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42 3 Verfahrensanalyse Vorgehen als angemessen und auch nicht konfliktbehaftet bewerten, wird es in anderen Stadterneuerungsgebieten kritischer betrachtet. Unter anderem in Soest musste rückblickend angesichts der zahlreichen Klagen gegen die Erhebung von Ausgleichsbeträgen eine nicht optimal durchgeführte Öffentlichkeitsarbeit festgestellt werden. Die Kläger kritisierten vor allem, dass sie über die auf sie zukommenden Ausgleichsbeträge von der Stadt und dem Sanierungsträger nicht oder unzureichend informiert wurden. Breites Beteiligungsspektrum: Über die reine Information hinausgehende Partizipationsansätze sind vor allem in Form von Diskussionsveranstaltungen, Bürgerversammlungen, Stadtteilkonferenzen oder in kleinerem Rahmen in Form von Block- oder Mieterversammlungen vorzufinden. In den großstädtischen Sanierungsgebieten gehören derartige Veranstaltungen meist zu den Standardinstrumenten, aber auch viele Klein- und Mittelstädte arbeiten mit diesem Instrument. Ziel dieser Veranstaltungen ist es, die von der Sanierung betroffenen Bürger aktiv in den Sanierungsprozess – insbesondere im Rahmen der Konzeptentwicklung – einzubinden (siehe Beispiele in Bremen- Lüssum oder Biberach). Das gleiche Ziel verfolgen Eigentümer- bzw. Mieterbefragungen sowie die Initiierung von Bürger-Workshops oder Bewohnerplanungsgruppen im Rahmen der Konzepterstellung oder bei Gestaltungsfragen. Zudem wurde in Seßlach die Kommunikation und Diskussion über das Sanierungskonzept durch den Erfahrungsaustausch über einen Lehrfilm, Führungen von Besuchergruppen und gemeinsame Initiativen mit Nachbargemeinden gefördert. Ein weiteres Instrument zur aktiven Bürgerbeteiligung ist die Einrichtung von Sanierungsbeiräten bzw. Sanierungskommissionen (oder auch Stadtteilforen, Stadtteilgruppen, Betroffenenvertretungen sowie Mieterbeiräte). Bei fast allen untersuchten großstädtischen Sanierungen (z. B. in Freiburg, Berlin, Bremen, Hannover, Köln, Leipzig, München) und auch bei einigen Sanierungen in Klein- und Mittelstädten (Esens, Kleinmachnow, Hameln) wurden derartige Partizipationsgremien eingerichtet. In Berlin wurde beispielsweise eine von Sanierungsbetroffenen gewählte Vertretung gebildet und ein monatlich tagender Sanierungsbeirat mit Betroffenenvertretern, Bezirksvertretern, Sanierungsträgern und Vertretern der Senatsverwaltung eingerichtet. Zusätzlich wurde eine Bauantragsrunde eingerichtet, in der beantragte Bauprojekte vorgestellt und diskutiert wurden. Besonders häufig sind Sanierungsbeiräte bzw. Sanierungskommissionen in denjenigen Sanierungsgebieten zu finden, in denen zuvor Bürgerinitiativen mit einer kritischen Haltung zur Sanierung gegründet wurden. Die politisierte Auseinandersetzung um Sanierung und Innenstadtentwicklung in den 1970er Jahren brachte in vielen Städten zwangsläufig eine hohe Sensibilität mit sich. Diese wurde insbesondere in den Großstädten bisweilen verschärft durch die Notwendigkeit, mit den in Sanierungsgebieten ansässigen Hausbesetzern einen angemessen erscheinenden Umgang zwischen Wahrung des Rechtsfriedens und Berücksichtigung von relevanten mieterorientierten Sanierungszielen und alternativen Lebensformen zu finden (Beispiel: Hamburg-Ottensen, Köln-Severinsviertel). Neben der allgemeinen Information über Sanierungsziele, -konzept und -ablauf wurden in vielen Kommunen im Laufe der Sanierung jedoch auch zu bestimmten Themenfeldern (Umlegungsverfahren, Ausgleichsbeträge) weitere Informationsveranstaltungen organisiert oder Informationsmedien herausgegeben. Besonders beim Thema Ausgleichsbeträge stellte sich heraus, dass eine umfassende Bürgerinformation sehr wichtig ist. Sehr häufig wurden deshalb Einzelgespräche mit den betroffenen Einwohnern zum Thema Ausgleichsbeträge angeboten (z. B. in Mannheim und in Hameln). In den Kommunen, in denen eine intensive Information über anstehende Ausgleichsbeträge nicht stattfand, kam es zum Teil zu größeren Bürgerprotesten gegen die Abgabe. Einen relativ neuen, zusätzlichen Baustein der Bürgerbeteiligung, der in größerem Maße erst in den Sanierungsgebieten in den neuen Bundesländern vorzufinden ist, stellt das Konzept der Bürgeraktivierung zur Selbsthilfe dar. Schon im Rahmen der Sanierung in West-Berlin oder Hannover-Linden wurden zwar die Gründung von Wohnungsgenossenschaften und auch andere „Hilfe zur Selbsthilfe“-Projekte unterstützt (siehe Sanierung Viktoriastraße), erst nach der deutschen Wiedervereinigung wurden derartige Ansätze aber systematisch eingeführt, die auch nach Ende der Sanierung weiter bestehen (z. B. in Berlin oder Jena). Langzeitwirkungen und Effektivierung der Städtebauförderung

3 Verfahrensanalyse 43 Tendenziell stärkere und facettenreiche Öffentlichkeitsarbeit gab es offensichtlich in den Großstädten, was unter anderem auch an einer aktiveren Bevölkerung liegen dürfte dürfte. So traf z. B. in Hannover- Linden die Sanierung auf großes Bürgerinteresse. Zur starken Bürgerbeteiligung beigetragen haben hier die im Quartier überdurchschnittlich stark vertretenen und zu dieser Zeit politisch besonders engagierten Studierenden der nahe gelegenen Hochschule. Bürgerinitiativen nahmen bereits in der Vorbereitungsphase Einfluss auf das Sanierungsgeschehen und sorgten dafür, dass weitere im Rahmen der Sanierung geplante Flächensanierungen und Abrissplanungen größtenteils verhindert wurden. Aber auch in München, Berlin, Hamburg und Freiburg wurde einerseits auf reges Bewohnerinteresse verwiesen, andererseits ein komplexer Apparat an Beteiligungsstrukturen geschaffen. Dazu gehören in der Regel die bereits oben erwähnte Einrichtung von Sanierungsbeiräten, Sanierungskommission, Stadtteilforen oder Betroffenenvertretungen. In Berlin wurde die Beteiligung durch eine von Sanierungsbetroffenen gewählte Vertretung sichergestellt. Ein Sanierungsbeirat mit Betroffenenvertretern, Bezirksvertretern, Sanierungsträgern und Vertretern der Senatsverwaltung wurde nach der förmlichen Festlegung eingerichtet. Als Anlaufstelle dienten im Quartier Sanierungsbüros oder wie in der Kurfürstenstraße ein Mieterberatungszentrum. In der Spandauer Vorstadt in Berlin, deren Sanierung als Gebiet im Ostteil der Stadt erst in den 1990er Jahren begonnen wurde und von den vielfältigen Erfahrungen aus den 1980er Jahren sowie den damals im Zuge der Internationalen Bauausstellung etablierten professionellen Dienstleistern (Planungs- und Architekturbüros, Mieterberatungsbüros usw.) profitieren konnte, zeigte sich ein langfristig wirksamer Effekt. Hier führte die Bürgerbeteiligung durch die Arbeit an gemeinsamen Lösungen und die Einbindung der Bewohner in die Gestaltung, den Erhalt und die Pflege von Spiel- und Freiräumen zu einer Stärkung der Nachbarschaften im Quartier und einer Förderung des bürgerschaftlichen Engagements. Auch in Hamburg-Ottensen bestand bereits vor der Sanierungsmaßnahme eine außergewöhnlich hohe Aktivität, die sich insbesondere zu den Vorläuferkonzepten der Erneuerungsplanungen im Sanierungsverfahren (die auf eine Flächensanierung Ottensens abzielten) zum Teil radikal äußerten (Hausbesetzung, Barrikaden, Demonstrationen). Dieser Geist lebte, wenn auch gemäßigt, während der Sanierungsmaßnahme weiter. Die beteiligten Bürger steuerten die Entwicklung im eigenen Viertel sehr aktiv. Zum Beispiel wurde trotz eines jahrelangen Beharrens der Behörden letztlich im Sinne der Bürger auf eine das Viertel durchquerende Busspur verzichtet. Auch bei der Umsetzung der einzelnen Maßnahmen wurde eine deutliche Bürgerbeteiligung ablesbar: Die Bürger setzten in großen Teilen eine strangweise Sanierung der Häuser durch, was den Bewohnern erlaubte, ihre Ersatzwohnung im gleichen Gebäude zu beziehen. Darüber hinaus gelang den Aktivisten eine Institutionalisierung der Bürgerbeteiligung in Form der bestehenden Institutionen einer Jugend- und Sozialeinrichtung sowie eines Stadtteilarchivs, das auch heute noch versucht, das Engagement der Bewohner für ihren Stadtteil wachzuhalten. Öffentlich initiierte Institutionalisierungen während der Maßnahme bestanden in einer Stadtteilkonferenz, einem Stadtteilbüro sowie in Informationsbroschüren und öffentlichen Diskussionen. Die Sanierungsmaßnahmen in Ottensen werden vielfach als Paradebeispiel eines erfolgreichen „New Social Movement“ bezeichnet. In einigen Kommunen wurden spezielle Büros oder Moderatoren für die Durchführung der Bürgerinformation engagiert. Dies geschah vor allem in den großstädtischen Sanierungsgebieten (Berlin-Spandauer Vorstadt, Hannover, Leipzig-Connewitz). Aber auch in kleineren Städten ist ein derartiges Vorgehen vereinzelnd zu beobachten (Idar-Oberstein). Die Einrichtung einer festen Anlaufstelle in Form eines Sanierungsbüros (oder auch Stadtteil- bzw. Mieter- und Mieterberatungsbüros), in dem sich die Bürger über die Sanierung informieren können, erfolgte vor allem in großstädtischen Sanierungsgebieten. In einem Großteil der Gebiete sind derartige Anlaufstellen entstanden. Zum Teil wurden sie jedoch auch in Mittelstädten (Hameln, Jena), in Einzelfällen sogar in Kleinstädten (Kleinmachnow) eingerichtet. Die Akzeptanz der Sanierungsbüros hing vor allem von der Lage sowie den Öffnungszeiten ab, und mitunter entstand die Idee eines solchen Büros erst bei weit fortgeschrittener Sanierung. So suchten in Hameln die Bürger das Koordinierungsbüro im Rathaus zeitweise häufiger auf als das Sanierungsbüro, wenn Sie Fragen zur Sanierung hatten. In der Regel wurden aber sehr gute Erfahrungen mit Sanierungsbü- Langzeitwirkungen und Effektivierung der Städtebauförderung

3 Verfahrensanalyse<br />

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Tendenziell stärkere <strong>und</strong> facettenreiche Öffentlichkeitsarbeit<br />

gab es offensichtlich in den Großstädten,<br />

was unter anderem auch an einer aktiveren Bevölkerung<br />

liegen dürfte dürfte. So traf z. B. in Hannover-<br />

Linden die Sanierung auf großes Bürgerinteresse. Zur<br />

starken Bürgerbeteiligung beigetragen haben hier die<br />

im Quartier überdurchschnittlich stark vertretenen<br />

<strong>und</strong> zu dieser Zeit politisch besonders engagierten<br />

Studierenden der nahe gelegenen Hochschule. Bürgerinitiativen<br />

nahmen bereits in der Vorbereitungsphase<br />

Einfluss auf das Sanierungsgeschehen <strong>und</strong> sorgten<br />

dafür, dass weitere im Rahmen der Sanierung geplante<br />

Flächensanierungen <strong>und</strong> Abrissplanungen größtenteils<br />

verhindert wurden. Aber auch in München, Berlin,<br />

Hamburg <strong>und</strong> Freiburg wurde einerseits auf reges<br />

Bewohnerinteresse verwiesen, andererseits ein<br />

komplexer Apparat an Beteiligungsstrukturen geschaffen.<br />

Dazu gehören in der Regel die bereits oben<br />

erwähnte Einrichtung von Sanierungsbeiräten,<br />

Sanierungskommission, Stadtteilforen oder Betroffenenvertretungen.<br />

In Berlin wurde die Beteiligung durch eine von Sanierungsbetroffenen<br />

gewählte Vertretung sichergestellt.<br />

Ein Sanierungsbeirat mit Betroffenenvertretern,<br />

Bezirksvertretern, Sanierungsträgern <strong>und</strong> Vertretern<br />

der Senatsverwaltung wurde nach der förmlichen<br />

Festlegung eingerichtet. Als Anlaufstelle dienten im<br />

Quartier Sanierungsbüros oder wie in der Kurfürstenstraße<br />

ein Mieterberatungszentrum. In der Spandauer<br />

Vorstadt in Berlin, deren Sanierung als Gebiet im Ostteil<br />

der Stadt erst in den 1990er Jahren begonnen wurde<br />

<strong>und</strong> von den vielfältigen Erfahrungen aus den 1980er<br />

Jahren sowie den damals im Zuge der Internationalen<br />

Bauausstellung etablierten professionellen Dienstleistern<br />

(Planungs- <strong>und</strong> Architekturbüros, Mieterberatungsbüros<br />

usw.) profitieren konnte, zeigte sich ein<br />

langfristig wirksamer Effekt. Hier führte die Bürgerbeteiligung<br />

durch die Arbeit an gemeinsamen Lösungen<br />

<strong>und</strong> die Einbindung der Bewohner in die Gestaltung,<br />

den Erhalt <strong>und</strong> die Pflege von Spiel- <strong>und</strong> Freiräumen zu<br />

einer Stärkung der Nachbarschaften im Quartier <strong>und</strong><br />

einer Förderung <strong>des</strong> bürgerschaftlichen Engagements.<br />

Auch in Hamburg-Ottensen bestand bereits vor der<br />

Sanierungsmaßnahme eine außergewöhnlich hohe<br />

Aktivität, die sich insbesondere zu den Vorläuferkonzepten<br />

der Erneuerungsplanungen im Sanierungsverfahren<br />

(die auf eine Flächensanierung Ottensens<br />

abzielten) zum Teil radikal äußerten (Hausbesetzung,<br />

Barrikaden, Demonstrationen). Dieser Geist lebte, wenn<br />

auch gemäßigt, während der Sanierungsmaßnahme<br />

weiter. Die beteiligten Bürger steuerten die Entwicklung<br />

im eigenen Viertel sehr aktiv. Zum Beispiel wurde<br />

trotz eines jahrelangen Beharrens der Behörden<br />

letztlich im Sinne der Bürger auf eine das Viertel<br />

durchquerende Busspur verzichtet. Auch bei der<br />

Umsetzung der einzelnen Maßnahmen wurde eine<br />

deutliche Bürgerbeteiligung ablesbar: Die Bürger<br />

setzten in großen Teilen eine strangweise Sanierung<br />

der Häuser durch, was den Bewohnern erlaubte, ihre<br />

Ersatzwohnung im gleichen Gebäude zu beziehen.<br />

Darüber hinaus gelang den Aktivisten eine Institutionalisierung<br />

der Bürgerbeteiligung in Form der bestehenden<br />

Institutionen einer Jugend- <strong>und</strong> Sozialeinrichtung<br />

sowie eines Stadtteilarchivs, das auch heute noch<br />

versucht, das Engagement der Bewohner für ihren<br />

Stadtteil wachzuhalten. Öffentlich initiierte Institutionalisierungen<br />

während der Maßnahme bestanden in<br />

einer Stadtteilkonferenz, einem Stadtteilbüro sowie in<br />

Informationsbroschüren <strong>und</strong> öffentlichen Diskussionen.<br />

Die Sanierungsmaßnahmen in Ottensen werden<br />

vielfach als Paradebeispiel eines erfolgreichen „New<br />

Social Movement“ bezeichnet.<br />

In einigen Kommunen wurden spezielle Büros oder<br />

Moderatoren für die Durchführung der Bürgerinformation<br />

engagiert. Dies geschah vor allem in den großstädtischen<br />

Sanierungsgebieten (Berlin-Spandauer Vorstadt,<br />

Hannover, Leipzig-Connewitz). Aber auch in<br />

kleineren Städten ist ein derartiges Vorgehen vereinzelnd<br />

zu beobachten (Idar-Oberstein). Die Einrichtung<br />

einer festen Anlaufstelle in Form eines Sanierungsbüros<br />

(oder auch Stadtteil- bzw. Mieter- <strong>und</strong> Mieterberatungsbüros),<br />

in dem sich die Bürger über die Sanierung<br />

informieren können, erfolgte vor allem in großstädtischen<br />

Sanierungsgebieten. In einem Großteil der<br />

Gebiete sind derartige Anlaufstellen entstanden. Zum<br />

Teil wurden sie jedoch auch in Mittelstädten (Hameln,<br />

Jena), in Einzelfällen sogar in Kleinstädten (Kleinmachnow)<br />

eingerichtet. Die Akzeptanz der Sanierungsbüros<br />

hing vor allem von der Lage sowie den Öffnungszeiten<br />

ab, <strong>und</strong> mitunter entstand die Idee eines solchen Büros<br />

erst bei weit fortgeschrittener Sanierung. So suchten in<br />

Hameln die Bürger das Koordinierungsbüro im<br />

Rathaus zeitweise häufiger auf als das Sanierungsbüro,<br />

wenn Sie Fragen zur Sanierung hatten. In der Regel<br />

wurden aber sehr gute Erfahrungen mit Sanierungsbü-<br />

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