ORIENTIERUNGEN - Ludwig-Erhard-Stiftung
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Reformen des Gesundheitswesens<br />
gen nieder, so dass die besten Manager angelockt<br />
werden.<br />
Einige dieser Aspekte gelten auch für freigemeinnützige<br />
Häuser, die zusätzlich über den Vorteil verfügen,<br />
Überschüsse nicht an ihre Eigentümer auszahlen<br />
zu müssen, sondern die erwirtschafteten<br />
Gewinne zu 100 Prozent reinvestieren können.<br />
Teile aus ihrem Leistungsangebot auszulagern<br />
und von Privaten ganz oder teilweise erbringen zu<br />
lassen – oftmals mit großem Erfolg. Faktisch findet<br />
damit eine stille Privatisierung der Krankenhauslandschaft<br />
statt, die der öffentlichen Hand ermöglicht,<br />
Eigentümer der Klinik zu bleiben, gleichzeitig<br />
aber die Vorteile privatwirtschaftlicher Leistungserbringung<br />
zu nutzen.<br />
Privatisierung: Ein breites Spektrum<br />
Angesichts der zugespitzten Finanzlage der öffentlichen<br />
Haushalte wird zunehmend diskutiert, wie<br />
eine wirtschaftliche und qualitativ gute Krankenhausversorgung<br />
in Deutschland gesichert werden<br />
kann. Neben der vollständigen Privatisierung von<br />
Krankenhäusern haben sich stille, partielle Privatisierungen<br />
vermehrt durchgesetzt. Merkmale dafür<br />
sind die teilweise Verlagerung von Leistungsbereichen<br />
in den privaten Sektor und somit die Bereitstellung<br />
von Leistungen unter Wettbewerbsbedingungen.<br />
Es sind drei Ausprägungen zu beobachten:<br />
erstens ein völliges Auslagern von Leistungsbereichen<br />
an Private, zweitens eine teilweise Abgabe<br />
an Private, sogenanntes Public Private Partnership<br />
(PPP), und drittens die Bildung von rechtlich<br />
selbständigen Betrieben, die im öffentlichen Eigentum<br />
bleiben. Diese sogenannten Organgesellschaften<br />
haben eine Reihe von steuerlichen Vorteilen,<br />
die private Dienstleister nicht haben.<br />
Aus der Sicht der Privatwirtschaft bietet PPP die<br />
Chance, sich nachhaltig als Partner der öffentlichen<br />
Hand zu etablieren und die eigene Leistungsfähigkeit<br />
sowie das eigene Know-how einbringen<br />
zu können. PPP bedeutet also die Konzentration<br />
der öffentlichen Leistungserstellung<br />
auf die Kernkompetenzen, verknüpft mit der Verlagerung<br />
der Erfüllungsverantwortung auf private<br />
Akteure mit spezifischer Erfahrung und Leistungsfähigkeit.<br />
Bei öffentlichen Krankenhäusern<br />
bietet sich die stille Privatisierung vor allem für die<br />
Bereiche an, die nicht den unmittelbaren Kernkompetenzen<br />
des Krankenhauses zuzurechnen<br />
sind, zum Beispiel Wäscherei, Küchenversorgung<br />
und Aufbereitung von Medizinprodukten.<br />
Die Vorteile, die sich bei überlegter Ausgestaltung<br />
der stillen Privatisierung ergeben, sind vor allem<br />
die mögliche Loslösung des Personals von den<br />
starren Regelungen des TVÖD/BAT. Darüber hinaus<br />
wird den Krankenhäusern ermöglicht, Investitionen<br />
zu tätigen, für die sie selbst keine Finanzmittel<br />
zur Verfügung haben. Aus dem Grund entschließen<br />
sich immer mehr öffentliche Kliniken,<br />
Gewinnorientierung und gute Patientenversorgung<br />
sind kein Widerspruch<br />
Oftmals bestehen in der Öffentlichkeit Vorbehalte<br />
gegen private Krankenhäuser, in denen unterstellt<br />
wird, dass die Gewinnorientierung der Privaten zu<br />
einer schlechteren Versorgung der Patienten<br />
führt. Um zu überprüfen, ob diese Befürchtungen<br />
empirisch nachweisbar sind, haben wir zusammen<br />
mit der Unternehmensberatung Accenture eine<br />
empirische Studie durchgeführt, die untersucht,<br />
ob private Klinikbetriebe weniger „Bürgernutzen“<br />
generieren als öffentliche. 4<br />
Die Studie kommt zum Ergebnis, dass sich die privaten<br />
Klinikbetriebe nach Übernahme der Trägerschaft<br />
„weder in der Fläche noch in der Spitze<br />
dem Vorhalteauftrag entziehen“. 5 Die privaten Kliniken<br />
arbeiten im Durchschnitt wirtschaftlicher<br />
als die öffentlichen Kliniken. Das steht der weitläufigen<br />
Ansicht entgegen, dass vor allem Akutkliniken<br />
in öffentlicher Trägerschaft die medizinische<br />
Vorhaltung vor Ort sicherstellen, während<br />
sich private Anbieter auf die Versorgung planbarer<br />
Patienten in dichter besiedelten Regionen fokussieren.<br />
Vielmehr stiften die untersuchten privaten<br />
Kliniken – gemessen am Notfallanteil, an der Anzahl<br />
der Fachabteilungen und der Geräte-Infrastruktur<br />
– einen vergleichbaren Nutzen wie öffentliche<br />
Kliniken, und dies bei nachweisbar höherer<br />
Wirtschaftlichkeit.<br />
Eine „Ausbeutungsposition“ könnten Private nur<br />
erzielen, wenn sie marktmächtige Stellungen erhalten.<br />
Tatsächlich aber müssen Private eine vom<br />
Staat definierte Versorgungsleistung zu Preisen abgeben,<br />
die mit den Krankenkassen zu verhandeln<br />
sind. Wettbewerbsvorteile sind somit nur durch<br />
niedrigere Kosten zu erzielen. Ein Absenken der<br />
4 Vgl. Günter Neubauer/Andreas Beivers/Harald Deutsch/Dirk<br />
Ralfs/Ulrich Knopp, Gemeinnutzanalyse deutscher Kliniken, Public<br />
Service Value im Gesundheitswesen: Wer bietet wirklich Bürgernutzen,<br />
Accenture Marktstudie, 2006, (http://www.accenture.com/NR/rdonlyres/CBA33EEE-EF9F-4225-AADE-6A812494<br />
16A3/0/Accenture_PSVStudy_2006.pdf).<br />
5 Ebenda.<br />
50 Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 109 (3/2006)