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76 5 Impulse für die Stadtentwicklung Gute Praxis Altstadt Hameln – Modernisierung der historischen Bausubstanz durch Privateigentümer Fußgängerzone Bäckerstraße Hameln ist eine heute ca. 58.000 Einwohner zählende Stadt im niedersächsischen Weserbergland. Die historische Hamelner Altstadt ist als stadthistorisches Denkmal von überregionaler Bedeutung. Aufgrund baulicher und funktionaler Mängel wurden in der gesamten, ca. 30 ha großen Altstadt Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Ein Problem war es zu Beginn der Sanierung, die Privateigentümer zur Modernisierung der wertvollen historischen Bausubstanz – insbesondere in den Nebenstraßen und Randbereichen der Altstadt – zu animieren. Um erste Anreize für Eigentümer zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen zu schaffen, aber auch um die Architekten und das Bauhandwerk an die Probleme im Umgang mit alten Fachwerkbauten heranzuführen, sanierte die Stadt zunächst mit Hilfe von Förder-Sonderprogrammen einige Einzelobjekte und zwei zusammenhängende Straßenzeilen. In einem zweiten Schritt wurde ein umfassendes Modernisierungskonzept aufgestellt, das die Grundlage für eine konzentrierte Förderung privater Modernisierungs- und Instandsetzungsvorhaben bildete. Die Fördermittel wurden dabei gezielt für die Wohnbereiche außerhalb der Geschäftszonen eingesetzt und betrugen durchschnittlich 65 % der Kosten für die Grundsanierung. Durch aktive Beratung und die umfassende Betreuung modernisierungswilliger Eigentümer wurde die Modernisierung historischer Gebäude im Privatbesitz im Laufe der Jahre mit zunehmendem Erfolg umgesetzt. Bis zum Sanierungsabschluss konnte im Rahmen des Modernisierungskonzeptes ein Großteil des der umfangreichen Bestandes an wertvoller historischer Bausubstanz in Privatbesitz modernisiert werden. Diskussionen über Großprojekte und ihre Folgen: Die Verfügbarkeit von Fördermitteln für Ordnungsmaßnahmen hat einige problematische Großvorhaben und Struktur zerstörende Maßnahmen erst möglich gemacht. Auch in Zeiten des Behutsamkeitspostulats sind noch vereinzelte derartige Fälle zu beobachten gewesen. Auseinandersetzungen um Abriss-/Neubauvorhaben sind nicht zuletzt Resultat einer unterschiedlichen Bewertung der Erhaltungswürdigkeit von Altbausubstanz unter gestalterischen, wirtschaftlichen und funktionalen Gesichtspunkten. Tendenziell findet in Sanierungsgebieten eine größere Umstrukturierung aber eher da statt, wo ohnehin weniger bedeutsame Gebäudestrukturen oder bereits in der Maßstäblichkeit aus der Umgebung fallende Komplexe längere Zeit untergenutzt sind bzw. ihre längerfristige Nutzungsperspektive verloren geht. Überdies ist davon auszugehen, dass die Sanierung derartigen Überlegungen eine größere Aufmerksamkeit sichert und damit eine intensivere Auseinandersetzung über die Möglichkeit maßstäblich eingepasster Konzepte stattfindet als außerhalb. Beispiele für einen schnellen Abriss erhaltenswerter Substanz für sogar öffentlich geförderte Neubaumaßnahmen ließen sich anführen, aber eben eher außerhalb von Sanierungsgebieten. Ein weiterer Hintergrund für die genannten Auseinandersetzungen liegt im tendenziellen Widerspruch wirtschaftlicher und gestalterischer Ziele einer Sanierung gerade in Altstadtkernen, wo sensible Lösungen nicht immer selbstverständlich sind. Die Großformen des Handels wurden zu den Prestigeobjekten der Städte, um dann aber nach einem für bauliche Anlagen sehr kurzen Zeitraum bald zu Problembereichen der Innenstädte zu werden. Ursache hierfür sind bauliche, städtebauliche und funktionale Probleme. Die Eigentümer – zum Teil Fondsgesellschaften oder unübersichtliche Konsortien – waren und sind oftmals nicht willens oder nicht in der Lage, rechtzeitige Nachbesserungen an ihren Objekten Langzeitwirkungen und Effektivierung der Städtebauförderung

5 Impulse für die Stadtentwicklung 77 vorzunehmen, was die „Trading-down-Effekte“ in der Folge verschärfte. Hiervon waren vor allem Objekte betroffen, die für ihren Versorgungsbereich überdimensioniert waren und der Konkurrenz nicht mehr standhielten. Der Verlust von Ankermietern an neue, „zeitgemäße“ Großformen und eine zusehends schwierigere Mieterstruktur lösen eine problematische Leerstandentwicklung aus, die sich bei Bevölkerungsund Kaufkraftverlusten verschärfen. Für die öffentlichen Großbauten aus der gleichen Zeit (Verwaltung und Kultur) spielt das Problem des Leerstands und die reduzierte Nutzerfrequenz eine geringere Rolle. Innerhalb der Fallbeispiele sind Nachbesserungsversuche bislang nur in Ansätzen zu erkennen. Das Problem zeigt sich in Bad Oldesloe, Biberach und Idar-Oberstein anschaulich. Ein positives Beispiel für eine auf die Bestandssituation angemessen reagierende Weiterentwicklung eines innerstädtischen Bereichs ist die Stadt Schwäbisch Hall. Hier war die Integration von Verwaltungs- und Kulturneubauten in die historische Baustruktur erfolgreich. In anderen Städten gibt es aber Handlungsbedarf bei der Nachbesserung der Großformen in zentralen Bereichen. Das inzwischen laufende Bund-Länder-Programm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“ bietet hier teilweise eine zusätzliche Unterstützung. Ein wesentliches Problem ist bei der Nachbesserung der mangelnde eigentumsrechtliche Zugriff der Städte auf die maßstabssprengenden Bauten. Gelingt es nicht, durch Aufkauf privater Gebäude oder im Zusammenspiel mit den privaten Eigentümern, „Stadtreparatur“ durch Abriss, Umgestaltung oder Weiterentwicklung der betreffenden Bausubstanz zu betreiben, versuchen die Städte bisweilen, wenigstens vernachlässigte öffentliche Räume in ihrer Umgebung aufzuwerten, können dadurch aber nur einen gewissen Teil der städtebaulichen Probleme beheben. Sanierungsmaßnahmen als Katalysatoren des „Nachnutzungslernens“: Allerdings stehen den – wenigen – noch beobachtbaren Widersprüchen von Großprojekten die zahlreichen Beispiele gegenüber, in denen die Fördermöglichkeiten der Sanierung Ausgangspunkt für kreative Umnutzungsprojekte scheinbar nicht nachnutzungsfähiger Substanz waren. Hier liegt eine wesentliche städtebauliche Langzeitwirkung in vielen ehemaligen Sanierungsgebieten. Die „abweichende“ Bausubstanz hat die Unterbringung einmaliger, kurioser, nischenartiger Nutzungen ermöglicht, die zentral für die Vitalität, Unverwechselbarkeit und nutzungsgemischte Struktur innerstädtischer Quartiere sind. Der kostenmäßige Mehraufwand einer Wiedernutzung „zweitbester“ Gebäude – also nicht herausragender Kirchen oder Rathäuser, die ohnehin saniert worden wären – wie Geschossfabriken, Remisen, historischer Speichergebäude und anderer Sonderbauten wurde durch die Sanierung und ihre finanzielle Bündelungswirkung maßgeblich unterstützt. Nachnutzungsmöglichkeiten wurden erst einmal konzipiert und vorgeführt und somit für die Nachnutzbarkeit „zweitbester“ Gebäude sensibilisiert. Kleinkünstlerische Aktivitäten, Bürgerinitiativen und andere nicht kommerzielle Nutzer spielten bei der Besetzung der sich bietenden Nischen eine wichtige Rolle. Stadtreparatur und kontextuelles Bauen: Sanierungsgebiete erlauben neben Stadtreparaturmaßnahmen eine moderate gestalterische Steuerung von Modernisierungsmaßnahmen und kontextuellen Bauens in Baulücken. Zwar gelingt es auch außerhalb der Sanierung, durch Gestaltungssatzungen und verwandte Instrumente in hochrangigen Ensembles einen gewissen einheitlichen gestalterischen Kanon durchzusetzen, doch wird dieser dort teilweise stärker in Frage gestellt, während ein Konsens hierüber in Sanierungsgebieten wahrscheinlicher ist (vgl. hierzu die Entwicklung in der Berliner Spandauer Vorstadt und der benachbarten Friedrich-Wilhelm-Stadt). Die Logik der Gesamtmaßnahme mit ihren konzeptionellen Instrumenten, der Knüpfung der Fördermittelvergabe an Bedingungen und die Logik des § 144 BauGB leisten alle einen gewissen Beitrag hierzu. Dass dadurch architektonische Kreativität und Innovation nicht verhindert werden muss, zeigen ebenfalls die Erfahrungen in der Berliner Spandauer Vorstadt oder in Leipzig-Connewitz. Schaffung neuer Qualitäten in Blockinnenbereichen und auf Brachgrundstücken: In ähnlicher Weise wirken sensible Entkernungsmaßnahmen im Rahmen einer behutsamen Gesamtstrategie. Sie konnte an vielen Orten dazu beitragen, dass zusätzliche gestalterische Qualitäten in Blockinnenbereichen geschaffen wurden, die nachhaltige Qualitätsverbesserungen für die Bewohner vor Ort darstellen und damit auch die Attraktivität als Wohnstandort sichern. Beispiele finden Langzeitwirkungen und Effektivierung der Städtebauförderung

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5 Impulse für die Stadtentwicklung<br />

Gute Praxis Altstadt Hameln – Modernisierung der historischen<br />

Bausubstanz durch Privateigentümer<br />

Fußgängerzone Bäckerstraße<br />

Hameln ist eine heute ca. 58.000 Einwohner zählende Stadt<br />

im niedersächsischen Weserbergland. Die historische<br />

Hamelner Altstadt ist als stadthistorisches Denkmal von<br />

überregionaler Bedeutung. Aufgr<strong>und</strong> baulicher <strong>und</strong> funktionaler<br />

Mängel wurden in der gesamten, ca. 30 ha großen<br />

Altstadt Sanierungsmaßnahmen durchgeführt. Ein Problem<br />

war es zu Beginn der Sanierung, die Privateigentümer zur<br />

Modernisierung der wertvollen historischen Bausubstanz – insbesondere<br />

in den Nebenstraßen <strong>und</strong> Randbereichen der<br />

Altstadt – zu animieren.<br />

Um erste Anreize für Eigentümer zur Durchführung von<br />

Sanierungsmaßnahmen zu schaffen, aber auch um die<br />

Architekten <strong>und</strong> das Bauhandwerk an die Probleme im Umgang<br />

mit alten Fachwerkbauten heranzuführen, sanierte die Stadt<br />

zunächst mit Hilfe von Förder-Sonderprogrammen einige<br />

Einzelobjekte <strong>und</strong> zwei zusammenhängende Straßenzeilen. In<br />

einem zweiten Schritt wurde ein umfassen<strong>des</strong> Modernisierungskonzept<br />

aufgestellt, das die Gr<strong>und</strong>lage für eine konzentrierte<br />

Förderung privater Modernisierungs- <strong>und</strong> Instandsetzungsvorhaben<br />

bildete. Die Fördermittel wurden dabei gezielt<br />

für die Wohnbereiche außerhalb der Geschäftszonen eingesetzt<br />

<strong>und</strong> betrugen durchschnittlich 65 % der Kosten für die<br />

Gr<strong>und</strong>sanierung. Durch aktive Beratung <strong>und</strong> die umfassende<br />

Betreuung modernisierungswilliger Eigentümer wurde die<br />

Modernisierung historischer Gebäude im Privatbesitz im Laufe<br />

der Jahre mit zunehmendem Erfolg umgesetzt. Bis zum<br />

Sanierungsabschluss konnte im Rahmen <strong>des</strong> Modernisierungskonzeptes<br />

ein Großteil <strong>des</strong> der umfangreichen Bestan<strong>des</strong> an<br />

wertvoller historischer Bausubstanz in Privatbesitz modernisiert<br />

werden.<br />

Diskussionen über Großprojekte <strong>und</strong> ihre Folgen:<br />

Die Verfügbarkeit von Fördermitteln für Ordnungsmaßnahmen<br />

hat einige problematische Großvorhaben<br />

<strong>und</strong> Struktur zerstörende Maßnahmen erst möglich<br />

gemacht. Auch in Zeiten <strong>des</strong> Behutsamkeitspostulats<br />

sind noch vereinzelte derartige Fälle zu beobachten<br />

gewesen. Auseinandersetzungen um Abriss-/Neubauvorhaben<br />

sind nicht zuletzt Resultat einer unterschiedlichen<br />

Bewertung der Erhaltungswürdigkeit von<br />

Altbausubstanz unter gestalterischen, wirtschaftlichen<br />

<strong>und</strong> funktionalen Gesichtspunkten. Tendenziell findet<br />

in Sanierungsgebieten eine größere Umstrukturierung<br />

aber eher da statt, wo ohnehin weniger bedeutsame<br />

Gebäu<strong>des</strong>trukturen oder bereits in der Maßstäblichkeit<br />

aus der Umgebung fallende Komplexe längere Zeit<br />

untergenutzt sind bzw. ihre längerfristige Nutzungsperspektive<br />

verloren geht. Überdies ist davon auszugehen,<br />

dass die Sanierung derartigen Überlegungen eine<br />

größere Aufmerksamkeit sichert <strong>und</strong> damit eine<br />

intensivere Auseinandersetzung über die Möglichkeit<br />

maßstäblich eingepasster Konzepte stattfindet als<br />

außerhalb. Beispiele für einen schnellen Abriss erhaltenswerter<br />

Substanz für sogar öffentlich geförderte<br />

Neubaumaßnahmen ließen sich anführen, aber eben<br />

eher außerhalb von Sanierungsgebieten. Ein weiterer<br />

Hintergr<strong>und</strong> für die genannten Auseinandersetzungen<br />

liegt im tendenziellen Widerspruch wirtschaftlicher<br />

<strong>und</strong> gestalterischer Ziele einer Sanierung gerade in<br />

Altstadtkernen, wo sensible Lösungen nicht immer<br />

selbstverständlich sind.<br />

Die Großformen <strong>des</strong> Handels wurden zu den Prestigeobjekten<br />

der Städte, um dann aber nach einem für<br />

bauliche Anlagen sehr kurzen Zeitraum bald zu<br />

Problembereichen der Innenstädte zu werden. Ursache<br />

hierfür sind bauliche, städtebauliche <strong>und</strong> funktionale<br />

Probleme. Die Eigentümer – zum Teil Fondsgesellschaften<br />

oder unübersichtliche Konsortien – waren <strong>und</strong><br />

sind oftmals nicht willens oder nicht in der Lage,<br />

rechtzeitige Nachbesserungen an ihren Objekten<br />

Langzeitwirkungen <strong>und</strong> Effektivierung der Städtebauförderung

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