08.01.2015 Aufrufe

ORIENTIERUNGEN - Ludwig-Erhard-Stiftung

ORIENTIERUNGEN - Ludwig-Erhard-Stiftung

ORIENTIERUNGEN - Ludwig-Erhard-Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Zukunft der Gesundheitspolitik<br />

Damit wird deutlich, dass in einem populationsorientierten<br />

System eine Vielzahl von gesundheitspolitischen<br />

Fragestellungen zu internen Managementthemen<br />

werden. So wird sich ein derartiges<br />

System intensiv damit auseinandersetzen, welche<br />

Medikamente primär eingesetzt werden sollen, und<br />

entsprechende Verträge direkt mit den Herstellern<br />

abschließen. Dies wird zumindest für die umsatzstärksten<br />

Produkte sinnvoll sein. Generelle Positivlisten<br />

werden zu internen Managementinstrumenten,<br />

die auf freiwilligen Absprachen basieren.<br />

Dieses System benötigt viel Handlungsspielraum für<br />

die Initiatoren seitens der Gesundheitspolitik. Populationsorientierte<br />

integrierte Versorgungssysteme<br />

müssen die Möglichkeit haben, wesentliche Steuerungsinstrumente,<br />

wie die Gestaltung der Vergütungssysteme,<br />

elektronische Patientenakten, Qualitätsmanagement<br />

und Disease-Management-Programme<br />

als interne Steuerungsinstrumente zu individualisieren.<br />

Der Staat muss lediglich Transparenz<br />

sicherstellen und die Qualität kontrollieren.<br />

2. Medizinische Versorgungszentren<br />

Als weiteres Beispiel für eine kundenorientierte<br />

Versorgungsform sollen Medizinische Versorgungszentren<br />

4 betrachtet werden. Sie sind keine<br />

innovative Idee, sondern die Wiederbelebung alter<br />

Ideen und die Weiterentwicklung bestehender<br />

Strukturen. Im Zuge einer stärkeren Vernetzung<br />

von Versorgungsstrukturen und Professionalisierung<br />

des Gesundheitswesens ist die Forderung<br />

nach derartigen Strukturen nur folgerichtig.<br />

Zum Stichtag am 30. Juni 2006 waren 491 Medizinische<br />

Versorgungszentren zugelassen, wobei es erhebliche<br />

regionale Unterschiede gibt. Hinsichtlich<br />

der Rechtsform dominiert die Gesellschaft bürgerlichen<br />

Rechts (GbR), gefolgt von der Gesellschaft<br />

mit beschränkter Haftung (GmbH). Es ist davon<br />

auszugehen, dass die Form einer juristischen Person<br />

deutlich Bedeutung gewinnen wird und die<br />

GbR eher eine kurzfristige Zwischenlösung darstellt.<br />

Bei den Gründern von Medizinischen Versorgungszentren<br />

dominieren die Vertragsärzte, wobei<br />

Krankenhäuser und Krankenhausträger bereits wesentliche<br />

Bedeutung erlangt haben. 61 Prozent der<br />

Versorgungszentren befinden sich in rein vertragsärztlicher<br />

Trägerschaft. Entsprechend verwundert<br />

es nicht, dass Medizinische Versorgungszentren<br />

4 Vgl. Peter Wigge, Medizinische Versorgungszentren nach dem<br />

GMG, in: Medizinrecht 2004, Heft 3, Seiten 1-12.<br />

heute noch überwiegend sehr kleine Einrichtungen<br />

sind und weniger als sechs Ärzte beschäftigen.<br />

Die Grundlagen von Medizinischen Versorgungszentren<br />

sind im § 95 Absatz 1 Sozialgesetzbuch V<br />

geregelt: „Medizinische Versorgungszentren sind<br />

fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen,<br />

in denen Ärzte, die im Arztregister nach<br />

Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 eingetragen sind, als Angestellte<br />

oder Vertragsärzte tätig sind. Die Medizinischen<br />

Versorgungszentren können sich aller zulässigen<br />

Organisationsformen bedienen; sie können von<br />

den Leistungserbringern, die aufgrund von Zulassung,<br />

Ermächtigung oder Vertrag an der medizinischen<br />

Versorgung der Versicherten teilnehmen,<br />

gegründet werden.“ Zum Teil bestehen Unsicherheiten,<br />

etwa bezüglich der Definition von fachübergreifend,<br />

bezüglich haftungsrechtlicher Fragen,<br />

insbesondere steuerrechtlicher Aspekte, sowie<br />

bezüglich der Abrechnung, der Privatliquidation<br />

und der Übertragung der Zulassung.<br />

Die Gründung eines Medizinischen Versorgungszentrums<br />

kann sehr unterschiedliche Zielsetzungen<br />

aufweisen. Im Wesentlichen werden folgende<br />

Vorteile genannt:<br />

Konzentration und Bündelung von fachübergreifender<br />

Kompetenz;<br />

patientenorientierte Organisationsstruktur, bei<br />

der keine Wegzeiten für den Besuch verschiedener<br />

Fachärzte anfallen;<br />

gute Grundlage für Disease Management 5 und<br />

das Versorgungsmanagement chronisch Kranker; 6<br />

flexible Öffnungszeiten und Vertretungsmöglichkeiten<br />

und damit höhere Erreichbarkeit;<br />

Verminderung von Doppeluntersuchungen;<br />

Kooperation und Koordination der ärztlichen<br />

und nicht-ärztlichen Tätigkeiten durch gemeinsame<br />

Strukturen;<br />

effizientere Betriebsstätten durch zentralen Einkauf,<br />

Personalpool und gemeinsame Managementstrukturen.<br />

5 Vgl. Reinhard Busse, Disease Management Programs in Germany´s<br />

statutory health insurance system, in: Health Affairs, Volume<br />

23, No 3, 2005, Seiten 56-67.<br />

6 Siehe Sophia Schlette/Franz Knieps/Volker E. Amelung, Versorgungsmanagement<br />

chronisch Kranker, Kompart, Bonn 2005.<br />

Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 109 (3/2006)<br />

55

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!