Heft 73 - Deutsch-Kolumbianischer Freundeskreis eV
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Zwischenzeitlich kam uns die Idee, Justina naturgetreu<br />
aus Porzellan nachbilden zu lassen. Wir hatten in<br />
Kolumbien nämlich eine kleine Porzellanmanufaktur<br />
ausfindig gemacht, die für uns schon einige interessante<br />
„Vertreter Kolumbiens“ hergestellt hatte: Einen<br />
„Hombre Paisa“, einen „Costeño“ sowie einen „Cardenal“<br />
im Boterostil. Doch zunächst stand zur Vorbereitung<br />
unserer „Porzellan-Justina“ ein Fotoshooting<br />
am Strand auf dem Programm. Dabei haben wir die<br />
Idee, Justina in der typischen Haltung einer Palenquera<br />
abzulichten (nämlich stehend mit Fruchtkorb auf<br />
dem Kopf), schnell wieder verworfen: Die Porzellanfigur<br />
sollte sich auch als Rumflasche eignen, und da<br />
wäre ein Korkverschluß mit Kopf und ausladender<br />
Fruchtschale einfach zu massiv gewesen. So baten wir<br />
Justina, mit dem Früchtekorb auf dem Schoß, Platz<br />
zu nehmen.Unser Freund Arnol Torres hat nach dieser<br />
Fotovorlage daraus eine phantastische Porzellanflasche<br />
gefertigt. Und im August 2006 war es dann so weit:<br />
Als Hommage für sie und ihren Berufstand konnten<br />
wir Justina diesen Prototypen persönlich in ihrem<br />
Hause überreichen. Leider war sie zu diesem Zeitpunkt<br />
wieder erkrankt. Natürlich sollte diese besondere Ehrung<br />
auch etwas Werbung für sie und ihren Fruchtstand sein.<br />
So hatten wir den Journalisten Gustavo Tatis gebeten, uns<br />
bei unserem Besuch zu begleiten und einen Artikel über<br />
sie zu schreiben. Dieser Bericht erschien am 10.09.2006<br />
in der Zeitung „El Universal“ sogar als ganzseitige Fotoreportage.<br />
Für „Kolumbien aktuell“ hat uns Gustavo<br />
Cartagena<br />
freundlicherweise seinen Text nebst Fotos zur Verfügung<br />
gestellt. Schließlich ist es uns aber doch noch gelungen,<br />
Justina in stehender Haltung mit Fruchtschüssel auf dem<br />
Kopf als kleine Skulptur abzubilden. Diese Porzellanfigur<br />
möchten wie ihr bei unserem nächsten Cartagenabesuch<br />
Ende Februar 2007 persönlich übereichen.<br />
Gerald Gaßmann<br />
San Basilio de Palenque und die Palenqueras<br />
Palenques werden die Dörfer genannt, in denen – insbesondere<br />
an der Nordküste Kolumbiens – seit dem<br />
16. Jahrhundert geflüchtete Sklaven (Cimarrones) Zuflucht<br />
gefunden haben. Vor allem die Sümpfe der Lagunenlandschaft<br />
boten ideale Voraussetzungen, sich dauerhaft<br />
zu verstecken. So wurde die erste freie Schwarzensiedlung<br />
(palenque) auf dem amerikanischen Kontinent<br />
bereits 1606 gegründet. 50 km von Cartagena entfernt,<br />
liegt der Ort San Basilio de Palenque mit mehr als 235<br />
Familien und ca. 3500 Einwohnern. Dieser Ort war das<br />
erste freie Territorium Amerikas. Inmitten seiner Armut<br />
verkörpert er eine kulturelle Macht, ein Symbol des<br />
Kampfes der afrokolumbianischen Kommunen für die<br />
Abschaffung der Sklaverei. Heute ist von diesen freien<br />
Dörfern lediglich der Ort San Basilio erhalten geblieben.<br />
Als selbstbewusste Menschen, die ihre Traditionen pflegen,<br />
haben sich die dort ansässigen Schwarzen bis heute<br />
nicht mit anderen Bevölkerungsgruppen vermischt. Aus<br />
diesem Ort stammen auch die Fruchtverkäuferinnen im<br />
Stadtbild und am Strand von Cartagena, die bezeichnenderweise<br />
Palenqueras genannt werden. Diese wahrhaft<br />
stattlichen Erscheinungen, in ihrer malerischen Kleidung<br />
„Kolumbien aktuell“ <strong>Heft</strong> Nr. <strong>73</strong>/2007