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60 4 Finanzmanagement – Systematische Ergebnisse aus den Fallstudien 4.6 Ausgleichsbeträge und private Finanzierungen Neben der Bündelung öffentlicher Mittel aus anderen Programmen ist die Einbindung privater Finanzierungsquellen wesentlich für den Erfolg der Sanierung. Diese Spill-over-Strategie ist eine der Triebfedern für die Idee der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen. Durch die Schaffung von Planungssicherheit und die Lösung des in unübersichtlichen Märkten vorhandenen Informationsproblems werden verunsicherte Eigentümer mithilfe einer Gesamtgebietsstrategie überzeugt, neue Investitionen im Gebiet vorzunehmen und damit das so genannte Gefangenendilemma, das meist zum Investitionsstillstand im Gebiet geführt hat, zu überwinden. Diese zusätzliche Mobilisierungsstrategie zeigt sich • zum einen in der in §7h des Einkommenssteuergesetzes vorgesehenen Sonderabschreibungsmöglichkeit für Sanierungskosten für private Gebäudeeigentümer, • zum anderen in der Refinanzierungskomponente der Ausgleichsbeträge gemäß §154 BauGB, die eine erfolgreiche Gesamtsanierung mit der Abforderung sanierungsbedingter Bodenwertsteigerungen vom jeweilig profitierenden Bodeneigentümer abgegolten sehen möchte. Beide Instrumente schaffen eine zusätzliche private Finanzierungsquelle für Ausgaben im Rahmen von städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen. Hierbei können die Ausgleichsbeträge auch bereits während der laufenden Maßnahme in die Finanzierung einfließen, wenn es gelingt, die Eigentümer zu überzeugen, diese bereits „vorzeitig abzulösen“. Das gelang beispielsweise in Idar-Oberstein, in Neunkirchen im Teilgebiet „Unterstadt“, in Bansin, in Freiburg, in München (4,4 Mio. Euro), in Biberach (1,26 Mio. Euro), in Schönebeck und in Esens sogar bei 97 % der Eigentümer (153 Verträge) zur Finanzierung von 5 % der Gesamtkosten (ca. 0,8 Mio Euro). Während die Maßnahmen im vereinfachten Verfahren (z. B. Bremen, Duisburg, Kassel, Seßlach, zum Teil Neumarkt) keine Ausgleichbeträge erheben können, haben sich manche Gemeinden (z. B. Tönning, Schwäbisch Hall) entschieden, auf eine Erhebung von Ausgleichsbeträgen zu verzichten (z. B. gemäß §155 BauGB). Auch in Neumarkt entschloss man sich nach der Korrektur falscher Werte (Büro Prof. Hageldorn, Hannover) die Bagatellgrenze nicht zu überschreiten. In einigen Beispielkommunen steht die Entscheidung über eine Erhebung von Ausgleichsbeträgen noch aus bzw. kann die Höhe noch nicht eingeschätzt werden (z. B. Berlin, Hameln, Soest, Neunkirchen). Abbildung 6 Anteil der Einnahmen aus Ausgleichsbeträgen (in %) 12 10 8 6 4 2 0 Berlin Spandauer Vorstadt Freiburg Hameln Bansin Berlin Kurfürstenstraße Quelle: Universität Kassel 2009 Hamburg-Ottensen Esens Idar-Oberstein Köln Mannheim Biberach Hannover Linden-Nord Soest Bad Oldesloe Bremen Lüssum Duisburg Marxloh Schwäbisch-Hall Tönning Die bisher bekannten (zum Teil vorläufigen) Volumina der abgelösten bzw. erhobenen Ausgleichsbeträge zeigen (vgl. Abb. 6), dass es wiederum zwei Extremgruppen von Maßnahmen gibt. • Bei der einen Gruppe belaufen sich die Ausgleichsbeträge je Maßnahme zwischen 500.000 und 1,3 Mio. Euro (z. B. Hamburg, Biberach, Mannheim, Esens, Hannover, Bad Oldesloe) und damit auf 5 und weniger Prozent der Gesamtkosten. Langzeitwirkungen und Effektivierung der Städtebauförderung

4 Finanzmanagement – Systematische Ergebnisse aus den Fallstudien 61 • Bei der zweiten Gruppe sind ungewöhnlich hohe Ausgleichsbetragszahlungen entweder entstanden bzw. werden erwartet. Hierzu gehören die drei Maßnahmen in Köln, Berlin (Spandauer Vorstadt) und München. Betrachtet man alleine die Anteile der Ausgleichsbetragsvolumina im Verhältnis zu den jeweiligen Städtebauförderungsmitteln, lassen sich die Spitzenwerte für die Maßnahmen in Berlin Spandauer Vorstadt mit knapp 10 %, Freiburg mit ca. 9 % sowie Hameln und Bansin mit 8 bzw. 7,3 % messen. Dies zeigt, dass die Ausgleichsbetragszahlungen durchaus eine ergiebige (Re)Finanzierungsquelle sein können. In den untersuchten norddeutschen Fallbeispielen dominiert bei der Methodik zur Erhebung von Ausgleichsbeträgen die Anwendung des „Niedersächsischen Modells“ (Bansin, Bad Oldesloe, Hannover). In Bansin wurden gute Erfahrungen mit dieser Methode gemacht, da die Eigentümer frühzeitig informiert wurden (keine Klagen). Erfolg gab es auch bei der Anwendung von Ablösevereinbarungen durch Nachlässe in Höhe von bis zu 20 %. Die errechneten Bodenwertsteigerungen waren relativ hoch, die Ausgleichsbeträge betrugen in Strandnähe bis zu 20-25 Euro pro m 2 Grundstück, in den weiter vom Strand entfernt gelegenen Gebieten 7-9 Euro pro m 2 . Die Ausgleichsbeträge summierten sich in Bansin auf über 1 Mio. Euro und machten 6,5 % der Ausgaben aus. In Hameln liegt die Quote bei knapp 8 % aufgrund höherer Einnahmen aus Ausgleichsbeträgen (4,75 Mio. Euro) bei gleichzeitig aber auch höheren Gesamtkosten (ca. 60 Mio. Euro). Anders als in Bansin und Hameln, wo es zu keinen Komplikationen bei der Erhebung kam, lag der Fall in Soest: Dort gab es größere Probleme bei der Erhebung der Ausgleichsbeträge. Kritisiert wurden Fehler im Verfahren, besonders die schlechte Information der Bürger im Vorfeld. Mit 77 von 115 Eigentümern konnten Ablösevereinbarungen getroffen werden. Andere klagten vor dem Verwaltungsgericht, wodurch sich der Abschluss der Sanierung verzögerte. In Freiburg wurden leidlich gute Erfahrungen mit den Ausgleichsbeträgen gemacht bzw. das Verfahren hat einigermaßen funktioniert. Es gab einen strittigen Fall um 110.000 DM, der in zweiter Instanz im Vergleich gelöst wurde. Es wurde die Zielbaummethode angewandt und es konnten rund 1,4 Mio. Euro erlöst werden. Man hatte vorher keine Erfahrungen mit dem Instrument. Der Regierungspräsident hat die Methode akzeptiert, und vor Gericht hat sich das Verfahren ebenfalls bewährt. Bei der Entwicklung von Anfangsund Endwerten wurde der Gutachterausschuss beteiligt. Der RP hat einen „Pionierabschlag“ eingeräumt und so 20 % Abzug bei Ablösungsvereinbarungen zugelassen, worauf sich viele Eigentümer einließen. In München wurde ein relativ aufwendiges, gleichwohl standardisiertes Erhebungsverfahren angewandt. Die Größe der Grundstücke lässt in vielen Fällen einen angemessenen Bewertungsaufwand zu, da die erhobenen Summen nicht nur Bagatellbeträge sind. Hierbei wird der Ausgleichsbetrag nach einer modifizierten Münchner Mietspiegelmethode ermittelt. Dabei wird mittels eines bewertungstechnischen Feinrasters unter Berücksichtigung der festgestellten Bewertungsmerkmale die sanierungsbedingte Mietwertsteigerung, die sich für das gesamte Objekt ergibt, ermittelt und auf die Nachwirkungsdauer der städtebaulichen Sanierung von 40 Jahren mit dem vom Gutachterausschuss empirisch ermittelten angemessenen Liegenschaftszinssatz kapitalisiert. Es gibt umfangreiche und wegen des reduzierten Aufwands durchweg als positiv angesehene Erfahrungen mit Ablösevereinbarungen. Das Münchner Beispiel zeigt aber auch recht hohe Kosten der Gutachtertätigkeit insgesamt. Ein grundsätzliches Problem bei der Erhebung von Ausgleichsbeträgen ist darin zu sehen, dass die Einnahmen meist zu zwei Dritteln wieder an von Bund und Land fließen, was den Anreiz der Stadt, insbesondere in Hinblick auf den bürokratischen Aufwand, stark einschränken kann. Allerdings ist es zum Teil auch möglich, die eingenommenen Ausgleichsbeträge komplett im Gebiet zu verausgaben. Einige Gesprächspartner in den Kommunen und Diskussionspartner in den Workshops stellten zudem die Frage, ob das nicht gesetzlich normierte, aufwendige und in seiner Wirkung ungewisse Verfahren der Ausgleichsbetragsermittlung die Maßnahmen nicht zu stark verzögert. Bezüglich der Überwindungserfolge beim Durchbrechen des oben angesprochenen Gefangenendilemmas lassen sich ebenfalls Unterschiede feststellen. Oft spielte ein massiver Trägereinsatz, der z. B. in Seßlach und München Garant für den Erfolg war, eine große Rolle. Zum Teil gelang der Durchbruch auch nur für prominentere Lagen der Gebiete (z. B. in der Hauptstraße in Neumarkt). In einigen Fallbeispielen kam es auch Langzeitwirkungen und Effektivierung der Städtebauförderung

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4 Finanzmanagement – Systematische Ergebnisse aus den Fallstudien<br />

4.6 Ausgleichsbeträge <strong>und</strong> private<br />

Finanzierungen<br />

Neben der Bündelung öffentlicher Mittel aus anderen<br />

Programmen ist die Einbindung privater Finanzierungsquellen<br />

wesentlich für den Erfolg der Sanierung. Diese<br />

Spill-over-Strategie ist eine der Triebfedern für die Idee<br />

der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen. Durch die<br />

Schaffung von Planungssicherheit <strong>und</strong> die Lösung <strong>des</strong><br />

in unübersichtlichen Märkten vorhandenen Informationsproblems<br />

werden verunsicherte Eigentümer<br />

mithilfe einer Gesamtgebietsstrategie überzeugt, neue<br />

Investitionen im Gebiet vorzunehmen <strong>und</strong> damit das so<br />

genannte Gefangenendilemma, das meist zum Investitionsstillstand<br />

im Gebiet geführt hat, zu überwinden.<br />

Diese zusätzliche Mobilisierungsstrategie zeigt sich<br />

• zum einen in der in §7h <strong>des</strong> Einkommenssteuergesetzes<br />

vorgesehenen Sonderabschreibungsmöglichkeit<br />

für Sanierungskosten für private Gebäudeeigentümer,<br />

• zum anderen in der Refinanzierungskomponente<br />

der Ausgleichsbeträge gemäß §154 BauGB, die eine<br />

erfolgreiche Gesamtsanierung mit der Abforderung<br />

sanierungsbedingter Bodenwertsteigerungen vom<br />

jeweilig profitierenden Bodeneigentümer abgegolten<br />

sehen möchte.<br />

Beide Instrumente schaffen eine zusätzliche private<br />

Finanzierungsquelle für Ausgaben im Rahmen von<br />

städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen. Hierbei<br />

können die Ausgleichsbeträge auch bereits während<br />

der laufenden Maßnahme in die Finanzierung einfließen,<br />

wenn es gelingt, die Eigentümer zu überzeugen,<br />

diese bereits „vorzeitig abzulösen“. Das gelang beispielsweise<br />

in Idar-Oberstein, in Neunkirchen im Teilgebiet<br />

„Unterstadt“, in Bansin, in Freiburg, in München<br />

(4,4 Mio. Euro), in Biberach (1,26 Mio. Euro), in Schönebeck<br />

<strong>und</strong> in Esens sogar bei 97 % der Eigentümer (153<br />

Verträge) zur Finanzierung von 5 % der Gesamtkosten<br />

(ca. 0,8 Mio Euro).<br />

Während die Maßnahmen im vereinfachten Verfahren<br />

(z. B. Bremen, Duisburg, Kassel, Seßlach, zum Teil<br />

Neumarkt) keine Ausgleichbeträge erheben können,<br />

haben sich manche Gemeinden (z. B. Tönning, Schwäbisch<br />

Hall) entschieden, auf eine Erhebung von<br />

Ausgleichsbeträgen zu verzichten (z. B. gemäß §155<br />

BauGB). Auch in Neumarkt entschloss man sich nach<br />

der Korrektur falscher Werte (Büro Prof. Hageldorn,<br />

Hannover) die Bagatellgrenze nicht zu überschreiten.<br />

In einigen Beispielkommunen steht die Entscheidung<br />

über eine Erhebung von Ausgleichsbeträgen noch aus<br />

bzw. kann die Höhe noch nicht eingeschätzt werden<br />

(z. B. Berlin, Hameln, Soest, Neunkirchen).<br />

Abbildung 6<br />

Anteil der Einnahmen aus Ausgleichsbeträgen (in %)<br />

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Berlin Spandauer Vorstadt<br />

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Quelle: Universität Kassel 2009<br />

Hamburg-Ottensen<br />

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Bremen Lüssum<br />

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Schwäbisch-Hall<br />

Tönning<br />

Die bisher bekannten (zum Teil vorläufigen) Volumina<br />

der abgelösten bzw. erhobenen Ausgleichsbeträge<br />

zeigen (vgl. Abb. 6), dass es wiederum zwei Extremgruppen<br />

von Maßnahmen gibt.<br />

• Bei der einen Gruppe belaufen sich die Ausgleichsbeträge<br />

je Maßnahme zwischen 500.000 <strong>und</strong> 1,3 Mio.<br />

Euro (z. B. Hamburg, Biberach, Mannheim, Esens,<br />

Hannover, Bad Ol<strong>des</strong>loe) <strong>und</strong> damit auf 5 <strong>und</strong><br />

weniger Prozent der Gesamtkosten.<br />

Langzeitwirkungen <strong>und</strong> Effektivierung der Städtebauförderung

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