ORIENTIERUNGEN - Ludwig-Erhard-Stiftung
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Privatisierung von Krankenhäusern<br />
Abrechnung von Krankenhausleistungen<br />
DRG (Diagnosis Related Groups) bezeichnet<br />
eine ganze Familie von Klassifikationssystemen,<br />
die zu dem Zweck entwickelt wurden, Krankenhausleistungen<br />
in Abhängigkeit vom tatsächlichen<br />
Ressourcenverbrauch in eine überschaubare<br />
Anzahl von Gruppen einzuteilen. Dabei<br />
unterscheiden sich die einzelnen nationalen<br />
DRG-Systeme zum Teil erheblich. Das Deutsche<br />
DRG-System (auch G-DRG genannt) baut auf<br />
dem australischen DRG-System (AR-DRG) auf,<br />
wurde jedoch als lernendes System implementiert<br />
und in der Zwischenzeit an die deutschen<br />
Gegebenheiten angepasst.<br />
Krankenhäusern verschiedener Versorgungsstufen.<br />
Auch kann die hierarchische Kapazitätsplanung<br />
kaum mehr mit der dynamischen Entwicklung<br />
der medizinisch-ökonomischen Angebotsund<br />
Nachfrageentwicklung mithalten. Der Krankenhausplan<br />
läuft damit immer mehr hinter der<br />
Realität her.<br />
Im Bereich der Investitionslenkung kommt es<br />
durch die teilweise drastische Reduktion der Fördermittel<br />
zu einer weiteren Schieflage. Immer<br />
mehr Bundesländer verweigern sich dem Auftrag<br />
des Krankenhausgesetzes (KHG), die erforderlichen<br />
Investitionsmittel zur Verfügung zu stellen.<br />
Die Förderung wird von der Haushaltslage bestimmt.<br />
Der Investitionsstau in deutschen Krankenhäusern<br />
wird bundesweit auf bis zu 30 Milliarden<br />
Euro geschätzt. Durch die fehlenden Fördermittel<br />
ist es vielen Krankenhäusern nicht möglich,<br />
dringende Rationalisierungsinvestitionen zu tätigen.<br />
Die Krankenversicherungen vergüten nach<br />
dem System der dualen Förderung lediglich die<br />
laufenden Kosten.<br />
Bei kommunalen Krankenhäusern wirken zudem<br />
kommunalpolitische Einflüsse erschwerend ein.<br />
Die jeweiligen Landräte oder Bürgermeister kämpfen<br />
oftmals für den Erhalt überholter Versorgungsstrukturen,<br />
auch wenn damit knappe staatliche<br />
Mittel ineffizient eingesetzt werden. Dies hat vor allem<br />
mit dem Wunsch der Bevölkerung nach einer<br />
sicheren, wohnortnahen Versorgung zu tun. Auch<br />
die Sicherung von Arbeitsplätzen in den Krankenhäusern<br />
besitzt hohe lokalpolitische Relevanz.<br />
Vorteile der privaten Krankenhäuser<br />
In das System der staatlichen Angebotsplanung<br />
und Investitionslenkung sind alle Plankrankenhäuser<br />
– die öffentlichen, die freigemeinnützigen<br />
sowie die privaten Krankenhäuser – eingebunden.<br />
Lediglich die kleine Gruppe der Kliniken, die nur<br />
Privatpatienten behandeln, sind ausgenommen.<br />
Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage<br />
auf, warum die privaten Krankenhäuser auf dem<br />
Vormarsch sind. Es gibt eine Reihe von verschiedenen,<br />
zum Teil interdependenten Erfolgsfaktoren,<br />
von denen hier nur einige wichtige genannt<br />
werden: 3<br />
Private haben Kostenvorteile, die insbesondere<br />
durch geringere Personalkosten – sie machen im<br />
Krankenhausbereich etwa 60 Prozent der Kosten<br />
aus – zustande kommen. Dies resultiert daraus,<br />
dass die privaten Krankenhausbetriebe bevorzugt<br />
Haustarifverträge abschließen und so nicht mehr<br />
an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst<br />
(TVÖD) gebunden sind. Dies ermöglicht eine<br />
stärker leistungs- und erfolgsorientierte Vergütung<br />
als nach den starren Regelungen des TVÖD oder<br />
des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT).<br />
Private Krankenhausbetriebe besitzen größere<br />
Investitionsautonomie, da sie sich – insbesondere,<br />
wenn sie börsennotiert sind – über Aktienemissionen<br />
oder über den Kapitalmarkt leichter Kapital<br />
beschaffen und damit notwendige Investitionen<br />
tätigen können.<br />
In privaten Krankenhäusern werden Entscheidungen<br />
im Aufsichtsgremium nach rein ökonomischen<br />
Kriterien getroffen und nicht, wie es bei öffentlichen<br />
Krankenhäusern der Fall ist, durch<br />
kommunalpolitische Erwägungen beeinflusst.<br />
Dies macht es dem Management einfacher, Rationalisierungen<br />
durchzusetzen.<br />
Private Krankenhäuser sind oftmals Teil eines<br />
größeren Krankenhauskonzerns, der über größere<br />
Einkaufsmacht verfügt. Dies ermöglicht zum Beispiel<br />
das Aushandeln besserer Einkaufskonditionen<br />
mit Zulieferern.<br />
Ein erfolgsgetriebenes Management dürfte den<br />
wichtigsten Vorteil Privater darstellen. Da die Eigentümer<br />
für ihr eingesetztes Kapital eine Rendite<br />
erwarten, werden erfolglose Manager entsprechend<br />
ausgewechselt. Dieser Erfolgsdruck schlägt<br />
sich in den entsprechenden Vorstandsvergütun-<br />
3 Vgl. ebenda.<br />
Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 109 (3/2006)<br />
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