oft und sehr genau das Licht und die Farben, aber bisher konnte
ich mir noch nicht richtig vorstellen, was sie meinten. Sie erzählten mir auch, dass ich
seit meiner Geburt eine Missbildung der Netzhaut leide, also ich nichts sehen kann.
Zum Glück werde ich heute behandelt, um endlich mein Umfeld nicht nur akustisch,
sondern auch visuell wahrnehmen zu können. Ich habe etwas Angst davor, ich weiß
nicht, ob es mir gefallen wird.
Anfangs war es den deutschen Ärzten nicht möglich mich zu behandeln, allerdings
nach der EU-Erweiterung 2004 wurde in Polen eine Augenklinik gegründet, in der
Professoren und Ärzte aus ganz Europa zusammenarbeiten und nach einem Mittel
gegen Blindheit wie in meinem Fall forschen. Ich war einer der ersten Patienten und
kam mit meinen Eltern einmal im Jahr hier her nach Warschau, um mich untersuchen
zu lassen, bis endlich eine Methode entwickelt wurde, eine Netzhaut aus
menschlichem Gewebe nachzuzüchten. Seit der Gründung sind nun 11 Jahre
vergangen und den Ärzten ist es jetzt gelungen, eine passende Netzhaut für mich zu
züchten, welche mir heute implantiert werden soll.
Grade kommt mein behandelnder Arzt, Dr. Simeon Schwarz, herein, um mir eine
Injektion zu geben, welche mich schlafen lassen soll. Ich versuche, seinen Schritten
zu folgen, aber ich höre nicht mehr die Tür zu fallen, ich bin bereits eingeschlafen.
Ich wache langsam auf. Zaghaft und vorsichtig öffne ich meine Augen und sehe ein
grelles Licht. Voller Furcht vor diesem Licht kneife ich meine Augen wieder zu. Als
ich sie wieder ein Stück öffne, entdecke ich, dass in diesem Licht sich Umrisse
bewegen, welche sich langsam zu Gestalten verschärfen. Auf einmal spricht eine
Frau mich an und ich erkenne auch ihre Stimme wieder: es ist meine Mutter, die mich
voller Freude in die Arme nimmt. Sie sagt zu mir, sie werden mir jetzt alles zeigen
© C•A•P 2004 1

können, was mir bisher verwehrt worden ist: den Eifelturm in Frankreich, den Kölner
Dom und das Brandenburger Tor in Deutschland, den Buckingham Palace in Groß
Britannien… Sie kann gar nicht alles aufzählen, was sie mir alles zeigen will.
Bei der EU-Erweiterung wurde es so eingerichtet, dass man ohne Probleme
innerhalb der EU-Staaten für sehr wenig Geld reisen kann. Auch mit dem Flugzeug.
Also buchen meine Eltern schnell Flüge, mit denen wir schnell von Warschau nach
London fliegen konnten. Aber zuerst wollten sie mir den wunderbaren polnischen
Sonnenuntergang zeigen, da es bald dafür Zeit war, und die Dr. Schwarz meinte,
dass ich mich auch erst mal schonen sollte, da die Operation sehr anstrengend war
und noch nicht sicher ist, ob mein Körper die Netzhaut überhaupt so annimmt, wie er
es soll. Aber es spricht eigentlich nichts dagegen, da ich schon so gut sehen kann.
Noch am Abend planen meine Eltern eine Rundreise quer durch die EU, damit sie
mir alles zeigen können, was ich mein Neugewonnenes Augenlicht zu verdanken
habe. Aber ich schlief schon ein, grade als die Sonne untergegangen ist…
© C•A•P 2004 2