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ORIENTIERUNGEN - Ludwig-Erhard-Stiftung

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Gutachten des Bundesrechnungshofes<br />

7.1 Eine durchgreifende Vereinfachung des deutschen<br />

Steuerrechts ist unerlässlich, weil die Steuerverwaltung<br />

längst nicht mehr in der Lage ist, die<br />

Vielzahl der äußerst komplizierten Regelungen<br />

entsprechend dem Willen des Gesetzgebers umzusetzen.<br />

Außerdem wird nur ein verständliches und<br />

beherrschbares Steuerrecht mehr Eigenverantwortlichkeit<br />

und mehr Akzeptanz bei den Steuerpflichtigen<br />

und deren Steuerberater hervorrufen.<br />

Ein solches Steuerrecht sollte dann auch konsequent<br />

angewendet werden.<br />

Das Bundesministerium sieht zwar auch im<br />

Grundsatz die Notwendigkeit für eine durchgreifende<br />

Steuervereinfachung. Gleichwohl wendet es<br />

ein, dass die Masse der Steuererklärungen einfach<br />

gelagerte Sachverhalte betreffe, die sowohl für die<br />

Steuerverwaltung als auch für den Steuerpflichtigen<br />

eindeutig und vorhersehbar rechtlich eingeordnet<br />

werden können. Ob dies zutreffend ist,<br />

lässt sich mit dem Ergebnis der Erhebungen des<br />

Bundesrechnungshofes nicht belegen. Außerdem<br />

hat das Bundesministerium vorgetragen, es strebe<br />

mit Nachdruck an, durch den Abbau von Steuervergünstigungen<br />

und Ausnahmeregelungen für<br />

eine Vereinfachung des Steuerrechts zu sorgen. Zu<br />

dieser Behauptung gibt es jedoch in der aktuellen<br />

Steuerpolitik genügend Gegenbeispiele: Die Abschaffung<br />

des Sonderausgabenabzuges für die<br />

Steuerberatungskosten löst unbestritten bei der<br />

Verwaltung mehr Aufwand aus, als die bisherige<br />

Regelung und lässt zudem die finanziellen Auswirkungen<br />

mehr als fragwürdig erscheinen. Mit der<br />

Ausdehnung des § 35a EStG wird gerade kein Abbau<br />

von Steuervergünstigungen betrieben, sondern<br />

die umgekehrte Entwicklung eingeleitet.<br />

Eine durchgreifende Steuerreform wird seit Jahren<br />

von allen Beteiligten gefordert. Diese Reform<br />

müsse zu einer deutlichen Vereinfachung und<br />

„Entrümpelung“ des materiellen Steuerrechts<br />

und des Verwaltungsvollzuges führen sowie ausreichende<br />

Einnahmen für Bund, Länder und<br />

Kommunen sicherstellen. Insofern ist es nicht verständlich,<br />

dass in Deutschland immer noch keine<br />

gemeinsame Lösung für eine grundlegende Reform<br />

gefunden wurde, denn es liegen genügend<br />

qualifizierte Vorschläge zur Steuervereinfachung<br />

vor.<br />

Eine im Auftrag der Finanzministerkonferenz vorgenommene<br />

Untersuchung der wichtigsten im<br />

Verlauf der letzten anderthalb Jahre von den politischen<br />

Parteien bzw. aus den Kreisen der Wirtschaft<br />

vorgelegten Steuerkonzepte durch die Abteilungsleiter/-leiterinnen<br />

(Steuer) des Bundes<br />

und der Länder hat zwar ergeben, dass keines der<br />

Reformkonzepte eine Patentlösung für ein „einfacheres<br />

Steuerrecht“ bietet. Durch das „Herausfiltern“<br />

von Konsenspunkten der verschiedenen<br />

Steuerkonzepte könnten sich allenfalls vereinzelte<br />

Ansatzpunkte für eine Steuerreform ergeben.<br />

Dennoch hält der Bundesrechnungshof es für geboten,<br />

dass endlich ein politisch mehrheitsfähiges<br />

Konzept zur umfassenden Vereinfachung des Steuerrechts<br />

erarbeitet wird. Hauptziel dieser Steuervereinfachung<br />

muss es sein, dass sowohl die Steuerpflichtigen<br />

und Steuerberater bei der Erstellung<br />

der Steuererklärung als auch die Steuerverwaltung<br />

bei der Bearbeitung der Steuererklärungen<br />

„arbeitsmäßig entlastet werden“ (zum Beispiel<br />

Streichung von Ausnahmetatbeständen, Verwendung<br />

von Pauschalregelungen, Wegfall von<br />

Sonderaufgaben für die Steuerverwaltung).<br />

Auf jeden Fall müssen die Steuergesetze beständiger<br />

werden. Dauernde Änderungen dieser Gesetze<br />

sorgen für Unsicherheit. Dies muss zukünftig<br />

vermieden werden. Außerdem benötigen die Steuerpflichtigen,<br />

Steuerberater, Wirtschaft und Steuerverwaltung<br />

genügend Zeit, um sich auf die geänderten<br />

Steuergesetze einzurichten. Der Bundesrechnungshof<br />

hält insoweit eine Vorlaufzeit von<br />

mindestens einem halben Jahr für geboten. <br />

Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 109 (3/2006)<br />

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