08.01.2015 Aufrufe

ORIENTIERUNGEN - Ludwig-Erhard-Stiftung

ORIENTIERUNGEN - Ludwig-Erhard-Stiftung

ORIENTIERUNGEN - Ludwig-Erhard-Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Reformen des Gesundheitswesens<br />

Privatisierung der Krankenhäuser –<br />

Modischer Trend oder ökonomische Notwendigkeit<br />

Univ.-Prof. Dr. rer. pol. Günter Neubauer/Dipl.-Volksw. Andreas Beivers<br />

Direktor des Instituts für Gesundheitsökonomik/Wiss. Mitarbeiter am Institut für Gesundheitsökonomik<br />

Immer mehr Krankenhäuser werden privatisiert. Dabei werden unterschiedliche Wege beschritten. Aber ein funktionsfähiger<br />

Wettbewerb ist nicht in Sicht.<br />

Der deutsche Krankenhausmarkt befindet sich in<br />

einem Strukturwandel erheblichen Ausmaßes. So<br />

ist die Zahl der Krankenhäuser von 1991 bis 2004<br />

um 10,2 Prozent zurückgegangen. Eine ähnliche<br />

Entwicklung ist bei der Zahl der Krankenhausbetten<br />

(Rückgang um circa 20 Prozent) und der Verweildauer<br />

in Krankenhäusern (Rückgang um circa<br />

22 Prozent) zu beobachten. Spiegelbildlich zum<br />

Abbau der Krankenhauskapazitäten ist es im gleichen<br />

Zeitraum zu einem Anstieg der voll stationär<br />

behandelten Fälle gekommen (18,7 Prozent) 1 – ein<br />

deutliches Zeichen für Effizienzsteigerung. Dabei<br />

beschleunigt die seit 2000 schrittweise eingeführte<br />

diagnosebezogene Fallpauschalenvergütung in<br />

Krankenhäusern (DRG; siehe Kasten) diese Entwicklung.<br />

Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens<br />

macht sich seit Beginn der 90er-Jahre in einer Veränderung<br />

der Eigentümerstruktur der Krankenhäuser<br />

bemerkbar. 2 Dies zeigt sich in der Verschiebung<br />

der Anteile an der Versorgung aller Krankenhauspatienten<br />

von öffentlichen und freigemeinnützigen<br />

hin zu privaten Krankenhausträgern.<br />

Die Zahl der öffentlichen Krankenhäuser ist<br />

von 1992 bis 2004 um 22 Prozent und die der freigemeinnützigen<br />

Krankenhäuser um 16 Prozent<br />

gesunken, während die Zahl der gewinnorientierten,<br />

privaten Krankenhäuser um 22 Prozent gestiegen<br />

ist. Auch Zusammenschlüsse von Krankenhäusern<br />

gewinnen immer mehr Bedeutung. Dabei<br />

sind insbesondere die privaten Klinikketten zu<br />

nennen, die in den letzten Jahren einen erheblichen<br />

Marktanteil erlangt haben. Gemessen an<br />

der Zahl der Krankenhäuser hatten die Privaten<br />

2004 insgesamt einen Marktanteil von etwa 25 Prozent;<br />

an den Akutbetten betrug ihr Anteil rund 15<br />

Prozent.<br />

1 Siehe Günter Neubauer, Private im Vormarsch! Umstrukturierung<br />

des deutschen Krankenhausmarktes, in: Krankenhaus Umschau,<br />

Nr. 3, 68. Jahrgang, 1999, Seiten 175-179.<br />

2 Siehe ebenda.<br />

Mängel der staatlichen Angebotsplanung<br />

und Investitionslenkung<br />

Der Krankenhausbereich ist ein staatlich hoch regulierter<br />

Markt. Der Staat regelt seit 1972 durch<br />

den Erlass des Krankenhausfinanzierungsgesetzes<br />

das Angebot und die Investitionen der Krankenhäuser.<br />

Seine Aufgabe ist, für die Bevölkerung eine<br />

bedarfsgerechte Versorgung mit stationären Versorgungseinrichtungen<br />

sicherzustellen. Um dies zu gewährleisten,<br />

müssen die Bundesländer die bedarfsnotwendigen<br />

Krankenhäuser in einem sogenannten<br />

Landeskrankenhausplan ausweisen. Die Krankenhäuser<br />

haben die Pflicht, gesetzlich Versicherte<br />

zu behandeln, und das Recht, die erbrachten Leistungen<br />

mit den Krankenkassen abzurechnen. Um<br />

die staatlichen Planvorgaben und Planungsziele<br />

umzusetzen, werden die plangemäßen Investitionskosten<br />

der Krankenhäuser aus Steuermitteln der<br />

Länder gefördert. So greift der Staat über Investitionsmittellenkung<br />

direkt in die Versorgung ein,<br />

um seine Angebotsplanung zu realisieren.<br />

Die Angebotsplanung des Staates hat jedoch in vielerlei<br />

Hinsicht zu Fehlplanungen geführt. Am eindrucksvollsten<br />

lässt sich dies am in Deutschland<br />

vorherrschenden Bettenüberhang erkennen. Während<br />

beispielsweise Finnland mit 2,3 Akutbetten je<br />

1 000 Einwohner im Jahr 2003 auskam, waren es in<br />

Deutschland 6,6 Betten.<br />

Die Krankenhäuser selbst sind hierarchisch gegliedert.<br />

An der Versorgungsspitze stehen die Krankenhäuser<br />

der Maximalversorgung (Universitätsklinika<br />

und große städtische Häuser), gefolgt von<br />

Krankenhäusern der Zentralversorgung mit circa<br />

400 bis 800 Betten und schließlich die Kliniken<br />

der Regel- und Grundversorgung mit 100 bis 350<br />

Betten. Diese hierarchische Struktur wird durch<br />

die freie Krankenhauswahl der Patienten immer<br />

mehr ausgehöhlt. Es kommt zu unerwünschtem<br />

Wettbewerb zwischen den einzelnen Krankenhäusern<br />

einer Versorgungsstufe sowie zwischen den<br />

48 Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 109 (3/2006)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!