Download - Fachgebietes Ökonomie des Planens und Bauens ...

Download - Fachgebietes Ökonomie des Planens und Bauens ... Download - Fachgebietes Ökonomie des Planens und Bauens ...

urbane.transformationen.de
von urbane.transformationen.de Mehr von diesem Publisher
08.01.2015 Aufrufe

88 5 Impulse für die Stadtentwicklung Klientel etabliert, die die kleinteiligen Läden auf eine vielfältige Art und Weise nutzt, aber weitere Flächen in Anspruch nimmt und darüber hinaus die Mieten in die Höhe treibt. Die Maßnahmen zur Gegensteuerung durch Bebauungspläne sind nur begrenzt wirksam. Im Kölner Severinsviertel ist der kleinteilige Einzelhandel unter dem Stichwort „funktionale Mischung“ ein wichtiges Thema bei der Sanierung. Heute machen diese kleinteiligen Läden – wie in der Spandauer Vorstadt – einen wichtigen Teil der Urbanität des Severinsviertels aus. In München-Haidhausen trifft man auf einen funktionsfähigen, vielfältigen und kleinteiligen Einzelhandel. Es gibt dort einen „leichten Trend zur Veredelung“. Die Mitarbeiter des Sanierungsträgers führen dies auch auf die Bestandsstrategie zurück. Diese hat durch Aufwertung der öffentlichen Räume und Behutsamkeit im Umgang mit der Substanz dazu beigetragen, dass sich diese – flächenmäßig nicht sehr umfangreiche und eher auf das Gebiet selbst orientierte – Struktur erhalten bzw. weiterentwickelt hat. Abwanderungstendenzen aus der Innenstadt in Richtung „Grüne Wiese“ gab es bereits Mitte der 1960er Jahre in Biberach und wurden erkannt. Grund dafür war die jahrelange Unsicherheit über die Planungsabsichten der Stadt (zögerlicher Beginn der Sanierung). Mit der Altstadtsanierung wurde das Thema aufgegriffen und versucht, diesen Prozessen entgegenzusteuern (Funktionsverbesserung). Schlüsselprojekte bzw. Maßnahmen waren deshalb die qualitätsvolle Aufwertung des Stadtbildes, die Errichtung einer Fußgängerzone, der Bau mehrerer Tiefgaragen am Altstadtrand und der Neubau eines Kaufhauses auf einer Brachfläche am Altstadtrand. In Soest, Hameln und Neumarkt i.d. Oberpfalz war die Behebung funktionaler Mängel für die Einzelhandelsstandorte ein wichtiges Ziel der Sanierung. In Schwäbisch Hall kam es zwar zu einer Aufwertung der Fußgängerzone Gelbinger Gasse durch die Sanierung, doch ist die Passantenfrequenz niedrig, und eine neue kleinräumige Konkurrenz durch ein innerstädtisches Einzelhandelszentrum wird eine Verschiebung der kleinräumigen Standortqualitäten mit sich bringen. Die Stärkung der Funktion eines zweiten städtischen Zentrums und der Ausbau des Zentrums bzw. des Stadtteilzentrums war eines der größeren Themen in Idar-Oberstein, Neunkirchen, Mannheim bzw. Hannover-Linden. Der Ausbau Obersteins zum Dienstleistungs- und Geschäftszentrum in den 1980er Jahren mit neuem Marktplatz, zwei Einkaufscentern, Parkhäusern und neuer Fußgängerzone nach Verlagerung des Verkehrs auf die Naheüberbauung stellt unter den heutigen Bedingungen (sinkende Bevölkerungszahlen, schwindende Kaufkraft) eine Überausstattung dar. In Neunkirchen zielte eine ähnliche Strategie auf die Erhöhung der zentralörtlichen Bedeutung in der Region, fortgesetzt gegen Ende der 1980er Jahre mit einer Stadtkernerweiterung und Brachflächenrevitalisierung (Platz, Fußgängerzone, Saarpark-Center). Eine Verlagerung des Einkaufsschwerpunkts Neunkircher Innenstadt folgte, wodurch traditionelle Haupteinkaufsstraßen vor allem nach Schließung der Hütte mit wirtschaftlichem Niedergang einen deutlichen Funktionsverlust erlitten. Die Strukturen der 1970er Jahre erweisen sich als besonders problematisch – Ankermieter zogen wegen komplizierter Eigentumsverhältnisse, schwieriger Flächenzuschnitte und des unattraktiven Umfelds in die neueren Erweiterungsbereiche. In Mannheim ist die Funktionsverbesserung im Bereich „Wirtschaft“ Bestandteil der Sanierungsziele. Die Stärkung der „Mittelstraße“ als zentrale Geschäftszone und der Erhalt einzelner, gestreut liegender Läden im Gebiet wurde vorgesehen, gelang aber in Konkurrenz zum städtischen Zentrum nur teilweise. Der sanierte Ortskern von Schönebeck – Bad Salzelmen mit seinem kleinteiligen, charakteristischen Stadtbild wurde wiederbelebt und ist heute wieder der Mittelpunkt des Stadtteils. Der Marktplatz mit der Pfännerstraße als „gute Stube“ hat einen vor allem wohnungsnah ausgerichteten Besatz an kleinteiligem Einzelhandel, Läden, Dienstleistungsangeboten und Gastronomie. Ein wöchentlich stattfindender Markt, einige Filialisten und ein Discounter ergänzen das Angebot. Bisher fehlen Kultur- und Freizeiteinrichtungen, die zur Belebung beitragen und auch Kurgäste anlocken könnten. Im Kasseler Sanierungsgebiet Hasenhecke war die wohnungsnahe Versorgung im Quartier schon während der Sanierung nicht überlebensfähig. Pläne für ein multifunktionales Quartierszentrum mit Gemeinbedarfseinrichtungen und Gewerbe- und Dienstleistungen konnten nicht realisiert werden. Selbst das heute in geringfügigem Maß vorhandene wohnungsnahe Grundangebot ist auf eine „sozialverträgliche Langzeitwirkungen und Effektivierung der Städtebauförderung

5 Impulse für die Stadtentwicklung 89 Gewerbemiete“ des Wohnungsunternehmens angewiesen. In der Berliner Kurfürstenstraße, in Jena, in Kleinmachnow und in Freiburg ist der kleinteilige Einzelhandel lagebedingt kein Kernthema der Sanierung. Eine Förderung des Einzelhandels als Baustein nutzungsgemischter urbaner Quartiere ist in derartigen wohngeprägten Gebieten nur schwer zu erreichen, wie das Beispiel Jena zeigt. Reaktionen auf mittel- bis langfristige Veränderungen: In jüngerer Zeit und damit nach offiziellem Abschluss der Sanierung wurde auf den Strukturwandel vor allem in mittelstädtischen Zentren in Form neuer Einzelhandelskonzeptionen reagiert (Bad Oldesloe: Einzelhandelskonzept 2008; Hameln: Integrierte städtische Entwicklungs- und Handlungskonzept zur Verbesserung der touristischen und Einzelhandelsinfrastruktur in der Altstadt (ISEK) 2007, Abriss der während der Sanierung errichteten Warenhauses und Neubau eines ECE-Einkaufszentrums an gleicher Stelle, Überlegungen zu einer Neugestaltung (hauptsächlich neue Pflasterung) der Fußgängerzonen; Soest: Einzelhandelskonzept 2004; Neumarkt: Stärkung und Aufwertung der Fußgängerzone im derzeitigen Integrierten Handlungskonzept zur Sozialen-Stadt-Maßnahme Altstadt, Verhinderung großflächigen Einzelhandels auf der Grünen Wiese, Ansiedlung großflächigen Einzelhandels am Innenstadtrand; Biberach: Berücksichtigung des Einzelhandels im Stadtentwicklungskonzept 2005; Schwäbisch Hall: Gemeinsames Innenstadtentwick- Gute Praxis Altstadt Biberach – Ökonomische Aufwertung im Stadtentwicklungskonzept Die Biberacher Stadtbücherei Ähnlich wie bei vielen anderen Klein- und Mittelstädten ging es bei Altstadtsanierung Biberachs um die Behebung städtebaulicher Missstände im historischen, kleinteilig geprägten Stadtkern. Kennzeichnend dafür war der mangelhafte Zustand der mittelalterlichen Bausubstanz der vorhandenen Wohn- und Geschäftsgebäude mit ungünstigen Grundrisszuschnitten in Stockwerkeigentum und sehr niedrigen Raumhöhen. Weitere Mängel waren vor allem im Verkehrssystem mit Stellplatzdefiziten und Überlastungstendenzen vorzufinden. In seiner Funktion als Wohn-, Handels- und Dienstleistungsstandort war die Altstadt erheblich geschwächt und verlor an Attraktivität. Im Rahmen der Sanierung haben die zahlreichen privaten und öffentlichen Modernisierungs- und Neubaumaßnahmen mit hoher architektonischer bereits einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt des historischen Altstadtkerns geleistet. Die bisherige Erneuerung der vorhandenen Bausubstanz lief dabei unter hohen Ansprüchen in Bezug auf die Gestaltqualität von Gebäuden und öffentlichen Räumen ab. Der Stadterneuerungsprozess in der kleinteiligen Altstadtstruktur wird bei hohen Qualitätsanforderungen kontinuierlich weiterentwickelt und erfordert nach dem Selbstverständnis der Protagonisten viel Fingerspitzengefühl und „prozesshafte Kontinuität“. Mit dem informellen Planungsinstrument des STEKs versucht die Stadt daher, die Sanierungsziele zu sichern und zu verstetigen. Leitbilder für Einzelhandelsnutzungen in der Innenstadt wurden entwickelt, um die Tendenzen des sich dynamisch entwickelnden Einzelhandels zu kanalisieren. Dieser soll sich auf bestimmte hochfrequentierte Lagen konzentrieren, damit in Zukunft die bereits zu beobachtenden Leerstände und Trading-Down-Tendenzen vermieden werden. Um die Altstadt auch für großflächigen Einzelhandel bzw. Filialisten attraktiv zu machen, zeigen die vom Stadtplanungsamt herausgegebenen Blockstudien und Testentwürfe visionär Möglichkeiten auf, wie größere zusammenhängende Flächen geschaffen, in den historischen Bestand der Biberacher Altstadt integriert und zeitgemäße Verkaufskonzepte umgesetzt werden können. Dieser realistische Ansatz zur Schaffung grundstücksübergreifender, horizontaler Flächen dient gleichermaßen als kostenloses Beratungsangebot für private Eigentümer und Investoren und in diesem Sinne auch als Grobkonzept für eine Vorplanung. Langzeitwirkungen und Effektivierung der Städtebauförderung

5 Impulse für die Stadtentwicklung<br />

89<br />

Gewerbemiete“ <strong>des</strong> Wohnungsunternehmens angewiesen.<br />

In der Berliner Kurfürstenstraße, in Jena, in<br />

Kleinmachnow <strong>und</strong> in Freiburg ist der kleinteilige<br />

Einzelhandel lagebedingt kein Kernthema der Sanierung.<br />

Eine Förderung <strong>des</strong> Einzelhandels als Baustein<br />

nutzungsgemischter urbaner Quartiere ist in derartigen<br />

wohngeprägten Gebieten nur schwer zu erreichen,<br />

wie das Beispiel Jena zeigt.<br />

Reaktionen auf mittel- bis langfristige Veränderungen:<br />

In jüngerer Zeit <strong>und</strong> damit nach offiziellem<br />

Abschluss der Sanierung wurde auf den Strukturwandel<br />

vor allem in mittelstädtischen Zentren in Form neuer<br />

Einzelhandelskonzeptionen reagiert (Bad Ol<strong>des</strong>loe:<br />

Einzelhandelskonzept 2008; Hameln: Integrierte<br />

städtische Entwicklungs- <strong>und</strong> Handlungskonzept zur<br />

Verbesserung der touristischen <strong>und</strong> Einzelhandelsinfrastruktur<br />

in der Altstadt (ISEK) 2007, Abriss der während<br />

der Sanierung errichteten Warenhauses <strong>und</strong> Neubau<br />

eines ECE-Einkaufszentrums an gleicher Stelle, Überlegungen<br />

zu einer Neugestaltung (hauptsächlich neue<br />

Pflasterung) der Fußgängerzonen; Soest: Einzelhandelskonzept<br />

2004; Neumarkt: Stärkung <strong>und</strong> Aufwertung der<br />

Fußgängerzone im derzeitigen Integrierten Handlungskonzept<br />

zur Sozialen-Stadt-Maßnahme Altstadt, Verhinderung<br />

großflächigen Einzelhandels auf der Grünen<br />

Wiese, Ansiedlung großflächigen Einzelhandels am<br />

Innenstadtrand; Biberach: Berücksichtigung <strong>des</strong><br />

Einzelhandels im Stadtentwicklungskonzept 2005;<br />

Schwäbisch Hall: Gemeinsames Innenstadtentwick-<br />

Gute Praxis Altstadt Biberach – Ökonomische Aufwertung im<br />

Stadtentwicklungskonzept<br />

Die Biberacher Stadtbücherei<br />

Ähnlich wie bei vielen anderen Klein- <strong>und</strong> Mittelstädten ging es<br />

bei Altstadtsanierung Biberachs um die Behebung städtebaulicher<br />

Missstände im historischen, kleinteilig geprägten<br />

Stadtkern. Kennzeichnend dafür war der mangelhafte Zustand<br />

der mittelalterlichen Bausubstanz der vorhandenen Wohn- <strong>und</strong><br />

Geschäftsgebäude mit ungünstigen Gr<strong>und</strong>risszuschnitten in<br />

Stockwerkeigentum <strong>und</strong> sehr niedrigen Raumhöhen. Weitere<br />

Mängel waren vor allem im Verkehrssystem mit Stellplatzdefiziten<br />

<strong>und</strong> Überlastungstendenzen vorzufinden. In seiner Funktion<br />

als Wohn-, Handels- <strong>und</strong> Dienstleistungsstandort war die<br />

Altstadt erheblich geschwächt <strong>und</strong> verlor an Attraktivität.<br />

Im Rahmen der Sanierung haben die zahlreichen privaten <strong>und</strong><br />

öffentlichen Modernisierungs- <strong>und</strong> Neubaumaßnahmen mit<br />

hoher architektonischer bereits einen wesentlichen Beitrag<br />

zum Erhalt <strong>des</strong> historischen Altstadtkerns geleistet. Die<br />

bisherige Erneuerung der vorhandenen Bausubstanz lief dabei<br />

unter hohen Ansprüchen in Bezug auf die Gestaltqualität von<br />

Gebäuden <strong>und</strong> öffentlichen Räumen ab.<br />

Der Stadterneuerungsprozess in der kleinteiligen Altstadtstruktur<br />

wird bei hohen Qualitätsanforderungen kontinuierlich<br />

weiterentwickelt <strong>und</strong> erfordert nach dem Selbstverständnis der<br />

Protagonisten viel Fingerspitzengefühl <strong>und</strong> „prozesshafte<br />

Kontinuität“. Mit dem informellen Planungsinstrument <strong>des</strong><br />

STEKs versucht die Stadt daher, die Sanierungsziele zu sichern<br />

<strong>und</strong> zu verstetigen. Leitbilder für Einzelhandelsnutzungen in<br />

der Innenstadt wurden entwickelt, um die Tendenzen <strong>des</strong> sich<br />

dynamisch entwickelnden Einzelhandels zu kanalisieren. Dieser<br />

soll sich auf bestimmte hochfrequentierte Lagen konzentrieren,<br />

damit in Zukunft die bereits zu beobachtenden Leerstände<br />

<strong>und</strong> Trading-Down-Tendenzen vermieden werden. Um die<br />

Altstadt auch für großflächigen Einzelhandel bzw. Filialisten<br />

attraktiv zu machen, zeigen die vom Stadtplanungsamt<br />

herausgegebenen Blockstudien <strong>und</strong> Testentwürfe visionär<br />

Möglichkeiten auf, wie größere zusammenhängende Flächen<br />

geschaffen, in den historischen Bestand der Biberacher Altstadt<br />

integriert <strong>und</strong> zeitgemäße Verkaufskonzepte umgesetzt<br />

werden können. Dieser realistische Ansatz zur Schaffung<br />

gr<strong>und</strong>stücksübergreifender, horizontaler Flächen dient<br />

gleichermaßen als kostenloses Beratungsangebot für private<br />

Eigentümer <strong>und</strong> Investoren <strong>und</strong> in diesem Sinne auch als<br />

Grobkonzept für eine Vorplanung.<br />

Langzeitwirkungen <strong>und</strong> Effektivierung der Städtebauförderung

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!