ORIENTIERUNGEN - Ludwig-Erhard-Stiftung
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Gerechtigkeit im Steuersystem<br />
Die Abteilungsleiter/-leiterinnen (Steuer) der<br />
Länder hielten in ihrem Bericht vom Oktober<br />
2004 eine gemeinsame Vereinfachung des Steuerrechts<br />
für möglich. Die diskutierten Reformvorschläge<br />
wiesen in zahlreichen Bereichen Übereinstimmung<br />
auf. Insbesondere bestehe Konsens,<br />
dass die Bemessungsgrundlage verbreitert werden<br />
müsse. Ein einziges „Basismodell“ lasse sich aus<br />
den Konzepten aber nicht destillieren.<br />
Die Finanzminister/-ministerinnen der Länder kamen<br />
in ihrer Konferenz am 21. Oktober 2004 jedoch<br />
zu dem Schluss, dass die bisherigen Modelle<br />
von Parteien, Wirtschaftsforschern und Steuerexperten<br />
keine Basis für eine umfassende Steuerreform<br />
seien. Die Modelle seien nicht finanzierbar<br />
und würden kurzfristig zu Einnahmeausfällen von<br />
neun bis 43 Milliarden Euro in den öffentlichen<br />
Haushalten führen.<br />
Die von der <strong>Stiftung</strong> Marktwirtschaft einberufene<br />
Kommission „Steuergesetzbuch“ hat am 30. Januar<br />
2006 ihr Konzept für ein einfacheres, sozialeres<br />
und transparenteres Steuersystem vorgelegt. In<br />
dieser Kommission waren 76 Experten aus Wissenschaft,<br />
Rechtsprechung, Politik und Verwaltung<br />
vertreten. Sie hat eine umfassende Ertragsteuerreform<br />
vorgeschlagen, die von drei Säulen<br />
getragen wird: von einer Reform der Unternehmensbesteuerung,<br />
von einer Neuordnung der<br />
Kommunalfinanzen sowie von einer Reform der<br />
Einkommensbesteuerung. Die Reform der Einkommensbesteuerung<br />
zielt darauf ab, die dem<br />
derzeitigen Einkommensteuergesetz innewohnenden<br />
sozial-, lenkungs- und wahlpolitisch motivierten<br />
Ausnahmenormen abzuschaffen. Es soll<br />
bei dem System einer synthetischen Einkommensteuer<br />
sowie bei einem progressiv verlaufenden<br />
Tarif bleiben und anstelle der gegenwärtig sieben<br />
Einkunftsarten nur noch vier Einkunftsarten geben.<br />
Ergänzt wird die Neufassung des Einkommensteuerrechts<br />
um einen elektronischen Steuererklärungsentwurf,<br />
der es durch elektronische<br />
Vernetzung des Steuerabzugsverfahrens mit dem<br />
Veranlagungsverfahren ermöglicht, dem Steuerpflichtigen<br />
durch das Finanzamt einen Steuererklärungsentwurf<br />
vorzugeben.<br />
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen<br />
Entwicklung hat ebenfalls Reformüberlegungen<br />
angestellt. Im Gegensatz zur<br />
<strong>Stiftung</strong> Marktwirtschaft spricht sich der Sachverständigenrat<br />
für eine duale Einkommensteuer aus.<br />
Er unterscheidet dabei primär zwischen Kapitaleinkünften<br />
und sonstigen Einkünften und ordnet<br />
diesen Begriffen die bisher bekannten Einkunftsquellen<br />
zu. Das als Kapitaleinkünfte eingestufte<br />
Einkommen soll mit einheitlich 25 Prozent besteuert<br />
werden; die übrigen Einkünfte, insbesondere<br />
die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit<br />
sollen dem progressiven Einkommensteuertarif<br />
unterliegen.<br />
Empfehlungen des Bundesrechnungshofes<br />
Die derzeitig schlechte Lage der deutschen Steuerverwaltung<br />
resultiert vor allem aus der Tatsache,<br />
dass bei zunehmenden Anforderungen zu wenig<br />
richtig eingesetztes Personal zur Verfügung steht,<br />
um die Steuern nach den Maßgaben der §§ 85<br />
und 88 AO gleichmäßig festsetzen zu können. Die<br />
von verschiedenen Seiten geforderte Personalaufstockung<br />
ist jedoch angesichts der derzeitigen<br />
Haushaltslage unrealistisch. Es müssen deshalb andere<br />
Lösungen gefunden werden.<br />
Mit den folgenden Empfehlungen möchte der<br />
Bundesrechnungshof dazu beitragen, dass das vorhandene<br />
Personal zielgerichteter eingesetzt wird.<br />
Die Empfehlungen umfassen insbesondere folgende<br />
drei Kernpunkte:<br />
Realisierung einer durchgreifenden Steuervereinfachung,<br />
Einführung eines vollelektronischen Veranlagungsverfahrens<br />
auf der Basis bundesweit kompatibler<br />
Steuersoftware mit einem umfassenden Risikomanagementsystem,<br />
verstärkter Einsatz von Personal aus den bisherigen<br />
Veranlagungsstellen für die Überprüfung risikobehafteter<br />
Fälle und zur Aufdeckung unbekannter<br />
Steuerfälle.<br />
Außerdem regt der Bundesrechnungshof an, die<br />
Verwaltungskompetenz bei den Gemeinschaftsteuern<br />
von den Ländern auf den Bund zu übertragen.<br />
Die vom Bundesrechnungshof vorgeschlagenen<br />
Empfehlungen sieht das Bundesministerium<br />
gleichermaßen als geeignet an, um die Probleme<br />
zu bewältigen. Lediglich in der zeitlichen Reihenfolge<br />
ihrer Umsetzung und ihrer Gewichtung gibt<br />
es teilweise Unterschiede zwischen dem Bundesrechnungshof<br />
und dem Bundesministerium, wie<br />
die nachfolgenden Textziffern deutlich machen<br />
werden.<br />
68 Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 109 (3/2006)