ORIENTIERUNGEN - Ludwig-Erhard-Stiftung
ORIENTIERUNGEN - Ludwig-Erhard-Stiftung
ORIENTIERUNGEN - Ludwig-Erhard-Stiftung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Börsengang der Deutschen Bahn<br />
Diskriminierungsfreier Zugang zum Netz<br />
In den aktuellen Erörterungen um die zukünftige Organisationsstruktur der<br />
DB AG besitzt der Zugang zum Schienennetz herausragende Bedeutung. Es<br />
wird diskutiert, ob sich die Netzintegration und der Wettbewerb verschiedener<br />
Anbieter auf der Schiene ausschließen. Dabei wird im PRIMON-Gutachten –<br />
ohne hinreichende empirische Grundlage und an zunächst abstrakten wettbewerbstheoretischen<br />
Erkenntnissen orientiert – von erheblichen Beschränkungen<br />
des Wettbewerbs aufgrund der Netzintegration ausgegangen.<br />
Zutreffend ist, dass es bei der Netzintegration zur Diskriminierung dritter Bahnen<br />
kommen kann. Eine andere Frage ist jedoch, ob dieses Diskriminierungspotenzial<br />
nennenswert genutzt werden kann. Das hängt davon ab, wie der Zugang<br />
zum Schienennetz reguliert wird.<br />
Der BahnBeirat hat sich in seinem Gutachten vom 15. Juni 2005 zu den wettbewerbspolitischen<br />
Zielen der Bahnreform von 1991/1994 geäußert und sich<br />
nachdrücklich für Wettbewerb auf der Schiene ausgesprochen: „Effektiver<br />
Wettbewerb auf der Schiene setzt einen diskriminierungsfreien Zugang zum<br />
Eisenbahnnetz für Eisenbahnverkehrsunternehmen ohne eigenes Netz, also<br />
die Konkurrenten der Deutschen Bahn AG, voraus. (…) Die Entscheidung für<br />
Wettbewerb auf der Schiene ist – mit deutlicher Unterstützung Deutschlands –<br />
auch auf europäischer Ebene gefallen. Für einen solchen Wettbewerb auf der<br />
Schiene spricht insbesondere, dass dadurch der Wettbewerbsdruck maßgeblich<br />
erhöht wird und direkte Anreize zur Leistungssteigerung gesetzt werden. Ob<br />
diskriminierungsfreier Zugang zum Bahnnetz das Eigentum des Bundes am<br />
Schienennetz der Deutschen Bahn AG voraussetzt, ist strittig. Analogieschlüsse<br />
zu anderen Netzsektoren (Straße, Telekommunikation, leitungsgebundene<br />
Energieversorgung) sind nur bedingt tauglich. Es sind jeweils die netzspezifischen<br />
Besonderheiten zu beachten.“ Bei funktionsfähiger Regulierung gibt es<br />
keinen Unterschied zwischen dem Integrationsmodell und dem Separationsmodell.<br />
Der BahnBeirat hat sich daher dafür ausgesprochen, dass der Regulierungsbehörde<br />
die Netzzugangsregulierung und dem Bundeskartellamt die allgemeine<br />
Missbrauchsaufsicht obliegt.<br />
Stetig gewachsene Intensität des Wettbewerbs<br />
Nach erneuter Veränderung des Trassenpreissystems im Jahr 2001 ist hinsichtlich<br />
seiner Anwendung kaum noch auf Diskriminierungstatbeständen begründete<br />
Kritik erfolgt. Kritische Diskussionen erfolgten hinsichtlich der<br />
Bahnstrompreise, der Anlagenpreise, der Stationspreise, der Trassenanmeldefristen<br />
und des Netzzustands. Zum wesentlichen Teil sind diese Kritikpunkte<br />
inzwischen bereinigt worden. Beim Vertrieb der DB Netz AG wird auch von<br />
Dritten das erfolgreiche Bemühen anerkannt, Diskriminierungen bei der<br />
Trassenvergabe zu vermeiden. Das gilt auch für die in der praktischen Durchführung<br />
schwierige Aufgabe, die Trassenwünsche in den Netzfahrplänen zu<br />
positionieren.<br />
Der Wettbewerb auf dem deutschen Schienennetz hat sich seit der Bahnreform<br />
positiv entwickelt. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Netzöffnung sowohl<br />
für dritte Anbieter als auch für die DB AG erhebliche Vorbereitungen nötig<br />
machte. Zudem setzte die Regionalisierung des Schienen-Personennahverkehrs<br />
(SPNV) erst 1996 ein. Unter Berücksichtigung der notwendigen Experimentier-<br />
und Erfahrungszeiträume, der Beschaffung von Fahrzeugen und des<br />
Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 109 (3/2006)<br />
9